Das brauchen Wildbienen wirklich – Hessische Gartenakademie gibt Tipps
Lena Falkner und Klaus Diehl, Hessische Gartenakademie
Obgleich der Weltbienentag am 20.05. vorrangig auf die Verdienste der Imkerei und der Honigbienen aufmerksam macht, blickt er auch auf die wilden Verwandten: Wildbienen, solitär lebende Wespen, Hummeln und Co. Wie die Honigbiene sind sie wichtige Bestäuber und tragen wesentlich zur Absicherung der Ernte bei. Im Gegensatz zum „Haustier“ Honigbiene sind viele Wildbienen selten geworden: Rund jede zweite Insektenart in Deutschland ist rückläufig, viele gelten als gefährdet oder vom Aussterben bedroht.
Sind die populären und dekorativen Insektenhotels die Lösung? Die Hessische Gartenakademie schaut genauer hin: Wie leben Wildbienen, was brauchen sie wirklich – und wie können wir sie im Garten sinnvoll unterstützen?
Wildbienen sind ziemlich wählerisch

Die Vielfalt unserer heimischen Wildbienenarten, wozu übrigens auch die Hummeln gehören, ist enorm! Allein in Deutschland leben über 560 Bienenarten. Wie auch die Honigbiene ernähren sie sich von Blütenpollen und Nektar. Während Honigbienen bei der Nahrungswahl ziemlich flexibel sind und viele verschiedene Pflanzen nutzen, sind Wildbienen oft Spezialisten. Das bedeutet: sie brauchen ganz bestimmte Pflanzen – manchmal sind sie von einer Pflanzengattung oder einer einzigen Pflanzenart abhängig. Die Wollbiene benötigt z.B. Lippen- und Schmetterlingsblütler wie Salbei, Echtes Herzgespann, Ziest und Hornklee. Andere Wildbienen sind dagegen so sehr spezialisiert, dass ihre Lieblingspflanze sogar im Namen steckt – wie die Rainfarn-Maskenbiene oder die Glockenblumen-Scherenbiene.
Warum der Tisch das ganze Jahr gedeckt sein sollte
Wildbienen brauchen nicht nur unterschiedliche Pflanzenarten für ihre Ernährung, sondern sie unterscheiden sich auch in ihren Flug- und Brutzeiten.
Manche, wie die Gehörnte Mauerbiene, Rostrote Mauerbiene oder Frühlings-Pelzbiene, schlüpfen bereits im Februar oder März – oft, wenn nur wenige Pflanzen blühen. Andere, wie die Efeu-Seidenbiene, sind Spätstarter und fliegen ab August bis in den Herbst hinein. Deshalb sollten in unseren Gärten das ganze Jahr über verschiedene Blühpflanzen blühen – so findet jede Wildbiene genau das, was sie braucht.

Dabei sind Pflanzen mit ungefüllten Blüten besonders wertvoll, da Insekten leichter an Nektar und Pollen kommen. Mehrjährige Stauden und heimische Gehölze sind ideal, denn sie sind pflegeleicht und bieten über Jahre Nahrung.
- Frühjahrsblüher: Krokusse, Blaustern, Anemonen, Traubenhyazinthen, Schlüsselblumen, Löwenzahn, Schneeglöckchen
- Früh blühende Gehölze: Weiden, Kornelkirschen, nicht wuchernde Schlehen-Sorten
- Früh- und Spätsommer: Glockenblumen, Ehrenpreis, Flockenblumen, Disteln, Wicken, Mannstreu, Natternkopf, Klee, Salbei, Malve, Wegwarte, Kornblume, Sonnenhut
- Herbstblüher: Astern, Efeu, Fetthenne
Besonders spannend: Viele Pflanzen, die oft als „Unkraut“ betitelt werden, sind wichtige Nahrungsquellen. So bieten etwa Ackerkratzdisteln Pollen und Nektar für 87 Wildbienenarten, Löwenzahn sogar für 112!
Welchen Beitrag leisten Insektenhotels?
Doch ausreichend Nahrung ist nur eine Seite der Medaille – auch beim Nisten haben Wildbienen ganz eigene Ansprüche.

Die meisten Wildbienenarten leben allein, bilden also keine Staaten, wie die Honigbiene etwa. Den Winter verbringen sie meist als Larven in ihren Brutkammern – oft im Boden, z. B. in sandigen oder lösshaltigen, spärlich bewachsenen Stellen, oder in Hohlräumen von Pflanzenstängeln.
Nisthilfen im Hausgarten werden – vorausgesetzt, sie sind mustergültig konstruiert und aufgestellt – nur von wenigen Wildbienenarten erfolgversprechend angenommen. Dazu zählen die auffälligen Mauerbienen, sowie Blattschneider-, Scheren-, Harz-, Woll- und Maskenbienen sowie gelegentlich Grabwespen.
Kurzes Leben, große Leistung
Und die Zeit drängt: Nach dem Schlüpfen bleibt den Tieren nur wenig Zeit. Innerhalb von 4 bis 6 Wochen müssen sie sich paaren, einen geeigneten Nistplatz finden, Eier ablegen und den gesamten Nahrungsvorrat für ihre Nachkommen eintragen.
Dabei sind Wildbienen auf Blüten in direkter Nähe angewiesen, denn ihre Flugreichweite ist im Vergleich zur Honigbiene gering – und beträgt je nach Art nur etwa 300 bis 1.500 m. Für Versorgung eines einzigen Nachkommens müssen sie teils über 100 Blüten anfliegen. Je weiter die Nahrungspflanzen entfernt sind, desto mehr Energie verbrauchen sie – und desto weniger bleibt für die Brut. Fehlt es also an passenden Blüten in Nestnähe, kann sich der Nachwuchs nicht gut entwickeln.
Fazit: Vielfalt zählt – und Nähe erst recht!

Der Wert von Insektenhotels für Wildbienen ist sehr gering und eher pädagogischer Art. Viel wichtiger sind ein vielfältiges Angebot an Nahrungspflanzen und Nistplätzen – und das möglichst nah beieinander! Angelegte oder tolerierte „wilde Unkrautecken“, aber auch kleinräumige vegetationsarme Rohbodenflächen in möglichst sonniger Lage sowie artenreiche Saum-, Wiesen-, Hecken- und Trittsteinbiotope in unserer Landschaft unterstützen Wildbienen.
Ganz wichtig: Die Niststrukturen, wie Pflanzenstängel, sollten bis zum nächsten Frühjahr im Garten erhalten bleiben. Viele Wildbienen schlüpfen erst im Folgejahr – wer zu früh aufräumt, zerstört ihre Nistplätze.
Last but not least: Denken Sie daran, Vögeln und Insekten insbesondere an heißen Tagen Wasser anzubieten. Unglasierte Tonuntersetzer – idealerweise mit einem oder mehreren Steinen zum sicheren Landen ausgestattet, sind ideal.
Kontakt: Hessische Gartenakademie





