Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Geflügel

EuroTier 2016: Innovationen für die Legehennenhaltung

Inga Garrelfs vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen hat am 16. und 17. November die EuroTier 2016 besucht. Im Fokus lagen innovative Neuerungen für den Bereich Legehennenhaltung.

Technisierte Beschäftigungsmöglichkeiten

Bei der Haltung von Legehennen mit intaktem Schnabel wird die Tierbetreuung zeitintensiver und die Beschäftigung der Tiere wird arbeits- und kostenaufwendiger, um Federpicken und Kannibalismus vorzubeugen. Neben den Materialien die manuell in den Stall gelangen, wie Luzerneballen, Pickblöcke, Strohballen oder Saftfutter (u.a. Möhren, Kartoffeln oder Kürbis) kann eine technisierte Anlage für eine dauerhafte, über den gesamten Stall verteilte Beschäftigungsgabe sorgen und die Arbeit erleichtern. Auf der EuroTier wurden folgende technisierte Beschäftigungsanlagen entdeckt:

  • Körnerstreuer
    • Firma Fienhage Poultry-Solutions: Körnerstreuer mit Akkubetrieb
    • Firma VDL Agrotech: Körnerstreuer mit Fördersystem
    • Firma Big Dutchman: PickPuck Körnerstreuer als Fördersystem mit einem Fallrohr und einem rauen Schwingteller unterhalb des Fallrohrs zur Unterstützung des natürlichen Schnabelabriebs. Wenn der Teller bepickt oder seitlich angestoßen wird fällt durch diese Bewegung Getreide in geringer Menge heraus und kann durch die Tiere aufgenommen werden.
  • Verteiler für Maissilage
    • Firma Big Dutchman, Schnittmais-System: Ein mit Öffnungen versehenes Rohrsystem fördert mehrmals täglich Maissilage durch den Stall und lässt es von der Decke rieseln. Durch den Gehalt an natürlicher Milchsäure wirkt Maissilage vorbeugend gegen Darmerkrankungen. Wichtig sind eine hervorragende Futterhygiene und vor allem die Verhinderung von Nachgärungen im Verlauf der Verfütterung.

Die vorgestellten technisierten Beschäftigungsanlagen können auch in großen Stalleinheiten oder engen Scharrräumen praktiziert werden. Bis auf das PickPuck-System sind alle Anlagen nicht neu, sondern werden bereits auf vielen Praxisbetrieben eingesetzt. Erfreulich ist, dass eine technisierte Anlage für die Verteilung von Maisanlage durch weitere Hersteller angeboten wird, was dazu beiträgt, dass dieses System immer mehr verbessert werden kann. Zudem bietet ein breiteres Angebot am Markt mehr Spielraum für die Preisstrukturen.

Easy@ – mechanische Dosiervorrichtung

Eine Silbermedaille für Neuheiten ging an die Firma EW Nutrition. Das Produkt Easy@ kann auf die Futterkette installiert werden, um flüssige Futterzusatzstoffe oder auch kurzfristig notwendige Ergänzungen mechanisch über das Futter zu dosieren. Diese Dosiervorrichtung ist allerdings produktgebunden. Dies bedeutet, dass die Produkte von der Firma EW Nutrition in dem dafür vorgesehenen Behälter geliefert werden. Der Vorteil ist, dass eine Berechnung der Wirkstoffdosis wegfällt, da die Produktgabe über den im Dosiervolumen produktspezifisch eingestellten Pump-Sprühkopf erfolgt. Jedes Kettenglied des Futterfördertroges aktiviert und dosiert eine ab Werk festgelegte Flüssigkeitsmenge. Um eine homogene Verteilung der Flüssigkeiten zu garantieren, wird das Futter nach der Aufdosierung eines Produktes in die Mitte geleitet und vermengt. Ein Versuch hat gezeigt, dass sich die eingesetzte Testsubstanz Vitamin E bei zehn unterschiedlichen Probeentnahmepunkten im Stall immer im Toleranzbereich des Sollwerts befunden hat. Somit ist eine gleichmäßige Verteilung von Flüssigkeiten über Easy@ möglich. Folgende Produkte werden zukünftig erhältlich sein oder sind bereits verfügbar:

  • Appetitanreger für eine Steigerung der Futteraufnahme
  • Produkt für die Lebergesundheit (Fettlebersyndrom)
  • CaD3-Kombi (Eischalenstabilität)
  • Vitamin E
  • Impfungen
  • Wurmkur

Generell eignen sich wässrige Produkte; hinsichtlich ölhaltiger Produkte sind die Entwicklungen jedoch noch nicht abgeschlossen. Zur generellen Futterbefeuchtung durch Wasser ist das System nicht geeignet, da die Dosierung viel zu gering wäre. Der mechanische Dosierapparat Easy@ kostet ca. 40 €, ist Spülmaschinenfest und kann ganz einfach zusammengebaut und mit nur 6 Schrauben montiert werden.

Neues aus der „Milbenabteilung“ – Rote Vogelmilbe

Andre Stevens, Produktmanager Desintec und Miravit Geflügel bei der AGRAVIS Raiffeisen AG, hat auf der EuroTier über Produkte zur Milbenbekämpfung informiert. Bereits ab März müsste man die Milben entscheidend ausbremsen, so Stevens. Viele Bekämpfungsmaßnahmen erfolgen demnach zu spät, wenn sich die Populationen bereits sehr stark im Stall vermehrt und ausgebreitet haben. Stevens empfiehlt generell in Legehennenställen während der Serviceperiode Siliziumdioxid auszubringen. Dieser Wirkstoff löst die Lipide aus der Cuticula der Milben und lässt diese austrocknen. Mit Siliziumdioxid gegen Milben vorzugehen ist demnach ein rein physikalischer Prozess. Das Produkt DESINTEC M-Ex Profi 80 hat bei genauer Betrachtung eine Struktur wie eine Raufasertapete. Das bekämpft die Milben effektiver und langanhaltender. Zudem funktioniert es auch bei hoher Luftfeuchtigkeit. Siliziumdioxid ist eigentlich Wasserliebend, allerdings besteht dieser Effekt bei dem DESINTEC-Produkt erst ab einer Luftfeuchtigkeit von über 80 %.

Behälter mit dem Ergänzungsfuttermittel MIRAVIT Gallux RelaxZur Ergänzung zum DESINTEC M-Ex Profi 80 empfiehlt Stevens den regelmäßigen Einsatz des Produktes MIRAVIT Gallux Relax. Das flüssige Ergänzungsfuttermittel enthält ätherische Öle (vor allem Thymian) und wird über das Tränkewasser verabreicht. MIRAVIT Gallux Relax tötet die Milben nicht ab., Jedoch ist die Henne für die Milbe weniger attraktiv, die Milben saugen weniger Blut und die Vermehrungsrate wird gedämpft. Zu Beginn muss das Produkt für vier Wochen an vier aufeinanderfolgenden Tagen eingesetzt werden, dann alle zwei Wochen für einen Tag mit je 0,75 l pro 1.000 l Tränkewasser.

Dr. Egbert Strobel, Fachberater im Bereich Geflügel, vor einem Plakat der VILOFOSS Solutions Gruppe.Die Deutsche Vilomix präsentierte auf der EuroTier das Ergänzungsfuttermittel MilbArom. Dr. Egbert Strobel, Fachberater im Bereich Geflügel gab auf dem Stand der VILOFOSS-Gruppe bekannt: „Neben MilbArom kommt MilbArom ÖVO als Neuheit für den biologischen Landbau im Januar 2017 auf den Markt“. Im Gegensatz zum konventionellen Produkt werden Pflanzen aus dem ökologischen Landbau verarbeitet. Die wirksamen ätherischen Öle stammen ebenfalls aus dem Gewürznelken-Baum und speziellen Zitronella-Arten, werden jedoch durch Wasserdampfdestillation gewonnen. Die Wirkstoffe werden von den Hennen über das Futter aufgenommen. Die Milben meiden das Blut dieser Hennen, werden aber nicht getötet. Die Vermehrungsrate wird gesenkt. MilbArom ist daher ein Repellent. Beide MilbArom-Produkte werden auf Wunsch von den Futtermittellieferanten zu 0,5 % bis 0,75 % in das Alleinfuttermittel eingemischt. Die Anwendung kann über die ganze Legeperiode kontinuierlich oder in Intervallen erfolgen. Bei einem mäßigen Befall wird beispielsweise eine wechselweise Anwendung von 4 Wochen mit MilbArom und 4 Wochen ohne empfohlen. Das Produkt ist in 25 kg Säcken oder in Dosen zu 1,5 kg erhältlich.

Modell einer Sitzstange für Hühner.Die Stallbaufirma Vencomatic Group hat auf der EuroTier die ergonomische Sitzstange Q-Perch mit integrierter Schwachstromleitung vorgestellt. Die Schwachstromleitung an der Unterseite der Sitzstange ist zur Milbenabwehr gedacht. Bei Dunkelheit kommen die Milben aus den Verstecken hervor und erklettern die auf den Sitzstangen ruhenden Legehennen. Wenn die Milben auf dem Weg zum Huhn mit der Schwachstromleitung in Kontakt treten, werden sie von einem minimalen Stromschlag erfasst und fallen hinunter. Auch dieses Milbenbekämpfungsprinzip eliminiert die Milben nicht, sondern unterbricht die Vermehrung.

Neues in Sachen Produktionstechnik

Eine Person fährt mit den Händen über ein flaches Röhrensystem für den Eiertransport.Die Firma LUBING hat auf der EuroTier unterschiedliche Neuerungen präsentiert. Im Bereich der Eiförderung wurde die „Eingabeeinheit“ vorgestellt. Die runden, weißen Stäbe sorgen dafür, dass Eier ohne große Höhenunterschiede übergeben werden können. Somit reduziert sich die Gefahr von Haarrissen oder sonstigen Beschädigungen am Ei.

Das automatische Druckminderer-System Optima E-Control wurde auf der EuroTier von der Firma LUBING als Neuheit präsentiert.Eine weitere Neuheit der Firma LUBING ist das Druckminderer-System LUBING Optima E-Control, das mit der Silbermedaille auf der EuroTier im Rahmen des Innovation Awards ausgezeichnet wurde. Mit dem Druckminderer kann der Tränkedruck stufenlos eingestellt, überwacht und nachgeregelt werden. Über die elektrische Steuerung (vorne im Bild) kann eine optimale Wasserversorgung einfacher sichergestellt werden. Zudem ist es möglich die Wassersäule der Tränkelinie, z. B. durch eine tageszeitabhängige oder betriebs- bzw. tierspezifische Programmierung automatisch zu verstellen. Das System ist sogar in der Lage, das Tränkesystem automatisch an veränderte Bedingungen anzupassen. Beispielsweise durch das Erhöhen der Wassersäule bei höheren Temperaturen und dem damit verbundenen höheren Wasserbedarf der Tiere. Zudem ermöglicht es neben der manuellen auch eine automatische Spülung der Tränke und ist auch bei Ausfall der Stromversorgung weiterhin funktionsfähig.

Sensor zur Messung der Ammoniak-Konzentration in der Stallluft.Die Firma Big Dutchman hat neben den erwähnten technisierten Beschäftigungsmaßnahmen eine Vielzahl an Neuerungen für den Geflügelbereich ausgestellt. Der DOL 53 NH3-Sensor dient der kontinuierlichen Messung der Ammoniak-Konzentration in der Stallluft. Das von der Firma Dräger hergestellte Messinstrument hat ebenfalls eine Silbermedaille im Zuge des Innovation Awards erhalten. Der Sensor nutzt das Schadgas Ammoniak als Indikatorgas. Die im Stallcomputer verarbeiteten Daten veranlassen die entsprechende Steuerung des Stallklimas. Beispielsweise könnte die Überschreitung eines bestimmten NH3-Wertes die automatische Entleerung des Kotbandes steuern.

Der AVC-3D Kotbandabstreifer fördert die Stallhygiene und spart Arbeit ein.Eine weitere technische Innovation der Firma Big Dutchman ist der AVC-3D Kotbandabstreifer. Ein Vibrationsmotor, der an der Kotbandkante montiert ist, schwingt und rüttelt den anhaftenden Kot ab. Dies fördert die Stallhygiene und spart Arbeit.

Neues von den Futtermittelfirmen

Auf der EuroTier wurden zwei große Futtermittelfirmen hinsichtlich Neuerungen im Legehennenfutter befragt. Vor allem vor dem Hintergrund des Verzichts auf das Schnabelkürzen laufen aktuell Versuche mit mehreren Legehennenfuttern und Herden mit intaktem Schnabel. Die Berater der Futtermittelunternehmen nehmen zusätzlich ihre Praxisbetriebe, die bereits mit unkupierten Tieren arbeiten, besonders unter die Lupe. An diesen Themen sind die Unternehmen aktuell besonders dran:

  • Futtersicherheit: Das Futter sollte von Lieferung zu Lieferung eine möglichst gleichbleibende Qualität mit wenig wechselnden Komponenten und einer konstanten Struktur aufweisen.
  • Proteinbedarf: Die Federn vom Huhn bestehen u. a. aus schwefelhaltigen Aminosäuren. Premiumfutter weisen immer einen Sicherheitszuschlag an diesen Aminosäuren, beispielsweise Methionin auf, was gerade für wachsende Tiere in der Hochleistungsphase wichtig ist.
  • Rohfaser: Ballaststoffe als Faserstoffe werden hinsichtlich der Art und Menge im Futter stark diskutiert.
  • Natriumbedarf: Welche Na-Quellen sind in welchem Verhältnis zu wählen (Kation/Anion-Verhältnis)? Die Balance zwischen genug und zu viel muss gefunden werden.
  • Lebergesundheit: Die Leber vom Huhn ist u. a. für den Fettstoffwechsel verantwortlich. Wie kann die Leber von Legehennen dauerhaft gesund bleiben?

Der Tenor war, dass eine Gesamtlösung zur Verhinderung von Federpicken und Kannibalismus über das Futter noch nicht gefunden wurde und auch vielleicht nicht gefunden werden kann. Die Fütterung ist sicherlich einer der wichtigsten Faktoren, aber auch andere Faktoren müssen optimiert werden.

Fazit der Autorin

An zwei Tagen habe ich Neuerungen im Legehennenbereich auf der EuroTier recherchiert. Am Ende habe ich das Gefühl, sicherlich noch viele Interessante Aspekte und Themen nicht erfasst zu haben, dafür war die Zeit einfach zu knapp. Auf den Ständen der Messe hat man ganz klar die Internationalisierung vieler Firmen gespürt. Diese Erkenntnis hat mir erneut gezeigt, dass wir in Deutschland mit den derzeitigen Haltungssystemen und der Diskussion um mehr Tierwohl auf einer Weltmesse, wie der EuroTier, eine besondere Stellung einnehmen.

Grundsätzlich geht es im Legehennenbereich weiter vorwärts und die Suche nach mehr Arbeitserleichterung durch Technisierung, sowie Maßnahmen zur Unterstützung des Tierwohls sind Themen, die aktuell bei den Firmen für den deutschen Markt großgeschrieben werden. Um Investitionen in innovative Maßnahmen zu ermöglichen, müssten allerdings in den Betrieben auch gute Eierpreise erzielt werden. An dieser Stelle ist der Handel gefragt zu reagieren.


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