Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Marktfruchtbau

Ergebnisse der LSV Wintertriticale 2017/18 & Empfehlungen

Die in Hessen durchgeführten Landessortenversuche (LSV) zu Triticale erreichten im Ver­suchsdurchschnitt einen Kornertrag von 96.5 dt/ha (Tabelle 1) und belegen die Leistungs­fähigkeit und Anbauwürdigkeit von Triticale.

Prädestiniert ist die Kultur für Grenzertrags­stand­orte des Weizenanbaus, wo sie ein höheres Ertragsniveau erreicht. In der Fruchtfolge steht Triticale oft als abtragende Frucht und wurde bislang mit geringerer Intensität (Düngung, Pflanzen­schutz) geführt im Vergleich zu Winterweizen und Wintergerste. Die in den letzten Jahren durchbrochenen Resistenzen bei Gelbrost und Mehltau erfordern jedoch jahres- und standortabhängig ebenfalls einen intensiveren Pflanzenschutz­mitteleinsatz. Aufgrund seiner Ertragsstärke und seines guten Futterwertes wird Triticale bevorzugt in Veredelungsbe­trie­ben eingesetzt. Bei der Verfütterung von Triticale muss jedoch die Anfälligkeit für Fusarium und die daraus resultierende Gefahr der Bildung von Mykotoxinen berücksichtigt werden.

Die Anbaufläche von Triticale in Hessen ist über die letzten Jahre relativ stabil und wird für das aktuelle Jahr auf 17600 ha geschätzt (Quelle: Destatis). Im Mittel über die letzten 10 Jahre erreichte Triticale einen um 12.2 dt/ha geringeren Ertrag als Winterweizen. Dies ist vor allem auf die höhere Standortqualität der Weizenanbauflächen und die bessere Fruchtfolge­stellung des Weizens zurückzuführen. Die Ertragsdifferenz zwischen Triticale und Winter­roggen fällt mit im Mittel 6.7 dt/ha deutlich geringer zugunsten von Triticale aus. Im aktuellen Jahr hin­gegen dürfte aufgrund der landesweit vorherrschenden Trockenheit Roggen ertrag­lich etwas im Vorteil sein, wie auch die Ergebnisse der Landessortenversuche belegen.

Anbaufläche und Kornertrag ausgewählter Getreidearten in Hessen

Abb. 1: Anbaufläche und Kornertrag ausgewählter Getreidearten in Hessen 2005 bis 2018; die Anbauflächen 2018 sind vorläufige Schätzungen (Quelle: Statistisches Landesamt).

Landessortenversuche 2017/2018

In den Landessortenversuchen wurden aktuell zehn Sorten an drei Standorten (Marburg-Rauischholzhausen, Bad Hersfeld, Korbach) geprüft. Wie bei allen anderen Getreidearten werden die LSV in zwei Intensitätsstufen durchgeführt. Stufe 1 (keine Fungizide, reduzierter Wachstumsreglereinsatz) dient der Erfassung der Krankheitsanfälligkeit und Standfestigkeit der Sorten, während über Stufe 2 (optimierter Einsatz von Fungiziden und Wachstumsregler) das Ertragspotential der Sorten abgeschätzt werden kann.

Von den zehn geprüften Sorten standen vier in 2018 vom Bundessortenamt (BSA) zuge­lassene Sorten erstmalig im Versuch. Porto gehört in die Gruppe der kurzstrohigen Sorten­typen mit einer geringen bis mittleren Lagerneigung. Die Sorte verfügt nach Ein­stufung des BSA über eine gute Blattgesundheit (Tabelle 2), zeigte aber an zwei von drei LSV-Stand­orten in Stufe 1 einen erhöhten Mehltaubefall. Dennoch erzielte Porto einen überdurch­schnittlichen Ertrag. SU Kalyptus zeichnet sich durch eine sehr hohe Tausend­kornmasse (TKM) aus, und verfügt über eine gute Standfestig­keit. Die Blatt­gesundheit wurde etwas geringer eingestuft als für Porto. Im aktuellen Jahr zeigte die Sorte an zwei Standorten erhöhten Braunrostbefall und konnte ertraglich noch nicht ganz überzeugen. Die mittel abreifende RGT Belemac verfügt über eine gute Standfestig­keit und Blatt­gesundheit. Im ersten Prüfjahr erreichte sie eine mittlere Ertrags­leistung. Lanetto verfügt über ein hohes Ertragspotential (Boniturnote 9, Stufe 2), weist aber Schwächen in der Anfälligkeit gegen Gelbrost und Braunrost auf, die auch in den Versuchen sichtbar wurden. Auch der Befall mit Septoria war leicht erhöht. Im ersten Jahr erzielte Lanetto eine leicht überdurchschnittliche Ertragsleistung.

Im Mittel über die Versuchsstandorte wurde ein Kornertrag von 86.7 dt/ha in Stufe 1 und 96.5 dt/ha in Intensitätsstufe 2 erreicht, und damit liegt das Ertragsniveau deutlich über den Er­geb­nissen des Vorjahres. Die Rohproteingehalte hingegen bewegten sich deutlich unter den Vor­jahreswerten (Stufe 1: 10.7%, Stufe 2: 11.0%), was auf die relativ hohen Erträge und eine durch die Trockenheit eingeschränkte N-Aufnahme zurückzuführen sein kann. Ein­schrän­kend muss erwähnt werden, dass analog zum Winterroggen-LSV der Versuchsstandort Friedberg durch Marburg-Rauischholzhausen ersetzt wurde. Die Bestände zeigten im Herbst eine zufriedenstellende Entwicklung und wurden auch durch die Frost­perioden im Februar und März nicht nachhaltig geschädigt. Die im Frühjahr und Frühsommer vorherrschen­den hohen Temperaturen beschleunigten die Entwicklung der Bestände, darüber hinaus setzte die langanhaltende Trockenheit die Bestände unter Stress. In den LSV-Versuchen, wie in vielen Praxisschlägen traten Gelbrostinfektionen auf und machten eine Behandlung erfor­derlich. Die Gelbrostinfektionen wurden abgelöst durch Braunrost­befall, der sortenabhängig in stärkerem Ausmaß auftrat. Eine Ausnahme bildet der Standort Korbach, an welchem Rost und Mehltau keine größeren Befallsintensitäten erreichten. Folglich war die Fungizid-/Wachs­tums­reglerbehandlung in diesem Jahr nicht an allen LSV-Standorten wirtschaftlich. Die Mehrerträge durch die Behandlung variieren in Abhängigkeit von Standort und Sorte von -0.7 bis 25.5 dt/ha, wobei eine Differenzierung zwischen den weniger an­fälligen und anfälligeren Sorten an den Standorten Bad Hersfeld und Marburg erkennbar wird.

Ährenfusariosen spielten in diesem Jahr aufgrund der Witterungsverhältnisse keine Rolle. Allgemein geht ein hohes Risiko für Infektionen aus von Temperaturen über 20°C bei aus­reichenden Niederschlägen zum Zeitpunkt der Blüte. Nichtsdestotrotz darf das Risiko von Fusarium­infektionen bei Triticale nicht unterschätzt werden, denn Triticale steht in der Fruchtfolge oft nach befallsfördernden Vorfrüchten wie Winterweizen, Triticale oder Mais. Ährenfusariosen resultieren neben einer Ertrags­minderung in einer Abnahme des Protein­gehaltes und der Auswuchsfestigkeit. Kritisch im Hinblick auf die Verfütterung ist vor allem die Bildung von Mykotoxinen zu sehen, wie Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZEA), für welche zulässige Höchstwerte in unverarbeitetem Getreide, Getreidemehl oder Ver­arbeitungspro­dukten festgelegt sind. Verdächtige Partien sollten daher einer Toxin­analyse unterzogen werden, bevor sie in Futtermischungen gegeben werden.

Hinsichtlich der Anfälligkeit gegenüber Fusarium sind gewisse Sortenunterschiede vor­han­den. Die Beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes weist, im Gegensatz zu Weizen, jedoch keine Einstufung der Anfälligkeit aus. Aktuelle, vergleichende Untersuchun­gen zur Sortenanfälligkeit liegen nicht vor. Der Einsatz von Fungiziden ist nur als ein Bau­stein eines Fusarium-Managements zu sehen, da in starken Befallsjahren auch bei optimaler Terminierung der Behandlung die Toxingehalte nur zu einem gewissen Grad reduziert wer­den können. Daher sollten pflanzenbauliche Maßnahmen zur Minderung des Befalls­risikos ergriffen werden. Diese umfassen neben der Fruchtfolgegestaltung eine intensive Zerklei­nerung der nach Vorfruchternte auf dem Boden verbleibenden Erntereste, sowie eine wendende Bodenbearbeitung nach befallsfördernden Vorfrüchten.

Mehrjährige Bewertung und Sortenempfehlung

Landessortenversuch Wintertriticale, Sorte "Cedrico"

Da Triticale vor allem in Veredelungsbetrieben angebaut wird, bei welchen eine intensive Bestandesführung oft nicht im Fokus steht, sind bei der Sortenwahl Standfestigkeit, Winter­härte und Blattgesundheit (Gelbrost) entscheidende Kriterien, die auch leichte Schwächen in der Ertragsleistung kompensieren können.

In der dreijährigen Auswertung überzeugen die Sorten Lombardo und Cedrico mit einer hohen Ertragsleistung vor allem auch in der unbehandelten Variante (Tabelle 3). Lombardo ist charakterisiert durch eine sehr gute Winterhärte und eignet sich daher auch für Höhenlagen. Die Sorte ist kurzstrohig bei einer geringen bis mittleren Lagerneigung. Die Blattgesundheit ist als gut zu bewerten, was Mehltau- und Gelbrostanfälligkeit betrifft. Allerdings weist die Sorte Schwächen in der Braunrostanfälligkeit auf, was sich in den aktuellen LSV bestätigt hat. Darüber hinaus zeigte sich etwas stärkerer Septoriabefall. Die Ertragsbildung erfolgt über ein hohes TKG bei mittlerer Kornzahl je Ähre. Cedrico zeichnet sich durch eine etwas geringere Lagerneigung und Braunrostanfälligkeit im Vergleich zu Lombardo aus, zeigt allerdings eine höhere Anfälligkeit für Mehltau. Barolo ist ertraglich schwächer als Lombardo und Cedrico, und weist eine geringere Pflanzenlänge bei mittlerer Standfestigkeit auf. Ergebnisse aus Nordrhein-Westfalen deuten aber auf eine geringere Fusariumanfälligkeit hin.

Landessortenversuch Wintertriticale, Sorte "Lombardo"

Von den zweijährig geprüften Sorten bekommt Robinson eine vorläufige Anbauempfehlung. Die Sorte weist eine zügige Frühjahrsentwicklung auf, verfügt über eine geringe bis mittlere Lagerneigung, trotz einer etwas größeren Pflanzenlänge, und hat eine mittlere Blattge­sundheit. Im LSV zeigte sie allerdings erhöhten Braunrostbefall. Die Ertragsleistung, die nicht ganz das Niveau von Lombardo oder Cedrico erreicht, wird über eine hohe TKM bei mittlerer Kornzahl je Ähre realisiert. Temuco, mit guter Blattgesundheit und sehr guter Standfestigkeit ausge­stattet, konnte vor allem in Stufe 2 ertraglich nicht überzeugen, erzielte aber in Höhen­lagen von Nordrhein-Westfalen eine durchschnittliche Leistung.

Die Ergebnisse der diesjährigen LSV dokumentieren das hohe Leistungsvermögen im aktu­ellen Triticale-Sortiment. Um das Leistungspotential voll ausschöpfen zu können, muss die Produktionstechnik und Bestandesführung entsprechend angepasst werden. Abgesehen von einem gut abgesetzten, feinkrümeligen Saatbett sollte der Saattermin so gewählt werden, dass der Bestand vor Winter noch erste Bestockungstriebe anlegen kann. Frühsaaten sollten aber vermieden werden, um das Risiko von Virusinfektionen zu reduzieren und ein Über­wachsen der Bestände zu verhindern. Ebenso zu vermeiden sind überzogene Aussaat­mengen, da dichte Bestände stärker auswinterungsgefährdet sind, schwieriger zu führen und eine erhöhte Lagerneigung bedingen, die wiederum das Risiko von Mykotoxinbelastungen steigert.

Aktuell sind die Böden in vielen Regionen Hessens bis in größere Tiefen ausge­trocknet, so dass die nutzbare Feldkapazität im Oberboden regional auf unter 10% bzw. im Unterboden auf unter 40% abgesunken ist. Für die Keimung und einen gleichmäßigen Feldaufgang würde das pflanzenverfügbare Bodenwasser aktuell nicht ausreichen. Einschätzungen der Agrarmeteorologie des Deutschen Wetterdienstes zufolge müssen auf den stark entleerten Standorten 50 bis 70 mm Niederschlag fallen für eine normale Bestandes­entwicklung – bei günstiger Niederschlagsverteilung ist eventuell etwas weniger Niederschlag ausreichend. Die Entscheidung über Bodenbearbeitungszeitpunkt und -tiefe, einzusetzende Technik sowie Aussaattermin muss daher betriebs- bzw. schlagspezifisch in Abhängigkeit der in den nächsten Wochen hoffentlich ausreichend fallenden Niederschläge getroffen werden.

 

Tabelle 1: Landessortenversuche Wintertriticale 2017/2018 Hessen. Erträge relativ zum Versuchsdurchschnitt (VD)

unbehandelt (rel. zum VD)fungizidbehandelt (rel. zum VD)
HEFKBMRMittelHEFKBMRMittel
VRS (dt/ha) 79.5 86.5 96.0 87.3 99.1 89.3107.3 98.6
VD (dt/ha) 78.8 85.5 95.7 86.7 93.4 91.0105.1 96.5
GD 5 % (relativ)  9.4  9.1  4.0  7.9  8.6  3.6
Lombardo VRS104103 98101107 96104102
Barolo VRS 98 99103100105100100102
Cedrico101 93105 99100 96102 99
Robinson 94105 97 99 99105 95100
Temuco 94105 90 97 88106 96 97
Porto115105113111102105103103
SU Kalyptus100 94104 99 98 92100 97
RGT Belemac105 94100100 98 93103 98
Lanetto103103100102102104103103
ANHANGSORTIMENT
Tantris 86 99 90 92100103 92 98
VRS: Verrechnungssorten des Bundessortenamtes
VGL: Vergleichssorten
VD: Versuchsdurchschnitt über alle Sorten
GD: Grenzdifferenz
HEF: Bad Hersfeld (Eichhof)
KB: Korbach
MR: Marburg-Rauischholzhausen

 

Tabelle 2: Sortenbeschreibung LSV Wintertriticale 2017/2018

Neigung zuAnfälligkeit fürErtragseigenschaften
SorteZüchter /
Vertreiber
Ähren-schiebenReifePflanzen-längeAuswinte-rungLagerMehltauGelb- rostBraun-rostBestandes-dichteKornzahl pro ÄhreTKMKornertrag Stufe 1Kornertrag Stufe 2
Lombardo VRSLantmännen / Syngenta Agro5542433555789
Barolo VRSLantmännen / Syngenta Agro6534444256577
CedricoLantmännen / Syngenta Agro654352366598
RobinsonPZO / IG455424345888
TemucoLantmännen / Syngenta Agro654224258598
PortoDanko /Dr. Winkelmann653422156687
SU KalyptusNordsaat / SU554423336997
RGT BelemacRAGT554412165697
LanettoSyngenta Agro554425547689
Anhangsortiment
TantrisPZO / IG5534234455677

 

Tabelle 3: Landessortenversuche Wintertriticale 2016-2018, Hessen. Ertrag relativ zum Versuchsdurchschnitt (VD)

unbehandelt (rel. zum VD)fungizidbehandelt (rel. zum VD)
Jahr201620172018Mittel201620172018Mittel
 Orte313 313 
VRS (dt/ha)76.277.487.381.193.884.998.694.6
VD (dt/ha)74.276.586.779.994.283.596.593.6
Lombardo VRS106113101110 99110102105
Barolo VRS103 87100 95101 94102 98
Cedrico114105 99109106111 99108
Robinson101 99 106100 
Temuco102 97  91 97 
Porto  111   103 
SU Kalyptus   99    97 
RGT Belemac  100    98 
Lanetto  102   103 
ANHANGSORTIMENT
Tantris100 87 92 93100 90 98 96
Agostino105103  97101 
Callanzo 90 92 102 90 
Salto100107  89107 
Rhenio106 99  99105 
Adverdo 98  97 
SU Agendus 66 102 
Securo 92104 101 99 
Cosinus120102 109 96 
  
VRS 2016: Agostino, Adverdo, CosinusVGL: Vergleichssorte
VRS 2017: Lombardo, Barolo, AgostinoVRS: Verrechnungssorte
VRS 2018: Lombardo, BaroloVD: Versuchsdurchschnitt
2016: Standorte Bad Hersfeld, Friedberg, Korbach

2017: Standorte Bad Hersfeld, Friedberg, Korbach – Friedberg und Korbach nicht auswertbar

2018: Standorte Bad Hersfeld, Marburg-Rauischholzhausen, Korbach


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