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Umgang mit Lehm in Theorie und Praxis

Nachlese zu den Seminaren 2021 in Witzenhausen

Der Seminarleiter Dieter Brauch vom NetzwerkLehm vermittelt am Vormittag die Theorie zum Baustoff Lehm und seinen Anwendungen. Foto: Diana Wetzestein

 

Der Bausektor beeinflusst mit seinen Neubauten, seinem damit verbundenen Flächenverbrauch, der Herstellung der Baustoffe und der notwendigen Energie für die Bereitstellung von Wärme und Strom unser Klima erheblich.

Alle Faktoren müssen bezüglich der CO2-Emission stark reduziert werden. Besonders wichtig ist, dass der Gebäudebestand energetisch saniert wird und dass bei Neubau, Sanierung und Verdichtung auf kreislauffähige Baustoffe geachtet wird.

Immer noch kommen, auch wenn es der Gebäudetyp nicht erfordert, viel Beton, Stahl, Ziegel und künstliche Dämmstoffe zum Einsatz – alles Baustoffe, die mit viel Energieeinsatz, CO2-Emission und Verbrauch an unwiederbringlichen Primärrohstoffen einhergehen.

Lehm ist ein nachhaltiger Baustoff

Ungebrannte Lehmziegel, sogenannte Grünlinge, werden nach DIN hergestellt und auf die Baustelle geliefert. Man benötigt nur einfaches Werkzeug. Eine eigene Heimwerker-Herstellung ist möglich, aber nur für den Innenausbau verwendbar. Foto: Diana Wetzestein
Lehmmörtel oder Lehmputze werden in Wasser eingesumpft und glattgerührt. Sie sind dann direkt verarbeitungsfähig. Man kann sowohl alte Lehmputze und Lehmziegelbruch zu Mörtel und Putzen wiederverwenden als auch konfektioniertes Material vom Hersteller verarbeiten. Foto: Diana Wetzestein

Zu den kreislauffähigen Baustoffen zählt neben Holz und Naturfasern auch der historische Baustoff Lehm, weil er zu jeder Zeit ohne Recycling wiederverwendet werden kann. Wer jetzt an die Lehmgrube am Dorfrand denkt (oder auf hessisch: „Leimenkaute“ / „Leimenküdde“), hat das richtige Material im Blick. Aber im modernen Lehmbau können alle Produkte verarbeitungsfertig vom Hersteller oder Händler bezogen werden. Lehm ist die ideale Kombination zu Holz, weil er feuchteausgleichend wirkt. Er kann für große Flächen auch mit Putzpumpe verarbeitet werden, ist für Schallschutzdämmungen als Schüttgut verfügbar und wird mit leichten Zuschlagstoffen auch als Dämmung verwendet. Als Brandhemmer wurden Lehmbeschichtungen schon im Mittelalter verwendet.

Lehm hat mehrere sehr große Vorteile: Lehm wirkt luftfeuchteausgleichend, Lehm absorbiert Schadstoffe und Lehm ist leicht anzuwenden, weil er immer wieder eingesumpft und neu verarbeitet werden kann. Wer einmal die angenehme Luft in einem Lehmbau gespürt hat, wird nicht mehr tauschen wollen.

Die Seminare „Umgang mit Lehm in Theorie und Praxis“, die im Fachgebiet Fachinformation Biorohstoffnutzung – HessenRohstoffe (HeRo) seit Jahren angeboten werden, erfreuen sich großer Beliebtheit. Die Gründe der Teilnahme sind verschieden. Viele Teilnehmende möchten ihre Fachwerkgebäude fachgerecht sanieren, Planer und Handwerker bilden sich fort, Studierende möchten ihre Ausbildungsinhalte und berufliche Ausrichtung ergänzen.  Oftmals sind auch Interessierte dabei, die in einem Neubau leben und dort eine bessere Raumluft herstellen möchten.

Bevor die Praxis startet erklärt der Seminarleiter, welche Arbeiten ausgeführt werden können.

Nachdem wegen der Pandemie eine Fachwerkbaustelle für den Praxisteil nicht mehr aufgesucht werden kann, wurde im Außenbereich des LLH-HeRo ein Fachwerkmodell errichtet, das ein corona-konformes Arbeiten im Freien zulässt. Die Teilnehmer können sowohl Flechtwerk aus Weide mit Lehmbewurf ausprobieren als auch Lehmziegelausfachungen. Schließlich werden auch Putze als Unterputz und Deckputz aufgebracht oder erklärt, wie Lehmputze im Neubau eingesetzt werden.

Zu den Seminaren im Juni und Juli 2021 kamen besonders viele junge Teilnehmende, Studierende, Berufsanfänger oder Arbeitssuchende. Mit viel Wissbegierde waren alle dabei und das machte viel Spaß. Dieses Seminarformat ist nach einhelliger Meinung auch für die Zukunft sehr zu empfehlen.

Impressionen von der Lehmbaupraxis