Ziergarten
Schottergärten – Stein(e) des Anstoßes
Als erstes Bundesland hat nun Baden-Württemberg ein landesweites Verbot von Schottergärten erlassen. Seit dem 31.07.2020 hat der neue Paragraf 21a des Landesnaturschutzgesetzes (BW NatSchG) seine Gültigkeit.
Im Folgenden erläutern wir die Problematik und die Rechtslage in Hessen.
Was ist genau das Problem von Schottergärten?
Mit dem Begriff „Schottergarten“ sind Gartenflächen, zumeist Vorgärten, gemeint, die größtenteils mit Folie oder Vlies und anschließend Schotter, Splitt, Kies oder Mulchmaterialien wie Rindenmulch oder Holzhackschnitzel bedeckt werden und keine oder spärliche Bepflanzung aufweisen.
Was ist die Motivation für Gartenbesitzer einen sogenannten Schottergarten anzulegen? Viele Grundstückseigentümer hoffen, dass es sich hierbei um ein Konzept handelt, mit welchem der Garten bei geringstem Pflegaufwand trotzdem einen ganzjährig ordentlichen, also seitens der Nachbarschaft nicht zu beanstandenden, Zustand aufweist.
Neben der Frage des Geschmacks bezüglich der Attraktivität einer so gestalteten Gartenfläche und der vermeintlichen Pflegeleichtigkeit haben diese Flächen mehrere negative Auswirkungen auf unsere Umwelt, insbesondere in der Summe, wenn es innerhalb der Nachbarschaft zunehmend Nachahmer gibt.
Problematische Auswirkungen
- Versiegelung: In der Regel werden unter den Kies-, Schotter- oder Mulchflächen Folien oder Vliese eingebaut, die verhindern sollen, dass Unkräuter von unten durch- oder von oben einwachsen. Damit einhergehend entsteht jedoch, je nach Material, faktisch eine Voll- oder zumindest eine Teilversiegelung der Fläche. Da Niederschlagswasser nur noch zu einem geringen Teil vom Boden aufgenommen wird, kann es zu einer Überlastung der Entwässerungssysteme und – im ungünstigen Fall – zu Schäden am eigenen Gebäude führen. Darüber hinaus kommt Niederschlagswasser nicht dem natürlichen Grundwasserspeicher zugute. Auch wird der Boden geschädigt, indem der Luft- und Nährstoffaustausch nicht mehr stattfindet und die Bodenlebenwesen massiv beeinträchtigt werden, sowohl was deren Menge als auch deren Zusammensetzung und die Möglichkeit der Interaktion betrifft.
- Mikroklima: Der Umfang an befestigten, nicht begrünten Flächen beeinträchtigt das Mikroklima von Ortslagen erheblich, insbesondere im Sommer. An heißen Tagen heizen sich Steine stark auf und geben die Hitze nachts ab. Infolge dessen bleiben die Umgebungstemperaturen kontinuierlich auf einem sehr hohen Niveau. Diese Veränderung bekommen bei zunehmendem Versiegelungsgrad letztlich nicht nur die unmittelbaren Anwohner zu spüren, sondern kann sich auf gesamte Ortschaften auswirken, wenn die nächtliche Abkühlung nicht mehr wie bisher funktioniert, sondern das Mikroklima sich in Richtung Stadtklima entwickelt.
- Rückgang der Artenvielfalt: Unbepflanzte Schotter-, Kies- und Mulchflächen sind als Lebensräume für gartenbewohnende Tierarten wertlos. Sie bieten weder Insekten noch Vögeln Nahrung, Versteck- und Nistmöglichkeiten.
Ergänzend sei an dieser Stelle erwähnt, dass versiegelte Vorgärten in keiner Weise zu einem positiven Erscheinungsbild eines Hauses oder einer Ortschaft beitragen. Vielmehr sind es begrünte Flächen wie Gärten, Straßenbegleitgrün und andere innerörtliche Grünräume, die in besonderem Maße ein attraktives Ortsbild prägen.
Rechtliche Situation
„Mein Grundstück ist mein Eigentum – hier kann ich machen, was ich möchte!“ Dies ist eine durchaus verbreitete Haltung, die allerdings falsch ist. Schon das Grundgesetz trifft die Aussage: „Eigentum verpflichtet“!
Hinsichtlich der Freiheit, seine Außenanlage nach seinen Vorstellungen gestalten zu können, wirken insbesondere das Baurecht und das Nachbarschaftsrecht begrenzend. Das Land Baden-Württemberg hat mit dem neuen Paragrafen 21 NatSchG nun seinen Willen zusätzlich auch im Naturschutzrecht verankert und damit seine Absicht unterstrichen, unmissverständlich gegen Schottergärten vorzugehen und gegebenenfalls auch Eigentümer zu zwingen, diese zurückzubauen.
Die rechtlichen Mindestvorgaben zur Gestaltung von Grundstücksfreiflächen sind in Baden-Württemberg und Hessen mit Blick auf die jeweiligen Landesbauordnungen ähnlich. Nach § 8 Hessische Bauordnung (HBO) gilt für Grundstücksfreiflächen pauschal, dass die nicht überbauten Flächen der bebauten Grundstücke erstens wasserdurchlässig zu belassen oder herzustellen und zweitens zu begrünen oder zu bepflanzen sind, soweit diese nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden und Bebauungspläne oder andere Satzungen keine eigenen Festsetzungen zu den nicht überbauten Flächen treffen.
Die Anlage einer reinen Kies-, Schotter- oder Mulchfläche widerspricht somit auch in Hessen bereits dieser grundsätzlichen Rechtsvorgabe. Bei Baugebieten neueren Datums kann ohnehin davon ausgegangen werden, dass Kommunen in aller Regel grünordnerische Maßgaben festgelegt haben bzw. werden, um die Auswüchse von Schottergärten zweifelsfrei und rechtssicher verhindern zu können.
Daher eine klare Empfehlung bei der Gartenanlage: Berücksichtigen Sie die grünordnerischen Festsetzungen Ihres Bebauungsplanes, um am Ende nicht eventuelle teure Rückbaumaßnahmen durch die kommunale Bauaufsicht auferlegt zu bekommen.
Schottergärten bergen (finanzielle) Nachteile
Die Gebühr für Niederschlagswasser bemisst sich in der Regel am Versiegelungsgrad und der Größe der entsprechenden Fläche. Von daher kann ein geschotterter und somit als zumindest teilversiegelt geltender Vorgarten durchaus zu höheren Niederschlagsgebühren für Grundstückseigentümer führen.
Weiterhin gut zu wissen: Sollte es bei der Zunahme von Starkregenereignissen durch die Versiegelung und die damit verbundene Überlastung der Entwässerung zu Schäden am eigenen Gebäude kommen, sind diese Schäden nicht zwangsläufig durch die Gebäudeversicherung abgedeckt, wenn festgestellt wird, dass Grundstücksbesitzer gegen ihre Obliegenheitspflicht der wasserdurchlässigen Herstellung von Gartenflächen (Landesbauordnung) verstoßen haben.
Empfehlung der Hessischen Gartenakademie
Langfristig sind Schottergärten pflegeintensiv
Die meisten Schottergärten werden von den jeweiligen Eigentümern nicht unbedingt als „schön“ empfunden. Allerdings suggeriert eine unbepflanzte und abgedeckte Fläche eine doch zumindest ordentliche Außenanlage, die darüber hinaus ohne Pflege funktioniert. Dies mag auch tatsächlich für die erste Zeit der Fall sein. Mittelfristig sammeln sich im Schotter oder Kies aber Staub, Pollen und Laub an und bilden zunehmend die Grundlage für die Ansiedlung von Unkräutern. Diese sind in den Gesteinsflächen allerdings schwieriger zu beseitigen als auf einer bepflanzten Fläche. Dazu kommen die schwer zu reinigenden Verschmutzungen an den Steinen selbst.
Dichte Pflanzungen unterdrücken das „Unkraut“
Stattdessen empfiehlt die Hessische Gartenakademie für pflegeleichte Flächen genau das Gegenteil – nämlich dichte, attraktiv blühende Pflanzungen in Form von Staudenmischpflanzungen. Dabei werden um diverse Leit- und Gruppenstauden Bodendecker so eng gepflanzt, dass es für Samenunkräuter schwierig ist, sich in der Pflanzung anzusiedeln – also anders als in herkömmlichen Staudenpflanzungen. Speziell abgestimmte Staudenmischpflanzungen sind für unterschiedliche Standortverhältnisse von schattig bis sonnig und trocken erhältlich. Ihre Pflanzung erfordert weder Pflanzplan noch besondere Pflanzenkenntnisse. Solch eine Bepflanzung ist nicht nur attraktiv und pflegeleicht, sondern nimmt auch Niederschläge auf, wirkt klimatisch ausgleichend und bietet Nektar und Pollen sowie Überwinterungsmöglichkeiten für Insekten.
Weiterführende Infos
Informationen zu Staudenmischpflanzungen
Informationen der Biodiversitätsstrategie Hessen zur Schottergartenproblematik
Machen Sie mit!
Wiesbadener Bürger können noch bis zum 31.08. am Fotowettbewerb „Blühende Vorgärten“ des Umweltamtes Wiesbaden teilnehmen. Der Fotowettbewerb ist Auftakt der Kampagne „Blühende Vorgärten“, die die Landeshauptstadt Wiesbaden ab September startet. Eine Ausstellung im Umweltladen, Vorträge, Beratungsangebote und eine Broschüre geben Anregungen, wie Vorgärten grün, pflegeleicht und zugleich als attraktiver Lebensraum für Vögel, Insekten und andere Tiere gestaltet werden können. Infos hierzu finden Sie auf der Seite des Wiesbadener Umweltladens.