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Ergebnisse des LSV Sojabohne 2021 & Empfehlungen

Das Jahr 2021 war ein überaus erfolgreiches Jahr für den deutschen Sojabohnenanbau. Die feuchtwarme Witterung während der Vegetationsperiode ermöglichte es den Sojabohnenbeständen hohe Ertragsleistungen zu erzielen.

Dies hatte zur Folge, dass mit einer gesamtdeutschen Erntemenge von 104 000 t ein neuer Höchststand der heimischen Sojabohnenproduktion verzeichnet wurde.

Aus dem Bericht zur Markt- und Versorgungslage von Ölsaaten des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung (BLE 2021) geht hervor, dass parallel dazu die Importe von Soja weiterhin zunehmend sind. Nach BLE (2021) wurden in 2020 insgesamt 3,92 Mio. t Soja nach Deutschland importiert – im Vergleich zur heimischen Erzeugung von 90 500 t in 2020 wird schnell deutlich, dass ein Bedarf für die heimische Produktion gegeben ist. Auch die generell weiterhin bestehende Eiweißlücke in der Selbstversorgung machen den Anbau interessant. Auch wenn die Erträge der Sojabohne nicht an die Leistung von Ackerbohne und Erbse herankommen kann, profitiert die Kultur von sehr hohen Eiweißgehalten, sodass die Proteinerträge je ha schlussendlich oberhalb der von Ackerbohne und Erbse liegen können.

Umso erfreulicher ist auch die Entwicklung der durchschnittlichen Erträge im vergangenen Jahr, auch wenn die Anbaufläche auf gleichem Niveau bzw. in Hessen sogar leicht rückläufig ausfiel. Allein in Hessen wurde in 2021 im Durchschnitt ein Mehrertrag von 44% im Vergleich zum Vorjahr erzielt! Die Anbaufläche mit 1300 ha belief sich auf ähnlichem Niveau der weißen Lupine. Damit hat der hessische Sojaanbau rund 400 ha im Vergleich zum Vorjahr an Fläche verloren. Bei einem Durchschnittsertrag von 31,7 dt/ha Sojabohnen resultierte das Gesamtergebnis dennoch in einer hohen Erntemenge von 4 200 t. Dies sind zwar nur rund 4 % der gesamtdeutschen Erntemenge, im Anbauflächenumfang nimmt Hessen jedoch gemeinsam mit Brandenburg Rang 3 der Anbaufläche nach Bundesländern ein. Hauptanbauregionen sind klassischerweise Baden-Württemberg und Bayern. Aufgrund der Wärmebedürftigkeit der Kultur ist der Anbau in Hessen auf die vorrangig im südhessischen Landesteil gelegene Gunststandorte begrenzt. Daher sind insbesondere Standorte in Süd- und Mittelhessen zu bevorzugen. Hier finden auch die hessischen Landessortenversuche schwerpunktmäßig statt.

Landessortenversuche Sojabohne 2021

Die Prüfung der Sojabohnensorten findet in Hessen an drei Standorten statt: dem südhessischen Standort Griesheim (Leeheim/Dornheim), der mittelhessischen Standort Friedberg (Niederweisel) und am Landwirtschaftszentrum Eichhof in Bad Hersfeld. Aufgrund der verschiedenen Reifegruppen findet die Prüfung der Sorten in zwei Reifesegmenten statt. Generell kommen für den hessischen Anbau nur die Reifegruppe sehr früh (000) und in Gunstlagen unter Umständen die Reifegruppe früh (00) in Frage. Zur besseren Einschätzung des Abreifeverhaltens kann das sehr frühe Reifesegment sich an solchen Standorten eignen, in denen mittelfrühe Körnermaissorten (K 230-250) sicher ausreifen. Das frühe Segment hingegen passt nur auf Standorte, welche auch für den Anbau von mittelspäten Körnermais (K 260 – 300) geeignet sind. Daher wird das sehr frühe Reifesegment an allen drei Standorten, wohingegen die Reifegruppe früh nur an den Gunststandorten Griesheim und Friedberg geprüft werden. Zum Teil handelt es sich bei den Prüfkandidaten um EU-Sorten, von denen oft nur unvollständige oder gar keine Sortenbeschreibungen für Deutschland vorliegen. Da es anders als bei anderen Kulturen keine EU-Sortenprüfung gibt, ist es nicht bekannt, wie sie auf hiesige klimatische Bedingungen reagieren und ob die angegebene Reifegruppe das Abreifeverhalten auch tatsächlich zutreffend beschreibt. Teilweise wurden in den LSV bezüglich erhebliche Abweichungen von den für die Sorte attestieren Daten beobachtet. In der sehr frühen Reifegruppe (000) wurden in 2021 insgesamt 12 Sorten, in der frühen Reifegruppe (00) wurden vier Sorten geprüft. Ein Großteil der Sorten wurde erstmalig bzw. zum zweiten Mal im LSV geprüft.

Da der Temperaturverlauf im Frühjahr zunächst recht langsam in Gang kam, wurden die Versuche in der letzten Aprildekade (sowohl in Südhessen als auch Osthessen) ausgesät. Entscheidend ist, dass den Pflanzen auf leicht erwärmbaren Böden ein zügiger, gleichmäßiger Feldaufgang und eine schnelle Jugendentwicklung ermöglicht wird. Das nass-kühle Wetter machte den Sojabohnen zunächst jedoch einige Probleme in der Entwicklung, sodass an allen Standort der Feldaufgang erst Ende Mai mit teils deutlichen Mängeln nach Aufgang verzeichnet werden konnte. Diese Umstände kamen dem Versuch am Standort Friedberg zum Verhängnis: da die Keimpflanzen gewissermaßen in ihrer Entwicklung aufgrund der fehlenden Wärme förmlich „stecken blieben“, unterlag der komplette Versuch trotz Abschreckungsmaßnahmen dem Vogelfraß. Hier zeigte sich eindrücklich, wie wichtig ein zügiger und guter Entwicklungsstart der Kultur ist, da ansonsten Totalausfälle eines ganzen Bestandes drohen. Auch der Wildverbiss an Jungpflanzen kann zu deutliche Schäden führen. Die darauffolgende vor allem nass-feuchte Witterung in den Sommermonaten sorgte für eine optimale Niederschlagsversorgung. Waren die Bestände etabliert, konnten sie sich in Folge sehr gut und massig entwickeln konnten. Gab es in den vorangegangenen Jahren hier Defizite, so profitieren die Sojabohnen von den reichlichen Niederschlägen und konnte sehr gute Bodenbedeckungsgrade erzielen. Zentral wichtig ist eine ausreichende Abreife der Bestände im September. Hier wiederrum waren die Bedingungen nicht trocken genug, um eine zügige Abreife zu erzielen. Der Versuch in Südhessen konnte daher erst zum letzten Septembertag durchgeführt werden, der Versuch am Eichhof erst Mitte Oktober. Trotz Einteilung in verschiedene Reifesegmente, verlief die Abreife wieder sortenspezifisch, wobei einige spätreifere Sorten die Blätter etwas zögerlich abwarfen. Am Standort Bad Hersfeld variierten die Feuchtegehalte zum Zeitpunkt der Ernte daher zwischen 20 % und 40 %. Am Standort Griesheim reiften die Sojabohnen besser ab, sodass die Feuchtegehalte sich dort zwischen 10 % und 20 % wiederfanden.

Spitzenerträge auch im LSV

Die in der Praxis festgestellten hohen Ertragsleistungen im Jahr 2021 spiegelten sich auch in den LSV wieder. Im Mittel der beiden Prüforte konnte für das sehr frühe Reifesegment ein Spitzenertrag von 42 dt/ha über alle Sorten erfasst werden ( Tabelle 1 ). Damit lag der Ertrag 7 dt/ha über dem dreijährigen Mittel und knapp 10 dt/ha über den gesamthessisch festgestellten Praxiserträgen nach statistischem Bundesamt. Im Mittel der Bezugsbasissorten, d.h. der Mittelwert der mindestens dreijährig im LSV geprüften Sorten, lag auf beiden Versuchsstandorten auf ähnlichem Niveau. Die nicht harmonisch ablaufende Reife am Standort Bad Hersfeld hatte zur Folge, dass der Versuchsdurchschnitt (Mittelwert aller Sorten im Versuch) unterhalb des Bezugsbasismittelwerts lag. Hierbei wird deutlich, wie wichtig eine zuverlässige Abreife gerade an den Grenzstandorten für einen erfolgreichen Sojaanbau nach wie vor ist. Das gute Ergebnis im Vergleich zu den Vorjahren ( Tabelle 2 ) durch die ausreichende Wasserversorgung zu erklären. Trockenheitsbedingt und trotz Beregnung war die Entwicklung in den Vorjahren eingeschränkt, was sich in den Erträgen wiederfand. Auch das frühe Reifesegment (00) am Standort Griesheim lag mit 43,9 dt/ha im Mittel der Bezugsbasissorten ( Tabelle 4 ) auf einem ähnlichen Ertragsniveau des sehr frühen Reifesegments ( Tabelle 1 ). Im mehrjährigen Vergleich liegen die Erträge auf dem Niveau des Mittelwerts ( Tabelle 5 ). Interessant hierbei ist, dass diesjährig die Ertragslücke zwischen dem sehr frühen und dem frühen Reifesegment am Standort Griesheim nicht in der Form ausgeprägt war, wie in den vergangenen Jahren. Hier hatten die sehr frühen Sorten oftmals einen Ertragsvorsprung, da sie die Vegetationsperiode besser zur Ertragsbildung ausnutzen konnten. In kühl-feuchten Jahren wie 2021 zeigt sich dies jedoch nicht.

Auch in diesem Jahr war erneut die Sorte Acardia im sehr frühen Reifesegment ertraglich an beiden Standorten der Spitze ( Tabelle 1 ). Ebenfalls auf hohen Niveau zeigte sich die erstmalig geprüfte Sorte Adelfia an beiden Prüfstandorte. Diese beiden Sorten konnten sich an beiden Standorten signifikant im Ertragsniveau gegenüber den anderen Sorten abheben. Unter Berücksichtigung der Grenzdifferenz lagen zusätzlich in Bad Hersfeld die Sorten Amarok, Merlin und Nessie PZO mit Bestergebnissen oben auf. In Griesheim folgte Cantate PZO, Sussex und Asterix. Im frühen Reifesegmente konnte die erstmalig geprüfte Sorte ES Liberator sich signifikant gegenüber dem restlichen Prüfsortiment mit einem Ertrag von 47,9 dt/ha abheben. Dieses Ergebnis zeigt eindrücklich, inwiefern das Ertragspotenzial bei Vorhandensein von ausreichend Wasser ausgeschöpft werden kann. Die restlichen Sorten unterschieden sich in ihrer Ertragsleistung nicht.

Die stark schwankenden Ergebnisse je nach Jahresverlauf zeigen die Bedeutung einer mehrjährigen Betrachtung für die Bewertung einer Sortenleistung. Gerade Sommerungen weisen eine geringere Ertragsstabilität im Vergleich zu verschiedenen Winterungen auf. Die Sorte Adelfia zeigte auch in den vorangegangenen Jahren deutlich Ertragsvorteile zeigte ( Tabelle 2 ). Die Erträge der altbekannten Sorte Merlin sind zwar leicht unterdurchschnittlich, dafür aber unter den verschiedenen Jahresbedingungen stabil. Ausgenommen von Merlin, weisen alle anderen Sorten starke Ertragsschwankungen zwischen den Jahren auf. Im frühen Reifesegment ist aktuell nur die Sorte ES Mentor mehrjährig geprüft. Auch sie weist konstant stabile mittlere Erträge auf ( Tabelle 5 ). Alle Sorten des frühen Segments zeigten gewisse Reifeverzögerungen im Stroh und können daher nur für Gunststandorte empfohlen werden.

Um die Sortenempfehlungen auf eine breitere Datenbasis zu stellen, die eine sicherere Bewertung von Sorteneigenschaften ermöglicht, werden die hessischen Ergebnisse von LSV und Wertprüfungen gemeinsam mit Daten von Standorten in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern verrechnet. Auch die überregionale, mehrjährige Auswertung belegt für Acardia die höchste Ertragsleistung (Daten nicht abgebildet). Die weitere Rangierung der Sorten stimmt mit den 3-jährigen Ergebnissen aus Hessen weitgehend überein, schwächste Sorte ist Toutatis. Im frühen Sortiment zeigt sich ebenfalls die starken Leistungen von ES Mentor und ES Liberator.

Hohe Ertragsleistung allein für den Anbau nicht entscheidend wichtig

Sorten mit mehrjährig stabilen Erträge gepaart mit guten Abreifeverhalten, tragen maßgeblich zu einem erfolgreichen, ertragssicheren Sojaanbau bei. Vor allem beim Anbau „neuer“ Kulturen ist die erfolgreiche Beerntbarkeit nach wie vor wichtig. Daher ist die sichere Abreife für den Sojaanbau in unseren Breiten eines der wichtigsten Kriterien der Sortenwahl. Aufschluss hierüber gibt die Beurteilung des Merkmals „Reifeverzögerung des Strohs“. Hier zeigten sich deutliche Unterschiede der Sorten, auch innerhalb eines Reifesegments. Die größte Sicherheit in Bezug auf die Abreife bietet weiterhin die Sorte Merlin. Diese Sorte zeigt bereits langjährig eine zügige und problemlose Abreife. In Kombination mit stabilen Erträgen ist ein sicherer Sojaanbau gegeben. Gewisse Verzögerungen im Abreifeverhalten wurden erneut bei Toutatis, der Spitzenertragssorte Acardia sowie bei Cantate PZO und Tasso bonitiert. Des Weiteren zeigte im ersten Prüfjahr die vielversprechende Sorte Adelfia ebenfalls eine verzögerte Abreife.

Auch hinsichtlich der Pflanzenlänge unterscheiden sich die Sorten mit Differenzen bis zu 20 cm. Lager trat in diesem Jahr zwar nur in geringem Maße auf, dennoch gab es bonitierbare Unterschiede. Hier zeigten Nessie, Magnolia PZO und Amarok als längste Sorte im Prüfsortiment gewisse Schwächen in der Standfestigkeit.

Hinsichtlich der Beerntbarkeit spielt auch die Höhe des Hülsenansatzes eine Rolle. Hier gibt es genetische Unterschiede zwischen den Sorten, die allerdings auch von der jeweiligen Bestandesentwicklung überlagert werden können. So zeigen dünnere Bestände häufig einen etwas niedrigeren Ansatz der ersten Hülsen über dem Boden. Die im unteren Stängelbereich ausgebildeten Hülsen zeigen meist einen guten Kornbesatz. Wenn diese Hülsen bei der Ernte nicht komplett erfasst werden, können Ernteverluste die Folge sein. Am Standort muss daher eine ausreichend tiefe Schneidwerksführung ohne Risiko gewährleistet sein.

Rohproteinerträge auf hohen Niveau

Der hohe Rohproteingehalt sowie die Eiweißzusammensetzung machen den Einsatz in der Veredelung interessant. Hierauf beruhen sich auch die Vorzüge gegenüber der heimischen Ackerbohne und der Körnererbsen. In den hessischen Landessortenversuchen erzielten die Sorten des sehr frühen Reifesegments im Mittel 35,3 % ( Tabelle 3 ) und im frühen Reifesegment 35,6 % ( Tabelle 6 ). Damit lag der Rohproteingehalt in 2021 auf Vorjahresniveau, mehrjährig betrachtete über dem langjährigen Mittel der Prüfjahre und auch über den von Ackerbohne und Körnererbse. Ohne jegliche Stichstoffdüngung und alleinig basierend auf der Stickstofffixierungsleistung, sind unter günstigen Bedingungen sogar Werte bis zu 40 % möglich. Den höchsten Rohproteingehalt im sehr frühen Reifesegment zeigten die Sorten Magnolia PZO und RGT Sphinxa mit 37,1 %. Aber auch die Werte von Amarok, Cantante PZO und Tasso lagen über dem Durchschnitt der geprüften Sorten ( Tabelle 3 ). ES Mentor und ES Liberator wiesen im frühen Reifesegment überdurchschnittliche Rohproteinerträge auf. Die niedrigsten Rohproteingehalte zeigten Merlin und Acardia.

Entscheidend ist letztendlich der Proteinertrag, sprich die produzierte Eiweißmenge je Hektar. Dieser ergibt sich aus der gemeinsamen Betrachtung von Rohproteingehalt und Kornertrag. Unter den sehr frühen Sorten erzielt hier Adelfia das beste Ergebnis mit 15,2 dt/ha. Auch Acardia, Amarok und Cantate PZO erzielen überdurchschnittliche Ergebnisse. Schlusslichter sind Tasso und Sussex. Mit ihren Ergebnissen von knapp über 13 dt/ha liegen die Proteinerträge dennoch auf mittleren Niveau der Ackerbohne (Vergleich 2021: im Mittel 13,8 dt/ha) und oberhalb der diesjährigen Ergebnisse der Körnererbse (Vergleich 2021: im Mittel 8,8 dt/ha). Lediglich Toutatis fällt mit 12,2 dt/ha unterhalb des Ackerbohnenmittelwert. Herausstechend ist das Ergebnis von ES Liberator im frühen Reifesegment: mit 17,2 dt/ha Proteinertrag erzielte sie den Spitzenwert aller geprüften Sojabohnensorten. Auch ES Mentor erreichte einen überdurchschnittlichen Proteinertrag von 15,9 dt/ha ( Tabelle 6 ). Insgesamt liegt die geerntete Eiweißmenge je Hektar bei Sojabohnen etwa auf dem Niveau von Ackerbohne, diesjährig jedoch mit deutlichen Potential nach oben bei gleichzeitig höherer Proteinqualität.

Im Hinblick auf die Saatgutkosten ist auch die Tausendkornmasse (TKM) der Sorten ein wichtiger Faktor. Kleinkörnige Sorten wie Merlin oder Nessie ermöglichen hier gegebenenfalls Einsparungen. Die Sorten des frühen Reifesegments weißen tendenzielle ein eher höheres (TKM) im Vergleich zu den sehr frühen Sorten auf ( Tabelle 3 / Tabelle 6 ).

Sortenempfehlung zur Aussaat 2022

Die vorangestellten Ergebnisse und Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigten, dass für einen erfolg- und ertragreichen Sojabohnenanbau der Fokus der Sortenwahl nach wie vor auf der Ertragssicherheit im Sinne einer gegebenen Abreife liegt. Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigten, dass selbst an Gunststandorten unter suboptimalen Abreifebedingungen die Bestände nicht sicher beerntet werden können. Die höchsten Ertragspotentiale und interessantesten Sorte führen nicht zum Erfolg, wenn schlussendlich die Beerntbarkeit nicht gegeben ist. Daher sollte eine zuverlässige Abreife auch bei ungünstigen Witterungsbedingungen ein Hauptkriterium bei der Sortenwahl sein. Hierbei differenzieren die Sorten weiterhin stark. Gerade spätere Sorten können deutliche Probleme in der Abreife zeigen. Auch wenn aufgrund der längeren Vegetationsperiode den 00-Sorten ein höheres Ertragspotential zugesprochen wird, sollte die Wahl auf solch eine Sorte nur bei Anbau in absoluter Gunstlage geschehen. Dies ist jedoch nur für wenige Regionen in Hessen der Fall. In Hinblick auf das Abreifeverhalten ist zudem von Sorten, die in benachbarten EU-Ländern zugelassen, aber in Deutschland nicht in offiziellen Prüfungen wie dem LSV standen, abzusehen. Deren Abreife kann unter hiesigen Bedingungen nicht sicher eingeschätzt werden und der Anbau daher mit einem höheren Risiko behaftet sein. Kommen zu Abreifeproblemen noch Lager und Unkrautdurchwuchs hinzu, wird die Situation extrem schwierig. Erhöhte Reinigungs- und Trocknungskosten gehen dann zu Lasten der Wirtschaftlichkeit. Die Ertragssicherheit sollte daher immer vor Ertragshöhe gestellt werden, damit das Anbaurisiko kalkulierbar bleibt.

Die Eigenschaften der in Deutschland zugelassenen Sorten sind der beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes zu entnehmen ( Tabelle 4 ). Auf Basis der LSV-Ergebnisse und Erfahrungen, werden aus der sehr frühen Reifegruppe 000 die Sorten Acardia und Merlin für den hessischen Anbau empfohlen. Auch Aurelina und Obelix (nicht mehr im LSV enthalten, wurden aber in den Vorjahren bereits mehrjährig in Hessen geprüft) sind aufgrund ihrer agronomischen Eigenschaften weiterhin für den hiesigen Anbau geeignet. Ausschließlich für Gunstlagen wird unter den Sorten des frühen Reifesegment 00 ES Mentor für den Anbau empfohlen. Für die Empfehlung von neu zugelassenen Sorten müssen zunächst weitere Versuchsjahre abgewartetet werden, um eine ausreichende Datengrundlage unter verschiedensten Jahresbedingungen für eine fundierte Bewertung erzielen zu können.

Reifegruppe sehr früh (000):

Merlin (Zulassung 1997; Saatbau Linz) ist eine kleinkörnige Sojabohnensorte, die sich vor allem durch eine frühe, gleichmäßige und sehr sichere Abreife auszeichnet. Ihre Erträge sind im Verlauf der Prüfjahre stabil, wenn auch leicht unterdurchschnittlich. Auch der Rohproteingehalt liegt im leicht unterdurchschnittlichen bis mittleren Bereich, der Ölgehalt liegt über dem Durchschnitt. Besondere Merkmale sind ihre gute Kältetoleranz und Anpassungsfähigkeit, was zur Ertragskonstanz beiträgt. Bei kürzerem Wuchs und früher Blüte verfügt Merlin über eine gute Standfestigkeit. Der Kornertrag erreicht ebenso wie der Rohproteingehalt nur ein unterdurchschnittliches Niveau, der Ölgehalt hingegen liegt über dem Durchschnitt.

Acardia (Zulassung Österreich 2018; Saatbau Linz / Saaten-Union) ist eine mittel abreifende Sorte, wobei eine stärkere Reifeverzögerung der Hülsen und Stroh zu beachten ist. Mehrjährig zeigte sich die Sorte sowohl in Hessen als auch überregional sehr ertragsstark. Der Proteingehalt liegt zwar deutlich unter dem Durchschnitt, in Kombination mit dem hohen Ertrag ergibt sich jedoch eine sehr hohe Proteinertragsleistung. Bei mittlerem Wuchs verfügt Acardia über eine gute Standfestigkeit und zeigt mitunter einen etwas höheren ersten Hülsenansatz über dem Boden.

Reifegruppe früh (00):

ES Mentor (Zulassung 2009; Euralis) ist eine mittel bis spät abreifende Sorte. Sie bringt sowohl in Hessen als auch überregional konstant mittlere bis leicht überdurchschnittliche Kornerträge. Der Proteingehalt ist in der beschreibenden Sortenliste als mittel eingestuft, in den hessischen LSVs lagen die Werte jedoch häufig darüber. Schlussendlich kann die Sorte dadurch hohe Proteinerträge erzielen. ES Mentor ist kürzer im Wuchs und zeichnet sich durch ihre sehr gute Standfestigkeit aus. Sie zeigte sich in der Jugendentwicklung recht kältetolerant, blüht etwas länger und benötigt für die Abreife ausreichend Wärme. ES Mentor reagiert empfindlich gegenüber Metribuzin.

Damit der Sojaanbau gelingt, spielen vor allem Standortwahl und Produktionstechnik eine wichtige Rolle. Zentral wichtig ist eine ausreichende Wasserversorgung während der Blüte und der Hülsenentwicklung, was die Spitzenerträge in 2021 erklären lässt. Auf Trockenstress in dieser Phase reagieren die Pflanzen zunächst mit dem Abwurf von Blüten und jungen Hülsen, während sich Wassermangel während der Kornfüllung insbesondere in einem geringeren Tausendkorngewicht niederschlägt. Trockenheiten auf leichten Standorten können zu erheblichen Ertragsverlusten führen, daher sollten hier Beregnungsmöglichkeiten gegeben sein.  Zur Aussaat sollte die Bodentemperatur 10°C überschreiten. Ist der Zeitpunkt für die Maisaussaat erreicht ist, d.h. von Mitte April bis Anfang Mai, kann auch Sojabohne gesät werden. Bei frühzeitiger Erwärmung kann der Aussaattermin weiter nach vorne verschoben werden kann, gleichwohl bleibt das Risiko von späten Kälteeinbrüchen sowie Frostnächten hoch. Ist die Entwicklung aufgrund einkehrender Kälte verzögert, können Vogelfraß und Ähnliches die Bestände zudem gefährden. Gerade für die mittelhessischen Regionen eignen sich daher vor allem kältetolerante und robuste Sorten. Gleichzeitig bieten sich bei langsamer Entwicklung gute Gegebenheiten für einen erhöhten Unkrautdruck. Mechanische Regulierungsmaßnahmen wie Hacken und Striegeln sind daher als Maßnahmen einzuplanen, auch in Hinblick auf eingeschränkte Herbizideinsatzmöglichkeiten. Als Leguminose benötigt die Sojabohne keine Stickstoffdüngung, dafür hat sie Ansprüche an einen passenden pH-Wert des Bodens. Ein pH-Wert zwischen 6,5 bis 7 ist ideal für eine optimale Wurzelentwicklung. Unbedingt zu beachten ist weiterhin die Beimpfung des Saatguts mit sojaspezifischen Rhizobien, damit sich Knöllchen an den Wurzeln zur Stickstofffixierung aus der Bodenluft bilden können.

Für die innerbetriebliche Verwertung ist wichtig zu wissen, dass die Rohware vor der Verfütterung thermisch behandelt werden muss, um die Verdaulichkeit zu verbessern und unerwünschte Inhaltsstoffe zu entfernen. Neben dem Aufbau von Vermarktungswegen geht es demzufolge auch um regionale Verarbeitungsoptionen, damit die geerntete Ware auch in der hofeigenen Veredlung verwendet werden kann. Mobile Toastanlagen bieten hierfür eine Lösung.

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