Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

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Auf dem Vormarsch: Raps in der Tierernährung

Obwohl Raps eine sehr alte Kulturpflanze ist, fand er erst durch die züchterischen Erfolge der 70er Jahre Verwendung in der menschlichen und tierischen Ernährung. Bis dahin wurde das Öl wegen seiner unbekömmlichen Säuren und Bitterstoffe nur als Lampenöl verwendet.

Die Züchtung von Glucosinolat- und Erucasäure-armen Sorten (sogenannte 00-Rapssorten) hat Raps als Futtermittel interessant gemacht: Bei der Ölgewinnung entstehen aus 3,5 t Rapssaat als Nebenprodukt ca. 2 t hochwertige Futtermittel. Je nach Pressverfahren sind dies Raps(extraktions)schrot (RES), Rapsexpeller oder Rapskuchen, die als Eiweißkomponente den Mischfutterrationen beigemischt werden.

Die steigende Nachfrage nach GVO-freien tierischen Produkten wirkt sich positiv auf die Beimischquote von Rapsnebenprodukten in Futtermitteln aus und verdrängt in den Mischfutterrationen das bislang dominierende Sojaextraktionsschrot (SES), das vorwiegend aus den USA und Brasilien importiert wird. Wichtigster Eiweißlieferant der Mischfutterindustrie ist mittlerweile Rapsschrot mit 2,6 Mio. t/Jahr, gefolgt von Sojaschrot mit 2,4 Mio. t/Jahr (Angaben für 2019, Deutscher Verband Tiernahrung (DVT), Jahresbericht 2019/2020).

RES- und SES-Einsatz in der Mischfutterherstellung in Deutschland pro Wirtschaftshalbjahr; Datenbasis: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung , Bericht zur Markt- und Versorgungslage Futtermittel 2020

Rinderfütterung

Rapsschrot (RES) wird hauptsächlich in Futterrationen für Rinder eingesetzt. Es ist gut verträglich und hat einen hohen Anteil an nutzbarem Protein. Der Rohfettgehalt liegt bei 2 bis 4 %.

Rapskuchen ist aufgrund des Verarbeitungsprozesses fester und besitzt, verglichen mit Rapsschrot, deutlich mehr Fett (12 bis 18 %). Die Proteingehalte liegen bei 30 bis 36 % bei Rohfasergehalten von 8 bis 14 %. Bedingt durch den hohen Fettgehalt liegt die Einsatzmenge je Tier/Tag deutlich niedriger.

Bundesweit durchgeführte Fütterungsversuche zeigten, dass ein Ersatz von SES durch RES in Futterrationen für Milchkühe, auch im hochleistenden Bereich, keine Auswirkungen auf Futteraufnahme oder Milchleistung hat.
Da RES niedrigere Energie- und Protein-Gehalte aufweist als SES, muss der Anteil an RES entsprechend erhöht werden. Um den Einsatz auf Basis des Energiegehaltes gegenüber SES zu kalkulieren, ist etwa die 1,3-fache Menge an RES in Rationen für Milchkühe notwendig. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass den Pansenmikroben genügend Stickstoff zur Verfügung steht. Von daher bietet sich bei überwiegender Proteinergänzung durch RES der moderate Einsatz von Futterharnstoff als Stickstoffquelle (HACCP-Konzept erforderlich) an und sollte nur in Verbindung mit einer Leistungsfuttervormischung eingesetzt werden. Aufgrund des bei RES höheren Gehaltes an nativem Phosphor kann in den meisten Rationen auf das Substituieren von Phosphor über Mineralfutter verzichtet werden.

Kürzlich wurde von Praktikern die Frage aufgeworfen, ob der natürliche Schwefelgehalt (Glucosinolate) je nach Rationskonstellation und bei ausschließlichem Einsatz von Rapsprodukten zur Proteinergänzung bei Milchkühen zu Übersäuerungen führen kann. Eine Praxiserhebung des LLH konnte dies nicht bestätigen. Somit kann SES in den Milchkuhrationen komplett durch RES ersetzt werden.

Da Wiederkäuer generell weniger empfindlich auf Glucosinolate reagieren als Schweine und Geflügel, landet der Großteil des Rapsschrots und ~kuchens nach wie vor im Rindertrog. In geringen Anteilen kann es aber auch an Monogastrier verfüttert werden.

Geflügelfütterung

In der Geflügelhaltung limitieren die Sekundärinhaltsstoffe Sinapin und Glucosinolate den Einsatz von Rapsprodukten auf maximal 10 bis 15 %. Zudem ist RES gegenüber Rapskuchen vorzuziehen, da letzterer höhere Konzentrationen an antinutritiven Inhaltsstoffen aufweist. Insgesamt ist RES eine wertvolle Proteinquelle für Legehennen, kann SES auf Grund des ungünstigeren Aminosäureverhältnisses aber nicht gänzlich ersetzen. Rapsprodukte färben zudem das Futter dunkler und machen es so unattraktiver für Legehennen (Bayrische Staatsgüter, Legehennenbroschüre, 2017). Der bei Braunlegern beschriebene Effekt von „Stinkeiern“ aufgrund eines genetischen Defektes bei der Verfütterung von RES wurde züchterisch intensiv bearbeitet und spielt heutzutage keine besondere Rolle mehr. Der Einsatz von RES kann zu einer geringfügig intensiveren Dotterfärbung führen (Bayrische Staatsgüter, Legehennenbroschüre 2017).

Schweinefütterung

Auch in der Schweinefütterung erfreuen sich Rapsprodukte, insbesondere RES, steigender Beliebtheit und können SES zum Teil ersetzen. Verglichen mit SES weist RES, wie oben bereits erwähnt, einen geringen Energiegehalt und zudem eine reduzierte Dünndarmverdaulichkeit auf. Darüber hinaus müssen die Rationen i.d.R. mit freien Aminosäuren und Phytase (zur Nutzung des phytingebundenen Phosphors) substituiert werden. Insbesondere säugende Sauen und Ferkel stellen hohe Ansprüche an die Rationsqualität. In der Ferkelaufzucht ist der Einsatz von etwa 5 %, in der Schweinemast von bis zu 10 %, bei einer ausreichenden Nährstoffdichte problemlos möglich. Niedertragende Sauen können überwiegend mit RES als Eiweißquelle versorgt werden.

Außerdem wird im Rahmen der Düngeverordnung auch der höhere Phosphorgehalt bei RES diskutiert. Von daher ist in diesem Bereich eine fundierte, auf die einzelbetriebliche Futtergrundlage bezogene Rationskalkulation, insbesondere bei Betrieben, die ihre Futterrationen in Eigenregie herstellen, notwendig.

Raps im Trog trägt indirekt zum Klimaschutz bei

Auch wenn der Anbau heimischer Eiweißfutterpflanzen seit einigen Jahren kontinuierlich zunimmt, ist Deutschland nach wie vor auf umfangreiche SES-Importe angewiesen. Zudem sind dem Einsatz von RES in der Fütterung wie beim Schwein oder dem Geflügel physiologische Grenzen gesetzt. Dennoch tragen heimische Rapsprodukte in der Tierernährung dazu bei, SES-Importe aus Übersee teilweise zu ersetzen und leisten somit indirekt einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz.

Der Ersatz von SES durch RES kann zudem die Rationskosten senken. Doch letztlich ist der Ölanteil in der Rapssaat der – ökonomisch betrachtet – bedeutsamere. Er macht etwa zwei Drittel des wirtschaftlichen Wertes aus. Die Herstellung von Rapsprodukten ist daher weniger vom Futtermittelmarkt als vom Bioenergiemarkt abhängig, wie es der Corona-Ausbruch in 2020 eindrücklich zeigte. Die vorrübergehend gesunkene Nachfrage nach Bio-Kraftstoffen führte zu einer knapp sieben Prozent geringeren Verfügbarkeit von Rapsschrot in der EU, was durch Sojaimporte ausglichen wurde (DVT, 2020).

Aktuell kennen die Rapspreise nur eine Richtung: nach oben.


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