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Rostbefall auf Mäh- und Weideflächen

Im Spätsommer des vergangenen Jahres trat ein vermehrter Rostbefall auf Grünlandflächen auf. Die feuchtwarme Witterung im August war nur ein Faktor der massiven Ausbreitung in 2021.

Überständiges Futter im Sommer ist der Nährboden für Rostbefall

Verschiedene Faktoren begünstigen die massenhafte Ausbreitung der parasitär lebenden Pilze auf den Futtergräsern. Zum einen infizieren die Sporen der Rostpilze die Wirtspflanze bei passenden Witterungsbedingungen. Milde Temperaturen, eine hohe Luftfeuchtigkeit und Blattnässe über mehrere Stunden beschleunigen die Ausbreitung. Die Taufeuchte im Herbst bildet eine weitere Brücke zur Ausbreitung zwischen den Pflanzen. Das vergangene Jahr zeichnete sich durch stetig wiederkehrende Niederschläge während der Vegetationsperiode aus. Nach den dürregeprägten Jahren 2018 bis 2020 reagierten die gut gepflegten und ernährten Grünlandflächen mit einem hohen Trockenmassezuwachs. Ein Mangel an Phosphor und Kalium können die Infektion fördern. Der Vorrat an NPK wurde durch die hohen Erträge der ersten beiden Schnitte 2021 vielerorts aufgebraucht. Aufgrund der hohen Erntemengen gab es nur bedingt eine Mehrnährstoffdüngung zu den Folgeschnitten. Das setzte die Abwehrfähigkeit der Gräser zurück.

Biologie der Rostpilze

Wie bei den Rostpilzen im Getreide benötigen auch die parasitär lebenden Pilze (Puccina Spec.) der Futtergräser intaktes Pflanzengewebe. Sie ernähren sich von pflanzlichen Kohlenhydrate. Dazu dringen sie in die Pflanzenzellen ein und verletzen die Blattepidermis. Eine Rostinfektion führt zu einem frühzeitigen Absterben des Laubblattes, da es den Alterungsprozess beschleunigt bzw. das Blatt an Wasser verliert und vertrocknet. Kranke Gräser sind geschwächt, ihr Wurzel- und Ausläuferwachstum wird gehemmt. Die Konkurrenzfähigkeit nimmt ab. Unerwünschte Pflanzen können sich ausbreiten.

Es gibt verschiedene Rostarten, die spezifisch auf einer Art oder speziell an einer Sorte auftreten. Bei den Futtergräsern spielen Gelbrost, Braunrost, Kronenrost und Schwarzrost eine Rolle. Bei Dt. Weidelgras treten nach Untersuchungen in Bayern überwiegend Braun- oder Kronenrost auf. Das wichtige Futtergras der Höhenlagen, die Wiesenrispe, zeigte in Befallsjahren eine Anfälligkeit mit Gelbrost. Auch Wiesenlieschgras, Wiesenschwingel, Knaulgras und Wiesenfuchsschwanz können den Pilzen als Wirt dienen. Beide Rostarten (Gelbrost/ Kronenrost) unterscheiden sich optisch in leichten Farbunterschieden der Sporen. Sie befallen nur die Laubblätter, nicht den Stängel. Je nach Art des parasitär lebenden Pilzes liegt die optimale Keimtemperatur zwischen 10 und 28 Grad Celsius. Entscheidend für die Infektion und Weiterverbreitung ist bei allen Arten eine feucht-nasse Witterung über 3 bis 8 Stunden. Diese Bedingungen in Verbindung mit der nachlassenden Wuchskraft der Grünlandnarbe begünstigen das Auftreten im Spätsommer / Herbst. Zudem bildet sich je nach Nutzung eine gewisse Dominanz einiger Gräserarten im Grünlandbestand aus. Das auf intensiv geführten Schnittflächen oft dominierende Dt. Weidelgras kann durchaus massiv betroffen sein. Deshalb ist die Rostresistenz auch ein Prüfmerkmal des Bundessortenamtes.

Gelb- und Kronenrost überwintern als Myzel (Pilzgeflecht) in den Blättern der Gräser oder an anderen Pflanzen, die als Zwischenwirt dienen. Eine Überwinterung auf dem Boden findet bei keiner Art dieser Gattung statt. Bei optimalen Witterungsbedingungen keimt der Pilz dann aus und bildet Sporen und es kommt zu einer Masseninfektion. Sonnige Tage und kühle Nächte mit entsprechender Taubildung, wie es in den letzten Jahren oft zu beobachten war, fördern das Wachstum und die Ausbreitung dieser Parasiten. Eine Verbreitung der Sporen zwischen den Schlägen erfolgt durch Wind und die Infektion am Blatt durch einen Wasserfilm.

Rostbefallene Gräser – nicht nur ein Thema der Landwirtschaft

Rostbefall kann auf allen Rasentypen und bei unterschiedlichen Grünlandnutzungen auftreten. Besonders auf Golfplätzen, in Parkanlagen, auf rollrasenausgelegten Plätzen und auf Zierrasenflächen sind rostbefallene Gräser ein Thema. Nicht nur das veränderte Erscheinungsbild, sondern auch der Ausfall dieser Gräser und damit die aufgelockerte Narbe fürchten Golfplatzbesitzer und Zierrasenhersteller.

Auswirkungen des Rostbefalls

Wie im Getreide setzt ein Rostbefall auch an den Futterpflanzen den Pflanzenertrag zurück. Die leicht verdaulichen Kohlenhydrate (Zucker) werden in den Pflanzenzellen verbraucht. Die Verdaulichkeit und der Futterwert der Gräser sinkt für den Wiederkäuer. Auch die Milchsäurebakterien benötigen im Silierprozess Zucker zur Absenkung des pH-Wertes. Deshalb ist die Silierfähigkeit rostbefallener Herbstaufwüchse stark beeinträchtigt.

Zur Frage der Toxinwirkung von Rost auf Gräsern veröffentlichte Bayern 2006 einen Laborversuch. In diesem benetzte man Säugetierzellen mit einem Extrakt aus Kronenrostbefallen Dt. Weidelgras. Bei einem 10 prozentigen Kronenrostbefall nahm die Stoffwechselaktivität der Säugetierzelle deutlich ab. Das weist auf ein toxisches Potential bei stärkeren Kronenrostbefall hin. Auf die Praxis übertragen, bedeutet das eine mögliche Reizung der Schleimhäute in Maul und Nase. Von diesen wird bereits in früheren Untersuchungen berichtet. Eine negative Wirkung auf die Pansenflora wurde noch nicht untersucht. Von einem Rückgang der Futteraufnahme auf der Weide ist aber auszugehen. Untersuchungen zur Schmackhaftigkeit des befallenen Weidegras für melkende Kühe, Mutterkühe oder weibliche Jungrinder sowie der Silierfähigkeit des Aufwuchses stehen noch aus.

Rost auf Gräsern – ein jahrhundertaltes Phänomen

Im Herbst kann Rostbefall auftreten

Der Befall von Gräsern mit Rost tritt schon mehrere hundert Jahre auf. So beschrieb das Landwirtschaftliche Zentralblatt für Deutschland 1863: „Aufmerksam gemacht durch Aussagen von Landsleuten, dass stellenweise auf den Gräsern ihrer Wiesen Rost vorgekommen sein, (…) Wenn nun aber die Behauptung aufgestellt worden ist, dass das mit diesem Brande befallene Gras den Ziegen nachteilig, sogar tödlich sei, so hat man darüber keine Erfahrung sammeln können. (…) Kühe, Pferde, Schafe, (…) von dem aus solchem Grase gemachten Heu gefressen, haben keinen Nachteil erlitten.“ Und schon 1863 wird angeregt, die Auswirkungen des Pilzbefalls näher zu untersuchen. Fütterungsversuche mit rostbefallenen Grünfutter oder Silagen sind dem Autor aktuell nicht bekannt. Die Nachfrage bei mehreren deutschen landwirtschaftlichen Versuchsanstalten ergab keine Versuchstätigkeiten mit dem Verfüttern rostbefallener Gräser im Rinderbereich in den letzten Jahren. Da die Mikroben des Pansens sich über Jahrtausende gemeinsam mit dem Grünland entwickelt haben, besteht die Vermutung einer Anpassung an das Phänomen. Der Klimawandel und die veränderten Witterungsbedingungen für das Grünland (Trockenjahre mit folgenden feuchtwarmen Spätsommern) rücken das Thema jedoch in den Fokus. Aufgrund der sich damit ändernden Vegetationskurve des Grünlands nimmt der Spätsommer- und Herbstaufwuchs in Zukunft wohl eine bedeutendere Rolle ein. Die Energiedichte des Aufwuchses ist für das Wachstum der weiblichen Jungrinder in Milchvieh- und der Kälber in der Mutterkuhhaltung entscheidend. Wenn auch der rostbefallene Aufwuchs den Weidetieren gesundheitlich nicht nachhaltig schädigt, sind geringere Leistungen wahrscheinlich.

Maßnahmen bei Rostbefall auf Weideflächen

Laktierende Kühe sollten nicht auf rostbefallenen Flächen weiden. Deren Energiebedarf ist hoch und eine hohe Trockenmasseaufnahme wird angestrebt. Beides ist auf diesen Flächen nicht zu erfüllen. Bei absolutem Weideland ist die Nachbeweidung mit Rindern sinnvoll. Jungrinder zwischen 12 Monate und bis maximal 8 Wochen vor der Abkalbung sind für diese Weideflächen vorzusehen. Eine tägliche Kontrolle des Allgemeinzustands der Jungrinder, wie glänzendes Fell, Füllung der Hungergrube und aktives Weideverhalten sollte erfolgen. Für optimale Tageszunahmen von 800 g (25 Monate Erstkalbealter; 400 kg Lebensgewicht mit 16 Monaten) wird bereits bei gesunden Weidebeständen eine Zufütterung von z.B. Getreideschrot ab dem Spätsommer empfohlen (Tabelle). Denn neben dem Trockenmassezuwachs nimmt auch die Energiekonzentration des Aufwuchses in der zweiten Vegetationshälfte ab. Je nach Stärke des Rostbefalls muss dieses Defizit ausgeglichen werden, was zusätzliche Futterkosten bedeutet.

Erforderliche Zufütterung weibl. Jungrinder (800 g tägl. Zunahmen) an Kraftfutter bei konstanter Weidefläche ohne Rostbefall (Umtriebsweide mit Bruttoertrag abzügl. Beweidungsverlusten: 45.000 MJME/ha; Modellrechnung)

Lebensgewicht Weidefläche Zufütterung, kg pro Tier und Tag
in kg ha/Tier August September Oktober
(* pro Gabe nicht mehr als 2,5 kg)
Quelle: Jungrinderaufzucht, Band 203; DLG 2008
200 0,24 0,4 1,3 2,3
300 0,33 0,3 1,5 2,9
400 0,39 0 – 0,2 1,3   3,0*
500 0,47 0,5 2,1   4,1*

Eine weideangepasste Düngung und das Kurzhalten des Weideaufwuchses (6 – 8 cm) in den Herbst hinein, kann die Ausbreitungsgefahr verringern. Weidereste sollten im Herbst nachgemäht, gemulcht oder durch die Beweidungsform (Kurzrasenweide) vermieden werden.

Maßnahmen bei Rostbefall auf Schnittflächen

Da das Pilzgeflecht an den Gräsern überwintert, sollte immer ein Pflegeschnitt im Herbst erfolgen. Bei starkem Befall kann dieser parzellenweise verworfen (z.B. kompostiert) werden. Ein Verschneiden mit befallsfreiem Aufwuchs und die Verwendung eines angepassten Siliermittels (WR 1a oder 1b) sind bei mittlerem Befall möglich.

Um die Rostsporen nicht auf gesunde Flächen zu verschleppen, sollten befallene Flächen zuletzt gemäht und geerntet werden.

Zur Vermeidung der Rostausbreitung dient auch die bedarfsgerechte Düngung der Folgeaufwüchse. Stickstoff-, Phosphor- und Kaliummangel begünstigen nachgewiesen eine Infektion mit Rost. So reicht bspw. die alleinige Düngung mit den zulässigen Güllemengen zu den Aufwüchsen bei einer 4-Schnittnutzung nicht aus, um den Kaliumbedarf zu decken. Rost breitet sich aufgrund des Mikroklimas in höheren Beständen besonders gut aus. Deshalb ist eine frühzeitige Nutzung bei ersten Anzeichen des Befalls zu empfehlen. Die regelmäßige Nachsaat mit auf Ausdauer geprüften Sorten im Saatgut stärkt die Resilienz des Grünlandbestandes.