Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Versuchswesen Marktfruchtbau

Ergebnisse der LSV Sommerhafer 2019 & Empfehlungen

Nach den enttäuschenden Erträgen in 2018 konnten sich die Hafererträge zwar wieder leicht er­holen, aber auch in 2019 litten die Bestände unter den fehlenden Niederschlägen und den zu hohen Temperaturen.

Aufgrund seines höheren Wasserbedarfs kann Hafer sein Ertragspotenzial eher in kühl-feuchteren Jahren aus­schöpfen. Auch die Kornqualitäten waren im aktuellen Jahr nicht immer ausreichend.

Nachdem der nasse Herbst 2017 die Haferanbaufläche in 2018 bundesweit ansteigen ließ, hat sich der Anbauumfang im Anbaujahr 2019 mit 126.300 ha wieder auf das Niveau von 2017 eingependelt. In Hessen hingegen hat der Hafer im Vergleich zum Vorjahr um 1.000 ha zugelegt auf rund 9.400 ha. Der in der Besonderen Ernteermittlung festgestellte Ertrag lag mit 47,1 dt/ha zwar knapp 4 dt/ha über dem Vorjahresergebnis, aber damit immer noch etwas unter dem langjährigen Mittel von 48,9 dt/ha (2005-2018).

Hafer ist ein wertvolles Nahrungsmittel aufgrund seiner Gehalte an Beta-Glucan, Vitaminen und Antioxidanzien. Änderungen der Ernährungsgewohnheiten brachten Hafer wieder vermehrt in die menschliche Ernährung und führen zu einem kontinuierlich steigenden Bedarf an Industriehafer für die Schälmühlen. Deutschland importierte im Jahr 2017/2018 rund 550.000 t Hafer, vor allem aus Finnland, Schweden und Polen. Der Selbst­versor­gungs­grad liegt nur bei knapp 70 %. Ursache hierfür sind nicht nur die geringe Inlandsproduktion, sondern vor allem auch die Tat­sache, dass die Qualitäten des im Lande erzeugten Hafers oft nicht den Ansprüchen der Nah­rungs­mittelindustrie genügen. Der weitaus größte Teil des hierzulande erzeugten Hafers wandert in den Futtertrog, primär für die Pferde­haltung oder betriebseigene Kraftfutter­mischungen.

Gründe für die seit Jahrzehnten beobachtete Verdrängung von Hafer aus den Fruchtfolgen liegen vor allem in der zu anderen Kulturen geringeren Konkurrenzfähigkeit. Trotz einem Zuchtfortschritt, der für den Zeitraum 1995 bis 2009 bei rund 0,53 dt/ha und Jahr liegt, sowie züchterischen Verbesserungen von Spelzenanteil, Sortierung und Entspelzbarkeit, ist Hafer auf den besseren Standorten Winterweizen oder Winterraps ökonomisch unterlegen. Zu dem Anbaurückgang hat sicherlich auch beigetragen, dass Hafer eine geringere Ertragsstabilität aufweist, wenn Saatzeit und Wasserversorgung nicht optimal sind und hohe Temperaturen die Ertragsleistung negativ beeinflussen. Auch die Züchtungsaktivitäten waren über die Jahre zurückgefahren worden, da sich die Anforderungen an Hafersorten zwischen verschiedenen Regionen Europas stark unter­scheiden können, was eine breit angelegte Züchtung erschwert. Für den Anbau spricht, dass er als Sommerung die vielerorts zu engen, winterungslastigen Fruchtfolgen erweitern kann und zur Minderung der Selektion von Problemungräsern/-kräutern beiträgt. Hafer kann mit geringem Pflanzenschutzmitteleinsatz angebaut werden und reduziert als „Gesundungsfrucht“ das Auftreten von Fußkrankheiten in Weizen und Gerste. Darüber hinaus hinterlässt er eine gute Bodenstruktur und trägt aufgrund seines relativ geringen N-Bedarfs zur Entlastung betrieblicher N-Bilanzen bei.

Lesen Sie auch die aktuellen Marktinformationen „Hafer – Nischenmarkt mit Potential“.

Zehn Sorten in Landessortenversuchen geprüft

Insgesamt zehn Sorten, davon eine Neuzulassung (Lion, Saaten Union), wurden in den Landes­sortenversuchen (LSV) an den hessischen Standorten Bad Hersfeld und Korbach geprüft, stellvertretend für die kühl-feuchteren hessischen Mittelgebirgslagen. Das Prüfsortiment umfasste zwei Weißhafer- und acht Gelbhafersorten. Kurzstrohsorten werden aktuell nicht geprüft.

Überdurchschnittliche Temperaturen in den ersten Monaten des Jahres und eine gute Befahr­barkeit der Böden ermöglichten eine frühe Aussaat (27. Februar) am Standort Bad Hersfeld. Am Standort Korbach verzögerte sich die Aussaat witterungsbedingt bis zum 2. April. Im weiteren Verlauf führten über dem langjährigen Mittel liegende Temperaturen dazu, dass die Hafer­bestände die Entwicklungsphasen zügig durch­liefen. Es stand somit auch weniger Zeit für die Ausbildung eines leistungsfähigen Wurzelsystems zur Verfügung, was sich aufgrund des Nieder­schlagmangels und der niedrigen Bodenwassergehalte im Unterboden negativ auf den Korn­ertrag auswirkte. Entspannung brachten lediglich die niedrigen Temperaturen und Nieder­schläge im Mai. Die hohe Sensitivität von Hafer gegenüber hohen Temperaturen und Wassermangel in der Blüte kam im Anbaujahr 2019 zum Tragen. In dieser Phase reagiert Hafer beispielsweise empfindlicher als Sommergerste. Hohe Einstrahlungen zur Blüte können die Pollenfertilität und damit die Bekörnung beeinträchtigen, auch die Kornfüllung und Abreife laufen be­schleunigt ab. Flissigkeit, d.h. die Reduktion von Ährchen, die in Einzeljahren auch als Folge von Trockenstress beobachtet werden kann, war kaum von Bedeutung. Dass der Kornertrag von Hafer in stärkerem Maße von Standort und Jahreswitterung abhängt als bei anderen Getreidearten, wurde in 2019 also wieder bestätigt.

In Hessen werden die LSV Hafer noch in zwei Intensitätsstufen geprüft, d.h. in Stufe 1 mit einer reduzierten Applikation von Wachstumsregler, aber ohne Fungizide, und in Stufe 2 mit stand­ort­angepasstem Einsatz von Wachstumsregler und Fungiziden. In Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg hingegen werden die Hafer LSV nur noch in Stufe 1 angelegt.

Erträge schwächer als im Vorjahr

Am Standort Bad Hersfeld wurden im Mittel in der unbehandelten Stufe 62,9 dt/ha gedroschen (Tabelle 1). Da Krankheiten aufgrund der Witterungsverhältnisse keine große Rolle spielten, führte die Behandlung nur zu einem Ertragsanstieg von 1,2 dt/ha und war damit nicht wirt­schaft­lich. Etwas größere Ertragseffekte zeigten Max (+3,8 dt/ha), Harmony (+3,8 dt/ha) und Delfin (+5,9 dt/ha). Ein etwas anderes Bild zeigte sich in Korbach, wo die Erträge mit 53,9 dt/ha in Stufe 2 insgesamt auf einem rund 10 dt/ha niedrigeren Niveau lagen als in Bad Hersfeld. Dies kann zum einen auf die spätere Aussaat und zum anderen auch auf Wildverbiss zurückzuführen sein, der kurz vor der Ernte stattfand, allerdings nicht allzu stark ausgeprägt war. Die Behandlung resultierte in Korbach im Mittel über die Sorten in einem leichten Ertragsverlust von 1,7 dt/ha. Besonders negativ reagierte Yukon mit einem Minderertrag von 11,9 dt/ha.

Wie auch in Vorjahren streuten die Relativerträge einiger Sorten erheblich zwischen den Standorten. Während Apollon und Armani in Korbach in Stufe 2 überdurchschnittliche Kornerträge erzielten, blieben die Sorten in Bad Hersfeld leicht unter dem Versuchsdurchschnitt. Im Gegensatz dazu fiel Yukon in Korbach stark ab. In Stufe 1 zeigten Max und Armani im Ranking der Sorten stärkere Unterschiede. An beiden Standorten hohe überdurchschnittliche Erträge in Stufe 2 brachten Max, Symphony und Poseidon. Die beiden letzteren konnten auch in Stufe 1 überzeugen. Eine ähnlich gute Leistung in Stufe 1 erreichte die Neuzulassung Lion, der jedoch in Stufe 2 nicht im Spitzenfeld lag. Delfin, der in der Beschreibenden Sortenliste als Sorte mit dem höchsten Kornertrag in Stufe 2 (Boniturnote 7) gelistet ist, wurde der guten Bewertung nicht gerecht.

Haferqualität nicht überall zufriedenstellend

Delfin reift verzögert im Stroh ab

Für die Vermarktung als Futterhafer sind Vorgaben des Handels in Bezug auf das hl-Gewicht, die Kornfeuchte, Besatz und Mykotoxin­belastung einzuhalten. Das hl-Gewicht sollte 48-50 kg/hl möglichst überschreiten, was nicht von allen Sorten erreicht wurde (Tabelle 2). Das unzufrieden­stellende Ergebnis liegt vor allem am Standort Korbach, wo nicht nur der Ertrag, sondern auch die Qualität hinter den Erwartungen zurückblieb. Abgesehen von Symphony, Poseidon und Lion (Stufe 2) bzw. Max (Stufe 1) überschritt keine der Sorten in Korbach 48 kg/hl. Im Gegensatz dazu wurden in Bad Hersfeld mit Ausnahme von Symphony, Apollon und Armani (Stufe 2) bzw. Harmony, Delfin und Armani (Stufe 1) auch die für Schälhafer mindestens geforderten 52 kg/hl erreicht.

Auch die Kornausbildung lag nur auf dem Niveau von 2018 und damit deutlich unter den Werten der kühleren und feuchteren Jahre 2017 und 2016. In Übereinstimmung zu den hl-Gewichten zeigte Korbach mit 32,2 g (Stufe 1) und 33,6 g (Stufe 2) eine deutlich geringere Tausend­korn­masse als Bad Hersfeld (40,2 g/39,9 g). Über alle Standorte und Stufen am unteren Ende rangierte erwartungsgemäß Max.

Neuzulassung der Sorte Lion

Der Marktwareanteil war mit knapp 97 % leicht schwächer als im Vorjahr, lag aber in beiden Stufen bei allen Sorten über den geforderten 90 % für Schälhafer. Etwas geringere Anteile in beiden Stu­fen zeigten Yukon und Delfin, während Bison und Apollon ihre sehr gute Einstufung bestätigten. Aufgrund der hohen Kornerträge lagen Symphony und Poseidon auch im Marktwarertrag konstant im Spitzenbereich. Der Proteingehalt konnte mit im Mittel 11,2 bzw. 11,3 % nicht an das Niveau der Vorjahre (> 13 %) heranreichen, was darauf schließen lässt, dass die Trockenheit und Hitze die N-Aufnahme aus dem Boden und/oder die N-Verlagerung in das Korn behinderten.

Mehrjährige und überregionale Ergebnisse

Da die Erträge und Qualitäten stark durch die Boden- und Witterungsverhältnisse beeinflusst werden, sollte die Leistung von Sorten und vor allem die Sicherheit, mit welcher der Ertrag und die gewünschten Qualitäten erreicht werden, immer auf Grundlage einer breiten Datenbasis, d.h. anhand von mehr­jährigen und mehrortigen Versuchen beurteilt werden.

Von den Sorten, die mittlerweile drei- oder mehrjährig geprüft wurden, zeigen Symphony und Poseidon im Mittel über die Standorte und Jahre die höchste Ertragsleistung in beiden Intensitätsstufen. Danach folgen der qualitätsbetonte Max, dessen Leistung in Stufe 2 etwas stärker streut, aber sich über die Jahre konstant gesteigert hat, sowie Apollon, der über die letzten drei Prüfjahre in Stufe 2 leicht über dem Versuchsdurchschnitt liegt. Der dreijährig geprüfte Delfin konnte nicht an die besseren Vorjahresergebnisse anschließen und erreicht im Mittel daher nur ein mittleres Ertragsniveau. Yukon bleibt in Stufe 2 konstant hinter den anderen Sorten zurück, zeigt jedoch in Stufe 1 eine überdurchschnittliche Leistung. Einen durchgehend unterdurch­schnittlichen Ertrag weist Harmony auf. Auch ertraglich schwächer und mit stärke,r zwischen den Jahren variierenden Erträgen, präsentiert sich Bison. Armani erzielt nach zwei Prüfjahren ein leicht über dem Mittel liegendes Ergebnis.

Da Hafer in Hessen aufgrund begrenzter Ressourcen nur an zwei Standorten geprüft werden kann, macht es Sinn, bei der Empfehlung von Sorten bzw. bei der Sortenwahl die Ergebnisse aus benachbarten Bundesländern in die Entscheidung einzubeziehen. Für Hafer, wie für einige andere Kulturen mit geringerem Anbauumfang, wird eine gemeinsame Auswertung über verschiedene An­bauregionen hinweg vorgenommen. Für die südlichen Regionen sind dies Standorte aus den An­baugebieten 17 (Verwitterungsstandorte Südost), 20 (Ackerbaugebiet Südwest) und 21 (Fränkische Platten). Die Ergebnisse des hessischen Standortes Bad Hers­feld fließen in diese Auswertung ein. Wie bereits erwähnt, wird in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern nur noch Stufe 1 geprüft. Die überregionale, mehrjährige Auswertung (2015-2019) weist für Yukon, Armani und Lion eine höhere Ertragsleistung auf, gefolgt von Apollon und Delfin, während Symphony und Poseidon sich etwas schwächer präsentieren (Tabelle 4). In Über­ein­stimmung zu den hessischen Ergebnissen, fallen Bison und Harmony ertraglich ab.

Der Standort Korbach wird in der Auswertung des Anbaugebietes 14 (Marsch, Lehmige Standorte Nordwest) berücksichtigt, für die nur die Ergebnisse von Stufe 2 ausgewiesen werden. Für Poseidon, Bison und Yukon liegen keine Zahlen vor. Ertraglich vorne zeigen sich hier Delfin und Armani vor Symphony, Apollon und Lion.

Wichtige Eigenschaften für die Sortenwahl

Da in Hessen Hafer vor allem für die Verfütterung im eigenen Betrieb bzw. für die Vermarktung als Futterhafer angebaut wird, sollte bei der Sortenwahl auf ausgewogene agronomische Eigen­schaften geachtet werden, sowie eine gute Kornausbildung und einen geringen Spelzenanteil, die zu einer höheren Energiedichte führen. Für den Anbau in den hessischen Mittelgebirgslagen und Betriebe mit Wirtschaftsdüngereinsatz oder Standorte mit hoher N-Nachlieferung ist eine gute Standfestigkeit von Vorteil. In der Neigung zu Lager sind deutliche Sortenunterschiede vorhanden (Boniturnoten 1 bis 7). Als besonders standfest zeigen sich Kurzstrohsorten. Diese Sorten weisen jedoch verkürzte Stängelinternodien und Rispenlängen auf, die mit geringeren Kornerträgen einhergehen. Aktuelle Untersuchungen an kanadischen Hafersorten deuten an, dass Sorten mit mehr aufrechter Blatthaltung auf eine höhere Aussaatstärke weniger mit Lager reagieren als Sorten mit einer eher waagerechten Blattanordnung. Besonders in Jahren mit feucht-kühler Witterung erleichtert eine gleich­mäßige Abreife von Korn und Stroh die Beerntung. Auch in diesem Merkmal gibt es deutliche Sortenunterschiede (Boniturnoten 3 bis 7). Sorten mit geringer Krank­heits­anfälligkeit ermöglichen eine Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes. Für die wichtigste Blattkrankheit von Hafer, dem Mehltau, variiert die An­fällig­keit im aktuellen Hafer­sortiment von Boniturnote 1 bis 7.

Für den Anbau von Schälhafer sollte die Sortenfrage im Vorfeld mit der aufnehmenden Hand abgestimmt werden. Damit die geforderten Qualitäten hinsichtlich hl-Gewicht, Sortierung, Spelzengehalt und Schälbarkeit eingehalten werden können, sind Standorte mit guter Wasser­versorgung zu bevorzugen. Als Schälhafersorten eigenen sich vor allem Bison, Max und Apollon, eingeschränkt auch Armani und Lion.

Für Futter- aber auch Schälhaferpartien dürfen Mykotoxingehalte (DON, Zea, T2, HT2) bestimmte Werte nicht überschreiten. Nachdem in jüngster Zeit in Haferpartien aus Skandinavien und Groß­britannien vermehrt hohe Mykotoxingehalte gefunden wurden, zeigte ein Monitoring, dass auch in Deutschland Rispenfusariosen unter bestimmten Bedingungen (feuchte Witterung während der Blüte, pfluglose Bodenbearbeitung) zum Problem werden können. Weiterhin wurden deutliche Unterschiede in der Sortenanfälligkeit festgestellt. Unter den modernen Sorten weniger anfällig zeigte sich Symphony, während die Kurzstrohsorte Troll am stärksten anfällig war.

Sortenempfehlungen

Nach Abstimmung zwischen LLH, VO-Firmen und Saatbauverband werden Max, Poseidon und Symphony für den Anbau in Hessen empfohlen. Delfin konnte die Vorjahres­leistung nicht bestätigen und wird weiterhin zur Probe empfohlen. Aufgrund guter, auch überregionaler Ergebnisse, kann nach einem LSV-Jahr auch Lion für den Probeanbau in Betracht gezogen werden. Die Sorteneigenschaften sind in Tabelle 5 zusammengefasst.

Der langjährig geprüfte Gelbhafer Max (Zulassung 2008) eignet sich für den Anbau als Futter- und Schälhafer. Max überzeugt durch ein hohes hl-Gewicht sowie einen geringen Spelzenanteil, den er sicher erreicht. Die Schälbarkeit ist als gut einzustufen. In der Kornsortierung und Tausend­kornmasse liegt er im Prüfsortiment unter dem Durchschnitt. Die Abreife von Korn und Stroh verläuft gleichmäßig, die geringe Standfestigkeit und Strohstabilität benötigt jedoch eine Ab­sicherung durch Wachstumsregler. Auch die Anfälligkeit für Mehltau muss beachtet werden.

Poseidon (Gelbhafer, Zulassung 2012) hat sich in Hessen mehrjährig als ertragsstark erwiesen. Im Vergleich zu Max verfügt Poseidon über eine deutlich bessere Standfestigkeit und Stroh­stabilität. Auch in der Kornsortierung wird Poseidon besser eingestuft als Max, das hl-Gewicht bewegt sich aber eher im unteren Bereich. Für die Schälhaferproduktion ist Poseidon eher nicht geeignet aufgrund von Schwächen in der Schälbarkeit. Die Reifeverzögerung des Strohs liegt im mittleren Bereich, d.h. ist stärker ausgeprägt als bei Max.

Symphony (Weißhafer, Zulassung 2012) ist vor allem für den Anbau als Futterhafer geeignet. Wie Poseidon zeigte Symphony in Hessen über mehrere Jahre konstant überdurchschnittliche Erträge. Im überregionalen Vergleich bewegt die Sorte sich eher auf einem mittleren Niveau. Symphony ist gekennzeichnet durch eine größere Pflanzenlänge, die aber nicht in einem höheren Lagerrisiko mündet. Die Mehltauanfälligkeit liegt im mittleren Bereich. Trotz hoher TKM, guter Sortierung, gutem hl-Gewicht und geringem Spelzenanteil ist die Eignung als Schälhafer einge­schränkt, da der höhere Anteil nicht entspelzter Körner u.U. nicht den Anforderungen entspricht.

Delfin (Gelbhafer, Zulassung 2016) hat in Hessen in 2019 nicht die gewünschte Ertragsstabilität gezeigt und wird daher weiterhin nur zur Probe empfohlen. Die Sorte erzielt eine hohe TKM, das hl-Gewicht erreicht aber nicht ganz das Niveau von Max und Lion. In der Kornsortierung ist sie schwächer einzuordnen als Poseidon und Symphony. Die Eigenschaften als Schälhafer sind schwächer ausgeprägt als bei den vom Handel voll akzeptierten Sorten. Die starke Reife­ver­zögerung des Strohs kann sich unter ungünstigen Abreifebedingungen nachteilig auswirken. Positiv hervorzuheben ist die sehr geringe Anfälligkeit für Mehltau.

Der neu zugelassene Gelbhafer Lion hat sich im ersten LSV-Jahr in Hessen und überregional mit einer guten Ertragsleistung, vor allem auch in Stufe 1, präsentiert und wird daher zur Probe empfohlen. Lion ist charakterisiert durch eine mittlere Pflanzenlänge und Standfestigkeit, sowie mittlere Reifeverzögerung des Strohs. Zu beachten ist die hohe Anfälligkeit für Mehltau. Für Schälmühlen könnte Lion attraktiv sein aufgrund des zu Max vergleichbaren, hohen hl-Gewichtes, dem sehr geringen Spelzenanteil (Boniturnote 1) und Anteil nicht entspelzter Körner (Boniturnote 2). Die Kornsortierung erreicht jedoch nicht Spitzenniveau.

Die Hafer-Vermehrungsflächen in Hessen wurden um knapp 30 ha ausgedehnt. Bundesweit vermehrungsstärkste Sorte ist Max (1732 ha) mit großem Abstand zu Delfin (652 ha), Apollon (579 ha) und Bison (415 ha).

Anbauempfehlungen

Aufgrund seines höheren Wasserbedarfs stellt Hafer höhere Ansprüche an den Standort als Gerste oder Roggen, ist jedoch vergleichsweise tolerant gegenüber geringeren pH-Werten des Bodens. Bei pH-Werten oberhalb von 6,5 kann die Manganverfügbarkeit den Ertrag begrenzen, auch durch eine Reduktion des Wurzelwachstums. Auf Nässe reagiert Hafer weniger empfindlich als Sommergerste. Unter günstigen Bedingungen weist das Wurzelsystem ein hohes Nährstoffan­eignungs­vermögen auf.

Eine möglichst frühe Aussaat ist notwendig für den Aufbau von ausreichender Halm- und Blattmasse, der als Speicher für Reservekohlenhydrate eine große Bedeutung für die Kornfüllung zukommt und zur Ertragssicherung beiträgt. Hafer als eine typische Langtagpflanze reagiert stärker auf die Tageslänge, insbesondere die skandinavischen Herkünfte. Unter der Einwirkung von hoher Einstrahlung und langen Tagen wird die Entwicklung bis zum Rispenschieben verzögert, die generative Phase jedoch verkürzt. Auch das Risiko von Trockenschäden sinkt bei frühen Saaten, da ein tiefer gehendes Wurzelsystem ausgebildet wird. Ein schneller Aufbau von Blattmasse trägt auch zu einer hohen Konkurrenzkraft gegen Unkräuter bei. Früh- und flach keimende Unkräuter können mit einem Striegelgang meist effektiv bekämpft werden. Späte Saaten reduzieren die Bestockung, ebenso wie eine zu tiefe Ablage und eine unzu­reichende Nährstoff- und Wasserversorgung. Die Aussaatstärke sollte auch bei späterer Saat nicht stark angehoben werden, da die Bestände sonst u.U. schwerer zu führen sind. Der Spelzen­anteil verursacht einen höheren Keimwasserbedarf, die Ablagetiefe sollte daher bei 3-4 cm liegen.

Die N-Düngung fördert über eine Startgabe zur Saat eine zügige Jugendentwicklung. Bei der zweiten Gabe ist die N-Nachlieferung zu beachten, um das Lagerrisiko nicht zu steigern. Zu späte N-Gaben fördern Zwiewuchs. Ein Wachstumsreglereinsatz trägt nur zur Ertragssicherung bei, jedoch nicht zur Ertragssteigerung. Bei Sorten mit hoher Standfestigkeit kann auf eine Wachstumsreglerapplikation verzichtet werden. Im Hinblick auf die Fruchtfolgegestaltung ist zu beachten, dass Hafer nicht nach Hafer, Sommergerste oder Sommerweizen stehen sollte, um das Risiko der Vermehrung von Haferzystennematoden gering zu halten. Eine Anbaupause von mindestens vier Jahren zu Hafer und Sommergerste wird als notwendig erachtet.

Die folgenden Tabellen können nicht barrierefrei dargestellt werden. Bitte kontaktieren Sie Frau Dr. Herrmann bei Fragen (Telefon: +49 6621 9228 32).

Tabelle 1: LSV Sommerhafer Hessen; Ertrag relativ zur Bezugsbasis (BB), Versuchsjahr 2019

unbehandelt
(rel. zur BB)
fungizidbehandelt
(rel. zur BB)
HEFKBMittelHEFKBMittel
BB  (dt/ha)62,555,158,863,853,658,7
VD  (dt/ha)62,955,659,264,153,959,0
GD 5 % (relativ)5,711,6 5,612,0 
Max  BBg 105  98 102 109 105 107
Symphony  BBw 108 105 107 102 112 107
Poseidon  BBg 107 108 108 105 111 108
Apollon  BBg 100 104 102  98 104 101
Bison  BBg  93  95  94  90  95  92
Yukon  BBg 103 103 103 101  83  93
Harmony  BBw  93  97  95  97  97  97
Delfin  BBg  91  91  91  98  93  96
Armanig  98 105 101  99 106 102
Liong 108 105 107 105 101 103

VD: Versuchs­durchschnitt über alle Sorten, GD: Grenzdifferenz, KB: Korbach, HEF: Bad Hersfeld (Eichhof); Spelzenfarbe: g (gelb), w (weiß)

 

Tabelle 2: LSV Sommerhafer Hessen; Qualitätsmerkmale (absolut), Versuchsjahr 2019

 

 

unbehandelt fungizidbehandelt 
Roh-
protein-
gehalt
(% der TM)
TKM
(g)
Hekto-
liter-
gewicht
(kg/hl)
Markt-
ware-
anteil > 2,0
mm (%)
Markt-
ware-
ertrag
(dt/ha)
Roh-
protein-
gehalt
(% der TM)
TKM (g)Hekto-
liter-
gewicht
(kg/hl)
Markt-
ware-
anteil > 2,0
mm (%)
Markt-
ware-
ertrag
(dt/ha)
Max  BBg11,132,153,595,357,111,232,451,596,360,5
Symphony  BBw11,836,649,597,260,911,338,449,897,661,1
Poseidon  BBg10,936,848,397,861,811,336,951,198,062,2
Apollon  BBg10,739,548,497,258,111,141,949,398,358,2
Bison  BBg11,640,449,297,854,011,441,650,398,653,2
Yukon  BBg11,234,847,796,058,111,135,948,195,251,7
Harmony  BBw11,435,644,995,853,911,737,046,893,555,1
Delfin  BBg11,439,047,497,151,211,534,246,796,952,8
Armanig10,934,047,497,157,611,335,246,796,958,1
Liong11,133,251,095,459,911,134,152,196,258,3
Mittel11,236,248,496,657,311,336,749,296,857,1

KB: Korbach, HEF: Bad Hersfeld

Tabelle 3: LSV Sommerhafer Hessen; Ertrag relativ zur Bezugsbasis (BB), Versuchsjahre 2017 bis 2019

 

 

unbehandelt
(rel. zum VD)
fungizidbehandelt
(rel. zum VD)
Jahr201720182019Mittel201720182019Mittel
Orte222 222 
BB (dt/ha)53,961,258,858,057,761,158,759,2
VD (dt/ha)53,661,359,258,157,761,459,059,4
Max  BBg 100 100 102 101  97 101 107 102
Symphony  BBw 105 100 107 104 107 101 107 105
Poseidon  BBg 109 102 108 106 101 106 108 105
Apollon  BBg 100  98 102 100 103 100 101 102
Bison  BBg  90 100  94  95  97 100  92  96
Yukon  BBg 100 102 103 102  96  96  93  95
Harmony  BBw  94  97  95  95  97  91  97  95
Delfin  BBg 102 100  91  97 101 104  96 100
Armanig 104 101 103 102
Liong 107 103

VD: Versuchsdurchschnitt über alle Sorten; Spelzenfarbe: g (gelb), w (weiß)

Tabelle 4: Relativertrag nach Hohenheim-Gülzower-Methode für den Großraum Süd

SorteGroßraum Süd

unbehandelt

Marsch, lehmige Standorte Nordwest

behandelt

Maxg99,298
Symphonyw99,3100
Poseidong99,4
Apollong100,5100
Bisong96,1
Yukong101,0
Harmonyw96,998
Delfing100,5102
Armanig101,9101
Liong101,5100
VRS (dt/ha) absolut71,275,6

Anbaugebiete 17, 20 und 21 in Intensitätsstufe 1 und das Anbaugebiet 14 (Marsch, lehmige Standorte Nordwest) in Intensitätsstufe 2.
Datenbasis: 2015-2019.
AG 17: Verwitterungsstandorte Südost, AG 20: Ackerbaugebiete Südwest, AG 21: Fränkische Platten, Jura. Spelzenfarbe: g (gelb), w (weiß), VRS: Verrechnungssorten

Tabelle 5: Anbau-, Ertrags- und Qualitätseigenschaften der geprüften Sommerhafersorten, nach Beschreibender Sortenliste des Bundessortenamtes 2019

Neigung zuAnfällig-keit für MehltauErtragseigenschaftenQualität
Züchter/
Vertreiber
Zu-lassungSpelzen-farbeRispen-schiebenReifeReifever-zögerung StrohPflanzen-längeLagerHalm-knickenBestandes-dichteKorn-zahl/
Rispe
TKMKorn-ertrag Stufe 1Korn-ertrag Stufe 2Sortie-rung > 2,0 mmSortie-rung > 2,5 mmHekto-liter-gewichtSpelzen-anteilAnteil nicht entspelzter Körner
MaxSZ Bauer / IG2008g45447655655586724
PoseidonNordsaat / SU2012g55554454676698534
SymphonyNordsaat / SU2012w55564554676698635
ApollonNordsaat / SU2014g45664464486699632
BisonNordsaat / Hauptsaaten2014g35643415385499633
YukonNordsaat / IG2014g55654414666687644
HarmonyNordsaat / SU2015w45554414495598624
ArmaniSZ Bauer / IG2016g55534426566687422
DelfinNordsaat / Hauptsaaten2016g55754414676786634
LionNordsaat / SU2018g55555464866687712

1-9: Boniturnoten des BSA (1 = sehr gering, kurz, früh; 9 = sehr hoch, lang, spät)
grün hinterlegte Zellen: positiv zu bewertende Merkmalsausprägung; orange hinterlegte Zellen: negativ zu bewertende Merkmalsausprägung
Spelzenfarbe: g (gelb), w (weiß)

 


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