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Was Sie schon immer über Blaukraut – pardon Rotkraut – wissen wollten…

Der Kohlanbau hat seine Ursprünge im mediterranen Raum. Schon bei den alten Griechen und später auch den Römern finden sich erste Kulturbeschreibungen zu dieser Gemüseart. Kopfkohlanbau existiert in Europa seit mindestens 2.500 Jahren. In Deutschland wurde Kopfkohl ab dem Mittelalter kultiviert.

Geteilter Rotkohlkopf - bereit zur Zubereitung; Foto: © katinkah – stock.adobe.com
Blaukrautpflanze auf dem Acker

Der Rotkohl fand erstmals im 12. Jahrhundert Erwähnung, in Schriften der Universalgelehrten Hildegard von Bingen (1098–1179). Dabei unterschied sie zwischen dem Rotkohl „Rubeae caules“ und dem Weißkohl, der überwiegend zu Sauerkraut verarbeitet wurde.

Neben Brot war Kohl für lange Zeit das wichtigste Lebensmittel im mitteleuropäischen Raum, denn es war preisgünstig und lange lagerfähig. Insbesondere im Winter war das Kohlgemüse bedeutsam für die Versorgung der Menschen mit essentiellen Nährstoffen wie Vitamine oder Mineralstoffe. Zudem galt Kohl als anerkanntes Heilmittel: Gegen Krankheiten wie Gicht oder Gelenkschmerzen wurde Kohlsaft und Kohlsuppe verabreicht. Auch bei anderen Leiden wie Magenproblemen oder Verdauungsbeschwerden kam Kohl zum Einsatz.

Blaukraut bleibt Blaukraut – oder wird es doch zum Rotkraut?

Ob nun Rotkohl, Rotkraut oder Blaukraut genannt – gemeint ist damit immer dieselbe Pflanze: Brassica oleracea convar. capitata var. rubra L.. Die verschiedenen Bezeichnungen für die Gemüseart resultieren aus unterschiedlichen Bedingungen in den Anbauregionen bzw. gehen auf unterschiedliche Zubereitungsarten zurück.

Je nach Umweltbedingungen bekommt Rotkohl nämlich eine Färbung, die zwischen rot und blau liegt. Da im Mittelalter noch kein Begriff für den Zwischenton „Lila“ existierte, wurde dementsprechend entweder die Farbe „Blau“ oder „Rot“ als Namenszusatz verwendet.

Rotkohl färbt sich auf den Feldern im Norden von Deutschland meist rot und im Süden eher bläulich. Das liegt an den unterschiedlichen pH-Werten der Böden der Anbauflächen.  Wenn das Gemüse in sauren Böden angebaut wird, wie im Norden oft vorherrschend, bekommt es eine rötliche Färbung. In alkalischen Böden, wie häufig im Süden vorkommend, geht die Färbung eher ins bläuliche.

Dementsprechend logisch ist es, dass sich in verschiedenen Regionen unterschiedliche Namen etabliert haben. Hier eine kleine Übersicht:

Rotkohl: Norddeutschland (Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, nördliches Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern) und Nordrhein-Westfalen

Rotkraut: Mittel- und Südwestdeutschland (Sachsen, Thüringen, Hessen, Baden, Pfalz, Franken)

Blaukraut: Süddeutschland (Württemberg, Bayern, Vogtland)

Chamäleon unter den Gemüsesorten

Nach demselben Prinzip der Farbindikation durch den Säuregehalt des Bodens kann auch die Zubereitungsweise die Färbung beeinflussen: Wenn säurehaltige Lebensmittel dem Rotkohl zugegeben werden wie Essig, bedingt dies eine stärkere Rotfärbung. Einen so genannten „blauen Einschlag“ erzielt man durch die Zugabe von basischen Zutaten wie Natron.

Der Farbwechsel ist durch die im Kohl enthaltenen Anthocyane begründet. Diese sekundären Pflanzenstoffe verleihen dem Kohl die blau-rote Farbe, welche sich entsprechend des pH-Werts der Umgebung anpasst. Die Anthocyane fungieren damit als Säure-Basen-Indikator (ähnlich Lackmuspapier) und lösen je nach pH-Wert in direkter Umgebung eine chemische Reaktion aus, die die Farbe beeinflusst.

Inhaltsstoffe

Rotkohl enthält fast kein Fett und zählt mit seinen gerade einmal 27 Kilokalorien pro 100 g Frischmasse zu den kalorienarmen Lebensmitteln. Er liefert pflanzliches Eiweiß (1,5 g/100 g) und wichtige Mineralstoffe wie z. B. Kalium (241 mg/100 g), Calcium (37 mg/100 g) und Magnesium (16 mg/100 g). Außerdem enthält er viele Ballaststoffe, die die Darmaktivitäten anregen. Zudem sind viele sekundäre Pflanzenstoffe enthalten wie die farbgebenden Anthocyane. Sie gehören zu der Gruppe der Flavonoide, denen antioxidative Eigenschaften zugesprochen werden und die sich positiv auf die Zellentwicklung auswirken sollen.

Außerdem verfügt Rotkohl über hohe Vitamingehalte, mit bedeutsamen Mengen an:

Achtung: Zu langes Kochen zerstört die Vitamine teilweise. Deshalb empfiehlt es sich vor allem im Winter, Rotkohl ab und an auch als Rohkost zuzubereiten.

Anbau in Hessen

Auch in Hessen spielt der Anbau der klassischen Gemüsekultur eine Rolle: In mehr als 100 hessischen Betrieben wurde im Jahr 2020 Rotkohl angebaut. Die gesamte Anbaufläche betrug dabei ca. 147 ha mit einer Gesamterntemenge von 7.342 t mit einem Schwerpunkt auf Nordhessen (Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Wiesbaden, 2021). Neben der Direktvermarktung über Hofläden oder Wochenmarktstände ist die weiterverarbeitende Industrie ein wichtiger Abnehmer im Rahmen von Vertragsanbau.

Durch eine gezielte Sortenauswahl kann der Markt ganzjährig mit heimischem Rotkohl beschickt werden. Durch den Einsatz von Vlies oder Folie können Frühkohlsorten schon Mitte Mai bis Juni geerntet werden. Die Hauptsaison der Rotkohlernte dauert von September bis November.

Lagerung

Eine längerfristige Lagerung gelingt Hobbygärtnerinnen und -gärtnern am besten, wenn der Kohl von Hüllblättern und dem Wurzelstock befreit ist. So lässt er sich in einem kühlen, luftigen Keller auf strohbedeckten Brettern gut lagern. Alternativ können gesunde Köpfe auch mit den Hüllblättern an den Strünken aufgehängt werden. Ideale Bedingungen für die Lagerung sind um die 1°C und eine hohe relative Luftfeuchte (ca. 95%). So bleibt der Rotkohl mehrere Monate lagerfähig ohne größere Qualitätsverluste.

Ein frischer Rotkohlkopf zeichnet sich durch kräftige, feste und matt glänzende Blätter aus. Im Kühlschrank-Gemüsefach ist Rotkohl bis zu zwei Wochen haltbar. In angeschnittener Form sollte er stets in Frischhaltefolie eingeschlagen werden, damit er nicht zu schnell austrocknet.

Zubereitung

Rotkohl kann sowohl roh als auch gekocht verzehrt werden. In beiden Varianten werden oft Äpfel beigegeben.

In vielen norddeutschen – teils auch badischen – Rezepten kommen vorwiegend säurehaltige Zutaten wie Essig und Wein zum Einsatz, was die Rotfärbung betont.

In einigen süddeutschen Regionen – Schwaben, Franken und Bayern – werden bevorzugt Zucker oder alkalische Zutaten wie Natron verwendet, wodurch die violette Farbe auch nach der Zubereitung erhalten bleibt bzw. sich ins bläuliche verändert.

Typische beim Rotkohl verwendete Gewürze sind Gewürznelken, Lorbeerblätter oder Muskat.

Rotkohl eignet sich hervorragend als Beilage zu Schweine-, Gänse-, Enten- oder Sauerbraten sowie zu Wildgerichten.

Appetit bekommen? Der Winter beginnt ja erst und Sie können noch viele Varianten ausprobieren – und ob nun als Blau- oder Rotkraut zubereitet: Gesund ist er allemal.


Quellenangaben:

http://www.hortipendium.de/Rotkohl

https://www.iglo.de/ernaehrung/gemuese/kohl/rotkohl-vs-blaukraut

https://de.wikipedia.org/wiki/Rotkohl

https://www.chemie.de/lexikon/Rotkohl.html

https://www.hengstenberg.de/heimatkueche/special/alles_ueber_rotkohl

Hessisches Statistisches Landesamt, Wiesbaden, 2021

Georg Vogel: Handbuch des speziellen Gemüsebaues

https://www.ernaehrung.de/lebensmittel/de/G341100/Rotkohl-roh.php

https://www.ernaehrung.de/lebensmittel/de/G341132/Rotkohl-gekocht.php