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Landessortenversuch Öko-Kartoffel 2022 – Knollen wurden schon im Damm gegart

Wie schon in 2018 und 2019 war auch dieses Anbaujahr durch extreme Trockenheit und Hitze geprägt. Diese Witterungsbedingungen haben nicht nur bei der Ertragsbildung, sondern auch bei der Kartoffelqualität ihre Spuren hinterlassen.

Durch die enorme Aufheizung der Dämme im Sommer wurde die Keimruhe der Knollen deutlich herabgesetzt, so dass bereits wenige Wochen nach dem Rodetermin die ersten Sorten mit der Keimung begonnen haben.

Durch Hitze verursachte vorzeitige Keimung

Dabei hatte eine regenreiche erste Aprilhälfte mit kühlen Temperaturen ein Pflanzen der Knollen anfangs noch verzögert. Ab Mitte April konnten dann viele Schläge unter guten Bedingungen gepflanzt werden. Auch der Aufgang und die Jugendentwicklung der Kartoffelpflanzen erfolgte zügig. So präsentierten sich viele Kartoffelbestände bis Mitte Juni sehr gut im Wachstum. Der Knollenansatz war zufriedenstellend bis gut. Vielfach zu gut, wie sich ein paar Wochen später herausstellen sollte. Ab Anfang/Mitte Juli zeigten nicht nur die frühen Sorten schon deutliche Stress- bzw. Abreifeerscheinungen. Proberodungen in dieser Zeit haben gezeigt, dass die Sortierung bei späteren Sorten noch sehr kleinfallend war. Ein Knollenzuwachs hatte in dieser Phase nur sehr zögerlich oder gar nicht mehr stattgefunden.

Die Sonneneinstrahlung hatte nicht nur dem Laub zugesetzt, sondern auch zu einer enormen Erwärmung in den Dämmen geführt. Die optimale Dammtemperatur für Wurzelwachstum liegt zwischen 15 und 20°C. In diesem Sommer wurden Temperaturen bis zu 30°C im Damm gemessen. Dazu beigetragen hat auch die mangelnde Laubabdeckung des Bodens durch früh abreifende Bestände.

Sorten mit einem höheren Knollenansatz erreichten wegen Wassermangel nur noch eine kleinfallende Sortierung. Ein weiterer Effekt der trocken-heißen Wachstumsbedingungen war die verstärkte Einlagerung von Stärke. Da eine ausreichende Wasseraufnahme der Pflanzen ohne Beregnung nicht möglich war, stieg der Stärkegehalt z.T. deutlich über den für die Kocheigenschaft „normalen“ Bereich an. So waren Stärkegehalte bei festkochenden Sorten über 16 % eher die Regel als die Ausnahme. Durch die nur sporadisch auftretenden Niederschläge war bis zum Vegetationsende keine Krautfäule aufgetreten. Auch die als „Schwächepilz“ bekannte Alternaria hatte im aktuellen Jahr keine nennenswerte Rolle gespielt.

Probleme beim Dammaufbau

Durch die hohen Temperaturen hatte sich der Dammaufbau besonders auf leichten Böden als schwierig erwiesen. Häufig waren die Dammflanken abgerutscht, mit der Folge, dass Knollen in diesem Bereich nur noch gering mit Erde bedeckt waren. Diese Knollen waren daher besonders durch Hitze gefährdet und zeigten nicht selten durch Hitze verursachte Verbräunungen.

Beschädigungen bei der Ernte und Sortierung

In diesem Jahr häufig zu beobachten; Thumbnail-Crack

Durch die hohen Stärkegehalte in den Knollen hat auch die Beschädigungsempfindlichkeit und damit auch die Neigung zu erhöhter Schwarzfleckigkeit zugenommen. Ein frühzeitiges Roden war oft nur nach Beregnung möglich. Wer dies nicht konnte, musste entweder starke Beschädigungen beim Roden in Kauf nehmen, oder bis in den September hinein die ersten Niederschläge abwarten.

Ein besonderes Problem war in diesem Jahr das Auftreten von Daumennagel ähnlichen Rissen auf der Knollenoberfläche (sog. Thumbnail-Cracks). Im Gegensatz zu anderen äußeren Schädigungen ist für diese Beschädigung nur eine geringe Stoßkraft nötig. Der Schaden ist dabei auf die Knollenhaut beschränkt. Das Gewebe darunter ist in der Regel nicht geschädigt und es tritt keine Schwarzverfärbung auf. Im Versuch sind die Thumbnail-Cracks nicht durch das sehr schonende Roden mit dem Schwingsiebroder entstanden, sondern bei der Sortierung. Hier hatten offensichtlich schon die geringen Fallhöhen auf die Gitterstäbe der Siebe zu diesen Beschädigungen an den Knollen geführt.

Hohes physiologisches Alter der Knollen

Hohe Temperaturen im Damm lassen die Knollen schneller altern. Das physiologische Alter der Knollen nimmt zu. In der Praxis bedeutet dies, dass die Keimbereitschaft viel früher eintritt als in kühleren Jahren. In diesem Jahr hatten bis Ende Oktober schon 10 der insgesamt 14 Sorten mit Keimbildung reagiert. Nur die Sorten Wega, Sevilla, Juventa und Polly waren noch ohne Keime. Zum Vergleich: Im vergangen Jahr waren alle geprüften Sorten im Versuch bis mindestens Anfang Februar keimruhig. Ein sehr milder Oktober mit überdurchschnittlichen Nachttemperaturen und der damit verbundenen unzureichenden Abkühlung des Kartoffellagers hatte allerdings auch zu einer Herabsetzung der Keimbereitschaft in diesem Jahr beigetragen.

Versuchsaufbau und Durchführung

Der Sortenversuch am Standort Frankenhausen wurde am 22. April gepflanzt. Das Pflanzgut wurde ca. 3 Wochen vorgekeimt. Die Sorten waren zwischen dem 11. und 16. Mai aufgelaufen. Der Dammaufbau erfolgte in diesem Jahr nur mit dem einmaligen Einsatz der Sternhacke. Ab Ende Mai waren verstärkt Kartoffelkäfer in den Bestand eingeflogen, die eine einmalige Larvenbehandlung mit Neem-Azal erforderlich machten. Eine Kupferbehandlung gegen Krautfäule wurde in den Versuchen nicht durchgeführt. Die Sorten wurden nach Reifegruppen in zwei Versuche aufgeteilt. Dabei wurden die sehr frühen und frühen Sorten (Reifegruppe 1 und 2) in einem Versuch zusammengefasst. Im zweiten Versuch standen die Sorten aus der mittelfrühen, sowie eine Sorte aus der mittelspäten Reifegruppe. Beide Versuche wurden am 12. September gerodet. Das Kraut wurde nicht vorzeitig abgenommen.

Erträge und Qualitäten der sehr frühen und frühen Sorten

Im Versuchsmittel der frühen und sehr frühen Sorten wurde ein Rohertrag von 386 dt/ha erzielt. Wie schon im Vorjahr, hatte dabei Twister mit 428 dt/ha den höchsten Ertrag in dieser Gruppe erzielt. Der Untergrößenanteil der geprüften Sorten lag zwischen 2 % bei Lea und 4,9 % bei Vindika. Übergrößen hatten in diesem Jahr fast keine Rolle gespielt. Twister mit 2,6 % hatte hier noch den höchsten Wert. Die Anteile an der Speisewaresortierung (30/35mm-60/65mm) lagen damit bei sehr guten 93 % bis 97 %. Als Verrechnungssorte (VRS) für die Speisewareerträge der Jahr 2020 bis 2022 diente Wega, d.h. die Relativerträge beziehen sich auf den Ertrag dieser Sorte. Mit 341 dt/ha Speiseertrag war Wega damit in diesem Jahr schwächer als die anderen Sorten dieser Reifegruppe. Vielleicht haben der spätere Auflauftermin von Wega und die deutlich langsamere Jugendentwicklung bis Ende Mai ein besseres Ergebnis verhindert. Die Stärkegehalte des frühen Sortiments waren witterungsbedingt zwar hoch, aber noch deutlich unter den Stärkegehalten der mittelfrühen Sorten. Die Spanne reichte von 14,9 % bei Twister bis 18,0 % bei Lea.

Beschreibung der geprüften sehr frühen und frühen Sorten 

  1. Wega: Frühe, vorwiegend festkochende Sorte mit ovaler Knollenform und tiefgelber Fleischfarbe. Wega hat eine mittelschnelle Ertragsbildung, die in diesem Jahr allerdings deutlich langsamer war als in den Vorjahren. Wega konnte im Ertrag in allen Prüfjahren am Standort Frankenhausen mit stabilen Erträgen überzeugen. Die Sortierung ist etwas ungleichmäßig mit Neigung zu Übergrößen. Wega setzt nur wenig Knollen an. Diese haben eine mittlere Anfälligkeit für Rhizoctonia solani. Geschmacklich liegt Wega im guten Mittelfeld. Wega tendiert zu geringen Stärkegehalten. Mit der guten Lagereignung ist Wega eine interessante Sorte im vorwiegend festkochenden Sortenspektrum.
  1. Vindika: Frühe, festkochende Sorte mit langovalen Knollen. Vindika stand im ersten Versuchsjahr und erreichte mit 381 dt/ha Rohertrag ein gutes Ergebnis. Optisch sehr ansprechende Knollen mit wenig Mängeln. Einzig der hohe Anteil an oberflächlichen Rissen (Thumbnail Cracks) hatte das Bild etwas getrübt. Vindika hatte sich in diesem Herbst sehr keimfreudig gezeigt. Weitere Versuchsjahre müssen abgewartet werden.
  1. Lea: Sehr frühe, festkochende Sorte. Lea stand im dritten Prüfjahr. In diesem Jahr bestätigte Lea den guten Ertrag aus dem Vorjahr. In 2020 war der Speisewareertrag deutlich schwächer. Lea hatte in den ersten beiden Versuchsjahren Kautfäulebefall gezeigt. Die Knollenentwicklung war zügig. In allen Versuchsjahren optisch sehr ansprechende Knollen mit wenig Mängeln und tiefgelber Fleischfarbe sowie gleichmäßiger Sortierung. Allerdings hatte Lea in diesem Jahr ebenfalls stark mit Schalenrissen auf mechanische Einwirkungen reagiert. Interessant ist auch die ausgeprägte Keimruhe. Lea ist damit im sehr frühen, festkochenden Segment eine neue, interessante Sorte.
  1. Twister: Frühe, festkochende Sorte mit ovaler Knollenform und hellgelber Fleischfarbe. Diese Sorte ist extra für den Ökolandbau gezüchtet worden. Twister besitzt eine Resistenz gegen Krautfäule – sowohl am Blatt als auch an der Knolle (Braunfäule). Die Blattgesundheit war in 2021 sehr deutlich zu sehen. Die Knollenentwicklung scheint sehr zügig zu sein. In beiden Versuchsjahren hatte Twister die höchsten Speisewareerträge erzielt. Das Kraut hatte sich in diesem Sommer nicht so hitzestabil gezeigt und sich teilweise auf den Damm gelegt. Leider waren die Knollen im ersten Prüfjahr mit einigen Mängeln behaftet. Sowohl der Befall mit Rhizoctonia solani wie auch der Schorfbefall waren deutlich überdurchschnittlich. In diesem Jahr traten nur wenig Mängel auf. Auch der Anteil an leichten Knollenbeschädigungen war vergleichsweise gering. Im Geschmack belegte Twister eher Plätze im Mittelfeld.

Erträge und Qualitäten der mittelfrühen und mittelspäten Sorten

Hitze und Trockenheit haben in diesem Jahr sehr deutliche Unterschiede in der Krautstabiliät zwischen den Sorten hervorgebracht. Sorten, die empfindlich auf diese Bedingungen reagiert haben, waren besonders Heidemarie und Jule. Stressbedingt waren diese Sorten um den 26. Juli abgestorben, während hitzetolerantere Sorten bis zum 13. August (Almonda, Antonia und Simonetta) und Sevilla sogar bis zum 16. August durchgehalten haben.

Iiegendes Kraut in Folge von Hitze und Wasserstress

Im Versuchsmittel der Reifegruppen III und IV wurden 348 dt/ha Rohertrag geerntet und damit 40 dt /ha weniger als bei den frühen Sorten. Der höchste Rohertrag wurde von Simonetta mit 381 dt/ha erzielt, gefolgt von Antonia mit 371 dt/ha sowie Almonda und Polly mit jeweils 366 dt/ha. Deutlich ertragsschwächste Sorte war, wie schon im Vorjahr, Heidemarie mit 271 dt/ha. Ebenfalls deutlich unterdurchschnittliche Roherträge erzielten Jule, Sevilla (trotz längster Vegetationsdauer) und Danina. Entscheidend für die Vermarktung ist aber der Speisewareertrag. Dieser ergibt sich nach Abzug von Unter- und Übergrößen vom Rohertrag. Wie schon im Vorjahr, verbuchten die Sorten Antonia und Jule die höchsten Anteile an Untergrößen, so dass der Speisewareanteil von Jule bei 80 % und von Antonia bei 87 % lag. Von den mehrjährig geprüften Sorten erreichte Simonetta in den vergangenen drei Jahren deutlich über dem Mittel liegende Speisewareerträge. Almonda konnte ebenfalls durch stabile Erträge überzeugen, hatte aber im feuchteren Vorjahr besser abgeschnitten als in den trockeneren Jahren 2022 und 2020. Jule zeigte über die Prüfjahre sehr stark schwankende Erträge. Antonia konnte weder in den Trockenjahren noch unter feuchteren Bedingungen im Speisewareertrag überzeugen. Von den zweijährig geprüften Sorten konnte Emanuelle das sehr gute Ergebnis aus dem Vorjahr nicht ganz bestätigen. Danina und Juventa erreichten, wie im Vorjahr, ein vergleichbares, knapp unterdurchschnittliches Ergebnis. Die mehlig kochende Sorte Polly konnte den guten Ertrag aus dem Vorjahr in diesem Jahr bestätigen.

Im Rhizoctoniabefall zeigte sich, wie schon im Vorjahr, besonders Heidemarie anfällig. Hier lag der Rhizoctonia-Sklerotienbesatz bei 4,1 % und auch der Anteil an Knollen mit Dry Core-Löchern von 13 % lag deutlich über dem Versuchsmittel. Ein Sklerotienbesatz von 4 % bedeutet, dass im Mittel, alle Knollen auf 4 % der Knollenoberfläche mit schwarzen Sklerotien bedeckt sind. Insgesamt war der Rhizoctoniabesatz, egal ob Sklerotien oder Dry Core, aber deutlich geringer als im Vorjahr. Dass Sklerotienbesatz und Dry Core nicht immer zusammen Auftreten müssen, konnte bei Almonda im zweiten Jahr beobachtet werden. Die Sorte zeigte in beiden Jahren keinerlei Sklerotienbesatz, dafür aber einen Anteil Knollen mit Dry Core Löchern von 8 % (in 2021) bzw. 12 % in diesem Jahr. Auch der Schorfbefall war überraschend gering. Wahrscheinlich war der Wassergehalt im Damm zum Zeitpunkt der frühen Knollenbildung noch ausreichend hoch, so dass die Schorfbakterien keine optimalen Infektionsbedingungen hatten. 

Stärkegehalte

Erwartungsgemäß lagen die Stärkegehalte deutlich über dem „Normbereich“. Die festkochenden Sorten Jule mit 16,3 % und Emanuelle mit 16,4 % erzielten dabei noch die geringsten Gehalte, gefolgt von den vorwiegend festkochenden Sorten Juventa (17,0 %) und Danina (17,5 %). Besonders die krautstabilen Sorten hatten aber deutlich zu viel Stärke eingelagert. Bei Sevilla und Polly wurden Gehalte über 21 % gemessen, aber auch die für hohe Stärkegehalte bekannte Almonda (19,5 %) und auch Simonetta (19 %) hatten deutlich zu hohe Stärkegehalte. Durch eine vorzeitige Krautabnahme hätten die Stärkegehalte wahrscheinlich reduziert werden können.

Beschreibung der geprüften mittelfrühen und mittelspäten Sorten

  1. Almonda: Festkochende Sorte mit gelber Fleischfarbe und ovaler Knollenform. Optisch ansprechende Knollen mit etwas ungleichmäßiger Sortierung. Die Sorte hat eine geringe bis mittlere Krautfäuleanfälligkeit. Auch die Anfälligkeit für Schorf, Eisenfleckigkeit und Schwarzfleckigkeit sind gering. Almonda erreichte immer mittlere bis gute Speisewareerträge. Die Knollenentwicklung ist auch wegen des eher geringen Knollenansatzes zügig. Die Knollen sind optische meist ansprechende Knollen, Probleme mit Rhizoctonia können aber auftreten. In den Versuchen hat Almonda beim Rhizoctoniabefall stärker mit Dry Core Löchern als mit Sklerotienbesatz reagiert. Almonda neigt zu hohen Stärkegehalten. Eine Kontrolle der Stärkegehalte während der Vegetation mit einer eventuell erforderlichen vorzeitigen Krautabnahme kann die Kochqualität absichern.
  2. Antonia: Festkochende Sorte mit ovalen Knollen. Antonia ist schon seit 2008 im Handel, stand in diesem Jahr aber erst im vierten Versuchsjahr. Antonia erreichte sowohl im Roh- wie auch im Speisewareertrag in allen Prüfjahren meist ein unterdurchschnittliches Ergebnis. In 2020 und 2021 ist Antonia mit deutlichem Krautfäulebefall aufgefallen. Antonia setzt viele Knollen an und neigt zu einer kleiner fallenden Sortierung mit einem hohen Anteil an Untergrößen. Die Kombination aus Krautfäuleanfälligkeit und hohem Knollenansatz führt zu einem erhöhten Anbaurisiko unter ökologischen Anbaubedingungen. Das Kraut ist sehr hitzestabil. Optisch sehr ansprechende Knollen mit wenigen Mängeln und gutem Geschmack.
  3. Simonetta: Festkochende Speisesorte mit ovalen bis langovalen Knollen. Simonetta stand im vierten Versuchsjahr und erreichte meist einen mittleren bis guten Rohertrag, der aber Dank der gleichmäßigen großfallenden Sortierung zu einem guten Speisewareertrag geführt hat. Das Ertragsniveau ist mit dem von Almonda vergleichbar. Simonetta neigt zu einem geringen Knollenansatz, wobei die Knollen auch schon mal in die Übergrößen wachsen können. Die formschönen Knollen zeigten in allen Prüfjahren einen nur sehr geringen Befall mit Rhizoctoniasklerotien und Kartoffelschorf. Simonetta soll eine geringe Neigung zu Eisen- und Schwarzfleckigkeit haben. In den letzten drei Versuchsjahren hat sich Simonetta ausgesprochen gesund und stabil im Kraut gezeigt. Die geringe Keimfreudigkeit macht Simonetta auch für eine längere Lagerperiode geeignet.
  4. Jule: Festkochende Sorte mit ovalen Knollen und gelber Fleischfarbe. Stand 2022 im dritten Versuchsjahr. Im Speisewareertrag sehr schwankend. In 2021 sehr gut im Ertrag, in den trockeneren Jahren 2020 und 2022 im Ertrag deutlich schwächer. Jule hat eine mittlere Anfälligkeit für Krautfäule und eine geringe Anfälligkeit für Y-Virus. Die Stärkegehalte lagen in allen Jahren im unteren Bereich. Jule neigt zu einem höheren Knollenansatz mit kleinfallender Sortierung und einem höheren Anteil an Untergrößen. Die Knollen zeigten einen geringen Schorfbefall, aber einen wiederholt starken Rhizoctoniabefall (Dry Core und Sklerotien).
  5. Heidemarie: Gelbschalige, festkochende, mittelfrühe, langovale Speisekartoffelsorte. Sie stammt aus der biologischen Zucht von Karsten Ellenberg. Leider war die Pflanzgutqualität in beiden Versuchsjahren nicht sehr gut. Entsprechend war der Feldaufgang sehr langsam und ungleichmäßig. Auch die weitere Entwicklung war sehr verhalten. Ein Reihenschluss wurde nicht immer erreicht. Sowohl im Rohertrag wie auch im Speisewareertrag lag Heidemarie deutlich unter dem Versuchsmittel. Auch in der Knollenqualität zeigte Heidemarie beim Rhizoctonia- und Schorfbefall deutliche Mängel.
  6. Sevilla: Mittelspäte, vorwiegend festkochende (leicht mehlige) Sorte mit ovaler Knollenform und gelber Fleischfarbe. Die Kreuzung aus Agria mit einem Krautfäule-resistenten Stamm aus dem Bioimpuls-Programm wird als robuste low-input Kartoffel beschrieben. Der Anteil an Untergrößen lag im Vorjahr bei 12 %, aktuell bei 7 %. Im Speisewareertrag erreichte Sevilla mit jeweils relativ 92 ein unterdurchschnittliches Ertragsniveau. Der Reifegruppe entsprechend hat Sevilla eine späte Abreife. Die etwas rauschaligen Knollen zeigten einen geringen Rhizoctoniabefall und einen etwas höheren Schorfbefall bei einem Stärkegehalt von 19 % (2021) bzw. 21,7 % (2022). Im Speisetest hatte Sevilla im Vorjahr den letzten Platz belegt. Sevilla verfügt über eine sehr ausgeprägte Keimruhe.
  7. Emanuelle: Neue, mittelfrühe, festkochende Sorte mit langovaler Knollenform und tiefgelber Fleischfarbe. Es handelt sich hierbei um eine Allians-Kreuzung. Im Vorjahr mit sehr geringem Krautfäulebefall. Emanuelle hatte eine üppige Krautentwicklung, so dass die Reihen gut geschlossen wurden. Im Ertrag konnte Emanuelle das sehr gute Vorjahresergebnis in diesem Jahr nicht wiederholen und lag im Versuchsmittel. Die Sortierung liegt im mittleren Bereich. Unter- und Übergrößen treten nur selten auf. Die glattschaligen Knollen sind z.T. leicht tropfenförmig, aber sonst kaum Mängel. Insgesamt optisch sehr schöne Knollen. Im Geschmack hatte Emanuelle im Vorjahr zusammen mit Juventa den ersten Platz belegt. Eine neue, interessante Sorte für den Öko-Landbau, die besonders für die Direktvermarktung geeignet sein dürfte.
  8. Danina: Mittelfrühe, vorwiegend festkochende Sorte mit ovaler Knollenform und gelber Fleischfarbe. Mit einer Keimruhe bis weit ins Frühjahr ist sie eine klassische Lagersorte. Sie wird als Qualitätsspeisesorte beschrieben, kann gewaschen und abgepackt werden. Sie soll eine gute durchschnittliche Blattgesundheit haben. In 2021 allerdings mit stärkerem Krautfäulebefall im Versuch. Sehr gute Krautentwicklung mit gutem Reihenschluss. Im Ertrag lag Danina in beiden Prüfjahren knapp unter dem Versuchsmittel. Die glattschaligen Knollen zeigten nur einen sehr geringen Schorfbefall, aber im Vorjahr mit überdurchschnittlich hohem Rhizoctoniabefall. Auffallend war der sehr hohe Anteil an leichten Beschädigungen in diesem Jahr.
  9. Juventa: Mittelfrühre, vorwiegend festkochende Sorte mit ovalen Knollen und guter Keimruhe. Juventa hatte ebenfalls in 2021 stärkeren Krautfäulebefall gezeigt. Im Speisewareertrag lag Juventa in beiden Versuchsjahren leicht unter dem Versuchsmittel. Die Jugendentwicklung war vergleichsweise langsam. Die Knollenbonitur zeigte besonders in 2021 einen sehr starken Rhizoctoniabefall, sowohl bei Dry Core wie auch im Sklerotienbesatz. Die Stärkegehalte lagen jeweils im unteren Bereich. Im Speisetest hat Juventa sehr gut abgeschnitten. Hoher Anteil an leichten Beschädigungen in 2022.
  10. Polly: Neue, mehlige Sorte die erst in 2021 ihre Zulassung bekommen hat. Die Pflanzenentwicklung war ausgesprochen zügig mit einer üppigen Krautentwicklung und einer raschen Knollenentwicklung. Das Kraut hatte sich sehr Hitzestabil gezeigt. Im ersten Versuchsjahr mit geringem bis mittlerem Knollenansatz. Im Speisewareertrag erzielte Polly in beiden Versuchsjahren knapp unterdurchschnittliche Erträge. Die Stärkegehalte waren mit 18 % im Vorjahr und 21,1 % im aktuellen Jahr sehr hoch. Auch Polly hatte in diesem Jahr einen hohen Anteil an leichten Beschädigungen. Im vergangenen Jahr zählte Polly zu den keimruhigsten Sorten im Sortiment und scheint diese Eigenschaft in diesem Jahr zu bestätigen.

 

Tabelle 1: Standort- und Anbaudaten

Versuchsort Grebenstein-Frankenhausen
Kreis Kassel
Höhenlage über NN 190 m
Mittlere Jahrestemperatur 8,5°C
Jahresniederschlag 650 mm
Bodenart Lehm mit Lössauflage uL
Bodenpunkte 75
Vorfrucht Kleegras 2-jährig
Zwischenfrucht keine
Pflug 29.11.21
Pflanzdatum 22.04.22
Düngung keine
Anhäufeln 25.05.2022 Sternhacke
Kupfereinsatz kein
Krautabnahme keine
Ernte sehr frühe und frühe 12.09.22
Ernte mittelfrühe 12.09.22
Bodenuntersuchung
Nmin kg/ha 0-60cm 93
pH-Wert 6,8
P2O5 19
K2O 18
MgO 8

 

Tabelle 2: Versuchsergebnisse der Jahre 2020 – 2022; Sehr frühe und frühe Sorten

Rohertrag
2022
Anteil Untergrößen 2022 Anteil Speiseware 2022 Anteil Übergrößen
2022
Speisewareerträge
2020 – 2022 rel. VRS
VRS: Wega; Untergrößen: <30/35mm; Speiseware: 30/35mm bis 60/65mm; Übergrößen: >60/65mm
Sorte dt/ha rel. VRS % % % 2022 rel. VRS 2021 rel. VRS 2020 rel. VRS
Wega VRS 356 100 4,2 95,9 0,0 100 100 100
Vindika 380 107 4,9 95,1 0,0 106
Lea 381 107 2,0 97,6 0,4 109 106 88
Twister 428 120 4,2 93,2 2,6 117 127
VD 386 341 345 343

 

Tabelle 3: Versuchsergebnisse der Jahre 2020 – 2022; mittelfrühe Sorten

Rohertrag Anteil Untergößen 2022 Anteil Speiseware
2022
Anteil Übergrößen
2022
Speisewareerträge
2020-2022 rel. VRS
VRS: Almonda, Antonia, Simonetta; Untergrößen: <30/35mm; Speiseware: 30/35mm bis 60/65mm; Übergrößen: >60/65mm
Sorte dt/ha rel. VRS % % % 2022 2021 2020
Almonda VRS 366 98 6,8 93,2 0,0 99 111 100
Antonia VRS 371 100 13,1 86,9 0,0 94 78 94
Simonetta VRS 381 102 2,1 96,1 1,8 107 112 106
Jule 333 89 19,5 80,6 0,0 78 111 89
Heidemarie 271 73 12,4 86,5 1,2 68 80
Sevilla 340 91 7,0 93,0 0,0 92 92
Emanuelle 356 95 3,5 95,9 0,6 99 112
Danina 344 92 6,2 93,8 0,0 94 98
Juventa 355 95 5,3 94,4 0,3 98 95
Polly 366 98 3,7 96,1 0,2 103 106
VRS 373 343 293 313
VD 348

 

Tabelle 4: Pflanzen- und Knollenbonitur

Boniturnoten:

1: kein Befall
9: sehr starker Befall

Sehr frühe und frühe Sorten
Sorte Krautfäule 1-9
04.07.2022
Alternaria 1-9
04.07.2022
Datum Absterben Kraut Anzahl Knollen mit Dry-core Löchern Rhizoctonia Befallsstärke % Schorf Befallsstärke % Stärkegehalt in Knolle % Anteil Knollen mit leichten Beschädigungen %
Wega 1 2 01.08. 5 0,0 3 15,4 33
Vindika 1 2 25.07. 0 0,0 3 17,5 43
Lea 1 2 22.07. 2 1,0 2 18,0 64
Twister 1 2 25.07. 3 0,0 3 14,9 16
Mittelfrühe und mittelspäte Sorten
Sorte Krautfäule 1-9
04.07.2022
Alternaria 1-9
04.07.2022
Datum Absterben Kraut Anzahl Knollen mit Dry-core Löchern % Rhizoctonia Befallsstärke % Schorf Befallsstärke % Stärkegehalt in Knolle % Anteil Knollen mit leichten Beschädigungen %
Almonda 1 2 13.08. 12 0,0 3 19,5 26
Antonia 1 2 13.08. 2 0,0 2 18,0 34
Simonetta 1 2 13.08. 1 0,2 1 19,0 46
Jule 1 3 27.07. 3 0,6 1 16,3 5
Heidemarie 1 1 26.07. 13 4,1 6 18,0 7
Sevilla 1 2 16.08. 2 0,0 4 21,7 10
Emanuelle 1 2 03.08. 3 0,0 2 16,4 24
Danina 1 1 27.07. 5 0,1 2 17,5 70
Juventa 1 2 12.08. 8 1,4 1 17,0 43
Polly 1 2 11.08. 2 0,1 5 21,1 50

 

Tabelle 5: Sorteneinstufung

Sorte Zulassung Züchter Reifegruppe Kochtyp Knollenform
I: sehr früh; II: früh; III: mittelfrüh; IV: mittelspät
f = festkochend; vf = vorwiegend festkochend; m = mehlig kochend
ov = oval; rdov = rundoval; lgov = langoval
Wega 2010 Norika II vf ov
Vindika Europlant II f lgov
Lea 2019 Solana I f ov
Twister EU Agrico II f ov
Almonda 2013 Solana III f oval
Antonia 2008 Europlant III f oval
Simonetta 2017 Europlant III f lgov
Jule 2019 Solana III f oval
Heidemarie 2020 Ellenberg III f ov
Sevilla EU N.Vos IV vf oval
Emanuelle 2019 HZPC III f lgov
Danina 2017 Europlant III vf oval
Juventa 2017 Europlant III vf oval
Polly 2021 Norika III vf-m ov-lgov