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Ewige Herausforderungen des ökologischen Landbaus – Aktuelle Trends

Hessen liegt mit 12 Prozent ökologisch bewirtschafteter landwirtschaftlicher Nutzfläche und 11 % der Betriebe mit an der Spitze der Bundesländer. Sowohl die Fläche als auch die Zahl der Erzeugerbetriebe sind in den letzten Jahren stetig angewachsen. Ende 2016 wurde von 1.982 hessischen Betrieben eine Anbaufläche von 96.673 ha ökologisch bewirtschaftet.

Mit der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen war am 21. und 22. Juni 2017 ein hessischer, seit vielen Jahren erfolgreich ökologisch wirtschaftender Betrieb Standort der ersten bundesweiten Öko-Feldtage. Die Veranstaltung war dieses Jahr der Treffpunkt schlechthin – nicht nur für Ökolandwirte, sondern auch für Landwirte, die sich über den Ökologischen Landbau informieren wollen. Den Schwerpunkt der Öko-Feldtage 2017 bildete der ökologische Acker- und Pflanzenbau. Der folgende Beitrag bietet anhand von Beispielen einen Überblick über Herausforderungen und aktuelle Trends bei Unkrautregulierung, Pflanzenschutz, Nährstoffversorgung und Züchtung im ökologischen Landbau.

Produktionstechnische Fehler können im Öko-Landbau kaum direkt ausgeglichen werden. Eine weitsichtige Planung aller Anbaumaßnahmen ist unabdinglich, denn mechanische Unkrautregulierung kostet Zeit und Geld. Der Erfolg einer Maßnahme wie Striegeln oder Hacken hängt zudem stark von externen Faktoren wie der Witterung und dem Bodenzustand ab. Im Öko-Landbau hat daher die Vermeidung einer starken Vermehrung von problematischen Ackerunkräutern absolute Priorität. Fruchtfolgen übernehmen hierbei Leistungen, die im konventionellen Landbau durch den Einsatz externer Betriebsmittel wie Herbiziden erbracht und unterstützt werden.

Erfahrene Öko-Praktiker haben Unkräuter im Griff

Eine Öko-Fruchtfolge mit mindestens überjährigem, besser zweijährigem Klee- oder Luzernegras mit Schnittnutzung sichert einen weitestgehend unkrautfreien Acker in den Folgejahren. Das gilt sowohl für annuelle als auch ausdauernde Unkräuter. Die positive Wirkung beruht aber auch auf dem vom Klee- oder Luzernegras hinterlassenen Stickstoff, der die Konkurrenzkraft der folgenden Hauptfrucht gegenüber Unkräutern fördert. Eine weitere goldene Fruchtfolgeregel, vor allem auf Problemschlägen, ist der Wechsel von unkrauttoleranten/-unterdrückenden Kulturen mit dem Anbau unkrautempfindlicher Kulturen. Der Schlüssel zum Erfolg im Ackerbau liegt im Öko-Landbau zweifellos in der Fruchtfolge.

Nicht jeder (Öko-)Betrieb hat die Möglichkeit, Kleegras zu nutzen, insbesondere wenn er sein Betriebseinkommen mit dem Anbau von Marktfrüchten bestreitet. Deckungsbeitragsstarke Kulturen sind häufig Sommerungen, was das Risiko der Selektion einer einseitigen Unkrautflora erhöht. In viehschwachen und viehlosen Betriebssystemen ist daher die Gefahr starker Verunkrautung besonders ausgeprägt.

Fruchtfolge ist der Schlüssel zum Erfolg im Öko-Ackerbau

Damit zumindest Zwischenfrüchte unkrautunterdrückende Wirkung entfalten können, müssen sie mit großer Sorgfalt wie eine Hauptfrucht angelegt werden. Bei den Öko-Feldtagen stehen den Besuchern Fruchtfolgedemonstrationen im Feld sowie erfahrene Berater des LLH und der Öko-Anbauverbände zur Verfügung, die bei der Planung von standortangepassten und praxistauglichen Fruchtfolgen helfen.

Aber auch in vielfältigen, weiten Öko-Fruchtfolgen lässt sich in einzelnen Jahren/Kulturen immer wieder ein massives Auftreten von Unkräutern beobachten und dann muss der Praktiker reagieren können. In den vergangenen Jahren hat sich das Angebot an Geräten zur mechanischen Unkrautregulierung erheblich weiter entwickelt.

Innovationen bei der Unkrautregulierung

Die Effektivität des Einsatzes von Geräten zur Unkrautregulierung hängt sehr stark vom Standort, dem Boden, der Kultur und der langjährigen Erfahrung des Betriebsleiters mit seiner Technik ab. Nicht zuletzt deswegen sind es oftmals Praktiker, die technische Innovationen vorantreiben oder vorhandene Geräte ihren standortabhängigen und betriebsinternen Erfordernissen anpassen. Landwirt Josef Niedermaier z.B. hat auf seinem eigenen Betrieb für die Firma Treffler den sogenannten Präzisionsstriegel entwickelt, einer von mehreren Striegeln die auf den Öko-Feldtagen gezeigt werden.

Der Striegel gilt als Standardgerät im ökologischen Getreideanbau. Zur optimalen Arbeitsgeschwindigkeit, zum Anstellwinkel der Striegelzinken und zur Anwendung liegen eine Vielzahl von Ergebnissen für unterschiedliche Kulturarten und Beratungsempfehlungen vor. Der Striegel kommt auch, dann vor allem in unkrautsensiblen Kulturen, schon im Vorauflauf zum Einsatz. In Reihenkulturen wie Mais, Zuckerrüben und Sojabohnen werden nach Auflaufen der Kultur auch Fingerhacken, Torsionshacken und Hackbürsten eingesetzt.

Kamera-gesteuerte Hackgeräte für Sonderkulturen

Auch Getreide im sogenannten Weite-Reihe-Anbau wird gehackt, zumindest bis zur Ansaat einer meist legumen Untersaat. Für Sonderkulturen und im Gemüsebau sind bereits kameragesteuerte Hackgeräte auf dem Markt. Die (noch) sehr hohen Anschaffungskosten bedingen, dass derartige Technik bislang meist nur von flächenstarken Betrieben mit deckungsbeitragsstarken Kulturen oder überbetrieblich angeschafft werden kann.

Auf den Öko-Feldtagen ist der aktuelle Stand der Technik zur Unkrautregulierung vor Ort. Im Rahmen einer Maschinenvorführung werden an beiden Tagen jeweils vier verschiedene Striegel und zehn Hackgeräte (teils mit Kamerasteuerung und Lenksystemen) präsentiert. Außerdem werden technische Innovationen wie beispielsweise Roboter, die Unkraut automatisch regulieren oder selbstständig auf Schneckensuche gehen, vorgeführt.

Pflanzengesundheit im Öko-Landbau

Mit GPS/RTK gesäter und gepflegter Öko-Silomais

Da der ökologische Landbau auf synthetische Pestizide verzichtet und mit einer  sehr begrenzten Zahl von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln arbeitet, muss die Praxis in erster Linie mit präventiven Maßnamen ein massenhaftes Auftreten von Schädlingen oder die Anreicherung von Krankheitserregern im Boden vermeiden. Zu den präventiven Maßnahmen gehört wiederum die Gestaltung einer vielfältigen, weiten Fruchtfolge.

Da Leguminosen in Fruchtfolgen des Öko-Landbaus relativ hohe Anteile an der Anbaufläche aufweisen, ist das Problem der sogenannten Bodenmüdigkeit im ökologischen Ackerbau vor allem bei dieser Pflanzenfamilie verbreitet. Unter Bodenmüdigkeit versteht man den Rückgang der Ertragsfähigkeit eines Bodens als Folge wiederholten Anbaus der gleichen Kulturpflanzenart z.B: in Folge des Überhandnehmens bestimmter Schädlinge oder Krankheitserreger im Boden.

Problem Bodenmüdigkeit bei Leguminosen

Ergebnisse aus Praxiserhebungen zeigen bei Ackerbohnen, vor allem aber bei Erbsen, das der Ertrag mit zunehmender Anbauhäufigkeit abnimmt. Ist der Boden auf einem Schlag erst einmal mit bodenbürtigen Schaderregern infiziert, sollten die Anbauabstände bei Erbsen länger sein als in den bisherigen Empfehlungen angegeben. Mischinfektionen mit mehreren pilzlichen Erregerarten können bis zu 75% Ertragsverluste bei Körnererbsen verursachen. Neuere Untersuchungen aus Bayern weisen darauf hin, dass bei Ackerbohnen einzelne Sorten mit geringeren Ertragseinbußen auf kürzere Anbaupausen reagieren. Am Landessortenversuch Öko-Ackerbohnen erhalten die Besucher Informationen zum Anbau von Ackerbohnen und Ergebnisse der LSV aus Frankenhausen und Alsfeld-Liederbach.

Ebenfalls aus der jüngeren Forschung stammt ein einfacher, vom Praktiker selbst durchführbarer Bodentest. Der Test dient der Beurteilung ob biologische oder nährstoffbedingte Ursachen einer Bodenmüdigkeit vorliegen und ob sich eine Ackerfläche zum Anbau von Körnerleguminosen eignet, oder nicht. Informationen und eine Handreichung zur Anwendung des Tests können die Besucher am Stand des Demonstrationsnetzwerkes Erbse/Bohne (F13) erhalten.

Organische Düngung aktiviert das Bodenleben

Die biologische Aktivität des Bodens kann durch Zufuhr organischer Substanz oder auch reduzierte Bodenbearbeitung gesteigert werden. Generell fördert der Einsatz organischer Düngung die mikrobielle Besiedelung der Böden und in der Folge auch die von bakterien- und pilzfressenden Nematoden. Dies stimmt auch mit Beobachtungen in der Praxis überein, die zeigen, dass Betriebe mit Tierhaltung und guter Versorgung mit Stallmist und –Komposten weniger unter Fruchtfolgekrankheiten leiden als viehlos oder viehschwach wirtschaftende Betriebe. Es wird angenommen, dass eine gesteigerte biologische Aktivität in Folge organischer Düngung im Boden das sogenannte antiphytopathogene Potential des Bodens fördert.

Forscher, u.a. der Universität Kassel-Witzenhausen, haben unlängst anhand von Körnererbsen zeigen können, dass Grüngut- oder Biogutkomposte, aber auch Stallmist die Ertragsverluste durch bodenbürtige Krankheiten reduzieren. Der breiteren Einführung reduzierter Bodenbearbeitung (Verzicht auf tiefes Pflügen), die ebenfalls die biologische Aktivität des Bodens erhöht, steht im Öko-Landbau das höhere Risiko eines gesteigerten Umkrautaufkommens und gegebenenfalls langsamerer N-Mineralisierung im Frühjahr entgegen.

Legume Zwischenfrucht bei reduzierter Bodenbearbeitung

Prototyp eines Kartoffel-Kompost Legegerätes

Weitestgehend unkrautfreie Verhältnisse und die Bereitstellung von höheren Mengen verfügbaren Stickstoffes zur folgenden Getreidehauptfrucht trotz reduzierter Bodenbearbeitung können nach neueren Erkenntnissen über eine gelungene legume Zwischenfrucht z.B. mit Sommerwicken  erreicht werden.

Der Praktiker ist im Öko-Landbau nicht selten mit Situationen konfrontiert, in denen das Aufkommen einzelner Krankheiten oder Schädlinge erhebliche Ertragseinbußen erwarten lässt, wenn keine direkten Maßnahmen getroffen werden. Die verständliche Reaktion ist die Suche nach schnellen pragmatischen Möglichkeiten der Kontrolle. Direkte Methoden sind die Anwendung von physikalischen Maßnahmen und der Einsatz von Verfahren des klassischen biologischen Pflanzenschutzes (Pflanzenstärkungsmittel; Nützlinge), sowie letztlich die Verwendung von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln.

Zugelassene Pflanzenschutzmittel

Solche Mittel sind in den entsprechenden Anhängen der Anbauverbände als auch in der sogenannten Betriebsmittelliste des FiBL aufgeführt. Die darin gelisteten Mittel stellen in geringerem Umfang Pflanzenschutzmittel im Sinne der Gesetzgebung dar, sondern sind meist sogenannte Pflanzenstärkungsmittel, die per Definition keine direkte Wirkung auf einen Krankheitserreger / Schädling haben dürfen.

Problematisch im ökologischen Getreideanbau sind – besonders seitdem die Verwendung von ökologisch erzeugtem Saatgut obligatorisch ist – saatgutbürtige Krankheiten wie z.B. der Weizensteinbrand (Tilletia caries). Neben einer Reihe von wirksamen physikalischen Methoden (z.B. Warm- bzw. Heißwasserbeize) gibt es gegen den Weizensteinbrand die Möglichkeit von Biokontrollverfahren wie die Anwendung von Tillecur®, dessen Wirkung vielfach dokumentiert wurde.

Resistente Getreidesorten gegen Gelbrost

Seit 2014 hat der Gelbrost mit der Rasse „Warrior“ das Sortenspektrum im ökologischen Landbau durcheinandergewirbelt. Sorten, die bis dato als unempfindlich gegen Gelbrost galten, waren auf einmal stark befallen. Seitdem konnte aber auch festgestellt werden, dass Sorten, die zunächst auch auf den neuen Erreger kaum reagiert haben, in den letzten zwei Jahren mehr Probleme mit Gelbrostbefall bekommen haben. Offenbar ist der neue Erreger in der Lage Resistenzen bei den Sorten zu durchbrechen. Auch wenn Resistenzen gebrochen werden können, stellt die Sortenwahl nach wie vor das effektivste Instrument dar, um einem Gelbrostbefall vorzubeugen. Am Landessortenversuch Öko-Winterweizen werden Ergebnisse zu Ertragspotenzial, Qualitätseigenschaften und Gelbrostbefall vorgestellt.

Kupfereinsatz in Kartoffeln noch immer alternativlos

Neben den Getreidearten Roggen, Weizen und Hafer gehören Kartoffeln zu den (ökonomisch) bedeutenden Kulturen im Ökologischen Landbau. Dort sind generell alle bakteriellen Krankheiten und pilzlichen Schaderreger relevant, die aus dem konventionellen Kartoffelanbau bekannt sind. Die wichtigsten Krankheiten stellen aber die Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora infestans) und die Wurzeltöterkrankheit (Rhizoctonia solani) dar.

Dem konventionellen Landwirt steht zur Bekämpfung der Kraut- und Knollenfäule im Feld eine Reihe von systemischen und kurativen Mitteln, sowie Kontaktfungiziden zur Verfügung. Trotz weltweit intensiver Forschungsbemühungen haben sich für den Öko-Landbau bisher keine direkten alternativen Kontrollmöglichkeiten entwickeln lassen. Der Einsatz von Kupferpräparaten ist daher immer noch als direkte Kontrollmöglichkeit ohne wirkliche Alternative. Unumstrittenes Ziel muss es sein, die Aufwandmengen an Reinkupfer weiter zu reduzieren und wirksame, vorbeugende Maßnahmen zu optimieren.

Alle Maßnahmen werden weiterentwickelt

Verbesserungen in der Formulierung der Kupfermittel sowie die Weiterentwicklung von Prognosemodellen weisen ein hohes Kupfer-Einsparungspotenzial auf und werden aktuell von der Forschung intensiv bearbeitet. Bewährte Kulturmaßnahmen wie das Vorkeimen des Pflanzgutes und eine gute Versorgung mit Stickstoff und Kalium sollten ebenfalls Bestandteil einer vorbeugenden Kontrollstrategie gegen die Krautfäule sein. Neue Ansätze wie die Anwendung von Mulchauflagen haben in ersten Untersuchungen vielversprechende Ergebnisse zur Befallsreduktion gezeigt.

Die sogenannte Wurzeltöterkrankheit (Rhizoctonia solani) ist mit Einführung der verpflichtenden Verwendung von ökologisch erzeugtem Pflanzgut stärker in Erscheinung getreten. Für die Minimierung sowohl des Befalls im Feld als auch der typischen Symptome an den geernteten Knollen (Sklerotien, Dry-Core) ist die Pflanzgutqualität ein entscheidender Faktor. Es existieren derzeit keine abgesichert wirksamen direkten Maßnahmen zur biologischen Kontrolle auf mikrobieller Basis des Erregers. In Belichtungsversuchen mit speziellen (noch sehr teuren) Lichtquellen beim Vorkeimen der Pflanzknollen konnte der Infektionsdruck, der von den Sklerotien auf der Pflanzknolle ausgeht, deutlich gesenkt werden.

Reihenapplikation von Grüngutkompost beim Pflanzen

In mehrjährigen Studien konnte durch Reihenapplikation von Grüngutkompost beim Pflanzen der Kartoffeln eine erhebliche Reduktion des Sklerotienbefalls der Tochterknollen, weniger Dry Core und ein geringerer Befall an Wurzeln und Stolonen erreicht werden. Neben der Verringerung von Symptomen wurde durch die Kompostanwendung auch die Anzahl von Tochterknollen und – entscheidend – der Ertrag an Marktware gesteigert. An der Universität Kassel-Witzenhausen wurde zusammen mit der Firma Grimme ein Prototyp eines Kartoffel-Kompost-Legegerätes entwickelt, das in der Praxis auf großes Interesse stößt. Auf den Öko-Feldtagen in Frankenhausen wird diese technische Innovation präsentiert (F7b).

Reihenapplikation von Grüngutkomposten beim Pflanzen der Kartoffeln (Foto: Dr. C. Bruns)

Bei den Schädlingen sind es im ökologischen Kartoffelanbau vor allem der Drahtwurm und der Kartoffelkäfer, die erhebliche Ertragseinbußen und/oder Mängel bei der Knollenqualität hervorrufen können. Gegen den Drahtwurm gibt es im Ökolandbau keine direkten Regulierungsmöglichkeiten, der Schädling profitiert von Bodenruhe und viel organischer Substanz im Boden. Auf Schlägen mit einem erhöhten Drahtwurmaufkommen ist wiederholte flache Bodenbearbeitung bei trockener warmer Witterung im Hochsommer (nach Getreide) besonders wirksam, weil dadurch die empfindlichsten Entwicklungsstadien getroffen werden können.

Drahtwurm und Kartoffelkäfer

Auf leichten Standorten mit Beregnungsmöglichkeiten kann einem Drahtwurmbefall in trockenen Jahren durch ein Feuchthalten des Bodens entgegengewirkt werden. Eine wesentliche Bedeutung kommt auf kritischen Schlägen auch dem Erntezeitpunkt zu, denn die Schäden durch Drahtwurmfraß nehmen zu, je länger der Verbleib der Knollen im Boden ist.

Im Gegensatz zum Drahtwurm ist der Kartoffelkäfer im Ökolandbau wirksam direkt zu bekämpfen: Bewährt haben sich der die Anwendung von B.t.-Präparaten (z.B. Novodor®) bzw. von Präparaten auf der Basis von Extrakten des Neembaumes, zwei im Ökolandbau zugelassene Pflanzenschutzmittel. Die Besucher der Öko-Feldtage erhalten beim Landessortenversuch Öko-Kartoffeln (F35) Antworten zu sämtlichen Fragen der Pflanzengesundheit im ökologischen Kartoffelanbau.

Züchtung resistenter und toleranter Öko-Sorten

Einen wichtigen Ansatz die Pflanzengesundheit im Ökolandbau zu verbessern, stellt die Züchtung dar. Das Potenzial für die Züchtung von resistenten und teilresistenten Linien und Sorten ist vorhanden, die Etablierung dieser in der Praxis jedoch noch nicht ausreichend erfolgt. Weitere züchterische Anstrengungen zur Schaffung einer breiteren genetischen Basis als auch der Ausbau von Vermehrungsprogrammen wären hier wirksame Maßnahmen.

Die meisten Sorten, die aktuell im Ökologischen Landbau Verwendung finden, stammen entweder aus konventioneller Züchtung, aus konventioneller Züchtung unter Berücksichtigung der Ansprüche des Ökolandbaus oder aus Züchtungsarbeit, die unter den Bedingungen des Ökologischen Landbaus durchgeführt wird. Die Selektion von Zuchtlinien unter Öko-Bedingungen ermöglicht es, besser für den Öko-Landbau geeignete Sorten zu entwickeln. Agronomische Sorteneigenschaften wie Nährstoffaneignung/-effizienz, Unkrautunterdrückungsvermögen und Resistenz bzw. Toleranz gegen Krankheiten und Schädlinge gelten im Ökolandbau als besonders relevant und sollten daher züchterisch besonders intensiv bearbeitet werden.

Öko-Sorten unter Öko-Bedingungen selektiert

Die Züchtung für Systeme mit limitiertem N-Angebot wie dem Ökolandbau ist dann besonders effizient, wenn bei geringer N-Verfügbarkeit selektiert wird. Für das Vermögen einer Sorte, Unkraut zu unterdrücken ist bei Getreide eine starke Jugendentwicklung (frühe Massenbildung), Bestockungsfähigkeit, der Blattflächenindex, die Blattstellung und die Pflanzenhöhe wichtig. Die Pflanzenlänge ist dabei das einzige Merkmal, das in der (konventionellen) Wertprüfung) erhoben wird. In den Landessortenversuchen Öko-Winterweizen in Frankenhausen wird das Merkmal Jugendentwicklung seit Jahren routinemäßig erfasst. Die ökologische Züchtung hat insbesondere in der Resistenzzüchtung gegen saatgutübertragbare Krankheiten wie Stein- und Flugbrände große Fortschritte erreicht. Eine steinbrandresistente Winterweizensorte wie Butaro ist eine der Verrechnungssorten im Landesortenversuch Öko-Winterweizen.

Ein gutes Beispiel für Züchtung im Öko-Landbau stellt die Arbeit der Bäuerlichen Ökosaatzucht eG dar. Mitglieder der Projektentwicklungsgenossenschaft sind fünf hessische Öko-Saatgutvermehrer, der Bioland Landesverband Hessen und die Universitäten Kassel und Gießen. Langfristiges Ziel ist die Vorstufenvermehrung und Erhaltungszüchtung eigener Sorten. Die Bäuerliche Ökosaatzucht eG wäre dann Sortenschutzinhaber und Vertriebsorganisation für das erzeugte Saatgut.

Bäuerliche Ökologische Saatzucht in Frankenhausen

In Frankenhausen wird seit einigen Jahren Saatgut der Ackerbohnensorte Bilbo erzeugt. 100 Samenkörner hatte Bioland-Landwirt Uwe Brede vor Jahren mit Genehmigung der KWS Saat aus der Gendatenbank in Gatersleben geholt und vermehrt. Bilbo steht als erste angemeldete Sorte der Bäuerlichen Ökologischen Saatzucht eG zur Verfügung, weitere Sorten sollen folgen. Uwe Brede wird am Stand F5 die Arbeit der Genossenschaft vorstellen und auch aus der Anbau- und Verwertungspraxis im eigenen Betrieb berichten: Brede erhöht  die Verdaulichkeit seiner Ackerbohnen durch Quetschen oder grobes Schroten und Abtrennung der Schalen durch Windsichten. Der Rohproteingehalt der Bohnen kann so erheblich gesteigert werden.

Neue Züchtungsansätze auf hohe genetische Diversität durch sogenannte Composite Cross Populationen von Winterweizen, werden von der Universität Kassel (Fachgebiet Frau Prof. Dr. Finckh) präsentiert. Ziel dieses Züchtungsansatzes ist es, durch hohe intraspezifische Vielfalt sowohl die Auswirkungen der Umweltvariabilität von ökologischen Anbausystemen als auch von Klimavariationen abzupuffern.

„Ernähre den Boden, nicht die Pflanze“

Organische Düngung von jeher im Vordergrund

Die Forschungsergebnisse der letzten 20 Jahre belegen, dass im Allgemeinen die Nährstoffversorgung den wichtigsten ertragslimitierenden Faktor im Ökolandbau darstellt. Je nach Kultur und Anbaujahr können auch anderere Faktoren wie Pflanzenkrankheiten und unzureichendes Unkrautmanagement ertragslimitierend sein.

Im Vordergrund von Konzepten zur Ernährung der Kulturpflanzen im Ökolandbau stand von je her die organische Düngung mit dem Ziel der Förderung des Bodenlebens. Die Bodenmikroorganismen sind es, die der Kulturpflanze die Nährstoffe zur Verfügung stellen. Bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts waren die meisten Öko-Betriebe Gemischtbetriebe, die Ackerbau und Tierhaltung integrierten. Diese Betriebsform entspricht dem Ideal der weitgehend geschlossenen Nährstoffkreisläufe. Der Öko-Praktiker kann über Fruchtfolge, organische Düngung und Bodenbearbeitung die Struktur, pH-Wert, Humushaushalt und mikrobielle Aktivität des Bodens positiv beeinflussen und so die Nährstoffverfügbarkeit fördern. Im klassischen Gemischtbetrieb des Öko-Landbaus ermöglicht der mehrjährige legume Feldfutterbau (20-25%) und die Rückführung von Wirtschaftsdüngern eine ausgeglichene Humusbilanz und liefert ausreichende Mengen an Stickstoff.

Betriebe ohne ausreichende Wirtschaftsdüngermengen

Je weniger im Öko-Betrieb die Möglichkeit besteht, eigene Wirtschaftsdünger anzuwenden (viehschwache bzw. viehlose Betriebe), desto relevanter wird die Nährstoffzufuhr von außen, insbesondere wenn sehr N-bedürftige Kulturen angebaut werden.

Die Lagerung und gegebenenfalls Kompostierung von Festmist ist mit N-Verlusten verbunden. Die N-Effizienz in viehlosen Betrieben ist mit 60-65% aufgrund der geringeren Verluste beim Düngungsmanagement zwar höher als in viehhaltenden Gemischbetrieben. Problematisch in viehlosen Betriebssystemen ist jedoch die Tatsache, dass keine mobilen betriebsinternen Dünger zur bedarfsgerechten N-Versorgung der Kulturen zur Verfügung stehen.

Anders als bei Stickstoff wirkt sich eine Abnahme der P- und K-Gehalte und deren Verfügbarkeit eher langfristig aus. Sowohl P- als auch K-Mangel können sich unmittelbar auf die Leguminosenerträge und damit indirekt auf die biologische N2-Fixierung auswirken, mit Folgen für das gesamte Betriebssystem. Die Anwendung mineralischer Phosphor- und Kaliumdünger ist nur dann zulässig, wenn ein Mangel an verfügbarem P und K im Boden nachgewiesen werden kann. Allerdings steht die Verwendung von mineralischen Düngemitteln wie Rohphosphaten und Kaliumsulfat als endliche Ressourcen im Widerspruch zu den Grundsätzen des Ökologischen Landbaus.

Nährstoffkreisläufe regional schließen

Im viehlosen/-armen Ökolandbau muss daher versucht werden, Nährstoffkreisläufe auf regionaler Ebene über die Nutzung von Grüngut- und Biogutkomposten, aber auch flüssigen und festen Gärresten aus Biogasanlagen zu schließen. Am neuen Öko-Versuchsstandort des LLH in Ober-Erlenbach (Bad Homburg vor der Höhe) wird daher der Frage nachgegangen, ob und wie durch Einsatz derartiger Sekundärrohstoffe in marktfruchtbetonten Fruchtfolgen die Nährstoffversorgung von anspruchsvollen Kulturen (Weißkohl, Backweizen, Frühkartoffeln) und eine ausgeglichene Humusbilanz gewährleistet werden kann. Bei den Öko-Feldtagen können die Besucher sich über das Konzept des Dauerfeldversuches und erste Erkenntnisse informieren. In der Sonderschau Kompost werden Substrate und Methoden zur verlustarmen Bereitung von Komposten aus unterschiedlichen Substraten präsentiert.