Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Geflügel

Beschäftigung minimiert Federpicken und Kannibalismus

Das Beschäftigungsmanagement gehört zu den wichtigen Themen bei der Frage, wie Hühner ihren arttypischen Verhaltensweisen nachgehen können.

Ein Huhn übt täglich über 10.000 Pickschläge aus, beispielsweise kombiniert mit Scharren. Da Hochleistungstiere, wie Legehennen, ein nährstoffdichtes, effizientes Futter erhalten, sind die Pickschläge allein durch die Futteraufnahme nicht ausreichend. Damit die Tiere das Futtersuche- und Futteraufnahmeverhalten nicht in Verhaltensweisen wie Federpicken umlenken, gehören Beschäftigungsmaterialien im Geflügelstall zur guten fachlichen Praxis. Somit kann das Risiko für Federpicken und Kannibalismus minimiert werden kann.

Legehennen nehmen gern abwechslungsreiche Beschäftigung an. Daher sind der Wechsel und die Variabilität des Beschäftigungsmaterials unerlässlich. Es sollten zusätzlich, z.B. zu Luzerne und Pickblöcken, auch neue Dinge wie Saftfutter (Möhren oder Kartoffeln) angeboten werden. Für kleine Betriebe mit geringen Tierzahlen ist es gut machbar, den Tieren unterschiedliche und in der Menge ausreichende Beschäftigungsmaterialien, anzubieten. Große Betriebe müssen, allein aus arbeitswirtschaftlicher Sicht, kreativ denken. Dafür gibt es technisiere Lösungen.

Luzerne, Maissilage und offenes Wasser

Zur Beschäftigung werden Materialien wie Luzerne, Maissilage oder offenes Wasser besonders gerne angenommen.

  • Maissilage: Nur in bester Qualität. Feuchte Maissilage hat gegenüber getrockneter den Vorteil, dass der Säureeffekt sich stabilisierend auf den Magen- und Darmtrakt auswirkt. Zudem wird die Fußballengesundheit unterstützt.
  • Luzerne: in der Legehennenhaltung sehr beliebt, jedoch kostenintensiv. Großballen sind eine kostengünstigere Alternative.
  • Offenes Wasser im Kaltscharrraum: Offenes Wasser sollte an heißen Tagen, nach der Eiablage z.B. ab 14 Uhr angeboten werden. An Regentagen minimiert die offene Tränke den Wasserkonsum aus Pfützen. Achtung: Um nasse Stellen unterhalb der Tränke zu vermeiden, muss sie hoch genug positioniert sein. Die Hennen müssen sich mit dem Hals etwas nach dem Wasser recken. Zudem sollte die Tränke durch das Befüllen des inneren Behälters beschwert werden, damit sie möglichst bewegungslos hängt und nicht durch den Andrang der Tiere pendelt. Der Wasserdruck sollte so eingestellt sein, dass die ausfließende Menge von den Tieren direkt aufgenommen werden kann. Bei Impfungen oder Entwurmungen sollte die Tränke abgeschaltet werden, damit möglichst alle Tiere über die Nippeltränke eine Behandlung bekommen.

Angebotsformen von Beschäftigungsmaterialien

Wenn Materialien wie Luzerne lose am Boden des Scharrraums angeboten werden, werden diese von den Hennen in kurzer Zeit durch die Scharraktivität in die Einstreu eingearbeitet und sind dann als Beschäftigungsmaterial nicht mehr interessant. Behälter wie Drahtkörbe oder Heunetzte haben sich als Angebotsform von Beschäftigungsmaterialien bewährt.

Vorteile von Aufhängungen

  • trennt die Materialien vom Einstreusubstrat
  • fördert eine längerfristige Beschäftigung
  • die Tiere können z.B. Luzerne hygienisch aufnehmen
  • bessere Kontrolle über den Verbrauch
  • Platten an der Unterseite eines Netzes können zur Stabilisierung beitragen
  • Abdeckungen auf Behältern verhindern das Erklettern durch die Tiere, Bekoten, Nestbau
  • das Aufhängen der Materialien im Scharrraum ist auch in der Aufzucht zu empfehlen

Unterschiedliche Aufhängungen von Beschäftigungsmaterialien (von links nach rechts): Pickblock, Luzerne im Heunetz mit Unterlegplatte zur Stabilisierung, Möhren im Korb, Heuraufe:

Technische Lösungen

Futterverteilgerät

Ein Futterverteilgerät aus dem Rinderbereich erleichtert die Arbeit. Praktikabel bei breiten Kaltscharrräumen oder wenn die Möglichkeit besteht, vor dem Kaltscharrraum entlang zu fahren.

Um Materialien wie Getreidekörner gleichmäßig und breitwürfig in die Einstreu auszubringen, kann über die Installation einer automatischen Anlage nachgedacht werden, die über eine Zeitschaltuhr gesteuert wird. Der Behälter wird mit Weizen oder anderem Material gefüllt und gibt zu definierten Uhrzeiten jeweils einen kleinen Teil (ab 5 g pro Tier und Tag) in die Einstreu ab. Idealerweise wird die Anlage immer kurz vor oder mit der Futterkette betrieben, sodass sich die ranghohen Tiere die Körner aus der Einstreu suchen und die rangniedrigeren Tiere in Ruhe zur Futterkette gehen können.

Beispiele aus der Praxis

Beschäftigung über ein Rohrleitungssystem


In der Tabelle sind Beschäftigungsmaterialien aufgelistet, die unterschiedliche Verhaltensweisen des Huhnes ansprechen. Je länger und variabler ein Tier u.a. durch das Futtersuch- und Aufnahmeverhalten wie Scharren und Picken beschäftigt ist, desto ansprechender ist das Material.
MaterialVerhaltensweiseMengeHinweis
Saftfutter u.a. Möhren, KartoffelnPicken, Nahrungsaufnahme25 g/Tier und Wocheökologische Ware ist schlecht verfügbar
MaissilagePicken, Scharren, Nahrungsaufnahme5–15 g/Tier und Tag, bei guter Annahme steigern bis auf 30 g/Tier und Tag
(Junghenne ab Lebenswoche 8: getrocknet: 1–2 g/Tier und Tag, bei feuchter
Silage Menge
entsprechend anpassen)
beste Qualität für die Hennen, gleichmäßig auf die Herde verteilen
Getreide,
Sonnenblumenkerne
Picken, Scharren, Nahrungsaufnahme1020 g/Tier und Tag
(Junghenne ab
Lebenswoche 8: 1–2 g/Tier und Tag)
breitwürfig in die Einstreu ausbringen, Keimgetreide wird sehr gut angenommen
AltbrotPicken, Nahrungsaufnahme2 x pro Woche, je nach
Verfügbarkeit
günstig erhältlich bei Bäckern, Akzeptanz der Tiere nach Gewöhnung gut
Heu/HeulagePicken, Scharren, Sandbadenregelmäßig nachfüllenzum Beispiel aufgehängt im Netz anbieten
StrohPicken, Scharren, Sandbadenregelmäßig nachfüllenkurz oder lang, ganze Ballen anbieten, HD-Ballen klein
LuzernePicken, Scharren, Sandbaden, Nahrungsaufnahme1 Ballen (verkaufsübliche Größe 25 kg) je 500 Tiere
PickblöckePicken, ScharrenErsetzen, wenn verbrauchtHärtegrade beachten, z.B. Junghenne weich, teilweise mit Futteranteilen wie Weizen, als ökologische Ware erhältlich
Maisspindelgranulat als EinstreumaterialPicken, Scharren, Sandbaden0,5 kg/m² bei Einstallung, später bei Bedarf nachstreuenerhält die Einstreu locker und veränderbar, als Einstreumaterial auch für Biobetriebe interessant
MuschelschrotPicken, Scharren, Aufnahme zur Schalenbildung3–5 g/Tier und Tagin die Einstreu breitwürfig ausbringen, nur bei älteren Herden (je nach Eischalenqualität ab der 35. Lebenswoche, nur nachmittags)
Grit/MagensteinePicken, Scharren, Aufnahme zur Verdauungsförderung3 g/Tier und Monatbreitwürfig in die Einstreu ausbringen
RundtränkenWasseraufnahmeminimale Durchflussrate: Vermeidung von nasser Einstreunachmittags anbieten, hoch hängen, Tiere müssen sich für die Wasseraufnahme etwas strecken
Plastikbänder,
CD’s, Bälle, Teile von Kot- oder Eierband, Pickblockschalen, Kanister
Bepickennach Verfügbarkeit gleichmäßig im Scharrraum verteilenAnnahme unterschiedlich, Beschäftigung oft nur kurzzeitig, nur zusätzlich zu anderer Beschäftigung

In aller Kürze

  • Die Tiere sollten schon in der Aufzucht verschiedene Materialien kennenlernen. Hygienische Materialien, wie z.B. heißluftgetrocknete Luzerne oder weiche Pickblöcke, sind zu bevorzugen.
  • Beschäftigungsmaterialien sollten möglichst vielfältig sein und unterschiedliche Verhaltensweisen, wie das Futter- und Wasseraufnahmeverhalten, Picken und Scharren, ansprechen.
  • Beschäftigungsmaterialien sind in ausreichender Menge anzubieten und rechtzeitig nachzulegen.
  • Das Aufhängen von Materialien in Netzen oder Aufstellen in Körben hat viele Vorteile.
  • Unregelmäßigkeiten, z.B. beim manuellen Ausbringen von Körnen in die Einstreu können verhindern, dass die Hennen in großen Ansammlungen z.B. im Kaltscharrraum warten.
  • Bei der Wahl der Beschäftigungsmaterialien steht die Qualität an erster Stelle. Ungeeignet sind z.B. Gasbeton-Steine. Einstreumaterialien wie langes Stroh sind ungeeignet, wenn die Tiere nicht daran gewöhnt wurden (Kropfverstopfung). Große Mengen verderblicher Materialien wie Maissilage oder Kartoffeln, die nicht an einem Tag verzehrt werden können, sind zu vermeiden.
  • Technische Lösungen zum Einbringen der Materialien sind besonders bei großen Herden eine enorme Arbeitserleichterung und langfristig die einzige Möglichkeit, den Tieren regelmäßig Beschäftigungsgaben in ausreichende Menge anzubieten.

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