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Was machen Rebhühner und Feldhasen bei hoher Schneelage?

Nachdem die vergangenen Winter durch milde Witterung und nur wenige Tage mit Frost oder Schnee gekennzeichnet waren, hat uns dieser Winter in Nordhessen bereits zweimal winterliches Wetter mit hohen Schneelagen und starkem Frost beschert.

Doch während wir Menschen unsere Wohnungen jetzt intensiver heizen und beim Verlassen des Hauses eine wärmere Jacke anziehen, sind die heimischen Wildtiere der Wetterlage voll ausgesetzt. Sie sind darauf angewiesen, dass sie sich im Herbst genügend Körperfett und ein dichtes Winterfell oder Federkleid zugelegt haben.

Erschwerte Futtersuche

Rebhuhn im Winter: Leben im Energiespar-Modus – bitte nicht stören!
Trotz guter körperlicher Vorbereitung auf den Winter brauchen unsere Wildtiere dennoch täglich Nahrung, um ihre Wärmeregulation funktionsfähig zu halten. Bei hoher Schneelage kann die Futtersuche besonders für die kleineren Wildtier-Arten sehr schwierig werden, da sie nicht mehr bis an den Boden an ihre Nahrung gelangen. Während Wildschweine, Reh- und Rotwild mit den aktuellen Schneehöhen noch keine Probleme haben, haben es die kleinen Arten wie Feldhase oder Rebhuhn und viele Singvögel schon deutlich schwerer, an ihre Nahrung zu gelangen.

Energie sparen gilt auch für Wildtiere

Bei Schnee und Frost ist auch bei unseren Wildtieren Energie sparen angesagt, denn das ermöglicht es, mit reduzierter Futteraufnahme auch schwierige Wintertage zu überstehen. So werden von ihnen gezielt Bereiche in der Landschaft aufgesucht, welche guten Wetterschutz und gleichzeitig Nahrungsverfügbarkeit bei größtmöglicher Ungestörtheit bieten. Auf diese Weise ist effektives Energiesparen auch für Wildtiere möglich.

Tarnung geht im Schnee verloren

Perfekt getarnt – ein Feldhase in abfrierender Zwischenfrucht
Seit einigen Jahren werden häufig Zwischenfrüchte wie Senf oder Phacelia auf den Äckern angebaut. Sie bieten dem Wild in Herbst und Winter gute Nahrungs- und Versteckmöglichkeiten. Doch nach strengem Frost sind diese Pflanzen abgefroren und durch den Schnee flach auf den Boden gedrückt, sie bieten Wildtieren jetzt meist keine ausreichende Deckung mehr.

Besonders bei Feldhase und Rebhuhn geht in der weißen Winterlandschaft die bis dahin perfekte Tarnung durch verschiedene Brauntöne in Fell und Gefieder verloren. Braune Flecken fallen in weißer Umgebung optisch stark auf. Nur ihre alpinen Verwandten, Schneehase und Alpenschneehuhn, haben sich über einen jahreszeitlichen Farbwechsel an die Farbe ihrer winterlichen Umgebung angepasst und können sich so ihre Tarnung erhalten. Bei einer geschlossenen Schneedecke besteht daher in unseren Breiten erhöhte Gefahr von Beutegreifern wie Fuchs oder Habicht entdeckt und gerissen zu werden. Um dies zu vermeiden lassen sich Feldhase und Rebhuhn manchmal sogar teilweise einschneien. Dieses Verhalten hat einerseits den Vorteil, trotz brauner Färbung im weißen Schnee nicht aufzufallen, andererseits hat der Schnee eine gewisse isolierende Kälteschutzfunktion und hilft zusätzlich beim Energiesparen.

Familienverband (Kette) bietet jetzt Sicherheit

Während der Feldhase ohne familiäre Hilfe durch alle Jahreszeiten geht, bleiben besonders unsere Rebhühner im Winterhalbjahr als „Kette“ im wachsamen Familienverband zusammen. Bei so vielen aufmerksamen Augen ist es für Beutegreifer deutlich schwieriger, sich unbemerkt heranzuschleichen.

Unordnung in der Feldflur wird zum Lebensretter

Ungemähte Böschungen können jetzt Leben retten
Eine gewisse „Unordnung“ in der Feldflur in Form niedriger Hecken, einzelner Sträucher oder nicht gemähter Säume und Böschungen zahlt sich jetzt für unsere Wildtiere aus, denn solche Strukturen sind bei hoher Schneelage die einzige Möglichkeit, ein Versteck mit angenehmerem Kleinklima zu finden.

Deutlich weniger Schnee innerhalb der Hecke ermöglicht den Rebhühnern die Futtersuche am Boden. Die am Rande solcher Strukturen noch stehenden Samenstände von krautigen Pflanzen bieten willkommene Nahrung.

Fütterung in Notzeiten

Im Winter füttern wir Menschen gern die Singvögel in unseren Gärten und an unseren Häusern. Dass diese Fütterungen bei hohem Schnee und strengem Frost noch intensiver von den Vögeln angenommen werden, ist leicht zu beobachten.

Feldhasen schälen gern die liegengelassenen Äste von Obstgehölzen oder Weiden, welche in Herbst und Frühling beschnitten wurden (sog. Prossholz). Rebhühner zu füttern gestaltet sich deutlich schwieriger, da sich diese jetzt wenig in ihrem Lebensraum bewegen und nicht aktiv nach einer Futterstelle suchen.

Das Feldflurprojekt zum Rebhuhnschutz im Schwalm-Eder-Kreis möchte auf die Fütterung von Rebhühnern komplett verzichten und arbeitet ausschließlich über die Verbesserung des Lebensraumes indem in Zusammenarbeit mit den örtlichen Landwirten besondere, mehrjährige Blühflächen für Feldvögel angelegt werden.

Beunruhigungen vermeiden

Der Kreislauf vieler Wildtierarten läuft in diesen Wintertagen auf niedriger Sparflamme. Viel wichtiger als das Bereitstellen von Fütterungen ist es jetzt, jede Beunruhigung für die Tiere zu vermeiden, denn jede Fluchtreaktion verbraucht unnötig überlebenswichtige Energiereserven.

Hält die hohe Schneelage längere Zeit an und fehlen die überlebenswichtigen Strukturen in der Landschaft, sind hohe Tierverluste nicht zu vermeiden. Effektiver als jede Notzeitfütterung ist daher die Anlage und Pflege von abwechslungsreichen Strukturelementen, die bei jeder Wetterlage Rückzugsraum und Schutz bieten kann.


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