Boden & Düngung
Projekt-Ergebnisse: Düngung mit Gärresten
Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) hat im Zuge der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) an einem Projekt teilgenommen, in dem unterschiedliche mineralische und organische Düngungsvarianten (Gärreste) miteinander verglichen wurden. Hierzu wurden an zwei Standorten nördlich von Kassel über einen Zeitraum von drei Jahren Versuche in Winterweizen und Silomais angelegt, betreut und beerntet.
Das Projekt wurde durch das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) gefördert.
Material und Methoden
In den nordhessischen Gemeinden Wettesingen und Espenau wurden von 2014 bis 2016 auf den Flächen zweier Betriebe mit angeschlossener Biogasanlage Exaktparzellenversuche in Weizen- und Maisschlägen angelegt. Die Parzellen wurden in die zuvor vom Landwirt ausgesäten Bestände eingemessen.
Die Weizenversuche wurden mit einem Parzellenmähdrescher im Kerndruschverfahren beerntet. Die Kornfeuchte wurde mittels eines NIRS-Gerätes direkt während des Druschvorganges ermittelt. Die jeweiligen Variantenpläne sind Tabelle 1 und Tabelle 2 zu entnehmen.
Varianten | Stickstoffmenge (kg/ha) | |
1 | Nullvariante | |
2 | KAS | S100 (50 %) |
3 | KAS | S200 (100 %) |
4 | KAS | S300 (150 %) |
5 | Gärrest | S120 (60 %) |
6 | Gärrest + KAS | S200 (50 % + 50 %) |
7 | Gärrest | S200 (100 %) |
8 | Gärrest inkl. Piadin | S120 (60 %) |
9 | Gärrest inkl. Piadin | S160 (80 %) |
10 | Gärrest inkl. Piadin | S200 (100 %) |
Varianten | Stickstoffmenge (kg/ha) | |
1 | Nullvariante | |
2 | KAS | S90/30/60 |
3 | KAS | S120/40/60 |
4 | KAS | S150/50/60 |
5 | Gärrest zu Veg.-Beginn | S220/0/0 |
6 | Gärrest im Frühj. | 0/S220/0 |
7 | Gärrest zu Veg.-Beginn + im Frühj. | S110/110/0 |
8 | Gärrest zu Veg.-Beginn + KAS im Frühj. | S110/110/0 |
9 | KAS zu Veg.-Beginn + Gärrest Frühj. | S120/100/0 |
10 | Gärrest zu Veg.-Beginn inkl. Piadin | S220/0/0 |
11 | Gärrest im Frühj. inkl. Piadin | 0/S220/0 |
12 | Gärrest zu Veg.-Beginn + im Frühj. inkl. Piadin | S110/110/0 |
Die Variante 1 der Versuche in einerseits Weizen, andererseits Mais dienten als Referenz (Kontrolle). Der in diesen Varianten gemessene oberirdische Stickstoffentzug wurde als derjenige angesehen, der der Pflanze in dem jeweiligen Versuchsjahr über die Vegetationsperiode hinweg vom Standort zur Verfügung gestellt werden konnte. In den verschiedenen Düngungsvarianten, wurde der Ausnutzungsgrad der jeweils gegebenen Düngungsmenge über die Differenzmethode (Schilling, 2000) bestimmt. Hierbei werden die Erträge und die damit verbundenen Stickstoffentzüge, mit der vorgenommenen Düngung ins Verhältnis gesetzt. Um die Nährstoffwirkung der organischen Gärreste mit denen einer mineralischen Düngung qualitativ vergleichen zu können, wurde eine Stickstoffsteigerung mit Kalkammonsalpeter (KAS) in das Versuchsdesign miteingeschlossen (Variante 2 bis 4). Für die weiteren Varianten im Silomais wurden ausschließlich organische Varianten vorgesehen (Variante 5 und 7) sowie eine Kombination aus mineralischer und organischer Düngung (Variante 6). Schließlich wurde noch die Kombination einer organischen Düngung, in unterschiedlichen Stickstoffmengen, unter Zugabe eines Nitrifikationshemmers (in Form des Handelsproduktes PIADIN) in den Varianten 8 bis 10 mit in das Versuchsdesign aufgenommen.
Die Versuchsvarianten in den Weizenparzellen beinhalteten neben der unterschiedlichen Kombination von mineralischen und organischen Varianten auch noch den zeitlichen Aspekt. Ausgehend von der Überlegung, ob das Getreide mineralisch oder organisch angedüngt werden soll, haben sich die Düngungsvarianten 5 bis 9 ergeben. Neben der Differenzmethode zur Berechnung der N Ausnutzung wird das Mineraldüngeräquivalent (MDÄ) (Schilling, 2000) nach der Formel
MDÄ = N Menge im Mineraldünger / N Menge im organischen Dünger *100
berechnet. Beschrieben wird hiermit die Menge an Stickstoffmineraldünger, welcher bei Ausbringung die gleiche Düngewirkung erzielt, wie 100 kg aus dem Gärrest. Die Berechnung des MDÄ wurde nur für die rein organischen Varianten vorgenommen, da nur hier ein unmittelbarer Nährstoffwirkungsvergleich möglich und sinnvoll war.
Ergebnisse und Diskussion
Silomais
Das aus den Parzellenerträgen berechnete Ertragsniveau liegt insgesamt sehr hoch im Vergleich zu Erträgen, die in der landwirtschaftlichen Praxis erzielt werden. Im Jahr 2017 wurde in Hessen ein Durchschnittsertrag von 543 dt FM/ha Silomais geerntet. Bei einem TS-Gehalt von 34 Prozent wäre dies ein Trockenmasseertrag von 184 dt je Hektar. Die Versuchsvariante 6 hingegen erzielte einen Ertrag von annähernd 260 dt Trockenmasse pro Hektar (siehe Abbildung 2). Dies könnte u.a. durch die verlustfreie Beerntung per Hand und darüber hinaus durch die Lage der Versuchsparzellen, in denen Randeffekte (z.B. Ahnewandeinflüsse) nicht zum Tragen kommen, erklärt werden. Der Trockenmasseertrag in der Kontrollvariante liegt mit 201 dt je ha auf einem hohen Niveau und weist sicherlich auf eine hohe N-Nachlieferung aus dem Boden unter den Versuchsflächen hin.
Abbildung 2: Einfluss unterschiedlicher Gärrestdüngungsvarianten auf den Silomaisertrag im Vergleich zu mineralischer Düngung (Gesamtmittelwerte über 2 Standorte x 3 Jahre); GD = Grenzdifferenz
Die mineralischen Varianten zeigen einen idealtypischen Verlauf an. Die Ertragswirkung einer unteroptimalen, einer optimalen und einer überoptimalen Düngungshöhe sind gut zu erkennen. Die Varianten 6 (50 % N mineralisch + 50 % N organisch) erzielt die höchsten Erträge im Schnitt der drei Jahre und beider Standorte. Vergleicht man die Variante 5 mit der Variante 7 stellt man fest, dass 60 Prozent der N-Menge aus Gärrest die gleiche Ertragswirkung erzielt, wie die 100 Prozent der N-Menge ausgebracht über Gärreste. Die Gärrest-Varianten mit Zugabe von Piadin fallen unabhängig von der N-Aufwandmenge gegenüber den anderen Behandlungsvarianten ab.
Der Abbildung 3 ist zu entnehmen wie sich der Verlauf einer berechneten Ertragskurve in Abhängigkeit der gedüngten Stickstoffmenge darstellt. Die Ertragsfunktion nach Boguslawski und Schneider wurde auf die Varianten 1 bis 4 angewandt. Mittels der von Heyn (2005) entwickelten Anwendung ist nicht nur die Ertragsfunktion, sondern auch der korrigierte Geldrohertrag (KGR) ermittelt worden. Der KGR berechnet sich aus der Marktleistung abzüglich aller mit der Düngung im Zusammenhang stehenden Kosten. Die beiden im Zusammenhang mit einerseits dem reinen Optimalertrag, andererseits dem optimalen KGR, liegen mit 120 bzw. 121 kg N/ha relativ dicht beisammen.
Abbildung 3: Gärresteversuch 2014 bis 2016: Trockenmasseertrag (dt TM/ha) und korrigierter Geldrohertrag (KGR in €/ha) von Silomais (2 Standorte x 3 Jahre)
Winterweizen
Auch die Erträge des Winterweizens über die drei Versuchsjahre hinweg sind als außerordentlich gut zu bezeichnen. Durch Anwendung der Ertragsfunktion nach Boguslawski und Schneider konnte in den KAS-Varianten ein Optimalertrag von 105 dt je Hektar bei dem Einsatz von 210 kg Stickstoff je Hektar ermittelt werden.
Insbesondere die Kombinationen von mineralischer und organischer Düngung erzielte vergleichbar hohe Erträge und zwar vor allen Dingen dann, wenn die Gärreste zu Vegetationsbeginn (Vb) appliziert worden sind (siehe Abbildung 4). Eine reine Gärrestdüngung fiel ertraglich ab. Auch die Zugabe von Piadin zum Gärrest zeigte signifikante Mindererträge in diesem Versuch.
Abbildung 4: Einfluss unterschiedlich gestalteter Gärrestdüngung auf den Weizen-Rohproteingehalt und -Ertrag im Vergleich zu mineralischer N-Düngung (Gesamtmittelwerte von 2 Standorten und 3 Jahren); GD = Grenzdifferenz; RP = Rohprotein; Vb = Vegetationsbeginn; Fj = Frühjahr
In der Abbildung 5 ist die Stickstoffausnutzung und das berechnete MDÄ dargestellt. Ein der rein mineralischen Düngung vergleichbarer Grad der Ausnutzung wird nur über Gärrestdüngung zu Vegetationsbeginn in Kombination mit einer nachfolgenden KAS-Düngung erzielt. Eine ausschließlich organische Düngung des Weizens erzielt eine Nährstoffausnutzung von ca. 30 % und einen MDÄ von maximal 50 Prozent. Das heißt, es ist mehr als doppelt so viel Gärreststickstoff verglichen mit KAS-Stickstoff im ersten Versuchsjahr sowie im direkten Folgezeitraum von weiteren zwei Jahren notwendig, um den gleichen Ertrag zu erzielen.
Abbildung 5: Ausnutzung und Mineraldüngeräquivalent (MDÄ) des gedüngten Stickstoffs unter Weizen (Gesamtmittelwerte von 2 Standorten und 3 Jahren); Vb = Vegetationsbeginn; Fj = Frühjahr
Fazit
Dreijährige Düngungsversuche des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen in den Kulturen Silomais und Winterweizen mit unterschiedlichen Gärrestvarianten haben gezeigt, dass die Kombination von organischen und mineralischen Düngern sowohl im Ertrag, als auch in der Stickstoffausnutzung anderen Varianten überlegen ist. Ein Zusatz von Piadin zum Gärrest ergab in beiden Versuchen keine Vorteile hinsichtlich des Ertrages oder aber der Stickstoffausnutzung.
Datensammlung zum Gärreste-Projekt 20.12.2019
Literatur
Schilling, G., 2000: Pflanzenernährung und Düngung, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart.
Heyn, J., 2005: Die Anwendung der Ertragskurvenberechnung nach Boguslawski und Schneider bei der Auswertung aktueller N Steigerungsversuchen. Archives of Agronomy and Soil Science, https://www.tandfonline.com/action/journalInformation?journalCode=gags20, 15. September 2016.