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Mutterkuhhalterverein des Main-Kinzig-Kreises auf Informationsfahrt in Sachsen

Der Mutterkuhhalterverein des Main-Kinzig-Kreises machte eine Informationsfahrt nach Sachsen. Im Lehr- und Versuchsgut des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Köllitsch, Nordsachsen, wurden die 43 Teilnehmer freundlich empfangen.

Betrieb Wiegand und Schubart, Herefortzuchtbetrieb in Beilrode Nordsachsen; Foto: Enrico HartmannNach einer Vorstellung der Lehranstalt und einem Rundgang auf dem Versuchsgut mit den Einrichtungen zur Fortbildung in allen landwirtschaftlichen Bereichen, ging es in die Überschwemmungsgebiete der Elbauen. Diese Grünlandflächen sind ackerbaulich nicht zu nutzen und werden somit zum Teil mit Mutterkühen bewirtschaftet. Es werden hier drei Rassen, jede auf verschiedenen Standorten getrennt gehalten. Diese sind Angus, Limousin und Fleckvieh-Fleisch. Die Vermarktung erfolgt über Absetzerauktionen der hiesigen Zuchtorganisation und auch über Verkäufe ab Stall.

Betriebsbesuch in Torgau in den Elbauen

In Beilrode nahe Torgau bewirtschaftet das Ehepaar Wiegand-Schubart einen Grünlandbetrieb in den Elbauen mit 190 ha auf 4 Schlägen. Die Bodenpunkte liegen bei 80 bis 90 Bp jedoch mit nur geringen Niederschlägen von unter 500 mm Niederschlag. Somit sind Spitzenerträgen Grenzen gesetzt. Die Betriebsstätte liegt in einer Gemeinschaftsfläche mit mehreren Eigentümern, wobei die Aufteilungen auch lange Zeit nach der Wende noch nicht geklärt sind. Zur Zeit läuft ein Bodenordnungsverfahren. Hier auf dem Betrieb werden im Jahr ca. 120 bis 130 Abkalbungen erreicht. Diese erfolgen in der Regel alle im März und April auf der Weide. Die Kühe bleiben das ganze Jahr über auf der Weide. In 2014 wurde ein Roundhouse gebaut, um das Jungvieh hier auf der Betriebsstätte zu haben. Im Frühjahr 2015 wurden 15 Mutterkühe an einen Gestütsbetrieb verkauft, um die Pferdekoppeln mit Hereford nachzuweiden. Dieser Leiter des Gestütsbetriebes fand nun auch Interesse an den Herefords. Zu einfachen Schlachtviehverkauf waren ihm aber seine Tiere zu wertvoll und er baute eine Veredlungsvermarktung auf mit dem Verkaufslabel „Elbweiderind“.

Vermarktung, Schlachtung und Marketing

Die Vermarktung erfolgt vorwiegend in Leipzig. Hierbei werden nur Tiere aus den zwei Betrieben vermarktet. Hier vom Betrieb werden ca. 60 Bullen jährlich zum Schlachten vermarket und 10 Bullen zur Zucht. Die Schlachttiere werden in einem 24 km entfernten Schlachthof im Lohn geschlachtet und in einer Ortsmetzgerei zerlegt. Es erfolgt eine Vermarktung des ganzen Schlachtkörpers. Das Fleisch wird ausreichend reifen lassen und auf einem Gestüt den Verbrauchern bei besonderen Events mit Verkostungsaktionen und Weinproben und sonstigen Attraktionen angeboten. Dem Marketing zum Endverbraucher wird ein hoher Stellenwert zugemessen. Auch das Internet und Facebook findet hier Anwendung. Die Fütterung hier erfolgt auch über Zukauffuttermittel wie Rübenpressschnitzel und Maissilage im Silierschlauch. Auch die weibliche Nachzucht wird intensiv gefüttert, da die Belegung schon nach 14 Monaten erfolgt. Eine tägliche Zunahme von 700 bis 900 Gramm ist dann erforderlich.

Vermarktung der Zucht und Roundhouse-Stall

Züchterisch wird mit Embryotransfer gearbeitet. Insbesondere in der Schweiz wird viel verkauft, da hier auch Milchviehhalter auf Mutterkuhhaltung wechseln. Mit dem Embryotransfer kommt man zum einen züchterisch schneller voran und der Inzuchtproblematik wird entgegengewirkt. Der Embryotransfer wird hier erfolgreich eingesetzt. Die Vitalität der Tiere ist eine Grundvoraussetzung. Auf der einen Fläche standen in zwei Herden ca. 110 Mutterkühe. Zuchttiere werden über den Zuchtverband verkauft. Der Betrieb hat eine eigene Homepage mit Bewerbung im Internet, welche schon einen hohen Bekanntheitsgrad hat. Nach der Besichtigung der Mutterkuhherden auf den Weiden wurde die Hofstelle besichtigt. Auf dem Weg dahin, berichtete Herr Schubart und Frau Wiegand von der nächstens anstehenden Investition auf dem Betrieb. Die Planungen und Investitionen für einen mobilen Wolfsschutzzaun sind aufgrund der Nähe der Annaburger Heide notwendig geworden, da schon zwei Wolfsrudel vorhanden sind. Dieser Zaun ist patentiert mit einem Rollensystem mit 5 Drähten und einer hohen Stromspannung sodass der Wolf vergrämt wird. Das in 2014 erstellte Roundhouse hat eine Fläche von 700 m² für bis zu 100 Tiere. Der Vorteil des Stalles, er ist schnell bezugsfertig und für Hereford gut geeignet aufgrund der Offenheit und ohne Zugluftwirkung. Die Fütterung mit 1 : 1 Liege-Fressplatzverhältnis stellt einen großen Vorzug gegenüber anderen Stallformen dar. Der Stall hat 8 Abteile. Aufgrund der 8 Segmente kann eine Person den Stall gut bedienen. Die Einstreu erfolgt mit einem Einstreugebläse über den Futtertisch. Die Besuchergruppe erhielt hier auf dem Betrieb Schubart und Wiegand einen guten Einblick über das Zuchtgeschehen sowie die Haltung der Hereford Mutterkuhherde.

Mutterkuhbetrieb in Wiedemar

Der dritte Besichtigungsbetrieb war bei der Familie von Heiko Fischer in Wiedemar-Pohritsch, ebenfalls in Nordsachsen, zwischen Halle und Leipzig, im Ausläufer von der Magdeburger Börde, mit Ø 82 BP in einer reinen Ackerbauregion. Die Mutterkuhhaltung ist hier eigentlich nicht üblich. Der Grund der Mutterkuhhaltung liegt in der tierzüchterischen Ausbildung des Betriebsleiterehepaares. Das Rindervirus bei dem Ehepaar ist hier stark ausgeprägt. Der Limousin-Herdbuchzuchtbetrieb ist ein Vollerwerbsbetrieb mit 280 ha LF, davon 260 ha Ackerbau, Weizen, Rüben, Gerste, Raps, Durum und Emmer. Sowie 30 ha Grünland für die Mutterkuhhaltung. Das sind Grünlandflächen, welche mit Maschinen nicht rentabel bewirtschaftet werden können. Weiterhin werden noch 130 ha Lohnarbeiten im Ackerbau für einen weiteren Betrieb von Aussaat bis Ernte getätigt. Es werden somit Arbeiten auf 410 ha im Familienbetrieb erledigt. Die Rinderhaltung besteht seit 1995 und hat sich zum Limousinzuchtbetrieb entwickelt. Es werden zur Zeit 20 Mutterkühe mit Nachzucht gehalten.

Vermarktung und Schlachtung des Zuchtviehs

Die Zuchtviehvermarktung ist in der reinen Ackerbauregion ein Problem. Somit erfolgt die Vermarktung über Direktvermarktung von Fleisch ab Hof an einen bekannten Kundenstamm. Werbung wird keine gemacht, da das Angebot so schon nicht ausreicht. Zur Zeit erfolgen die Bestellungen für Februar 2018. Es werden ca. 15 Tiere im Jahr geschlachtet. Dies erfolgt in einer Landschlachterei in der Nähe. Die Zerlegung erfolgt im Betrieb vom Betriebsleiter und seiner Ehefrau. Zerlegt wir immer am Montag und Dienstag. Verkauf ist dann am Mittwoch. Hier kann der Kunde seine Einkaufswünsche äußern. Jedoch kann der Kunde nicht nur Edelteile verlangen. Es muss vom gesamten Schlachtkörper gekauft werden. Der Kunde schaut beim Verpacken zu und sieht was er erhält. Der Hofladen ist in einem hoch ansprechenden Erscheinungsbild mit stilgerechter Ausgestaltung im Verkaufsraum. Das Auge des Kunden kauft eben mit. Der Zerlegeraum ist in einem Topzustand und sogar mit einem Reifeschrank für Rindfleisch bestückt. Dieses Fleisch für einen Reifeschrank benötigt aber eine gewisse Fettauflage. Bei Limousinjungbullen wird diese Fettauflage nicht erreicht. Somit wird der Reifeschrank nur selten genutzt. Ausnahmen bei Färsenfleisch mit Edelteilstücken mit einem hohen Verkaufspreis. Das Kilopaket wird mit 9,- € vermarktet, d.h. vom Knochen bis zur Roullade. Roastbeef für 20,- € das Kilo, Filet 30,- € das Kilo. Herr Fischer bevorzugt zur Schlachtung eher einen jungen Schlachtkörper mit einer gewissen Fettauflage gegenüber einem schweren Tier ohne Fettauflage. Die Vermarktung ist hier viel problematischer, da die Teilstücke größer sind. Eine gewisse Fettauflage und Marmorierung des Fleisches muss einfach sein. Hier wird der Verbraucher auch beraten und aufgeklärt. Frau Fischer veranstaltet in einem separaten Bewirtungsraum Fleischverkostungen von verschiedenen Rinderrassen. Hier können Direktvermarkter verschiedener Rassen ihr Fleisch mitbringen und mit Kollegen verkosten. Das Ergebnis ist, nicht die Rasse ist entscheidend sondern das Tier, wie alt, wie gefüttert, wie geschlachtet, wie gereift und letztendlich wie zubereitet. Hier im Betrieb Fischer konnte viel zur Vermarktung von Rindfleisch direkt ab Hof gelernt werden.

Wertvolle Erkenntnisse

Insgesamt war die Fahrt für die Mutterkuhhalter aus dem Main-Kinzig-Kreis eine wertvolle Informationsfahrt. Wenn ein Teil der neuen Eindrücke im eigenen Betrieb angewandt werden kann, hat sich die Fahrt für die Landwirte gelohnt.