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Nachlese: 6. HeRo Faktencheck – Bedeutung von Biogasanlagen

Für einige Biogasanlagen endet in naher Zukunft die 20-jährige feste EEG-Vergütung. Wie kann ein Weiterbetrieb aussehen? Und welche neuen Rahmenbedingungen bringt das EEG 2023 für den Betrieb von neuen Gülle-Kleinanlagen mit sich? Diese und weitere Fragen wurden Ende September auf einem Thementag rund um die Biogaserzeugung, der vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) und dem Kompetenzzentrum Hessen Rohstoffe (HeRo) e.V. ausgerichtet wurde, in Fachvorträgen erörtert.

EEG-Vergütung läuft aus: Welche Optionen bieten sich?

Für einige Anlagen endet in naher Zukunft die 20-jährige feste EEG-Vergütung. Für einen Weiterbetrieb haben die Betreiber verschiedene Möglichkeiten. Die wichtigsten Voraussetzungen sind natürlich der technische Zustand der Anlage, der persönliche Wille und die betrieblichen Voraussetzungen, die Anlage für mindestens 10 Jahre weiter zu betreiben. Bei der Veranstaltung wurden dazu u.a. die Möglichkeiten für die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren dargestellt. Dies ist eine relativ einfach umsetzbare Option für einen 10-jährigen Weiterbetrieb. Zudem ermöglichen die stark angestiegenen Preise fossiler Rohstoffe den Anlagenbetreibern ihre Abwärme besser zu vermarkten.
Für größere Biogasanlagen wurden die Vermarktung von aufbereitetem Biogas vorgestellt. Voraussetzung dafür ist eine Gasaufbereitungsanlage, die jedoch mit hohen Kosten verbunden ist. Das aufbereitete Biogas kann im Anschluss in das Erdgasnetz eingespeist werden oder bei günstigen Standortbedingungen als Kraftstoff vermarktet werden. Letzteres nennt sich CNG (Compressed Natural Gas, komprimiertes Methan). Durch die Verdichtung auf 200 bar kann genügend Energie im Fahrzeug gespeichert werden, um Reichweiten analog zu Benzinfahrzeugen zu erhalten. Der Energieinhalt von 1 kg CNG ist vergleichbar mit ca. 1,3 Liter Diesel bzw. 1,5 Liter Benzin. Wird das Biomethan aus Wirtschaftsdüngern erzeugt, kann über die Treibhausgas (THG-Quote) eine Zusatzeinnahme von ca. 20 Cent/kWh generiert werden. Der Bau einer solchen Tankstelle ist jedoch sehr aufwendig und es muss eine entsprechende Nachfrage vor Ort bestehen.

EEG 2023: Veränderte Rahmenbedingungen für den Betrieb neuer Gülle-Kleinanlagen

Die Pflicht zur doppelten Überbauung wird aufgehoben, welche bisher ab 100 kW installierter Leistung vorgeschrieben war. So ist es ab 2023 möglich, neue Anlagen mit einer maximalen Leistung von 150 kW zu installieren, bei einer Obergrenze von 150 kW Bemessungsleistung. Bezüglich Vergütung werden für bis zu 75 kW Bemessungsleistung 22 ct/kWh und für mehr als 75 kW (bis150 kW) 19 ct/kWh vergütet. Der Einsatz von Gülle und Mist muss zu einem Mindestanteil von 80 Masse-% erfolgen. Ab 2023 ist überjähriges Kleegras mit bis zu 10 Masse-% anrechenbar. Geflügelmist und -kot sind weiterhin nicht auf die Wirtschaftsdüngermenge anrechenbar.

Der Begriff „Gülle“ definiert sich im EEG 2023 weiterhin mit Bezug auf die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009. Hierzu zählen die Exkremente und/oder Urin von Nutztieren (mit Ausnahme von Zuchtfischen) mit und ohne Einstreu.

Gülle-Kleinanlagen: Groß im Klimaschutz

Gülle-Kleinanlagen haben, bedingt durch die Leistung, zwar eine geringere Bedeutung für den Energiemarkt, jedoch eine große im Bereich des Klimaschutzes. Denn durch die Vergärung von Gülle und Festmist reduzieren sich die Methanemissionen aus der Tierhaltung. Dies ergibt sich zum einen aus der Nutzung des erzeugten Biogases zur Strom- und Wärmeerzeugung und zum anderen aus der gasdichten Lagerung der anfallenden Gärreste.

Das deutsche Biomasseforschungszentrum (DBFZ) hat in einer Studie herausgefunden, dass durch die Biogaserzeugung pro kg Gülle (FM) zwischen 42 und 54 g CO2-Äquivalente eingespart werden. In Deutschland vergären Biogasanlagen aktuell ca. ein Drittel des Aufkommens an Wirtschaftsdüngern (50 Mio. t von 150-190 Mio.t). Durch diese Menge werden laut DBFZ insgesamt ca. 2,6-3,1 Mio. t Emissionen „eingespart“.

Die Wirtschaftlichkeitsberechnung ergibt jedoch, dass sich durch die stark gestiegenen Baukosten neue Gülle-Kleinanlagen nur in seltenen Fällen wirtschaftlich darstellen lassen – auch unter den Gegebenheiten des neuen EEG 2023. Daher sollte auf jeden Fall eine individuelle Berechnung unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten von neutraler Seite durchgeführt werden. Nach Angaben des Referenten sollte für den Betrieb einer Gülle-Kleinanlage ein Wirtschaftsdüngeraufkommen von mindestens 550 Großvieheinheiten vorhanden sein. Eine Bestandsanlage für die EEG-Vergütung ‚Güllevergärung‘ umzurüsten ist derzeit nicht möglich. Das heißt die bisherige Anlage müsste komplett abgebaut und eine neue Anlage errichtet werden.

Änderungen durch das Energiesicherungsgesetz

Der Geschäftsführer des Fachverbandes Biogas erläuterte in seinem Vortrag die Änderungen durch das Osterpaket bzw. das EEG 2023. Ebenso zeigte er die Änderungen im EEG durch den Kabinettsentwurf des Energiesicherungsgesetzes für die Anlagenbetreiber auf. Sollte die EU-Kommission dem Entwurf zustimmen, gibt es folgende Änderungen: Die Höchstbemessungsleistung bei Biogas soll in den Jahren 2022 und 2023 ausgesetzt werden, sodass eine Vergütung für die gesamte Bemessungsleistung besteht. Die Regelung greift nach Ansicht des Fachverbandes auch bei Gülle-Kleinanlagen. Anlagen mit Flexprämie sollen die Mehrerlöse aus der Zusatzproduktion auf den Anspruch auf Flexzuschlag angerechnet bekommen. Ebenso sollen die Regeln beim Güllebonus gelockert werden. So geht nicht der gesamte Bonus verloren, wenn durch eine vorübergehende Produktionsausweitung der Gülleanteil von 30 Masse-% nicht eingehalten werden kann (soll bis 30.04.24 gelten).

Stromspeicher am Eichhof

Das Fraunhofer IEE stellte ein geplantes Projekt am Eichhof vor. So soll in Kooperation mit dem LLH der erzeugte Strom am Eichhof selbst genutzt werden. Ergänzen soll dies ein modular aufgebauter Stromspeicher, um mehr erzeugten Strom verwenden zu können. Darüber hinaus können damit auch Stromspitzen am Eichhof reduziert werden. Ebenso wurde ein geplantes, zukünftiges Projekt vorgestellt, wodurch der Eichhof im Krisenfall/Blackout als ein Versorgungszentrum dienen kann.

Im Anschluss an die Veranstaltung erfolgte noch eine Besichtigung der Biogasanlage am LWZ Eichhof sowie der Versuchsplattform des Hessischen Biogas Forschungszentrums (HBFZ).