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Mit saisonaler Abkalbung raus aus der Arbeitsfalle

Weide mit Milchkühen wird in den letzten Jahren wegen der hohen Arbeitsbelastung verstärkt diskutiert. Doch wie kann das Weidemanagement aussehen, damit es die angespannte Arbeitssituation in Familienbetrieben entlastet? Welches System wirkt sich positiv auf Grasnarbe, Tiergesundheit und Lebensqualität der Landwirte aus? Diesen Fragen war der hessische Arbeitskreis Weide am 10. & 11. April 2019 mit dem Weidespezialisten Siegfried Steinberger (LfL Grub) auf oberbayerischen Betrieben nachgegangen.

Die Arbeitsbelastung auf familiengeführten Milchviehbetrieben ist hoch. Erkrankt die ältere Generation und sind kleine Kinder zu versorgen, kommen junge Betriebsleiterfamilien schnell an zeitliche Grenzen. Für Betriebe mit arrondierten Flächen (3 melkende Kühe pro Hektar) kann die saisonale Abkalbung in Verbindung mit Kurzrasenweide (KRW) einen Ausweg aus der Arbeitsfalle bieten. Das zeigten eindrücklich die besuchten Betriebe in Oberbayern (Landkreis Miesbach).

Mit der Kurzrasenweide werden Futtervorräte frei

Kälberaufzucht mit Sauertränke in der Gruppe
Schon 2010 stellte der ökologisch wirtschaftende Betrieb Schwabenbauer seinen Betrieb auf saisonale Abkalbung mit Vollweide um. Aktuell liegt die Leistung bei 7.332 kg mit einem Kraftfutteraufwand von 8 dt pro Kuh. Pro Hektar Weidefläche der Kühe melkt der Betrieb 10.000 kg. Aufgrund der geringen Weideverluste gegenüber der Stallfütterung wurden Futtervorräte frei. Der Betrieb konnte damit die Kuhzahl von 46 auf 60 erhöhen. Die Tiere beweiden 25 ha am Hof. Zudem verbesserte sich die Nutzungsdauer der Kühe von 28 auf 41 Monate. Mit der saisonalen Abkalbung sank das Erstkalbealter und damit auch die Anzahl der aufgezogenen Rinder. So beweiden 40 Jungrinder in zwei Gruppen die vom Hof weiter entfernten Flächen. Ab Ende April weiden die Kühe Tag und Nacht. Die Silos bleiben über den Sommer geschlossen. Auch die beiden Kraftfutterstationen bleiben ab Mai leer. Das Problem, dass die Kühe morgens nicht zum Melken in den Stall kommen, kennt der junge Betriebsleiter Johannis Schwabenbauer nicht: „Bei den Kühen ist das eine Erziehungssache. Zudem haben die Kühe in der ersten Hälfte der Vegetationsperiode noch einen hohen Milchdruck. Ab dem 200. Laktationstag hole ich die Kühe dann mit dem Fahrrad rein.“ Für die Aufzucht stehen neun Kälberiglus auf dem Hof. Die Kälber verbleiben maximal eine Woche, auch mal zu zweit, im Iglu und kommen dann in die Gruppe. Zur Joghurttränke erhalten die Kälber eine energiereiche 1.-Schnitt-Heulage (8 Rundballen pro Jahr). „Diese wirkt wie eine Trocken-TMR. Mit diesem hochverdaulichen Heu aus dem ersten Aufwuchs habe ich nur einen Aufwand von 1 kg Kraftfutter pro Kalb, “ erklärte Schwabenbauer. Mit diesem System konnte der Betrieb auch im letzten Jahr weitergeführt werden, als der Betriebsleiter und dessen Eltern krankheitsbedingt mehrere Wochen ausfielen.

Konsequenz schafft Arbeitserleichterung

Festinstallierte Tränken sind das A und O der Kurzrasenweide
Der konventionell wirtschaftende Betrieb Frey stellte seinen Milchviehbetrieb 2016 auf saisonale Abkalbung um. „Auf Vorträgen hatte ich von diesem Weidesystem gehört,“ erläuterte der Betriebsleiter und Vater von drei kleinen Kindern. Er hält 70 Fleckviehkühe. „Im ersten Jahr habe ich die stallnahen Ackerflächen eingesät, Festzäune gebaut und Tränken installiert.“ Danach wurde innerhalb eines Jahres die saisonale Abkalbung konsequent umgesetzt. Im Detail hieß das: Besamungsstopp ab Mai und Verkauf der Jungrinder, die nicht im Herbst kalben. „Dabei verlor ich keine Kuh. Ein Teil der Kühe wurde durchgemolken. Ein Teil trockengestellt. Auf der Trockensteherweide wurde diese nicht fett und verursachten kaum Kosten,“ so Michael Frey weiter. Diese Konsequenz hat der Betriebsleiter nicht bereut. „Man darf im ersten Jahr allerdings nicht auf die MLP-Berichte schauen. Milchleistung und Zwischenkalbezeit erschrecken. Ab September passte es dann.“ Der Betriebsleiter warnt davor, die saisonale Abkalbung in nur kleinen Schritten umzusetzen. „Das funktioniert nicht und die Enttäuschung ist groß.“ Für das Jungvieh hat der Betriebsleiter sogar eine ebene Ackerfläche im 3 km entfernten Ort eingesät. Mit einem umgebauten Tiefenlockerer wurde Strom (Weidezaun) und Wasserleitung verlegt. Die Anschlüsse sind an einem der Weidefläche angrenzenden Wohnhaus angeschlossen. Mit Wasseruhr und Stromzähler rechnet der Landwirt die Kosten mit dem Hausbesitzer ab. Dass das System nicht nur für langlebige Kühe, sondern auch für gesunde Kälber steht, zeigen die geringen Aufzuchtverluste. „Von 71 Kalbungen und 5 Totgeburten (inkl. Zwillingen) gab es in der letzten Kalbesaison keine Aufzuchtverluste,“ freute sich Frey. Die Herdenleistung liegt seit der Umstellung bei 6.500 kg. Für die 70 Kühe stehen 20 Hektar Weidefläche zur Verfügung. „Durch die Umstellung und die geringen Futterverluste der Kurzrasenweide wurden Futterflächen frei. Die Kuhzahl hat sich von 57 Kühe in 2013 mit 6.800 kg Leistung auf 70 Kühe mit 6.500 kg in 2018 entwickelt.“

Fazit

Die besichtigten Betriebe haben die Umstellung auf dieses System nicht bereut. Auch die hessischen Arbeitskreis-Teilnehmer mit Vollweide und saisonaler Abkalbung bestätigten die Vorteile des Systems.

Zusammenfassung

Vorteile der saisonalen Abkalbung – Kälber

Vorteile der saisonalen Abkalbung – Kühe

Vorteile der saisonalen Abkalbung – Weide

Vorteile der saisonalen Abkalbung – Arbeitszeit