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Humus – Das „bekannte Unbekannte“

Laut bodenkundlicher Definition beschreibt der Humus die Gesamtheit aller im und auf dem Boden befindlichen, abgestorbenen organischen Substanz. Schon der griechische Philosoph Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) wusste um die Bedeutung des sogenannten Humus für die Pflanzenernährung. Diese „Humustheorie“ wurde auch später zu Beginn des 19. Jahrhunderts von verschiedensten Agrarwissenschaftlern, wie beispielsweise Albrecht Thaer, in ihren Lehren aufgenommen. Spätestens seit Justus von Liebig wissen wir, dass nicht der Humus an sich die Pflanzen ernährt, wohl aber die darin enthaltenen Mineralstoffe.

Nichtsdestotrotz erfüllt der Bodenhumus wesentliche biologische, chemische und physikalische Funktionen im Ökosystem Boden, die für die Aufrechterhaltung der Bodenfruchtbarkeit essentiell sind. In erster Linie dient er den zahllosen Bodenorganismen als Nahrungsgrundlage. Unter einem Hektar Fläche leben bis zu 15 Tonnen Bodenlebewesen, welche die organische Bodensubstanz abbauen und verstoffwechseln. Dabei werden letztendlich Mineralstoffe freigesetzt, die wiederum zur Ernährung unserer Kulturpflanzen zur Verfügung stehen. Rund 95 % des gesamten Stickstoffvorrates im Boden sind organisch gebunden. Je nach Standort- und Bewirtschaftungsverhältnissen können so zwischen 6.000 und 10.000 kg Stickstoff pro Hektar in der Ackerkrume zusammenkommen. Abhängig von den klimatischen Verhältnissen geht man von einer Mineralisationsrate von 1 bis 3 % aus, was bedeutet, dass in der Vegetation zwischen 60 und 300 kg/ha aus dem organischen Bodenvorrat nachgeliefert werden können.

Humus & Klimawandel

Krümelstruktur unter Senf
Regenwurm unter Zwischenfrucht
Neben der Nährstoffspeicherung und -freisetzung hat der Bodenhumus großen Einfluss auf die Bodenstruktur. Zusammen mit den Tonmineralen des Bodens bilden insbesondere beständige Formen des Humus stabile Bodenaggregate. Diese tragen unter anderem zu einem besseren Luft- und Wasserhaushalt sowie einem verbesserten Nährstoffspeichervermögen bei. Das daraus resultierende Bodengefüge kann zudem zu einer besseren Wasserinfiltration sowie zu einem gesteigerten Wasserhaltevermögen führen. Dies kann sich vor allem in Zeiten des Klimawandels als vorteilhaft erweisen, da Starkniederschläge sowie Trockenperioden innerhalb der Vegetationsperiode zukünftig voraussichtlich häufiger auftreten werden.

Zudem leistet die Landwirtschaft über den Erhalt und den Aufbau von Bodenhumus einen Beitrag zum Klimaschutz. Die stabilen Dauerhumusformen bieten, im Gegensatz zu den leicht abbaubaren Nährhumusformen, die Möglichkeit einer dauerhaften Kohlenstoffsenke.

Die folgende Abbildung zeigt eine Häufigkeitsverteilung der Humusgehalte unter Acker- und Grünlandböden (0-10 cm) in Deutschland. Die Daten stammen aus der Bodenzustandserhebung des Thünen-Institutes (2011 – 2018) mit über 2800 Messpunkten in der gesamten Bundesrepublik.

Abb.1: Humusgehalte unter Acker und Grünland in Deutschland, verändert nach: Bodenzustandserhebung Thünen-Institut, 2018

Humusgehalt ist beeinflussbar

Der Bodenhumusgehalt ist einer hohen Dynamik unterworfen und hängt von mehreren Faktoren ab. Die am Standort vorherrschenden Bodeneigenschaften sowie die klimatischen Gegebenheiten wie Temperatur und Feuchtigkeitsverhältnisse spielen eine bedeutende Rolle. Über die Art und Weise der Bodenbewirtschaftung hat aber auch der Landwirt zu einem gewissen Teil Möglichkeiten den Humusgehalt seiner Flächen zu beeinflussen. Bei langanhaltend ähnlicher Bewirtschaftung pendelt sich ein standortangepasster Humusgehalt ein. Wird die Bewirtschaftung geändert und beibehalten, so stellt sich je nachdem, ein höheres beziehungsweise niedrigeres neues Gleichgewicht ein.

Zunächst erstmal hat der Landwirt über die Fruchtfolgegestaltung einen Hebel, die Humusversorgung seiner Ackerflächen zu steuern. Dabei sollte auf ein ausgewogenes Verhältnis von humuszehrenden (Getreide, Mais, Hackfrüchte) und humusmehrenden (Leguminosen, Feldutter) Kulturen geachtet werden. Über die Rückführung und Einarbeitung von Ernte- und Wurzelrückständen und die Ausbringung organischer Düngemittel wie beispielsweise Stallmist, Kompost oder Gülle kann dem Boden Kohlenstoff zum Aufbau von Humusverbindungen zugeführt werden. Auch über den gezielten und regelmäßigen Anbau von Zwischenfruchtmischungen aus verschiedenen Pflanzenarten, Untersaaten oder mehrjährigem Feldfutterbau kann dieser Effekt erreicht werden.

Wie hoch ist der Humusgehalt in meinen Böden?

Die genaue Messbarkeit im Boden ist grundsätzlich nicht ganz einfach, da zum einen die Gehaltsänderungen über einen langen Zeitraum betrachtet werden müssen und zum anderen der Probennahme und der Messgenauigkeit Grenzen gesetzt sind. Über das Instrument der Humusbilanzierung hat der Landwirt aber die Möglichkeit, den potentiellen Einfluss seiner Bewirtschaftung wie Fruchtfolgegestaltung, organische Düngung etc. beurteilen zu können. Bei der Bilanzierung wird der Saldo aus humuszehrenden und humusmehrenden Maßnahmen gebildet, welcher dazu dient, die tendenziellen Humusvorratsänderungen abzubilden. Es gilt aber zu beachten, dass die Humusbilanzierung nicht dazu geeignet ist, exakte Humusgehalte sowie deren Änderungen zu berechnen.

Humusbilanzrechner des LLH