Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Rinder

Herausragende Fleischrinderzucht mit Staatsehrenpreis ausgezeichnet

Während viele aktive Rinderzuchtbetriebe über eine beachtliche Tradition auf ihren Hof zurücksehen können, ist das bei Horst Kraft in Ottrau durchaus anders.

Vor 35 Jahren startete Horst Kraft in Ottrau im Knüll mit zwei Galloway-Färsen und wurde damals sicherlich von manchem Kollegen in der Region leicht belächelt. Die Rasse war damals noch weitestgehend unbekannt und ganzjährige Weidehaltung auf dem Grünland ein Fremdwort. Der ausgebildete Sozialpädagoge, der als Jugendbildungsreferent bei der evangelischen Kirche tätig war, ließ sich aber von seinem Weg nicht abbringen und die Möglichkeit weitere Weideflächen zu bekommen wurde immer wieder genutzt. Der heute festgeschriebene Herdenname „vom Bechtelsberg“ ist ein Hinweis darauf, dass große Weideflächen am Bechtelsberg zur Verfügung stehen. Zug um Zug wuchs die Herde an und am Standort Steinmühle in Ottrau-Schorbach wurde ein Platz gefunden, der sich als Offenstall nutzen lässt und speziell für die Lagerung von Futter, aber auch die Vorbereitung von Schautieren sehr bewährt hat und längst auch unverzichtbar ist. Im Rahmen ihrer Laudatio zur Vergabe des Staatsehrenpreises, der nur einmal pro Jahr in der gesamten hessischen Rinderzucht vergeben wird, betonte Frau Anna Kaiser vom HMUKLV das enorme Engagement, das der Betrieb Kraft in den zurückliegenden Jahrzehnten im Bereich der extensiven Rinderhaltung mit seinen Galloways immer wieder gezeigt hat. Dabei war sich der Betriebsleiter Horst Kraft immer der Unterstützung seiner Familie oder auch anderer Helfer bewusst, denn bei den durchaus nicht seltenen berufsbedingten Abwesenheiten musste ja jemand vor Ort sein, um sich um die wachsenden Herden auf den verschiedensten Standorten zu kümmern. Heute ist die Herde auf über 40 Kühe mit kompletter Nachzucht angewachsen und ständig sind sieben bis acht verschiedene Gruppen auf den einzelnen Weiden zu betreuen. Der damit verbundene Aufwand und dazu zählt auch die Anforderung entsprechender Einzäunung darf dabei nicht übersehen werden.

Hervorragender züchterischer Standard

Das hervorragende züchterische Niveau der Herde Kraft kommt vor allem in der sehr guten Exterieurqualität und Fruchtbarkeit zum Ausdruck.
Das hervorragende züchterische Niveau der Herde Kraft ist über mehrere Merkmale definiert. Die hervorragende Exterieurqualität der Kühe ist durch entsprechende Einstufungen dokumentiert und eine beachtliche Zahl an Kandidatinnen ist auch seit Jahren in der nationalen Top-Liste für die Rasse Galloway zu finden. Der dafür überlegene Standard im wichtigen Merkmalskomplex Fruchtbarkeit ist in der ganzen Herde vorzufinden, denn die durchschnittliche Zwischenkalbezeit liegt konstant zwischen 370 und 380 Tagen. Ein erheblicher Teil der Kühe geht auf den Y-Kuhstamm zurück, der auf einen sehr erfolgreichen Zukauf aus dem Zuchtbetrieb Schultheiß/Ferstl aus Zella zurückgeht. Auch wenn die Herde in den letzten Jahren konstant gewachsen ist, wurden immer wieder herausragende Tiere in unterschiedliche Regionen Deutschlands, aber auch in den Export verkauft. Dazu zählen auch Siegerrinder, die bei „Best Of“ in Groß Kreutz angeboten wurden und für den Aufbau neuer Herden erworben wurden.

Ein weiteres Merkmal, an dem man den züchterischen Standard sehr gut ablesen kann, sind die Schauerfolge, die in den letzten Jahren auf unterschiedlichster Ebene erreicht wurden. Dazu hat auch die aktive Mitwirkung von Anna und Johannes Bock deutlich beigetragen, die die Familie Kraft tatkräftig und sehr erfolgreich bei ihren züchterischen Aktivitäten unterstützen. Mehrere Sieger- oder Reservesiegertitel bei den Fleischrindertagen in Alsfeld in den vergangenen Jahren stehen zu Buche und bei der Bundesschau 2016 kam mit der Färse Yemen ebenfalls die Siegerin aus der Bechtelsberg-Herde. Als weiterer züchterischer Erfolg ist der Bundessiegertitel für den aktuellen Bundessieger Hadschi vom Bechtelsberg zu erwähnen, den sein neuer Besitzer aus Baden-Württemberg im vergangenen Jahr erreichen konnte.

Maßgeblich zu der ganzen züchterischen Entwicklung hat die Tatsache beigetragen, dass Horst Kraft in den vergangenen Jahren immer wieder international nach hochwertiger Genetik Ausschau gehalten hat und gezielte Ergänzungen zur Erweiterung der genetischen Variabilität vorgenommen wurden. Deswegen finden sich heute im Betrieb eine Vielzahl von international sehr erfolgreichen Blutlinien, die die gesamte Galloway-Zucht in Deutschland eindeutig bereichern. Aus diesem Grund haben in den zurückliegenden Jahren viele Züchter den Weg nach Ottrau gefunden, um die Selektion ihres neuen Herdenbullen auf dem Hof Kraft vorzunehmen.

Ein weiterer enorm wichtiger Aspekt in der Vermarktung ist jedoch auch die Direktvermarktung des Fleisches der Tiere, die sich für den Zuchtviehmarkt nicht empfehlen. Kunden aus dem regionalen Umfeld, aber durchaus auch aus entfernteren Regionen, schätzen das Fleisch aus der Kraft´schen Galloway-Herde und die Beschickung von Schauen wirkt sich auch hier sehr positiv auf die Kundenbetreuung aus. Ein weiterer wichtiger Aspekt der züchterischen Arbeit war und ist die Unterstützung der Veranstaltung der Jungzüchter auf verschiedensten Ebenen. Immer wieder waren junge Leute mit Färsen aus dem Betrieb Kraft bei den unterschiedlichsten Wettbewerben vertreten und sorgten dafür, dass Siegertitel nach Hessen kamen. Dieses ist nicht möglich, wenn nicht eine entsprechende Vorbereitung der Tiere im Betrieb gewährleistet ist.

In gleicherweise hat sich Horst Kraft über viele Jahre im Ehrenamt stark engagiert und die Interessen der extensiven Rinderhaltung im Aufsichtsrat der Zucht- und Besamungsunion Hessen eG mit Nachdruck vertreten. Bei vielen Terminen oder Veranstaltungen, die er als Vorsitzender des Bundesverbandes der Galloway-Züchter wahrgenommen hat, ist es Horst Kraft gelungen, die Vorzüge der Rasse herauszustellen und damit aktiv und erfolgreich Werbung für Galloways aus Deutschland zu machen. Dieser enorme zeitliche Einsatz war auch nur deswegen möglich, weil im Besonderen die Unterstützung der Familie Bock bei der Betreuung der Herde vor Ort immer gegeben ist. Die Vergabe des Staatsehrenpreises an den Zuchtbetrieb Kraft, Ottrau, unterstreicht die Bedeutung, die die Mutterkuhhaltung mit extensiven Rassen in Hessen hat und die heute für die Beweidung auf vielen Standorten absolut unverzichtbar ist.


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