Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Landessortenversuche

Sommerungen – Vorabempfehlung Aussaat 2021

Immer mehr Betriebsleitungen haben sich in den letzten Jahren dafür entschieden, ihre Fruchtfolgen zu verändern und den Anteil von Sommerungen zu erhöhen. Gründe dafür sind u. a. die Anreize, die das hessische Agrarumweltprogramm HALM zur Erweiterung der Fruchtfolgen, z.B. über die Förderung „Vielfältige Kulturen im Ackerbau“ bietet. Darüber hinaus können im Zuge des Greenings insbesondere die Körnerleguminosen aufgrund ihrer Anrechenbarkeit als ökologische Vorrangflächen interessant sein. Nicht zuletzt leisten beispielsweise Hafer, Braugerste, Sommerweizen, Ackerbohne oder Erbse einen Beitrag zur Stabilisierung von Anbausystemen.

Nach der Blüte beginnt die kritische Phase der Kornfüllung. Für gute Braugerstenqualitäten muss jetzt ausreichend Wasser zur Verfügung stehen.

In Zeiten von volatilen Marktpreisen und zunehmenden Witterungsextremen kommt dem innerbetrieblichen Risikomanagement große Bedeutung zu. Die Vorteile von vielgestaltigen Anbausystemen liegen auf der Hand. Neben der verbesserten Auslastung betrieblicher Technik und der vorhandenen Arbeitskraft bieten Sommerungen in Kombination mit Zwischenfrüchten gute Möglichkeiten, Boden- und Gewässerschutz vor Ort umzusetzen. Die Bodenfruchtbarkeit kann verbessert und ein Beitrag zum Erosionsschutz geleistet werden. Mit Blick auf die Düngeverordnung bieten sie Möglichkeiten, eventuelle N-Bilanzüberschüsse zu reduzieren.

Die Problematik zunehmender Herbizidresistenzen bei Schadgräsern aber auch bei einigen Unkräutern, die sich in Fruchtfolgen mit einem hohen Anteil an Winterungen und insbesondere an Wintergetreide etablieren, ist bekannt. Neue Wirkstoffe, um hier Abhilfe zu schaffen, sind nicht in Sicht. Eine auf mehreren Standbeinen ruhende, erweiterte Fruchtfolge bietet Optionen zur sicheren Beherrschung von Problemungräsern und Schaderregern. Sommerkulturen leisten damit einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Resistenzmanagement. Ziel ist es, bewährte Pflanzenschutzmittel in ihrer Wirksamkeit zu erhalten und den Selektionsdruck zu reduzieren.

Bei Aufnahme von weiteren Fruchtfolgegliedern muss unbedingt auch die Vermarktung der Produkte vorab bedacht werden. Nicht immer ist die aufnehmende Hand auf die „neuen“ Kulturen eingestellt, ggfs. muss nach alternativen Handelspartnern gesucht werden, um adäquate Preise zu erzielen. Im Übrigen sollten Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen betreffend die Sommerungen nicht bei der vergleichenden Betrachtung einzelner Kulturen enden, sondern auf einer gesamtbetrieblichen Kalkulation beruhen. Hier gehen dann alle genannten Faktoren ein.

Hinzu kommt, dass neben dem Wasser- und Klimaschutz auch die Erhaltung der biologischen Vielfalt bei der landwirtschaftlichen Flächenbewirtschaftung zunehmend an Wichtigkeit gewinnt. Es ist wünschenswert, dass sich immer mehr Landwirte auf ihr pflanzenbauliches Wissen besinnen und sich aus den genannten Gründen häufiger für den Anbau einer Braugerste, eines Sommerhafers oder von Körnerleguminosen entscheiden.

In den hessischen Landessortenversuchen werden durch den Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) die aktuell leistungsfähigsten Sorten sowie die Neuzulassungen geprüft, um sie hinsichtlich ihrer Ertragsfähigkeit, der agronomischen Eigenschaften und der Qualität des Erntegutes beurteilen zu können. Mehrjährige Versuchsergebnisse bilden die Grundlage für die daraus abgeleiteten Sortenempfehlungen, denn Ziel ist es, möglichst gesicherte Erfahrungen an die Anbauer weitergeben zu können. Beim Anbau von EU-Sorten, die nicht in Deutschland mehrortig und mehrjährig geprüft wurden, kann dem Landwirt dazu keine verlässliche Sortenbeurteilung an die Hand gegeben werden.

Anlässlich des diesjährigen Sortengespräches wurden die aktuellen Versuchsergebnisse zu den einzelnen Kulturen vorgestellt. Diese Daten sind die Basis für die Erarbeitung der gemeinsamen Anbauempfehlungen durch den Fachausschuss Pflanzenproduktion, VO-Firmen, Saatbauverband und LLH, die an dieser Stelle vorab an die Praxis weitergegeben werden (siehe Tabelle 1). Neben Sorten mit allgemeiner Anbauempfehlung werden z. T. auch Sorten für den Probeanbau empfohlen. Hierbei handelt es sich um neuere Sorten, die erfolgversprechend erscheinen, von denen bisher aber erst wenige Prüfergebnisse vorliegen. Die detaillierten diesjährigen Versuchsergebnisse zu den einzelnen Kulturen erscheinen in den kommenden Wochen.

Ergebnis des Sortengesprächs von Fachausschuss Pflanzenproduktion, VO-Firmen, Saatbauverband und Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen
(Achtung: Alphabetische Reihung der Sorten – keine Rangfolge!)

Tab. 1: Sortenempfehlungen Sommerungen für Hessen 2021

AnbauempfehlungProbeanbau
So-BraugersteAccordine, Avalon, Leandra, RGT Planet (nur im Vertragsanbau)
> nur nach Absprache mit der aufnehmenden Hand
 

 

So-Futtergerste*RGT Planet
HaferLion, Max, Poseidon, SymphonieDelfin
So-Weichweizen§KWS Starlight, Licamero, Quintus** (g)KWS Expectum (g)
Durum #Duramonte

> nur nach Absprache mit der aufnehmenden Hand

Durofinus

> nur nach Absprache mit der aufnehmenden Hand

KörnererbseAlvesta, AstronauteOrchestra
AckerbohneFanfare, Fuego, Tiffany***, Trumpet
SojabohneAcardia (000), Aurelina (000), Merlin (000), Regina (000), Obelix (000), ES Mentor (00), Bettina (00)
> Anbau nur auf Gunststandorten
 

 

Legende:
*      Keine weiteren Sortenempfehlungen; die Sommerbraugersten haben bei entsprechender Bestandsführung ein hohes Ertragspotential und können ebenfalls als Sommerfutter-gersten angebaut werden.
(g)   begrannte Sorte
**    Einstufung des Bundessortenamts: Ährenfusariumanfälligkeit Note 3 (gering)
***  Besondere Qualitätseigenschaft: vicinarme Sorte
§      Laut Beschreibender Sortenliste geeignet für Herbstaussaat: Jack, Lennox, Matthus
#     die Sortenempfehlung basiert auf mehrjährigen Ergebnissen (2018 – 2020) der Anbau-region Südwest

In Abhängigkeit vom Flächenanteil der Kulturen im hessischen Anbau und dem teilweise geringen Umfang an Vermehrungsflächen neuerer Sorten werden derzeit keine weiteren Empfehlungen für den Probeanbau ausgesprochen.

Die aktuellen Versuchsergebnisse 2020 finden Sie auf der Website des LLH unter Versuchswesen Marktfruchtbau.

Informationen zur Vermehrung von Sommerungen in Hessen sind ebenfalls auf der LLH Website unter Saatgutanerkennung zu finden.


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