Rinder
Klauengesundheit und Weidegang bei Milch- und Mutterkühen
„Klauen mögen es gern trocken, mögen ein geringes Verletzungsrisiko und mögen es entspannt.“ Dr. Hans-Joachim Herrmann (LLH) referierte bei einer Veranstaltung des Arbeitskreises „Weide“ im August 2015 über die Besonderheiten der Klauenpflege bei Mutter- und Milchkühen mit Weidegang. Anschließend wurde die Hampel GbR in Schotten im Vogelsberg besichtigt.
In seinem Vortrag betonte der Klauenspezialist Dr. Hans-Joachim Herrmann, dass die Klauengesundheit von vielen Faktoren abhängt. Dazu zählen
Kühe sind Fluchttiere und zeigen Schmerzen erst sehr spät an. Sind erste Anzeichen einer Lahmheit sichtbar, ist dies bereits mit massiven Schmerzen verbunden. Klauenerkrankungen werden in aseptische (nicht bakteriell bedingte) und septische (bakteriell bedingte) Erkrankungen unterteilt. Dabei kommt es aber beispielsweise durch Öffnung des Hornschuhs bei einer aseptischen Erkrankung oftmals zu einer mikrobiellen Besiedlung und damit zur sekundären Infektion. Die typischen aseptischen Klauenerkrankungen umfassen Sohlengeschwüre, Klauenrehe und Limax.
Wenn die Lederhaut betroffen ist, muss der Tierarzt kontaktiert werden
Vor allem durch harte und steinige Treibwege zur Weide kann es zu Sohlengeschwüren kommen. Diese Krankheit kann in drei Stadien eingeteilt werden:
- Blutungen,
- Störung der Hornproduktion mit örtlicher Zusammenhangstrennung und vorquellender Lederhaut und
- tiefes Sohlengeschwür, wobei Knochen und Sehnen mit betroffen sind.
Im letzen Stadium muss dringend der Tierarzt kontaktiert werden. Sobald die Lederhaut betroffen ist, dürfen Klauenpfleger/innen und Landwirt/innen die betroffene Stelle nicht mehr behandeln!
Panaritium tritt häufig bei Weidehaltung auf
Panaritium wie auch Mortellaro zählen zu den bakteriell bedingten Klauenerkrankungen. Typische Kennzeichen von Panaritium ist, eine plötzlich von heute auf morgen auftretende stark ausgeprägte Lahmheit. Durch steinige, trockene und harte Treibwege im Zusammenhang mit einem scharfen Treiben entstehen oft kleine Verletzungen im Horn der Klaue. Befestigte Treibwege sollten daher von Split oder kleinen Steinen mit Kehrmaschinen gereinigt werden. Nasse Stellen auf der Weide, z.B. in der Nähe von Wasserfässern begünstigen die Entstehung von Panaritium. Die Bakterien können dann schnell die in vorgeschädigte Klauen wandern, in das Horn eindringen und dort schwere Entzündungen verursachen. Diese Erkrankung muss dringend mit Antibiotika behandelt werden. Die Giftstoffe der Bakterien gelangen andernfalls in das Blut, wodurch es zu einer Blutvergiftung und damit zum Tod der Tiere kommen kann.
Maßnahmen, wie eine befestige Wasserstelle oder der Standortwechsel von Wasserfässern kann die Gefahr der Ansteckung und Ausbreitung vermindern.
Mortellaro ist eine multifaktorielle Krankheit, die eher bei Stallhaltung durch mangelnde Hygienebedingungen ausgelöst wird und bei Weidehaltung seltener zu finden ist.
Klauenpflege: Der funktionelle Klauenschnitt besteht aus drei Schritten
Klauenpflege ist bei Mutterkühen durch den Weidegang oft nicht nötig. „Wenn ich keine Probleme habe, muss ich mir keine machen“, so Dr. Herrmann. Falls doch notwendig, sollte die Klauenpflege einmal im Jahr gegen Ende der Winterperiode erfolgen.
- Schritt 1: Kürzung der Klaue auf 7,5 cm im rechten Winkel zur Sohle und einem Einstellen der Dicke auf 0,5 cm, wodurch es zu einer Trachtenerhöhung kommt
- Schritt 2: Innen- und Außenklaue auf eine Größe bringen
- Schritt 3: Hohlkehlung von Außen- und Innenklaue anfertigen
Mutterkühe sind weniger an den Umgang mit Menschen gewöhnt. Daher spielt die Arbeitssicherheit eine wichtige Rolle. Gefahrensituationen können durch Kenntnisse über das arteigene, natürliche Verhalten von Rindern reduziert werden.
Betriebsbesichtigung der Hampel GbR
Später wurde der Betrieb Hampel GbR besichtigt, der seine Mutterkuhherde seit sechs Jahren auf einer Kurzrasenweide hält. Der Betrieb hält insgesamt 70 Mutterkühe. Auf der besichtigten Weide, welche 15 ha groß ist, weiden 45 Tiere und deren Nachzucht. Die Herde ist seit Anfang April auf der Fläche. Im Winter wird ein Großteil der Tiere in großen Hallen untergebracht. Auch bei Frost werden die Tiere auf die angrenzende Weide gelassen. Die Klauenpflege erfolgt nach Bedarf. Die Abkalbesaison liegt in der Weideperiode (März bis Oktober) und die männlichen Tiere werden im Alter von zwei bis drei Tagen kastriert. Die Mast dieser Ochsen erfolgt auf der Kurzrasenweide ohne Zufütterung von Kraftfutter. Das Fleisch der Absetzer wird über die Direktvermarktung und durch Edeka vermarktet.