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Gemengeanbau mit Leguminosen

Der Gemengeanbau bietet viele Vorteile: insbesondere die Erhöhung der Ertragssicherheit durch eine verbesserte Nährstoffausnutzung, Standfestigkeit, Beikrautunterdrückung und Witterungsanpassung machen ihn interessant.
Gemengeanbau oder auch Mischanbau bezeichnet den Anbau von zwei oder mehr Arten oder Sorten in Mischung zur gleichen Zeit auf ein und demselben Ackerschlag. Im Vergleich zu den Reinsaaten können sich positive und negative Konkurrenzeffekte durch die unterschiedliche Standraum- und Nährstoffnutzung ergeben (Tabelle 1).

Tabelle 1: Vorteile und Nachteile von Mischkulturen im Vergleich zur Reinsaat – Mischkulturen im Vergleich zu Reinsaaten

Vorteile Nachteile
Quelle: Dierauer et al. 2017, Erfolgreicher Anbau von Körnerleguminosen in Mischkultur mit Getreide
Geringeres Anbaurisiko Separierung erforderlich bei Abgabe an Sammelstelle, ggf. zusätzliche Kosten
Bessere Standfestigkeit und Ernte der Körnerleguminosen Geringere Qualität (z.B. Hektolitergewicht) des Getreides wegen fehlender Düngung oder suboptimalen Erntezeitpunkt der Mischungspartner möglich
Weniger Spätverunkrautung Keine beliebige Kombination der Mischungspartner aufgrund unterschiedlicher Abreifezeitpunkte
Bessere Unkrautunterdrückung (dank engerer Reihenabstände und Bodenbedeckung durch das Getreide) Mögliche Einschränkungen in der Fruchtfolgegestaltung (z.B. Fusskrankheiten bei Getreide, Leguminosenmüdigkeit)
Höhere Ertragsstabilität dank der Risikoverteilung auf zwei Kulturen Mischung des Saatguts erforderlich oder Verwendung einer Sämaschine mit mehreren Säkasten
Effizientere Nutzung von Nährstoffen, Wasser und Licht Kompromisse bezüglich Saatzeitpunkt und Saattiefe erforderlich
Im Durchschnitt der Jahre 5-15% höhere Gesamterträge Anspruchsvolle Einstellung des Mähdreschers
Möglicherweise bessere Abwehr oder Ablenkung von potenziellen Schaderregern Geringerer Proteinertrag der Körnerleguminosen pro Hektar als bei erfolgreicher Reinsaat
Beitrag zu einer höheren Biodiversität und Landschaftsqualität

Weitgehend bewährt haben sich Gemenge aus Leguminosen und Nichtleguminosen, wie Erbsen im Gemenge mit Gerste, Ackerbohnen mit Hafer, Wicken mit Roggen, Wintererbsen mit Triticale oder Rotklee mit Gras. Weitere Formen des Gemengeanbaus, wie der Anbau von Erbsen mit Leindotter, Phaseolus-Bohnen mit Mais, Andenlupine mit Mais oder Sojabohne mit Weizen zur Körnerernte oder Ganzpflanzensilierung zur Fütterung sowie Biogasverwertung werden gerade in die Praxis eingeführt und erprobt.

Gemenge dienen als Haupt- oder Zwischenfrucht zur Körner- oder Grünfutterernte. Auch zwei Hauptkulturen in einem Jahr sind mit einem Anbau von Wintererbsen-Triticale-Gemenge als Ganzpflanzensilage und einem nachfolgenden Mais umsetzbar. Das Wintererbsen-Triticale-Gemenge wird Ende September ausgesät und im darauffolgenden Jahr Mitte Mai als ganze Pflanze geerntet und siliert. Danach wird Mais oder eine andere Sommerkultur angebaut. Für dieses System kommt es auf ausreichende Wasserversorgung auch in den Sommermonaten an.

Flächenmäßig ist der Anbauumfang von Gemengen noch sehr gering, daher werden weiterhin praktische Erfahrungen zur optimalen Artenzusammensetzung, Saatstärke und Saatzeitpunkte der Gemengepartner für die verschiedenen Nutzungsrichtungen auf den verschiedenen Standorten benötigt.

Saatstärken und -zeiten

Den Einstieg in den Gemengeanbau finden die meisten über ein sogenanntes substitutives Gemenge, wobei die Gemengepartner zunächst mit jeweils der Hälfte ihrer normalen Aussaatstärke im Gemenge ausgesät werden. Aber auch Variationen sind möglich: beispielsweise, einen der Gemengepartner mit 30 % und den anderen mit 70 % der üblichen Aussaatstärke zu drillen. Je nachdem, für welchen Zweck das Gemenge angebaut wird oder welche Erfahrungen bereits auf einem Standort für die jeweiligen Gemengepartner vorliegen, kann es sinnvoll sein, einen der Gemengepartner mehr zu betonen. Dafür bieten sich additive Gemenge an. Dabei kann die Anteilssumme der Gemengepartner auch hundert Prozent übersteigen. Die Aussaatstärke der Gemengepartner wird über die Anzahl keimfähiger Körner pro Quadratmeter errechnet. Für eine optimale Gemengezusammensetzung ist von einer bloßen Schätzung der Aussaatmenge in kg/ha abzuraten.

Grundsätzlich müssen Saat- und Erntezeitpunkt der Gemengepartner zusammenpassen. Beispielsweise ein spätreifender Hafer mit einer Ackerbohne und eine frühe Gerste mit Erbsen. Der Aussaatzeitpunkt richtet sich nach der Leguminose und dem optimalen Bodenzustand. Wobei ein Gemenge mit Ackerbohnen eher früh und ein Gemenge mit Erbsen eher spät gesät werden kann. Ein „reinschmieren“ der Saaten sollte unbedingt vermieden werden, dann lieber warten. Zudem müssen auch bei Gemengen Anbauabstände zwischen den Kulturen innerhalb einer Fruchtfolge eingehalten werden.

Im Rahmen des „Demonstrationsnetzwerks Erbse/ Bohne“ wurden bereits gute Erfahrungen mit dem Gemenge von Ackerbohne und Hafer unter ökologischen Anbaubedingungen gesammelt. Die Ackerbohnen wurden dabei in der Regel in Reinsaatstärke von 40K/m² ausgesät. Der Hafer wurde in Saatstärken zwischen 20 Prozent (60 Kö./m²) und 50 Prozent (150 Kö./m²) der normalen Aussaatstärke ins Gemenge eingebracht. Da die optimale Saattiefe der Ackerbohnen bei sechs bis acht Zentimetern liegt, die des Getreides bei zwei bis drei Zentimetern, ist eine getrennte Aussaat empfehlenswert. In der Praxis wurde dennoch oft eine mittlere Ablagetiefe von drei bis vier Zentimetern bei gleichzeitiger Saat mit der Getreidedrillmaschine gewählt.

Risikostreuung

Ein Vorteil von Gemenge ist die Risikostreuung. Im Jahr 2016 wurde beispielsweise in Ackerbohnen ein starker Nano-Virusbefall beobachtet. Es bilden sich Nester in unterschiedlichen Größen mit abgestorbenen Ackerbohnen aus. Durch den Gemengeanbau wurde ertragsstabilisierender Effekt erreicht.  Der Ausfall wurde durch den Hafer kompensiert. Trotz des Nanovirusbefalls wurden im Gemenge noch Gemengegesamterträge bis zu 60dt/ ha erreicht. Hier zeigt sich eindrucksvoll, dass der Gemengeanbau unter den Bedingungen stärker werdender Witterungsschwankungen und Pflanzenkrankheiten eine pflanzenbauliche Lösung sein kann.

Winterleguminosen im Gemenge

Bei Wintererbsen im Gemenge mit Getreide (Roggen, Weizen, Triticale) werden für die Nutzung als Grünfutter oder Silage Erbsen mit 15-40 keimfähigen Körnern pro Quadratmeter und das Wintergetreide mit 200-300 Körnern pro Quadratmeter ausgesät. Wenn ein möglichst hoher Erbsenkornertrag erzielt werden soll und dem Gemengepartner nur eine Stützfunktion zukommt, dann können dafür 20-60 Körner/m² Erbsen und 100-250 Körner/m² Getreidegemengepartner ausgesät werden. Ein typisches Gemenge zur Körnernutzung kann zum Beispiel aus 50 Körnern langwüchsiger Wintererbse und 125 Körnern/m² Wintertriticale bestehen. Für eine rankende, langwüchsige Erbse können im Gemenge auch 65 Körnern/m² ausgesät werden und die Saatstärke der Triticale auf 100 Körner/m² reduziert werden. Je besser der Standort und je mehr Niederschläge, desto weniger Wintererbsen werden gesät. Eine frühe Aussaat führt zu einer stärkeren Bestandsentwicklung. Daher kann bei einer frühen Saat die Aussaatmenge reduziert werden, wohingegen bei einer späteren Saat die Aussaatmenge erhöht werden sollte.

Kein zusätzlicher Stickstoff

Körnerleguminosen und auch Gemenge mit Körnerleguminosen brauchen keine Stickstoffdüngung. Diese behindert sogar die Stickstofffixierungsleistung der Knöllchenbakterien und führt zu einem übermäßigen Wachstum des Getreides. Phosphor und Kalium sollten Sei allerdings im Blick behalten. Eine Düngung extra zum Gemenge ist meist nicht nötig.

Pflanzenschutz

Chemischer Pflanzenschutz im Gemengeanbau theoretisch möglich. Praktisch ist der Einsatz beschränkt, da ein Pflanzenschutzmittel nur verwendet werden darf, wenn eine Indikation für die Gemengepartner vorliegt. Außerdem müssen alle Zulassungsauflagen eingehalten werden und die maximale Einsatzmenge richtet sich nach dem Gemengepartner mit der geringeren zugelassenen Einsatzmenge, unabhängig von dessen Anteil im Bestand.

Nutzung

Bei der Verfütterung im eigenen Betrieb ist der Einsatz des Leguminosen-Getreide Gemenges für Milchkühe oder Schweine unproblematisch. Viehhaltende Betriebe bevorzugen häufig den Gemengeanbau, da diese in futterknappen Jahren auch siliert werden können. Gibt es ausreichend Futter, wird das Gemenge gedroschen und als Kraftfutter eingesetzt.

Handel und Verarbeiter sind noch nicht auf die Abnahme von Leguminosen-Gemenge eingestellt. Daher sollten alle Landwirt*innen, die das Gemenge verkaufen wollen vor dem Anbau die Verwertung klären.