Eiweißinitiative
Ackerbohne und Erbse gekonnt anbauen – ein Veranstaltungsrückblick
Im Dezember fand am Eichhof eine Vortragsveranstaltung des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) mit aktuellen Informationen zum Anbau von Ackerbohnen und Körnererbsen statt. Erfahrene Referenten gaben Empfehlungen zum Anbau der beiden Kulturen. Dabei wurde insbesondere auf den Virusbefall bei Körnerleguminosen eingegangen.
Die Veranstaltung des LHH wurde im Rahmen des Demonstrationsnetzwerkes Erbse/Bohne durchgeführt. Das Netzwerk, mit einer Laufzeit von 2016 – 2018, wird über die Eiweißpflanzenstrategie des Bundes gefördert. Der LLH hat Anfang 2016 die Gesamtkoordination des Netzwerkes und die Betreuung der im Netzwerk beteiligten Demonstrationsbetriebe in Hessen übernommen. Die Eiweißpflanzenstrategie des Bundes sowie die Eiweißinitiative der hessischen Landesregierung verfolgen gemeinsam das Ziel, die Versorgung mit heimischen Eiweißpflanzen zu stärken und dadurch den Bedarf an Eiweißimporten zu verringern. Dafür hat die hessische Landesregierung die „Initiative Gentechnikfreies Futter“ ins Leben gerufen, die über den Ökoaktionsplan gefördert wird.
Leguminosenanbau weiter gestiegen
Der Leguminosenanbau in Hessen ist seit 2015, unterstützt durch die „Greening-Auflagen“ und durch die geänderten „HALM“-Fördermaßnahmen, deutlich angestiegen. Im Jahr 2015 umfasste der Körnerleguminosenanbau insgesamt eine Fläche von 8.103 ha (siehe Grafik). Das war das 2,3-fache gegenüber dem Vorjahr. 2016 umfasste der Körnerleguminosenanbau mit einem weiteren leichten Zuwachs von rund 700 ha insgesamt 8.832 ha. In Hessen werden überwiegend Ackerbohnen und Körnererbsen angebaut, die 2016 zusammen rund 7.590 ha einnahmen.
Die hohen Teilnehmerzahlen zeigen: Landwirte sind wieder stärker an diesen Kulturen und an dem pflanzenbaulichen „Knowhow“ interessiert. Denn Körnerleguminosen leisten einen vielfältigen positiven Beitrag in der Fruchtfolge und bei optimaler Verwertung kann eine höhere Wertschöpfung im Betrieb erzielt werden.
Demonstrationsbetriebe zeigen Best-Practice-Beispiele
Mit all den Eigenschaften und Leistungen der Körnerleguminosen beschäftigt sich das Demonstrationsnetzwerk Erbse/Bohne (DemoNetErBo). In den Demonstrationsbetrieben des Netzwerkes wird gezeigt, wie der Anbau von Ackerbohnen und Körnererbsen optimal gelingen kann und welche Verwertungs- und Vermarktungswege möglich sind. Philipp Roth, Projektberater im Netzwerk, stellte die neun hessischen Demonstrationsbetriebe vor, die alle langjährige Erfahrung im Anbau, in der Verarbeitung bzw. Verwertung von Ackerbohnen und Erbsen haben. Auf den Demonstrationsbetrieben werden in den beiden kommenden Jahren in Form von Feldbegehungen, Feldtagen oder Betriebsbesichtigungen Best-Practice-Beispiele gezeigt. Zusätzlich werden auf den Betrieben Demonstrationsanlagen zur Veranschaulichung pflanzenbaulicher Varianten angelegt. Aktuelle Informationen zur Arbeit des DemoNetErBo sowie zum Anbau, der Verwertung und Vermarktung können auf der netzwerkeigenen Website ( www.demoneterbo.agrarpraxisforschung.de) eingesehen werden. Ebenso ist es möglich, sich über die Website als Abonnent für den Newsletter anzumelden.
Sorten- und Anbauempfehlungen für die Praxis
Gabriele Käufler, Fachreferentin Marktfruchtbau am LLH Eichhof, berichtete zu Ackerbohnen und Körnererbsen aus den Erfahrungen des Versuchsjahres 2016. Mit dem zunehmenden Interesse an den beiden Kulturen wurde das Versuchsprogramm des LLH zu Körnerleguminosen beginnend in 2011 deutlich erweitert. Neben der Erhöhung der Standortzahl bei den Landessortenversuchen (LSV) wurden zusätzlich Versuche zu produktionstechnischen Fragen aufgenommen. Die Fachreferentin verwies eingangs auf die Bedeutung von mehrjährigen und mehrortigen Versuchsergebnissen, auf deren Basis erst Aussagen zur Ertragssicherheit gemacht werden können.
Bei den Körnererbsen zeigen die mehrjährigen Auswertungen (2014 – 2016) aus den LSV im Durchschnitt aller geprüften Erbsensorten einen mittleren Ertrag von 59,2 dt/ha. Dabei erzielten die Sorten „Salamanca“ und „Astronaute“ sehr gute Ertragsleistungen. Die Referentin betonte, dass bei der Auswahl einer Erbsensorte Wert auf die Standfestigkeit gelegt werden sollte, weil eine gewisse Pflanzenlänge notwendig sei, um eine gute „Erntematte“ zu erhalten. Dies mindere das Ernterisiko bei dem fast immer auftretenden Vorerntelager. Im Jahr 2016 trat im LSV Körnererbsen im Mittel der geprüften Sorten zwischen zwei Versuchsstandorten ein Ertragsunterschied von 21 dt/ha auf, ein dritter Standort war nicht auswertbar. Zurückgeführt wurde dies, auf einen Virusbefall mit sog. Nanoviren, der 2016 erstmals in größerem Ausmaß auftrat. Ein charakteristisches Anzeichen sei der nesterweise vorkommende Befall eines Leguminosenbestandes, wobei insgesamt die Erbsen und die Ackerbohnen gleichermaßen betroffen waren.
Ackerbohnen lieferten die höchsten Rohproteinerträge
Die Ackerbohne hat im Gegensatz zur Körnererbse etwas höhere Standortansprüche. Sie benötigt Standorte mit einer guten Bodenstruktur und eine ausreichende Wasserversorgung, insbesondere in den Phasen während und nach der Blüte. Die Aussaat sollte bei der Ackerbohne „so früh wie möglich“ erfolgen.
Anhand von mehrjährigen Versuchsergebnissen zeigten sich „Fuego“ und „Fanfare“ als ertragssichere Sorten. In der mehrjährigen Auswertung (2014 – 2016) der LSV in Hessen erzielte die Ackerbohne im Versuchsdurchschnitt über die geprüften Sorten 48,9 dt/ha. In Jahren mit Frühsommertrockenheit fallen die Erträge deutlich ab. Die Ackerbohne zeichnet sich im Vergleich zur Körnererbse und Sojabohne durch mehrjährig sehr stabile Eiweißerträge aus. Mit rund 14 dt/ha Rohproteinertrag, ist sie den beiden anderen Kulturen überlegen.
Wichtig für die Leistungsfähigkeit der Leguminosen – und somit für den hohen Vorfruchtwert – ist neben der Anzahl der Knöllchen auch eine ausreichende Aktivität der Knöllchenbakterien. Das kann mit einem Knöllchentest überprüft werden, bei dem die Knöllchen an den Wurzeln durchgeschnitten werden. Sind die Knöllchen innen rot gefärbt, dann sind die Knöllchenbakterien aktiv und fixieren Stickstoff. Ein optimaler Luftaustausch im Boden fördert die Funktionsfähigkeit der Knöllchenbakterien. Dies zeigte sich in einem Herbizidversuch bei der Variante mit mechanischer Unkrautregulierung. Der verbessere Luftaustausch im Boden durch das Striegeln bzw. Hacken hatte eine positive Wirkung auf die Knöllchenaktivität und führte zu einem höheren Ertrag.
Die Winterformen bei Erbsen und Bohnen wurden im letzten Jahr mit in das Versuchsprogramm des LLH aufgenommen. Auffällig war in beiden Kulturen die höhere Lagerneigung und der höhere Krankheitsbefall in den Versuchsparzellen. Weitere Aussagen zur Ertragssicherheit können daher noch nicht getroffen werden.
Bei der Sojabohne hat sich die Ertragslage in den letzten Jahren durch die gezielte Wahl von an den Standort angepassten Sorten deutlich verbessert. Bei der Auswahl der Sorten für weniger günstige Anbaulagen ist das Abreifeverhalten ein entscheidendes Kriterium. Die Sojabohne erzielte mehrjährig im Mittel der geprüften Sorten einen mittleren Ertrag von 33,5 dt/ha. Als „sichere“ Sorten für Grenzlagen des Sojaanbaus können „Merlin“ und „Sultana“ genannt werden. Auch die Sojabohne reagiert empfindlich bei Wassermangel in der Blütephase. Eine Saatgutimpfung ist bei der Sojabohne in jedem Fall durchzuführen.
Virusbefall in Körnerleguminosen
2016 wurde in Ackerbohnen- und Futtererbsenbeständen bundesweit ein Virenbefall festgestellt. In der Tagespresse wurde in verschiedenen Meldungen auf das Auftreten von sog. Nanoviren hingewiesen. Welche Ertragsminderungen allein durch den Virenbefall auftraten, konnte nicht ermittelt werden.
Michael Lenz vom Pflanzenschutzdienst (PSD) Hessen im Regierungspräsidium in Gießen ging in seinem Vortrag sehr eindrücklich auf die Biologie und das Auftreten von Virosen im Leguminosenanbau ein. Für den Praktiker sollen sich aus den vorliegenden Kenntnissen zu den Virosen mögliche präventive bzw. Bekämpfungsmaßnahmen ableiten lassen.
Der Pflanzenschutzexperte erklärt, dass in Körnerleguminosen verschiedene Virenarten vorkommen können und sehr häufig Mischinfektionen auftreten. Zu den bei Körnerleguminosen relevanten Virenarten zählen u.a. das „Scharfe Adernmosaikvirus“ (PEMV), aber auch Nanoviren wie z. B. das „Pea necrotic yellow dwarf Virus“ (PNYDV) sowie Luteo- und Poleroviren. Allgemein sind pflanzenpathogene Viren „absolute“ Parasiten. D. h. sie haben keinen eigenen Stoffwechsel und sind auf Wirtszellen angewiesen. Die Übertragung verläuft in erster Linie mittels tierischer Vektoren, d. h. über Blattläuse oder weitere tierische Schädlinge. Bei der persistenten Übertragungsweise müssen die Blattläuse mehrere Stunden bis Tage an der Pflanze saugen, um Viruspartikel aufnehmen und an die Pflanze abgeben zu können. Mehr als 20 Blattlausarten können an der Übertragung der Viren beteiligt sein. Die Hauptüberträger für die Leguminosenviren sind die „Grüne Erbsenblattlaus“ und die „Schwarze Bohnenlaus“. Eine Übertragung der Viren über das Saatgut oder durch einander berührende Pflanzen findet somit nicht statt.
Charakteristische Symptome des Befalls mit Nanoviren sind neben dem nesterweisen Auftreten, verschiedenartige Vergilbungen an den Blättern sowie Blattrollen. Häufig grenzen sich die Nester durch Wuchsstauchungen bis zu Zwergwuchs an den befallenen Pflanzen ab. Bei starkem Befall kann es zum Absterben der Triebspitzen, fehlender Knöllchenbildung und fehlendem Hülsenansatz kommen. Dies kann sich sehr stark auf den Ertrag auswirken und es besteht die Gefahr eines Totalausfalls.
Beachtet werden sollte, das zu den Wirtspflanzen der Virenarten noch weitere Leguminosenarten, wie z. B. Futterwicken oder bestimmte Kleearten (Inkarnatklee, Steinklee) zählen. Luzerne, Rotklee, Weißklee, ebenso wie Sojabohne und Blaue und Weiße Lupine zählen bisher noch nicht zu den Wirtspflanzen. Daher sollte beim Anbau von Ackerbohne und Erbse im Klee- und Zwischenfruchtanbau anfällige Leguminosenarten vermieden werden. Eine direkte Bekämpfung der Viruserkrankung ist nicht möglich. Bisher gibt es auch noch keine resistenten Sorten. Der Pflanzenschutzexperte rät, eine gute Blattlauskontrolle durchzuführen, damit ggf. eine frühe Blattlausbekämpfung mit zugelassenen Präparaten und evtl. Folgebehandlungen wirkungsvoll umgesetzt werden können.
Ertragsausfall durch Nanoviren richtig einschätzen
Dr. Helmut Saucke, von der Universität Kassel-Witzenhausen, Fachbereich Ökologischer Pflanzenschutz, ging der Frage nach, in wie weit das Auftreten der Nanoviren im letzten Jahr zu Ertragsminderungen in Ackerbohnen führte. Dr. Saucke hatte im Rahmen seiner Untersuchungen den Befall mit Nanoviren im LSV Ackerbohne auf dem Versuchsstandort Staatsdomäne Frankenhausen sowie auf einem konventionellen Praxisschlag mit Ackerbohnen festgestellt. Der Befall mit Nanoviren wurde von Julius Kühn-Institut (JKI) getestet und bestätigt. Um den möglichen Ertragsausfall beispielhaft zu quantifizieren, wurden die beiden Schläge mittels Drohnenflug digital erfasst und weitere Ernteerhebungen durchgeführt. Anhand der digitalen Aufnahmen konnte die Schadfläche der befallenen Nester auf dem Schlag berechnet werden. Dieses Vorgehen mittels digitaler Bilder sollte in erster Linie die Plausibilität der Methode testen. Aber auch aus der differenzierten Virusdiagnostik zur Befallsstärke im Kern, in der Mitte und am Rand der Virusnester lässt sich ein besseres Schadbild abzeichnen. Die Methodik ist vielversprechend und sollte über ein gezieltes Luftbild-Monitoring ausgebaut werden, so der Pflanzenschutzexperte. Ebenso sieht er weiteren Forschungsbedarf im Bereich der Vektorregulierung. Vielversprechende Ansätze werden in der möglichen Beeinflussung des Landeverhaltens bei Blattläusen gesehen. Zu dem Thema der Virosen in Körnerleguminosen wurden weitere Forschungsprojekte eingereicht.
Die Themen zum Anbau, zur Verarbeitung, Verwertung und Vermarktung von Körnerleguminosen werden dieses Jahr im Demonstrationsnetzwerk Erbse/Bohne weiter diskutiert. Dazu sind zahlreiche Veranstaltungen auf den Demonstrationsbetrieben in Hessen und darüber hinaus in weiteren am Netzwerk beteiligten Betrieben in den anderen Bundesländern geplant. Die Veranstaltungen wie Feldbegehungen oder Betriebsbesichtigungen werden in der Fachpresse oder auf der LLH Website angekündigt.