Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Schweine

Gesunder Schwanz durch Futterzusatzstoffe?

Um das Kürzen der Schwänze bei Saugferkeln in der Praxis erfolgreich auszusetzen, bedarf es Maßnahmen, die das Phänomen des Schwanzbeißens reduzieren.

Sau mit Ferkeln im Stall

Hierzu hat der LLH gemeinsam mit der Firma Additive Solutions Lichtendahl (Südlohn) den Einfluss von Futterzusatzstoffen erprobt, wobei es sich nicht um eine wissenschaftliche Studie, sondern um einen Praxistest, handelte.

Dilemma Schwanzbeißen

Die Schwänze von Ferkeln werden kupiert, um ein Schwanzbeißen auszuschließen und somit gesundheitliche Schäden (wie z.B. Schwanznekrosen) in der Ferkelaufzucht- und Mastphase zu verringern. Diese Maßnahme ist tierschutzrechtlich jedoch in nur besonders begründeten Ausnahmefällen zulässig. Dennoch sind in Deutschland derzeit 95 % aller Mastschweine kupiert. Diese derzeitige Situation stellt nicht nur für Landwirte, amtliche und praktische Tierärzte, sondern auch für die Politik ein Dilemma dar.

Multifaktorielle Ursachen für Schwanznekrosen

Am Landwirtschaftszentrum Eichhof (LLH) wird seit geraumer Zeit auf das Kupieren der Schwänze bei Ferkeln verzichtet. Dabei wird das Haltungs- und Fütterungssystem so optimiert, dass das Schwanzbeißen minimiert wird. Tritt dennoch Schwanzbeißen auf, muss unterschieden werden, ob

  • der Schwanz primär schon durch Entzündungen bzw. Nekrosen geschädigt war oder
  • im Zuge dieses Geschehens sekundäre Nekrosen auftreten.

Soll der Ringelschwanz intakt bleiben, müssen Schwanzentzündungen und Nekrosen vermieden werden. Verantwortlich für diese Entzündungsprozesse könnte laut neuster Erkenntnisse eine Anhäufung mikrobieller Abbauprodukte, in erster Linie Endotoxine, im Schwanz sein. Diese Toxine und andere mikrobiellen Abbauprodukte stammen primär aus dem Bereich des Darms als Folge überschießender bakterieller Vermehrung. Darmbakterien werden von Schweinen direkt aus der Umgebung aufgenommen. Die hohe Belastung der Schweine mit gramnegativen Keimen ist zurückzuführen auf Hygienemängel, hohe Haltungsdichte, zu geringen Antikörperspiegel und immunologische Lücken. Saugferkel können bereits mit dem Kolostrum erhebliche Mengen an Endotoxinen aufnehmen.

Die häufig im Futter vorkommenden Mykotoxine (pilzlicher Herkunft) können wiederum den Abbau von Endotoxinen dramatisch beeinflussen. Mykotoxine schwächen nämlich die Darmbarriere und das Immunsystem und beeinträchtigen den Stoffwechsel negativ (M. Lechner, F. Langbein, G. Reiner, Tierärztliche Umschau 70, 2015). Als weitere Ursachen für Schwanznekrosen werden ein überlasteter Stoffwechsel, Fütterungsfehler, Mängel in der Wasserversorgung und des Wärmehaushalts vermutet.

Lösungsansatz: Unschädlichmachen durch Bindung

Auf der Suche nach Möglichkeiten Endo- und Mykotoxinen zu entschärfen, sind wir auf die Produkte der Firma ASL aufmerksam geworden. Die Spezialprodukte des Unternehmens binden Endotoxine und machen sie so unschädlich. Der Einsatz der verschiedenen Produkte wurde mit Werner Lichtendahl (ASL) vor Ort am LWZ besprochen. Zunächst wurden die Haltungsbedingungen und Probleme erläutert und durch eine Stallbegehung im Sauen- sowie im Ferkelaufzuchtstall verdeutlicht.

Weniger Nekrosen und schnellere Wundheilung

Folgende Empfehlung wurde umgesetzt: Bei den Sauen wurde Safety First 600 mit 4 kg pro t Futtermischung eingesetzt. Nach unseren Beobachtungen reduzierten sich die Schulterläsionen der Sauen oder heilten schneller ab. Tatsächlich konnte im Zeitverlauf auch ein Rückgang der Schwanznekrosen bei Ferkeln beobachtet werden. Vermutlich wurde durch das Produkt die Weitergabe von Toxinen über die Muttermilch auf die Ferkel reduziert.

In der Ferkelaufzucht wurden die Produkte Safety First 200, Safety First 600 und Welital WH eingemischt. Das Ferkelaufzuchtfutter wurde den Ferkeln vier Tage vor dem Absetzen von der Muttersau angeboten. Damit sollten die Ferkel auch nach dem Wegfall der Muttermilch im Ferkelaufzuchtstall ohne Unterbrechung weiterwachsen und weniger Probleme mit Nekrosen und Schwanzbeißen bekommen. Wir konnten feststellen, dass mit dem Einsatz der ASL-Produkte, ein Schwanzbeißen bei Ferkeln wesentlich seltener vorkam, bei merklich geringerer Anzahl an Wundverletzungen. Traten Stresssituationen bei den Aufzuchtferkeln (z.B. durch Störungen in der Fütterung, Klimaschwankungen usw.) und Verhaltensänderungen auf, wurden spezielle ASL-Produkte zur freien Aufnahme den Ferkeln angeboten. Zusätzlich wurden die Produkte Yucabu 600 eingesetzt und ASL AZ bei den betroffenen Ferkeln zur freien Aufnahme angeboten. Nach unserer Beobachtung heilen seitdem die Wunden von verletzten Tieren schneller ab und der Antibiotikaeinsatz konnte reduziert werden.


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