Ökologischer Pflanzenbau
Rückblick: Hochschultag Witzenhausen 2017
Wege zu einem verbesserten Management in der Ökologischen Tierhaltung – Seit 2007 findet an der Universität Kassel-Witzenhausen ein gemeinsamer Hochschultag mit dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) statt. In diesem Jahr stand die Frage nach den Möglichkeiten für ein verbessertes Management in der Ökologischen Tierhaltung im Mittelpunkt des Seminartages.
Höhere Zahlungsbereitschaft für mehr Tierwohl
Die ökologisch wirtschaftenden Betriebe konnten in den vergangenen Jahren auf ein konstant hohes Einkommen bauen. Damit dies so bleibt, bedarf es auch der Erhaltung der Glaubwürdigkeit gegenüber dem Verbraucher und der Bereitschaft der Verbraucher, einen höheren Preis für mehr Tierwohl in Kauf zu nehmen. Die auch in der ökologischen Tierhaltung vermehrt auftretenden Produktionskrankheiten in manchen Betrieben gefährden jedoch dieses Ziel. Die engere Zusammenarbeit von Wissenschaft, Beratung und Praxis kann mittelfristig zu einem besseren einzelbetrieblichen Management führen, so der Tenor aller Referenten beim diesjährigen Hochschultag.
Forschungsergebnisse in die Praxis vermitteln
Der Direktor des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH), Andreas Sandhäger, wies darauf hin, dass die Offizialberatung die Rolle des Mittlers zwischen Wissenschaft und Praxis einnimmt. Die Übersetzung der Forschungsergebnisse in die landwirtschaftliche Praxis trägt zur betrieblichen Verbesserung bei und damit zu deren Existenzsicherung.
Umgekehrt sei es auch wichtig, die Fragestellungen der Praxis in die Forschung zu tragen, damit diese für die Praxis verwertbare Antworten liefern kann. Veranstaltungen wie der Hochschultag leisten dabei einen wichtigen Impuls und tragen zum Austausch bei.
Stabile Preise durch besseres Management
Die ökologische Tierhaltung wird mit einer Reihe von Zielen in Verbindung gebracht. Dr. Albert Sundrum (Fachgebiet Tierernährung und Tiergesundheit, Universität Kassel) sah hier eine herausfordernde Aufgabe für das Management, da sich die einzelnen Ziele teilweise gegensätzlich verhalten. Mehr für die Gesunderhaltung des Viehbestandes zu unternehmen und gleichzeitig Kosten einsparen schließt sich in seinen Augen gegenseitig aus. Eine schlechte Tiergesundheit würde langfristig aber am Image der Ökolandwirtschaft kratzen und schließlich die guten Preise belasten. Öko sei ein Vertrauenskonstrukt, an das die Verbraucher glauben, erklärte Sundrum. Erodiert dieser Glaube, werde der Preis nicht gehalten werden können. Der derzeitige „Einheitspreis“ ist in seinen Augen ungerecht, da Betriebe mit schlechter Tiergesundheit gleich gut bezahlt werden wie andere Betriebe.
Dies schaffe nicht den Anreiz an dieser Stelle mehr Aufwand zu betreiben und aufwändigere Produktionsverfahren als Managementziel umzusetzen. Die angestrebte Produktqualität muss deshalb genauer definiert werden, damit der Betrieb auf eine bestimmte, geringe Krankheitshäufigkeit hinarbeitet.
Besseres Verständnis durch Vernetzung
Im Anschluss zeigte Frau Dr. Margret Krieger (Fachgebiet Tierernährung und Tiergesundheit, Universität Kassel) die Möglichkeiten der partizipativen Beratung von Milchviehbetrieben auf. Im Rahmen eines EU Projektes wurde ein Beratungsansatz untersucht, bei dem alle an der Tierhaltung beteiligten Personen auf dem Hof zusammengebracht wurden. Die Beratungsrunde aus Öko-Berater, Tierarzt, Landwirt und einem moderierenden Agrarwissenschaftler formulierten Managementziele und darauf ausgerichtete Maßnahmen für die jeweiligen Betriebe. Nach der Aufnahme der Ist-Situation bekamen die Betriebe Vorschläge, wie sie durch ein verändertes Management eine Verbesserung für die Tiergesundheit erreichen können. Die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen wurde nach einem Jahr kontrolliert. Im Mittel haben die Betriebe die Hälfte der vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt, auch wenn diese teureren Vermeidungskosten nach sich zogen.
Das Projekt half den Betriebsleitern, eines besseren Verständnisses zu erhalten für die Ursachen der Erkrankungen und deren Vermeidung. Die Gesprächsrunden im Netzwerk wurden gegenüber der einzelbetrieblichen Beratung positiver bewertet, da ein intensiverer Austausch stattfand. Zusammenfassend sagte Krieger, dass das Projekt einerseits die Anerkennung der Akteure untereinander gestärkt hat; andererseits aber auch der damit verbundene Aufwand nur schwer in der täglichen Praxis umzusetzen sei.
Ökonomische Bewertung von Produktionskrankheiten
Eine ökonomische Bewertung des Leitthemas präsentierte Frau Susanne Hoischen-Taubner (Fachgebiet Tierernährung und Tiergesundheit, Universität Kassel) mit Ihrem Vortrag. Sie zeigte den wirtschaftlichen Stellenwert von Produktionskrankheiten. Bei sinkenden Gewinnspannen nehme die Bedeutung von Tiergesundheitskonzepten zu. Oftmals sind die Kosten, die aus einem erkrankten Tier resultieren, dem Betriebsleiter nicht in vollem Umfang bekannt.
Zum einen bleiben Ausfallkosten unberücksichtigt, und zum anderen ist die Erfassung und Auswertung verschiedener Krankheitsvorfälle noch schwierig, auch wenn der Betrieb bereits ein Herdenmanagementprogramm nutzt. Die Bewertung der Kosten kann helfen, verschiedene Präventivmaßnahmen hinsichtlich Ihrer Investitionswürdigkeit abzuwägen. Es sind derzeit jedoch noch weitere Untersuchungen notwendig, um belastbare Erkenntnissen bzgl. der Einflussgrößen und Gesamtkosten verschiedener Produktionskrankheiten zu erhalten.
Wege aus der Betriebsblindheit
Die Vorträge am Nachmittag beschäftigten sich schwerpunktmäßig damit, wie Landwirte frühzeitig Probleme im Tierbestand selbst identifizieren können. Zum einen kann dies durch selbständig durchgeführte Eigenkontrollen erreicht werden. Mit Hilfe von Boniturmustern kann der Landwirt Schäden am Tier selbst erfassen und später mit einem externen Berater auswerten. Zum anderen wurden die Möglichkeiten und Erfolge der Gruppenberatung aufgezeigt. Die von der Offizialberatung begleiteten Arbeitskreise schaffen eine Ebene, auf der sich Betriebsleiter regelmäßig austauschen können und somit von den Erfahrungen der Berufskollegen profitieren.