Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Landessortenversuche

Ergebnisse der LSV Sommerhafer 2021 & Empfehlungen

Traditionell wird in Hessen Hafer vorrangig zur Futtergewinnung erzeugt. Dass daneben weitere Vermarktungspotentiale gegeben sind, zeigen die aktuellen Versorgungsdaten für Hafer.

Eine harmonische Abreife von Korn und Stroh ist für Hafer wichtig. Hier zeigen Sorten sichtbare Unterschiede.

Aktuell ist knapp die Hälfte der Inlandsverwendung laut Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) auf Nahrungszwecke zurückzuführen. Nach BLE (2021) ist der Haferverbrauch dabei seit den 1990er Jahren kontinuierlich gestiegen. Gerade zum Wirtschaftsjahr 2020/21 zeigte sich ein deutlicher Aufwärtssprung zur Nahrungsverwendung: der Verbrauch je Kopf in Deutschland liegt aktuell mit 4,1 kg Hafer (Mehlwert) auf einem Höchststand (BLE 2021). Hierdurch spiegelt sich die gesteigerte Nachfrage nach Haferprodukten wieder, was auch in der Vielfalt der Produktpallette in den Ladenregalen wiederzufinden ist. Neben Haferflocken und Müslis finden eine Vielzahl von weiteren Haferprodukten wie Porridge-Mischungen oder Milchersatzprodukte auf Haferbasis immer mehr Anklang beim Verbraucher. Die Hafererzeugung hingegen entwickelte sich die vergangenen Jahre rückläufig, sodass der Selbstversorgungsgrad im Wirtschaftsjahr 2020/21 nur 71% betrug (für alle Nutzungsrichtungen). Nach Angaben des Verbands der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS) ist der Qualitätshaferbedarf der Mühlen seit 2008 daher um etwa 70% gestiegen. Folglich kann der gestiegene Bedarf – vor allem der deutschen Hafermühlen –  nicht mehr aus deutschen Anbau gedeckt werden. Daher muss kontinuierlich mehr Hafer importiert werden, um diese Lücke zu füllen. Demnach hat sich die Einfuhr in den vergangenen 10 Jahren auf 672 000 t verdoppelt (BLE 2021). Hierbei stammt der größte Anteil aus Skandinavien oder osteuropäische EU-Staaten. Gründe für den Rückgang der heimischen Produktion lagen in der ökonomischen Unterlegenheit zu Winterweizen und Winterraps. Auch verfügt der Hafer über eine geringere Ertragsstabilität, gerade wenn Saatzeit und Wasserversorgung nicht optimal verlaufen. Dennoch konnte für den Zeitraum 1995 -2009 ein Zuchtfortschritt von rund 0,53 dt/ha und Jahr festgestellt werden. Ebenfalls wurden züchterischen Verbesserungen der Qualitätsparameter von Spelzenanteil, Sortierung und Entspelzbarkeit erzielt, sodass auch für die heimische Qualitätshaferproduktion verbesserte Ausgangsbedingungen gegeben sind. Erfreulicherweise nimmt der Haferanbau nun wieder Fahrt auf. Die Anbaufläche in Deutschland erweiterte sich in 2021 um 12,5 % (Destatis 2021). Hessenweit blieb die Anbaufläche jedoch auf einem ähnlichen Niveau, sodass 9 300 ha für den Haferanbau genutzt wurden. Damit ist der Hafer in der Fläche die zweitwichtigste Sommergetreidekultur nach der Sommergerste. Auch das durchschnittliche Ertragsniveau in Hessen lag mit 47,6 dt/ha auf ähnlichen Niveau im Vergleich zum Vorjahr, sodass eine Gesamterntemenge von knapp 44 000 t produziert wurde (Destatis 2021).

Als „Gesundungsfrucht“ nimmt Hafer eine zentral wichtige Rolle in den Fruchtfolgen ein. Gerade enge, winterungslastige Fruchtfolgen profitieren von den zahlreichen pflanzenbaulichen Vorteilen des Hafers. Dadurch können sowohl phytosanitäre, als auch das Nährstoffmanagement betreffende Aspekte adressiert werden. Gerade im Züge der verschärften Düngeregelungen kann Hafer klare Vorteile bringen. Durch den moderaten Stickstoffbedarf kann ein positiver Effekt auf die N-Bilanzierung des Betriebs erzielt werden, was vor allem mit Blick auf die roten Gebiete bedeutsam ist. Durch ein ausgeprägtes und verzweigtes Wurzelsystem können zusätzlich Nährstoffe aus dem Bodenvorrat gut erschlossen werden und dadurch zusätzlich geringe Restnitratgehalte sowie eine gute Bodenstruktur für die Folgekultur hinterlassen werden. Die Ausscheidungen der Wurzel von allopathisch wirksamer Substanzen wirkt sich negativ auf die Entwicklung des Erregers der Schwarzbeinigkeit (Gaeumannomyces graminis) aus. Auch die Übertragung des Halmbrucherregers (Cercosporella herpotrichoides) kann unterbrochen werden. Damit können Reduzierung der Fußkrankheiten von Weizen und Gerste erzielt werden. Der Hafer selbst verfügt über eine niedrige Krankheitsanfälligkeit, sodass nur ein geringer Pflanzenschutzeinsatz notwendig ist. In den Landessortenversuchen (LSV) führten Fungizidapplikationen meist nicht zu Mehrerträgen, sodass diese nicht immer wirtschaftlich lohnend sind. Dennoch können sich Mehltau und Kronenrost ertrags- und qualitätsmindernd auswirken, hierbei sollte auf wenig anfällige Sorten gesetzt werden. Gleiches gilt für Viruskrankheiten, die von Blattläusen übertragen werden (z.B. Haferröte). Blattläuse sollten daher frühzeitig bekämpft werden. Daneben besitzt Hafer ein sehr gutes Unkrautunterdrückungsvermögen. Als Sommerung trägt die Kultur zur Verringerung von Verungrasungsproblemen bei. Zu beachten ist jedoch, dass es keine Möglichkeit der chemischen Ackerfuchsschwanzbekämpfung gibt, sodass nur der Striegeleinsatz zur Verfügung steht.

Zwar ist Hafer eine Kultur mit verhältnismäßig geringen Standortansprüchen, die Ertragsleistung hängt jedoch maßgeblich von der Wasserverfügbarkeit und der Vegetationszeit ab. Hohe Qualitätsanforderungen können nur mit günstigen Witterungsbedingungen bis zur Abreife erreicht werden. Trockenphasen können zu einer schlechten Kornausbildung führen. Standorte mit schlechter Wasserversorgung besitzen somit ein höheres Anbaurisiko und sollten zum Anbau von Qualitätshafer möglichst vermieden werden. Daher ist Hafer eine Getreideart der feucht-kühleren Anbaugebiete. Auch eignen sich nicht alle Sorten für die Qualitätshafererzeugung. Somit spielt die Sortenwahl keine unwesentliche Rolle für den Haferanbau.

Landessortenversuche Sommerhafer 2021

Für die kühl-feuchteren Mittelgebirgsstandorte als hessische Hauptanbaugebiete, wurde der LSV Sommerhafer auch in 2021 wieder an den beiden Versuchsstandorten Bad Hersfeld und Korbach angelegt. Das Prüfsortiment umfasste acht Gelbhafer- und eine Weißhafersorte. Sechs Sorten befanden sich drei Jahre oder länger in der Prüfung, drei Sorten wurden als Neuzulassung aus 2020 erstmalig im LSV geprüft.

Da die Befahrbarkeit der Flächen aufgrund intensiver Niederschläge nicht gegeben war, verzögerte sich die Aussaat an beiden Versuchsstandorten. In Bad Hersfeld war eine Aussaat erst am 01.04. mit 320 Körner/m² und am Standort Korbach noch später am 26.04. mit 350 Körner/m² möglich. Durch die ausreichende Wasserverfügbarkeit konnten die Bestände sich jedoch rasch und ohne erwähnenswerte Mängel entwickeln, wenngleich die Bestandesdichte (Ähren pro laufenden Meter) im Vergleich zum Vorjahr schlussendlich geringer ausfielen. Zusätzlich problematisch wurde in Bad Hersfeld der Unkrautdruck, welcher nur schwer zu regulieren war. Witterungsbedingt konnte erst spät eine Herbizidmaßnahme erfolgen. Zudem dominierte vorrangig Ackerfuchsschwanz, welcher im Hafer nicht durch Herbizide zu bekämpfen ist. Analog zu weiteren Getreideversuchen, wurde der LSV Sommerhafer unter zwei Behandlungsintensitäten geführt: in einer reduzierten Variante ohne Fungizid- und nur einem reduzierten Wachstumsreglereinsatz sowie in einer optimierten Variante mit standortangepasstem Pflanzenschutz. Die Prüfung unter reduzierten Pflanzenschutzeinsatz ermöglicht es, die Standfestigkeit und Anfälligkeit für Pilzkrankheiten der einzelnen Sorten zu beurteilen. Ziel der optimierten Variante ist es, das tatsächliche Leistungspotenzial der Sorten zu bewerten. Hafer hat jedoch nur einen geringen Pflanzenschutzbedarf und zeigt nicht immer einen Mehrertrag in der optimierten Variante. Am Standort Korbach bestätigte sich dies, sodass diesjährig keine Fungizidmaßnahme und nur eine reduzierte Wachtumsreglergabe notwendig war, sodass der Versuch nur unter reduzierten Bedingungen durchgeführt wurde. In Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz werden die Landessortenversuche zu Hafer daher nur noch unter reduzierten Bedingungen angelegt. Lager trat in beiden Versuchen nicht auf. Der Erntetermin der beiden Standorte lag nah beieinander, sodass der Versuch in Bad Hersfeld am 24.08. und in Korbach am 25.08. beerntet wurde. Aufgrund sehr hoher Streuung der Ernteergebnisse am Standort Bad Hersfeld, konnten die ermittelten Werte nicht für eine Auswertung verwertet werden. Daher stehen diesjährig nur die Ernteergebnisse der reduzierten Variante aus Korbach als hessische Haferergebnisse zur Verfügung.

Die Ertragsergebnisse der Sorten am Standort Korbach sind in Tabelle 1 dargestellt. Für einen Vergleich der Sortenleistungen, wird der Mittelwert der mindestens dreijährig geprüften Sorten herangezogen. Diese Sorten stellen die sogenannte Bezugsbasis (BB) dar. Im Mittel dieser Sorten (BB) wurde ein Ertrag von 59,9 dt/ha erzielt. Im Vergleich zu den Vorjahren ( Tabelle 3 ) lag der Ertrag damit rund 10 dt/ha unterhalb des Vorjahreswertes, aber auf ähnlichen Niveau zum Erntejahr 2019. Überdurchschnittliche Ertragsergebnisse in 2021 erzielten in absteigender Reihenfolge die Sorten Rex, Fritz, Magellan, Armani, Lion und Max ( Tabelle 1 ). Auffällig ist das hohe Leistungspotential der drei Neuzulassungen, wobei sich bei Berücksichtigung der Grenzdifferenz kein signifikanter Unterschied zwischen den vier Spitzensorten feststellen lies. Insgesamt variierten die Erträge der verschiedenen Sorten in einer Spanne von 8,8 dt/ha.

Bei Kulturen mit geringen Anbauumfang kann die Prüfung aufgrund von begrenzter Ressourcen nur an wenigen Standorten in Hessen stattfinden. Gerade die diesjährige überaus geringe Datengrundlage zeigt erneut, wie bedeutsam daher die gemeinsame überregionale Auswertung der Sortenergebnisse ist. In Tabelle 2 sind die diesjährigen Sortenergebnisse der im hessischen LSV geprüften Sorten für den Großraum Süd (gemeinsame Auswertung der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern und Hessen) dargestellt. Hierbei fließen (ausgenommen 2021) die Ergebnisse des Standorts Bad Hersfeld mit ein. Darüber hinaus werden Standorte aus den Anbaugebieten 17 (Verwitterungsstandorte Südost), 20 (Ackerbaugebiet Südwest) und 21 (Fränkische Platten) miteinbezogen. Hierbei konnten für beide Behandlungsstufen Ergebnisse generiert werden, auch wenn der Versuchsumfang der optimierten Variante aus oben genannten Gründen geringer ist ( Tabelle 2 ). Insgesamt lag das überregionale Ertragsergebnis deutlich über den hessischen Erträgen. Bezüglich des Sortenrankings erwies sich Magellan analog zu Hessen auch überregional mit besten Ertragsergebnissen unter beiden Pflanzenschutzintensitäten. Weiterhin zählte in beiden Intensitäten die Sorte Delfin zu den Top 3. Entgegen der hessischen Ergebnisse, erzielten die Sorten Rex und Fritz unter beiden Intensitäten das schlechteste Ergebnis. Dies ist sicherlich auf die unzureichende Standfestigkeit der Sorten zurückzuführen. In Hessen trat diesjährig kein Lager auf, überregional bestätigten die Sorten jedoch ihre sehr hohe Einstufung für die Lagerneigung ( Tabelle 5 ). Der Vergleich der Erträge in beiden Intensitätsstufen zeigte zudem, dass der Effekt der Pflanzenschutzbehandlung im Hafer sich nur geringfügig im Ertrag niederschlug.

Abb. 2: Mehrjähriges (2017-2021) überregionales Ertragsergebnis der Sorten des LSV Sommerhafer in der optimiert geführten Variante für den Großraum Süd. Mittelwerte und Intervalle für paarweisen Vergleich (90%); Anzahl Versuche n = 48, unterschiedlich je nach Sorte

Für eine fundierte Aussage über die Sortenleistung (und gerade in Hinblick auf die für den Hafer typischerweise sehr schwankende Ertragsstabilität) ist eine mehrjährige Betrachtung der Sorten notwendig. Die mehrjährige Beurteilung bildet daher die Grundlage für eine Sortenwahl. Die hessischen Ertragsergebnisse der vergangene drei Jahre sind in Tabelle 3 dargestellt. Unter den mehrjährig geprüften Sorten erzielten die Sorten Armani, Lion, Symphony und Max ein überdurchschnittliches Ergebnis unter reduzierten Behandlungsintensitäten. Auch hier erweitert die überregionale Auswertung die Datengrundlage. Abbildung 2 zeigt das mehrjährige Ertragsergebnis der Jahre 2017-2021 verrechnet nach Hohenheim-Gülzower-Methode für den Großraum Süd unter reduzierten Anbaubedingungen. Diese Auswertungsmethode beinhaltet zusätzlich zu den LSV-Ergebnissen die vorangestellten, dreijährigen Ergebnisse der Wertprüfungen der jeweiligen Sorten, sodass auch erst im LSV einjährig geprüfte Sorten bewertet werden können. Überregional bestätigt sich das mehrjährige Ergebnis von Armani. Ertraglich an der Spitze hebt sich jedoch die neue Sorte Magellan ab. In der optimierten Stufe (Abb. 2) streuten die Sorten im mehrjährigen Vergleich etwas deutlicher. Dennoch lagen auch hier Magellan und Armani in der Rangfolge im vorderen Bereich.

Sehr gute Kornsortierung zur Qualitätshafererzeugung erreicht

Die Qualitätsanforderungen an den Hafer sind abhängig des Vermarktungs- bzw. Verwertungsziel. Für die Vermarktung als Futterhafer sind Vorgaben des Handels in Bezug auf das Hektolitergewicht (hl-Gewicht), die Kornfeuchte, Besatz und Mykotoxinbelastung einzuhalten. Das hl-Gewicht sollte 48-50 kg/hl überschreiten, für Schälhafer sind weitaus höhere Zielwerte von mindestens 52 kg/hl gefordert. Diesjährig erzielte die Sorten im Mittel ein hl-Gewicht von 49,5 kg, wobei nur wenige Sorten überhaupt über 50 kg/hl und keine Sorte das 52 kg/hl-Limit erreichte. Lion, Fritz und Max erzielten hierbei die besten Ergebnisse ( Tabelle 4 ).

Mehr noch als das Hektolitergewicht, ist für Qualitätshafer ist ein gut ausgebildetes Korn wichtig, beispielsweise zur Herstellung von Haferflocken. Daher gelten als weitere Zielkriterien eine gute und leichte Schälbarkeit, ein geringer Spelzanteil, ein hoher Kernanteil sowie ein hoher Korngrößenanteil > 2.0 mm. Erfreulich war das Ergebnis des Korngrößenanteils > 2.0 mm, wobei dieser im Mittel der Sorten bei 98,6% lag. Damit fiel dieser Wert nochmals besser als im Vorjahr aus und überschritt den Zielwert von 90% deutlich. Auch die Tausendkornmasse mit 39,5 g im Mittel der Sorten lag oberhalb des Vorjahreswertes. Höchste Ergebnisse in Bezug auf beide Merkmale zeigte die Sorte Apollon ( Tabelle 4 ), sodass die Sorte weiterhin ihre sehr gute Einstufung der Qualitätseigenschaften bestätigen kann ( Tabelle 5 ).

Sortenwahl zur Frühjahrsaussaat 2022

Hessische Empfehlungssorten auf einen Blick

Da in Hessen vorrangig Futterhafer angebaut wird, sind die hohen Qualitätsanforderungen meist von untergeordneter Bedeutung. Vorrangig bedeutsam zur Sortenwahl sind in diesem Fall stabile und hohe Erträge. Dennoch sind zur Sortenwahl auch hier gute Kornausbildung und geringe Spelzenanteile wichtig, damit eine hohe Energiedichte im Futter erzielt werden kann. Eine gute Standfestigkeit ist für Betriebe mit Wirtschaftsdüngereinsatz und bei hoher N-Nachlieferung der Böden wichtig. Weiterhin ist eine gleichmäßige Abreife von Korn und Stroh ist für eine sichere Ernte ausschlaggebend. Eine Zusammenfassung der Sorteneigenschaften in Bezug auf Ertrags- und Qualitätsleistungen, aber auch in Hinblick auf die agronomischen Eigenschaften sowie der Krankheitsanfälligkeit einer Sorte bietet die beschreibende Sortenliste des Bundessortenamtes ( Tabelle 5 ). Die Spelzfarbe spielt hierbei keine Rolle für die Nutzbarkeit als Qualitätshafer. Für den Schälhaferanbau wird eine Abstimmung mit der aufnehmenden Hand im Vorfeld empfohlen. Da sich nicht alle Sorten gleichermaßen eignen, geben Verarbeiter überwiegend die Sorten vor.

Basierend auf den Landessortenversuchen des LLH und nach Absprache mit dem Fachausschuss Pflanzenproduktion, VO-Firmen und Saatbauverband werden für den Anbau in Hessen erneut Max und Lion empfohlen. Auch erhält die Sorte Delfin eine volle Anbauempfehlung, nachdem sie im Vorjahr eine Probeanbauempfohlen erhielt.

Die Empfehlungssorten auf einen Blick:

Delfin (Nordsaat SZ / Hauptsaaten; Zulassung 2016) konnte mehrjährig mit mittleren Erträgen überzeugen. Diese schwankten jedoch in größerem Maße als bei anderen Sorten. Das Hektolitergewicht ist als mittel bis hoch eingestuft. Die Kornsortierung ist vergleichbar zu Max eingestuft. Bei der Sorte zu beachten ist die starke Reifeverzögerung des Strohs, wodurch es zu Problemen in der Abreife und Ernte kommen kann. Dahingegen positiv zeigt sich Delfin als sehr widerstandsfähig gegenüber Mehltau. Die Vermarktung als Schälhafer sollte vorab mit potentiellen Abnehmern geklärt werden. Delfin nimmt bundesweit die drittgrößte und hessenweit die zweitgrößte Vermehrungsfläche ein.

Lion (Nordsaat SZ / Saaten-Union; Zulassung 2018) zeigte sich mehrjährig mit leicht überdurchschnittlichen Erträgen. Hervorzuheben ist sein sehr geringer Spelzenanteil und Anteil nicht entspelzter Körner. Durch ein gleichzeitig hohes Hektolitergewicht ist Lion neben Max mit den besten Qualitätseigenschaften ausgestattet, sodass sich die Sorte für die Schälhaferverarbeitung eignet. Die Korngrößensortierung ist gut, aber kommt nicht an das hohe Niveau der diesbezüglichen Spitzensorten heran. Lion ist charakterisiert durch eine mittlere Pflanzenlänge und Standfestigkeit, sowie mittlere Reifeverzögerung des Strohs. Beachtet werden muss die geringe Widerstandsfähigkeit gegenüber Mehltau. Lion nimmt bundesweit die zweitgrößte und hessenweit die drittgrößte Vermehrungsfläche ein.

Max (SZ Bauer / IG Pflanzenzucht; Zulassung 2008) ist eine bereits langjährig etablierte Gelbhafersorte mit durchschnittlichen Kornertrag in beiden Behandlungsintensitätsstufen. Durch die Kombination von hohem Hektolitergewicht mit einem geringen Spelzenanteil sowie einer guten Korngrößensortierung ist er sowohl für die Schälhafer- als auch für die Futterhafererzeugung sehr gut geeignet. Er zeigt trotz der kurzen Wuchshöhe eine erhöhte Neigung zu Lager und Halmknicken. Er besitzt eine mittlere Anfälligkeit für Mehltau und eine gleichmäßige Korn- und Strohabreife. Bundes- und auch hessenweit stellt Max die vermehrungsstärkste Sorte dar.

Anbauhinweise

Da Hafer einen hohen Wasserbedarf hat, ist für einen erfolgreichen Anbau die Wasserverfügbarkeit des Bodens entscheidend. Wird eine Qualitätshafererzeugung angestrebt, kommen nur Standorte mit ausreichender Wasserverfügbarkeit in Frage. Gerade Trockenheitsereignisse während der Kornfüllungsphase wirken sich qualitätsmindernd aus. Sobald die Befahrbarkeit gegeben ist und die Temperaturen mindestens 4-5 °C betragen, sollte die Aussaat möglichst frühzeitig geschehen. Als Langtagspflanze benötigt Hafer ausreichende Vegetationstage im Frühjahr für eine gute Trieb- und Wurzelentwicklung. Zudem kann auf diese Weise die Winterfeuchtigkeit optimal zur Ausbildung von ausreichend Halm- und Blattmasse als Speicher für Reservekohlenhydrate zur Kornfüllung ausgenutzt werden. Gleichzeitig wird bei schneller Aufbau von Blattmasse die Konkurrenzkraft gegen Unkräuter gestärkt. Früh- und flach keimende Unkräuter können mit einem Striegelgang meist effektiv bekämpft werden.

Das Saattiefe sollte aufgrund des hohen Keimwasserbedarfs durch die Spelzen bei 3-4 cm liegen bei einem feinkrümeligen, gut abgetrockneten Saatbett. Bei frühen Saaten ab Anfang März sind 280-300 Körner/m² ausreichend. Ungünstige Lagen und Spätsaaten benötigen eine höhere Aussaatstärke, dennoch sollte sie nicht zu stark angehoben werden. Anzustrebende Bestandesdichten liegen bei 350- 450 rispentragenden Halmen m2. Durch das ausgeprägte Wurzelsystem liegt mitunter ein hohes Nährstoffaneignungsvermögen vor. Daher können auch hohe Erträge bei geringer Stickstoffdüngung erzielt werden. Beachtet werden sollte die Manganverfügbarkeit, welche bei pH-Werten oberhalb von 6,5 den Ertrag begrenzen kann. Eine Stickstoffüberversorgung erhöht die Lagerneigung und führt zu Problem in der gleichmäßigen Abreife von Korn und Stroh. Daher reicht eine zweimalige Stickstoffgabe aus, mit Fokus auf die erste Startgabe zur raschen Jugendentwicklung. Die N-Nachlieferung des Bodens ist dabei zu berücksichtigen. Vor allem bei der zweiten Gabe zum Schossen sollte mit Bedacht gehandelt werden, um das Lagerrisiko nicht zu steigern. Ein Wachstumsreglereinsatz trägt nur zur Ertragssicherung bei, jedoch nicht zur Ertragssteigerung. Bei Sorten mit hoher Standfestigkeit kann und angepasster Stickstoffversorgung kann unter Umständen auf eine Wachstumsreglerapplikation verzichtet werden. Blattläuse und Getreidehähnchen können ertragsmindernd auswirken und bei entsprechender Witterung Bekämpfungsschadschwellen überschreiten. Mehltau kann eine Rolle spielen.

Im Hinblick auf die Fruchtfolgegestaltung ist eine Anbaupause von mindestens vier Jahren zu Hafer und Sommergetreide einzuhalten, um das Risiko der Vermehrung von Haferzystennematoden gering zu halten. Hafer stellt einen hohen Vorfruchtwert für Wintergetreide, zudem können die Infektionszyklen von Schwarzbeinigkeit, Halmbruch und anderen Fußkrankheiten in getreidelastigen Fruchtfolgen gebrochen werden. Werden hohe Hafererträge und -qualitäten angestrebt, sind Hackfrüchte und Leguminosen als Vorfrüchte gut geeignet.


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