Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Marktfruchtbau

Ergebnisse der LSV Winterbraugerste 2017/18 & Empfehlungen

Gute Erträge mit hervorragender Qualität

Traditionell ist der Braugerstenmarkt durch Sommergersten dominiert. So wird auch in 2018 über 80% der bundesweit angebauten Sommergerste für die Nutzung als Brau­gerste ange­baut. Der Züchtung ist es jedoch gelungen, leistungsfähige Winter­brau­gersten bereitzu­stellen, die sowohl für den Anbauer als auch den Verarbeiter Vorteile bieten können. Der Anbauumfang ist jedoch deutlich geringer im Vergleich zu Sommerbraugerste.

Für die aufnehmende Hand kann die meist frühere Abreife von Winterbraugerste die Ernte und Er­fassung entzerren und trägt zu einer Risikominimierung bei, falls die Qualität von Sommer­braugerste durch ungünstige Witterungsbedingungen beeinträchtigt werden sollte. Für den Winterbraugerstenanbauer bestehen die Vor­teile zum einen in der früheren Aussaat im Herbst, die je nach Ausrichtung des Betriebes Arbeitsspitzen entzerren kann. Zum anderen bedingt die Herbstaus­saat ein höheres Ertragspotential, da vor Winter bereits Blatt­fläche aufgebaut wird, über welche im Früh­jahr die Einstrahlung zu einem größeren Anteil aufgenommen werden kann im Vergleich zu Sommergerste. Weiterhin kann das über Winter gespeicherte Bodenwasser besser für die Ertragsbildung genutzt werden. Durch die frühere Abreife bieten Winterformen daher auch oft einen Ertragsvorteil in Regionen, die durch Frühsommertrockenheit geprägt sind. In klimatisch ungünstigeren Regionen, z.B. Mittel­gebirgslagen besteht hingegen eine erhöhte Gefahr von Auswinterungsschäden, da Win­ter­braugersten im Vergleich zu Winter­futter­gersten meist noch eine höhere Neigung zu Auswinterung aufweisen.

An die Produktionstechnik stellt die Winter- wie die Sommerbraugerstenproduktion be­son­dere Anfor­derun­gen, die sich aus den speziellen Qualitätsanforderungen ergeben. So akzeptieren Mälzereien nur Partien, die einen Rohproteingehalt im Bereich von 9.5 bis 11.5% aufweisen. Überhöhte Proteingehalte führen beim Mälzen zu schlechteren Lösungs­eigenschaften (Zellwandlösung, Mürbigkeit des Malzes) und beim Brauen u.a. zu uner­wünsch­ter Kältetrübung, Beeinträchti­gung der Gärung, einer unzureichenden Bierstabilität, und einer verminderten Extraktleistung des Malzes. Folglich sollte kein Anbau auf Standorten stattfinden, die eine hohe N-Nach­lieferung aufweisen, wie dies für Flächen typisch ist, auf welche langjährig hohe Mengen organischer Düngung ausgebracht werden. Entsprechend muss die N-Düngung an die spezifischen Qualitätsanforderungen ausgerichtet werden. Auch die Fruchtfolgegestaltung muss auf den Braugerstenanbau abgestimmt werden. Legu­minosen oder andere Kulturen, die hohe N-Mengen im Boden hinterlassen, scheiden als Vorfrucht für Braugerste aus. Die Ansprüche an Pflanzenschutzmaßnahmen und Aussaat­termin unterscheiden sich nicht grundlegend von Winterfuttergerste. Eine zu frühe Aussaat ist zu vermeiden, um der Gefahr von durch Blattläusen übertragenen Virusinfektionen sowie Überwachsen der Bestände und daraus folgender Auswinterung vorzubeugen.

Die Wahl der Sorte ist der Schlüssel für die Erzielung einer guten Malz- und Brauqualität. Aus den äußeren Kornmerkmalen lassen sich Rück­schlüsse auf Lösungs- Mälzungseigen­schaften ziehen. Gewünscht sind, neben einer hohen Sorten­reinheit, ein Vollgerstenanteil (> 2.5 mm) von über 90%, ein runder Kurzkorntyp, sowie Spelzenfeinheit. Für den Winterbrau­gerstenanbau sollten daher im Vorfeld vertragliche Abstimmungen zu Sorte und Qualitäts­kriterien erfolgen. Aktuell sind 12 zweizeilige Winterbraugersten in Deutschland zugelassen, davon erhielten zwei Sorten die Zulassung im Frühjahr 2018.

Landessortenversuche

Im Rahmen des amtlichen Versuchswesens werden Winterbraugerstensorten an zwei Stand­orten (Friedberg, Griesheim) in einem kleinen Sortiment geprüft. Die Anbau- und Ertrags­eigenschaften der geprüften Sorten sind in Tabelle 1 dargestellt, die Korn- und Malzqualität in Tabelle 2. Die Sorte Monroe ist im Jahr 2014 in Österreich zugelassen worden, d.h. es liegt keine Beschreibung der Sorteneigenschaften auf Basis des deutschen Prüfsystems vor. In der österreichischen Beschreibenden Sortenliste ist sie als mittel bis spät abreifend beschrieben, mit einem mittleren bis hohen Ertrag und guten Mälzungseigenschaften. Allerdings weist die Sorte Schwächen in der Standfestigkeit sowie Blattgesundheit auf.

Die Bestandesführung ist ausgerichtet auf die Einhaltung der gewünschten Qualitätsmerk­male bei gleichzeitiger Aus­schöpfung des Ertragspotentials. Entsprechend erfolgt die N-Düngung verhalten. Die zweite N-Gabe wird im Vergleich zur Winterfuttergerste meist etwas angehoben, um die Ährenausbildung zu unterstützen. Um den Rohproteingehalt im Zielbe­reich zu halten, wird auf eine dritte N-Gabe verzichtet. In Übereinstimmung zu den Landes­sorten­versuchen (LSV) der anderen Getreidearten, werden die Versuche zur Winter­braugerste in zwei Intensitätsstufen durchgeführt. Zum einen unter optimierten Be­dingungen (Stufe 2), d.h. mit Fungizideinsatz und Wachstumsreglerappli­kation, um das Leistungspo­tential der Sorten abschätzen zu können. In Stufe 1 hingegen werden die Sorten ohne Fun­gizide und mit einem reduzierten Einsatz von Wachs­tums­reglern geprüft, um die Krank­heitsanfälligkeit und Standfestigkeit der Sorten bewerten zu können.

Im aktuellen Versuchsjahr wurde in Stufe 2 ein Durchschnittsertrag von 85.2 dt/ha erzielt. Damit liegen die Erträge deutlich über dem letztjährigen Ertragsniveau. Insbesondere der Standort Friedberg lieferte mit 98.5 dt/ha ein sehr gutes Ergebnis, während die Erträge am Standort Griesheim (Mittel: 71.8 dt/ha) aufgrund der unzureichenden Wasserversorgung deutlich abfielen. Pilzliche Erkrankungen waren, bedingt durch die Witterungsverhältnisse, nicht in größerem Umfang feststellbar. Die Ertragsunterschiede zwischen den beiden In­tensitätsstufen betrugen dementsprechend in Friedberg nur 13.2 dt/ha, während in Gries­heim die Fungizid-/Wachstumreglerbehandlung mit lediglich 0.6 dt/ha Mehrertrag keinen gesicherten Effekt hatte. Der Ertragsabstand zur zweizeiligen Winterfuttergerste lag im Mittel der letzten 5 Jahre in Friedberg bei 6% und in Griesheim bei 8% – in Einzeljahren können jedoch Ertragsunter­schiede von mehr als 20 dt/ha zugunsten der Winterfuttergerste auftreten. Diese Ertragsdifferenzen müssen durch eine höhere Vergütung der Braugerste kompensiert werden.

Die Qualitätsdaten aus dem aktuellen Versuchsjahr belegen eine deutliche Abweichung zu den im Vorjahr erzielten Qualitäten. An beiden Standorten zeigt sich eine bessere Korn­ausbildung. Die Vollgerstenanteile lagen im Versuchsmittel (Stufe 2) bei 98.3%, wohingegen im Vorjahr in Friedberg die geforderten 90% nicht erreicht wurden. Der Proteingehalt von im Mittel 10.6% liegt im gewünschten Bereich, während in 2017 alle geprüften Sorten an beiden Standorten den Wert von 11.5% klar überschritten. Auch das hl-Gewicht (Mittel: 72.4) und das TKM (Mittel 52.9) wiesen im aktuellen Anbaujahr eine Verbesserung zum Vorjahr (69.2 / 47.3) auf.

Sortenempfehlung

Neben der langjährig geprüften Verrechnungssorten KWS Liga liegen in diesem Anbaujahr zweijährige Daten für die Sorten Craft und KWS Somerset vor. Nur über eine mehrjährige Prüfung kann die Ertragsstabilität der Sorten und ihre Reaktion auf unterschiedliche Witterungsverhältnisse sicher beurteilt werden. Zur Aussaat im Herbst 2018 wird auf Basis der mehrjährigen und mehrortigen Versuchs­ergebnisse und unter Berücksichtigung der Qualitätseigenschaften weiterhin die Sorte KWS Liga empfohlen, die sich als ertrags- und qualitätsstabil erwiesen hat.

KWS Liga wurde im Jahr 2012 zugelassen und ist eine gelbmosaikresistente, relativ kurz­strohige Sorte, deren Standfestigkeit jedoch produktionstechnisch abgesichert werden sollte. Der Marktwareanteil ist hoch, der Proteingehalt niedrig bis sehr niedrig. Die Sorte weist jedoch Schwächen in der Blattgesundheit auf. Nach zweijähriger Prüfung vorläufig zu em­pfehlen ist KWS Somerset, die mittlere bis leicht überdurchschnittliche Erträge erzielte. Sie zeichnet sich aus durch ein hohes TKM und einen hohen Vollgerstenanteil sowie niedrige Proteingehalte. Sie verfügt wie KWS Liga über eine Gelbmosaikvirusresistenz bei allerdings etwas besserer Blattgesundheit. Eine der Neuzulassungen, Zophia, zeigte in diesem Jahr an beiden Standorten eine sehr gute Ertragsleistung. Die Leistungs­fähigkeit der Sorte kann nach nur einem Prüfjahr jedoch noch nicht sicher beurteilt werden.

Tabelle 1: Anbau- und Ertragseigenschaften Winterbraugerste zweizeilig, LSV 2017/2018, nach Beschreibender Sortenliste des Bundessortenamtes
Neigung zuAnfälligkeit fürErtragseigenschaften
SorteGMVZüchter /
Vertreiber
Reife-
zeit
Pflanzen-längeAus-winte-rungLagerHalm-knickenÄhren-knickenMehl-tauNetz-fleckenRhyn-chospo-riumBestandes-dichteKornzahl pro ÄhreKornertrag

Stufe 1

Kornertrag

Stufe 2

KWS LigarKWS Lochow545447457254
CraftrSyngenta644433449154
KWS SomersetrKWS Lochow545434448165
Monroe#SB Linz / IG
ZophiarSejet / SU646443549166

# zugelassen 2014 in Österreich; r: Gelbmosaikvirusresistenz

Tabelle 2: Korn- und Mälzqualität Winterbraugerste zweizeilig, LSV 2017/2018, nach Beschreibender Sortenliste des Bundessortenamtes
KornqualitätMalzqualität
SorteTKMhl-GewichtVollgersteRohproteinMalzextraktgehaltMälzungsschwandFriabilimeterwertViskositätEiweißlösungsgradEndvergärungsgrad
KWS Liga6772758368
Craft6763846377
KWS Somerset7683757157
Monroe#
Zophia6663848377

 

Tabelle 3: LSV Winterbraugerste Hessen; Erträge (relativ zu VD), Versuchsjahr 2017/2018
Resistenzenunbehandelt
(rel. zum VD)
fungizidbehandelt
(rel. zum VD)
FBGRIMittelFBGRIMittel
VRS (dt/ha) 85.6 71.1 78.4 98.5 68.2 83.3
VD (dt/ha) 85.4 71.2 78.3 98.5 71.8 85.2
GD 5% (relativ)  4.4  4.9   3.9  4.9 
KWS Liga VRSr100100100100 95 97
Craftr 95103 99 95103 99
KWS Somerset VGLr102100101102100101
Monroe EU 98 94 96 99 97 98
Zophiar105103104105106105
VRS = Verrechnungssorten des Bundessortenamtes
VD = Versuchsdurchschnitt über alle Sorten
GD = Grenzdifferenz
TS = Trockensubstanz
VGL = Vergleichssorte
FB = Friedberg
GRI = Griesheim (Darmstadt)
r = Gelbmosaikvirus resistent

 

Tabelle 4: LSV Winterbraugerste Hessen; Erträge (relativ zu VD), Versuchsjahre 2015/2016 bis 2017/2018
Resistenzenunbehandelt (rel. zum VD)fungizidbehandelt (rel. zum VD)
Jahr201620172018Mittel201620172018Mittel
 Orte332 332 
VRS (dt/ha)  66.6 71.9 78.4 71.5 83.3 84.2 83.3 83.7
VD (dt/ha)  68.0 73.6 78.3 72.7 85.6 83.6 85.2 84.8
KWS Liga VRSr 98 98100 99 97101 97 98
Craftr  99 99   97 99 
KWS Somerset VGLr 104101  102101 
Monroenr   96    98 
Zophiar  104   105 
Wintmaltr 97  98 
Etincel  mzr105 105 
Rubinesser100 100 
   
VRS 2016 = KWS Liga
VRS 2017 = KWS Liga
VRS 2018 = KWS Liga
r = Gelbmosaikvirus resistent
nr = nicht Gelbmosaikvirus resistent
VRS = Verrechnungssorte
VD = Versuchsdurchschnitt
mz = mehrzeilig
VGL = Vergleichssorte
2018 nur noch 2 Standorte

 

Tabelle 5: LSV Winterbraugerste Hessen; Qualitätsmerkmale (absolut), Versuchsjahr 2017/2018
Rohproteingehalt (%)
unbehandeltfungizidbehandelt
FBGRIMittelFBGRIMittel
KWS Liga VRSr10.811.110.99.91110.5
Craftr11.311.111.210.611.110.9
KWS Somerset VGLr11.211.211.210.011.410.7
Monroe11.211.211.210.111.310.7
Zophia*10.810.910.99.910.910.4
Mittel  11.011.111.110.111.110.6
TKM (g)
KWS Liga VRSr50.053.5 51.852.155.0 53.6
Craftr50.050.4 50.251.652.9 52.3
KWS Somerset VGLr53.655.5 54.655.857.3 56.6
Monroe48.651.6 50.150.052.8 51.4
Zophia*47.551.2 49.450.051.5 50.8
Mittel  49.952.4 51.251.953.9 52.9
hl-Gewicht (kg/hl)
KWS Liga VRSr70.972.771.872.973.073.0
Craftr71.771.871.873.172.772.9
KWS Somerset VGLr71.472.471.971.972.372.1
Monroe69.071.770.470.572.371.4
Zophia*71.573.072.371.973.172.5
Mittel  70.972.371.672.172.772.4
Vollgersteanteil > 2.5 mm (%)
KWS Liga VRSr94.499.296.896.899.498.1
Craftr94.398.996.696.799.298.0
KWS Somerset VGLr97.899.798.898.599.899.2
Monroe92.498.995.797.199.698.4
Zophia*92.798.695.796.899.598.2
Mittel  94.399.196.797.299.598.3

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