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Anbauflächen heimischer Eiweißpflanzen in Hessen erneut gewachsen

Vor allem der Anbau von Körnerleguminosen ist in Hessen kräftig gestiegen. So wurden – unterstützt durch verschiedene Maßnahmen – in diesem Jahr 61 % mehr Körnerleguminosen und 21 % mehr Futterleguminosen angebaut als 2019. Ein starker Treiber dieser Entwicklung ist die große Nachfrage nach dem HALM Programm „Vielfältige Kulturen im Ackerbau“. Und es gibt weitere gute Gründe, warum der Trend beim Leguminosen-Anbau nach oben zeigt.

Von den Hülsenfrüchten ist nach wie vor die Ackerbohne die Hauptkultur in Hessen

In den letzten Jahren hat sich der Anbau von Eiweißpflanzen in Hessen zunehmend positiv entwickelt. Gründe sind zum einen die Veränderung der landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen (GVO-freie Produktion, Förderprogramme), zum anderen die Notwendigkeit, auf die sich wandelnden Anbaubedingungen (Trockenheit, Resistenzproblematik) mit einer größeren Vielfalt an Kulturen zu reagieren. Dazu leisten die Leguminosen einen wichtigen Beitrag. Die hessische Landesregierung unterstützt den Anbau von heimischen Eiweißpflanzen mit ihrer landeseigenen Eiweißinitiative und mit dem HALM-Programm „Vielfältige Kulturen im Ackerbau“. Seit mehreren Jahren laufen dazu vielfältige Aktivitäten, die vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) umgesetzt werden. Aktuell gibt das HALM C.1 Programm einen deutlichen Impuls zum Einstieg in den Leguminosenanbau.

Anbauentwicklung bei den Körnerleguminosen

2020 wurde in Hessen auf über 14.700 ha Körnerleguminosen angebaut (Abb. 1). Dies ist ein deutlicher Zuwachs von 61 % gegenüber dem Vorjahr. Im Vergleich dazu lag der Anbauumfang bei den Körnerleguminosen im Zeitraum von 2010 bis 2014 – also bevor vielfältige Maßnahmen zur Unterstützung des Anbaus heimischer Eiweißpflanzen ergriffen wurden – mit rund 3.500 ha auf einem niedrigen Niveau. Seitdem lässt sich Jahr für Jahr ein weitgehend kontinuierlicher Anstieg festhalten. Das kräftige Plus für 2020 steht im Zusammenhang mit der großen Nachfrage nach dem HALM C.1 Programm „Vielfältige Kulturen im Ackerbau“, das in diesem Jahr mit einem Verpflichtungszeitraum von fünf Jahren wieder neu aufgelegt wurde. Mit dem Einstieg in das Programm verpflichten sich teilnehmende Betriebe, jährlich mindestens fünf Hauptkulturarten anzubauen, und darunter auf mindestens 10 % ihrer Ackerflächen Leguminosen.

Von den Hülsenfrüchten ist nach wie vor die Ackerbohne die Hauptkultur in Hessen. 2020 nahm sie mit rund 7.200 ha wieder den größten Anbauumfang ein, gefolgt von der Körnererbse, die auf rund 3.640 ha angebaut wurde. Die Sojabohne etabliert sich zusehends und ist mittlerweile mit fast 2.000 ha die am drittstärksten angebaute Körnerleguminose in Hessen. Das entspricht im Vorjahresvergleich einem Zuwachs um mehr als das Doppelte. Im Gegensatz zu Ackerbohne und Erbse, die je nach Standort und Verwendung in ganz Hessen angebaut werden, liegt der Anbauschwerpunkt der Sojabohne aufgrund ihres Wärmeanspruchs nach wie vor in Südhessen und Teilen Mittelhessens.

Im Zuge des vermehrten Leguminosenanbaus werden auch in Hessen mehr Lupinen angebaut, wobei sich bisher die Anbauwürdigkeit der Lupinen aus verschiedenen Gründen (z. B. Anbaueignung, Ertragsunsicherheit, Anthraknoseanfälligkeit bzw. fehlende Vermarktungsoptionen) eher in Grenzen hielt. 2020 lag die Anbaufläche bei 560 ha. Lupinen sind wie die anderen Hülsenfrüchte wertvolle Eiweißpflanzen mit hohen Rohproteingehalten und einer hohen Proteinwertigkeit. Sie eignen sich als Futterkomponente für Wiederkäuer wie für Monogaster, aber auch zur Verarbeitung in der Lebensmittelindustrie. Darüber hinaus haben Lupinen durch ihr weit verzweigtes Wurzelsystem eine sehr gute Vorfruchtwirkung in der Fruchtfolge. In Zukunft werden züchterische Fortschritte die Anbaueignung von Leguminosen weiter verbessern. So sind von den ertragsstärkeren weißen Lupinen neue Sorten auf dem Markt, die anthraknosetoleranter sind.

Abb. 1: Anbau von Körnerleguminosen in Hessen von 2010 bis 2020; Quelle: Brigitte Köhler (LLH), verändert nach WI-Bank (Stand 09/2020), * beantragte Flächen

Weitere legume Kulturen wie Wicken und Linsen werden in Hessen nur in geringem Umfang angebaut (zusammengenommen weniger als 100 ha). Dagegen nimmt der Mischanbau von Erbsen mit einem Getreidepartner (Gerste, Hafer) einen größeren Umfang ein, er umfasste in diesem Jahr eine Fläche von rund 1.200 ha.

Seit 2014 konnte in Hessen durch den Ausbau der Maßnahmen der Anteil der Körnerleguminosen an der landwirtschaftlich genutzten Ackerfläche von 0,7 % auf mittlerweile 3,1 % gesteigert werden. Aus pflanzenbaulicher Sicht bieten die Leguminosen im Sinne einer vielfältigen Ackerkultur viele Vorteile in der Fruchtfolge und deren Potenziale sollten stärker genutzt werden. Dabei gilt es allerdings, die standortbedingten und anbautechnischen Ansprüche der Körnerleguminosen (z. B. Einhaltung von Anbaupausen, Ertragssicherheit etc.) zu meistern. Um den Anbau von Körnerleguminosen weiter zu intensivieren, müssen darüber hinaus ihre Nutzungs- und Vermarktungsmöglichkeiten weiter verbessert werden.

Anbauentwicklung bei den Futterleguminosen

Von den Futterleguminosen überwiegt der Anbau im Gemenge als Klee- bzw. Luzernegras bei Weitem

Bei den Futterleguminosen zeigen sich ähnliche Tendenzen wie bei den Körnerleguminosen, wobei die Zuwächse im Anbau weniger stark sind (Abb. 2). Der Anbau von Futterleguminosen umfasst reine Klee- und Luzernebestände sowie die Gemenge mit Graspartnern, wobei das Klee- bzw. Luzernegrasgemenge insgesamt deutlich überwiegt. Die Gesamtanbaufläche stieg von 13.350 ha im Jahr 2018 über 14.700 ha in 2019 auf 17.830 ha im Jahr 2020 – das ist gegenüber dem Vorjahr also ein Plus von 21 %. Insgesamt werden zurzeit auf 3,8 % der landwirtschaftlich genutzten Ackerfläche in Hessen Futterleguminosen angebaut.

Abb. 2: Anbau von Futterleguminosen in Hessen von 2018 bis 2020; Quelle: Brigitte Köhler (LLH), verändert nach WI-Bank (Stand 09/2020)

Futterleguminosen leisten einen wichtigen Beitrag als Nährstoff- und Futterlieferant für Boden und Tier. Ihr Anbau wird über verschiedene Agrarumweltprogramme (HALM B.1, HALM C.1) unterstützt bzw. kann als ÖVF (ökologische Vorrangflächen) innerhalb des Greenings angerechnet werden. Bedingt durch die zunehmende Trockenheit gewinnen sie zur Sicherung der Futterversorgung wieder mehr an Bedeutung. Von den Futterleguminosen überwog der Anbau von Klee- und Luzernegras 2020 mit rund 12.750 ha bei Weitem, davon befinden sich rund 8.000 ha auf ökologisch bewirtschafteten Flächen. Der Klee- bzw. Luzernegrasanbau ist das tragende Element der ökologischen Fruchtfolgen. Darüber hinaus sind Futterleguminosen und deren Gemenge wertvolles Eiweißfutter für viehhaltende Betriebe. Auch der Anbau von Luzerne in Reinsaat nimmt zu, 2020 wuchs die Anbaufläche im Vergleich zum Vorjahr um 360 ha. Von der Luzerne in Reinbeständen befindet sich der überwiegende Teil auf konventionell bewirtschafteten Flächen.

Verwertung von Futterleguminosen

Zur Nutzung in viehhaltenden Betrieben werden Kleegrasaufwüchse überwiegend siliert. Weiter kann über eine technische Trocknung (z. B. Rundballen- oder Boxentrocknung) qualitativ hochwertiges Heu gewonnen werden. Durch den vermehrten Anbau von Futterleguminosen auch in Betrieben ohne Viehhaltung sind alternative Verwertungsmöglichkeiten der Leguminosenaufwüchse immer gefragter. Gerade im ökologischen Landbau wird Kleegras über Mulch- bzw. Cut & Carry-Systeme (Transfer des Aufwuchses von einem Geber- auf ein Nehmerfeld) als „Dünger“ genutzt, um Nährstoffe im betrieblichen Kreislauf zu halten. Eine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit kann sich durch Futter-Mist-Kooperationen zwischen Betrieben mit und ohne Viehhaltung ergeben, das bereits vielfach in ökologisch wirtschaftenden Betrieben genutzt wird. Zudem können Kleegrasaufwüchse als Substrat in der Biogaserzeugung eingesetzt werden. Gesucht sind aber auch neue Verfahren zur weiteren Aufbereitung von Leguminosenaufwüchsen. Dabei geht es um die Erzeugung eines möglichst handelsfähigen Produktes aus Futterleguminosen, wie z. B. Luzernecobs bzw. -pellets, die dann als hochwertige Futterkomponenten bzw. als Beschäftigungsfutter für Monogaster eingesetzt werden können. Verschiedene Forschungsprojekte, die unter anderem über die Eiweißpflanzenstrategie des Bundes (EPS) gefördert werden, beschäftigen sich mit der Weiterentwicklung und den technischen Möglichkeiten zur Gewinnung solcher Eiweißfuttermittel.

Im Rahmen der EPS ist im letzten Jahr ein weiteres Demonstrationsnetzwerk (Demonet-KleeLuzPlus) gestartet, das sich mit dem Anbau und der Verwertung von Futterleguminosen beschäftigt. Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen ist auch hier Projektpartner und betreut die Demonstrationsbetriebe in Hessen und angrenzende Regionen in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Auf der Website von Demonet-KleeLuzPlus finden Sie weitere Informationen rund um die Futterleguminosen und auch zu den Veranstaltungen des Netzwerks.

Perspektiven zur Verwertung und Vermarktung von Körnerleguminosen

Nicht nur auf Landes-, sondern auch auf Bundesebene zeigt sich die große Wachstumsdynamik im Anbau von Körnerleguminosen. In diesem Jahr wurden in Deutschland auf einer Fläche von insgesamt 222.800 ha Hülsenfrüchte kultiviert, das sind 14 % mehr als im Vorjahr. Von den vier Hauptkulturen der Hülsenfrüchte sind dies folgende Anbauumfänge: 82.600 ha Erbsen, 59.500 ha Ackerbohnen, 32.900 ha Sojabohnen und 21.900 ha Lupinen (Quelle: destatis).

Damit der Anbau von Körnerleguminosen nachhaltig intensiviert werden kann, müssen die Verwertungs- und Vermarktungsmöglichkeiten weiter ausgebaut werden. Und auch hier geht es voran. Ein großes Potenzial für die Entwicklung bietet der Markt für GVO-freie Produkte, der in den letzten Jahren deutlich gewachsen ist. Nach einer Erhebung des VLOG (Verband Lebensmittel ohne Gentechnik) werden bereits 5 % des gesamten Lebensmittelumsatzes in Deutschland mit GVO-freien Produkten erzielt. Erreicht wurde dies bisher überwiegend mit Milch und Milchprodukten, in Zukunft sieht der Verband Absatzpotenziale vor allem beim Schweinefleisch.

Die Bundeseiweißpflanzenstrategie hat zum Ziel, den Anbau und die Verwertung von Leguminosen zu verbessern und auszuweiten. Dabei stand von Anfang an die gesamte Wertschöpfungskette im Fokus, auch sind alle Akteure auf der Angebots- und Nachfrageseite eingebunden. Das Demonstrationsnetzwerk Erbse/Bohne (DemoNetErBo), das über das BMEL gefördert und vom LLH koordiniert wird, arbeitet unter anderem daran, neue Vermarktungswege aufzuzeigen. Welche Perspektiven sich hier für die Zukunft eröffnen, erläutert zum Beispiel ein LW-Beitrag in Ausgabe 22/2020. Darin schildern die Autoren anhand einer Reihe von Beispielen, wie mit Körnerleguminosen bereits eine höhere regionale Wertschöpfung erzielt werden konnte. Weitere Absatzwege lassen sich durch die vermehrte Verwendung von Hülsenfrüchten in Lebensmitteln erschließen. Der Markt für vegetarische/vegane Produkte wächst deutlich, so werden Hülsenfrüchte in zunehmenden Maß als Mehle oder als Protein- bzw. Stärkeisolate eingesetzt. Zu diesem Aspekt finden Sie auf der Website des DemoNetErBo weitere Informationen.

Wichtig wird es bleiben, sich fortlaufend über gute Vermarktungsmöglichkeiten zu informieren. Wer auf der Suche nach potenziellen Vermarktungspartnern ist, dem bietet das Online-Tool „Wo Eiweißpflanzen vermarkten?“ unter dem Link auf der Website der ufop (Union zur Föderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. Hilfestellung: Hier werden auf einer interaktiven Karte nach Eingabe der Postleitzahl des gewünschten Standortes und des bevorzugten Radius (bis zu 200 km) mögliche Vermarktungspartner mit ihren Kontaktdaten (Adresse, Telefon, Internetpräsenz) aufgelistet. Die Suche erlaubt die Differenzierung in konventionellen oder ökologischen Anbau. Das Tool wurde gemeinsam von der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen e. V. (UFOP), der Saaten-Union und dem Netzwerk DemoNetErBo entwickelt.

Um das Anbaupotenzial von Körner- und Futterleguminosen effizient zu nutzen, steht Ihnen der Landesbetrieb Landwirtschaft mit seinen gesamten Arbeitsbereichen zur Verfügung. Laufende Informationen zu den Aktivitäten der Hessischen Eiweißinitiative finden Sie unter Eiweißinitiative