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Ganz oder gar nicht: Zwischenfrüchte im Öko-Landbau

Im integrierten Landbau dienen Zwischenfrüchte vor allem der Vermeidung der Auswaschung von Stickstoff ins Grundwasser. Im Öko-Landbau ist die Verhinderung von N-Verlusten aus dem Betriebssystem von noch größerer Bedeutung, weil pflanzenverfügbarer Stickstoff nur sehr limitiert zur Verfügung steht.

Um das Potenzial von Zwischenfrüchten optimal nutzen zu können, müssen diese mit derselben Sorgfalt ausgewählt und angelegt werden wie eine Marktfrucht. Der folgende Beitrag erörtert die Möglichkeiten zur Verbesserung des Stickstoffhaushaltes durch Zwischenfruchtanbau und benennt die Konsequenzen für die Praxis des Öko-Landbaus.

WickroggenDer Stickstoff aus Ernte- und Wurzelrückständen der vorhergegangenen Hauptfrucht ist potenziell auswaschungsgefährdet, weil im September und Oktober die mikrobielle Biomasse aufgrund der vorherrschenden günstigen Temperaturen maximale Aktivität aufweist. Zwischenfrüchte können im Herbst den mineralisierten und damit pflanzenverfügbaren Stickstoff aufnehmen. Die von Zwischenfrüchten aufgenommene Stickstoffmenge steigt dabei mit der gebildeten Trockenmasse und deren N-Gehalt. Die Trockenmassebildung wiederum ist abhängig vom pflanzenverfügbaren Stickstoff, der Verfügbarkeit von Wasser und der Dauer der Vegetationszeit.

Der Ausgangsnitratgehalt im Boden kann durch Nichtleguminosen (Gräserarten oder Kreuzblütler) um 75% und durch Leguminosen um bis zu 50% reduziert werden. In Untersuchungen auf Löß in Sachsen sank unter Bedingungen des Öko-Landbaus der Nitratgehalt im Boden mit steigender N-Aufnahme der Zwischenfrucht bis zu deren Einarbeitung im Spätherbst. Auf schweren Böden sollte der Umbruch im Herbst vorgenommen werden, damit die Mineralisierung von Nährstoffen (insbesondere Stickstoff) im Frühjahr rechtzeitig zur Folgefrucht sichergestellt werden kann. Zwischenfrüchte aus Leguminosen (z.B. Erbsen-Wicken-Gemenge) können nach Einarbeitung vor Winter zu einem Anstieg der Nitratgehalte im Boden und zu einer erheblichen Nitratverlagerung aus dem durchwurzelten Bodenprofil führen. Je später die Gründüngung im Herbst eingearbeitet wird, desto langsamer verläuft die N-Freisetzung und desto geringer ist die Auswaschungsgefahr. Wenn diese  überwintern und im Frühjahr eingearbeitet werden, wird der Umsatz während der vegetationsfreien Zeit deutlich verzögert. Der in der Zwischenfrucht konservierte Stickstoff wird nach Einarbeitung im Frühjahr besser verwertet als nach Herbsteinarbeitung. Auf schweren Böden bereitet allerdings eine sachgerechte Einarbeitung der überwinternden Gründüngungspflanzen Probleme. Mulchsaat könnte diese Problematik entschärfen, ist aber im Öko-Landbau bislang noch kaum in der Praxis etabliert.

Auf leichteren Böden kann und sollte erst im Frühjahr gepflügt werden, auch winterharte Zwischenfruchtarten kommen hier in Frage. Wenn nicht-winterharte, abfrierende Zwischenfruchtarten (Gelber Senf, Ölrettich, Phacelia) auf dem Feld verbleiben, können in milden Wintern wasserlösliche N-Verbindungen aus dem Pflanzenmaterial ausgewaschen werden. Diese Verluste können zwischen 30 bis 80 kg N/ha betragen, sollten also unbedingt vermieden werden.

Die Verringerung der N-Verluste durch den Zwischenfruchtanbau ist auch durch einen veränderten Wasserhaushalt des Bodens zu erklären. Das über das Wachstum der Zwischenfrucht verbrauchte Wasser einer Zwischenfrucht wird mittelfristig vor der Versickerung bewahrt. Ob und inwieweit dieser Verbrauch an Wasser die Wasserverfügbarkeit für eine Folgefrucht beeinträchtigt, ist bislang nicht hinreichend untersucht.

Die Bindung von Luftstickstoff durch Leguminosenarten ist im Zwischenfruchtanbau des Öko-Landbaus von hoher Relevanz und leistet eine Netto-Zufuhr von N in das Anbausystem. Die stickstoffreiche organische Masse füttert die Mikroorganismen im Boden, dadurch wird der Stickstoff- und Humusumsatz gesteigert und eine bessere Nährstoffversorgung der Folgefrüchte erreicht. Daher ist der legume Zwischenfruchtanbau vor allem in vieharmen bzw. viehlosen Öko-Anbausystemen wichtig.  In solchen Systemen ist grundsätzlich ein maximaler Anteil von Zwischenfrüchten zur Gründüngung in der Fruchtfolge anzustreben.

In viehhaltenden Betriebssystemen muss eine gesteigerte Aufmerksamkeit auf die Selbst- und interspezifische Unverträglichkeit der Leguminosen gerichtet werden. Darüber liegen aber  bedauerlich wenig Erkenntnisse aus der Forschung vor. Die erforderlichen Anbauabstände von z.B. Rotklee, Erbsen und Ackerbohnen in Hauptfruchtstellung sind bekannt. Weniger gut erforscht ist dagegen, was passiert, wenn gleichzeitig auch noch andere Arten aus der Leguminosenfamilie in Zwischenfrucht angebaut werden. Generell kann empfohlen werden, dass Arten, die als Hauptfrucht angebaut werden, in Zwischenfruchtmischungen gemieden werden.

Für legume Zwischenfrüchte gilt dasselbe Prinzip wie für Leguminosen, die als Hauptfrüchte angebaut werden. Je geringer der Gehalt an pflanzenverfügbarem Stickstoff zu Beginn der Vegetationszeit, desto höher ist der Anteil des durch symbiotische N2-Fixierung aus der Luft aufgenommenen Stickstoffes. Die Stickstoffbilanz insbesondere von viehlosen/-schwachen Anbausystemen kann nur dann verbessert werden, wenn die legume Zwischenfrucht in der Fruchtfolge nach einer Hauptfrucht platziert wird, die möglichst geringe Mengen an pflanzenverfügbarem N hinterlässt.

Sowohl die Trockenmassebildung als auch die N-Aufnahme (aus dem Boden und aus der Luft) ist im Zwischenfruchtanbau bei Körnerleguminosen (z.B. Wicken oder Erbsen) höher als für Feinleguminosen (z.B. Perserklee). Höhere N-Aufnahmen sind bei Feinleguminosen wie Weißklee dann zu erwarten, wenn sie als Untersaat in einer Getreidevorfrucht erfolgreich etabliert werden können. Grund hierfür ist die längere Vegetationszeit der Untersaat gegenüber einer Stoppelsaat.

Die Wahl einer bestimmten Zwischenfruchtart als Mittel zur Reduzierung des Auswaschungsrisikos hängt in erster Linie von der Feldkapazität des Bodens ab. Als konkurrierendes Ziel steht dem die Wirkung der Zwischenfrucht auf die Nachfrucht gegenüber. Steht der Vorfruchtwert der Zwischenfrucht im Vordergrund, so sollten winterharte Leguminosen in Reinsaat angebaut werden. Der Gemengeanbau aus Leguminosen und Nicht-Leguminosen ist ein Kompromiss für Standorte mit relativ niedriger Feldkapazität mit dem Ziel der N-Konservierung bei gleichzeitiger N2-Fixierung.

Die zu erwartende N-Bereitstellung aus Zwischenfrüchten soll im integrierten Landbau bei der Bemessung der mineralischen N-Düngergabe zur Folgefrucht berücksichtigt werden. Im Öko-Landbau stellt die Zwischenfrucht eine Brücke dar, über die der knappe Stickstoff von einer Vorfrucht zur Folgefrucht transferiert werden kann.

In Demoanlagen eines nordrhein-westfälischen Wasserschutzprojektes wurde gezeigt, dass im Öko-Landbau Zwischenfrüchte wie Sandhafer, Lupinen oder Ackerbohnen erhebliche Mengen zur N-Versorgung anspruchsvoller Gemüsekulturen bereitstellen können. Wenn die Zwischenfrucht nicht als Gründüngung genutzt wird, kann sie auch geerntet und kompostiert oder siliert als N-Dünger gezielt zu N-bedürftigen Kulturen gegeben werden. Darüber liegen bislang jedoch noch keine belastbaren Daten aus Feldversuchen unter Öko-Bedingungen vor.

Die Menge an Trockenmasse und die chemische Zusammensetzung des eingearbeiteten Materials (Gründüngung) ist wichtig für die Umsetzungsprozesse im Boden: Besonders rasch werden Materialien umgesetzt, die reich an leicht verfügbaren N- und C-Verbindungen sind. Die biologische Aktivität kann dabei kurzfristig so stark ansteigen, dass sogar Humus umgesetzt wird und weiterer Stickstoff aus dem Boden mineralisiert wird

Das C/N-Verhältnis  einer Gründüngung wirkt sich damit auch auf die N-Aufnahme der Folgefrucht aus. Das kritische C/N-Verhältnis der Gründüngungspflanzen, ab dem mit einer Nettofreisetzung (beim Abbau von Pflanzenmaterial laufen stets Freisetzungs- und Festlegungsvorgänge nebeneinander ab) an Stickstoff im Folgejahr zu rechnen ist, liegt bei etwa 25. Pflanzenmaterial mit weiterem C/N-Verhältnis führt zu einer N-Festlegung. Je besser die Zwischenfrucht selbst mit N versorgt ist, desto geringer ist ihr C/N-Verhältnis und desto höher die zu erwartende N-Mineralisierung. Neben dem C/N-Verhältnis und dem N-Gehalt des Pflanzenmaterials an N ist auch der verholungsgrad (Lignin in den Zellwänden) von Bedeutung

Langjährige Versuche in Bayern zeigten, dass bei Untersaat von Weißklee in der Vorfrucht Winterroggen höhere Erträge der Folgefrucht (Hafer) gegenüber einer Weißklee-Stoppelsaat zu erwarten sind. Die Ertragswirkung einer Weißklee-Untersaat ist dabei aufgrund der rascheren Stickstofffreisetzung ausgeprägter als bei einer Kleegras-Untersaat.

Der systemische Ansatz des Öko-Landbaus in der Pflanzenernährung („Ernähre den Boden, nicht die Pflanze“) erfordert die Erhaltung bzw. Steigerung der biologischen Aktivität des Bodens. Der breiteren Einführung reduzierter Bodenbearbeitung (Verzicht auf tiefes Pflügen), zur Förderung der biologischen Aktivität des Bodens steht im Öko-Landbau das höhere Risiko eines gesteigerten Umkrautaufkommens und gegebenenfalls langsamerer N-Mineralisierung im Frühjahr entgegen. Weitestgehend unkrautfreie Verhältnisse und die Bereitstellung von höheren Mengen verfügbaren Stickstoffes zur folgenden Getreidehauptfrucht trotz reduzierter Bodenbearbeitung können nach neueren Erkenntnissen über eine gelungene legume Zwischenfrucht z.B. mit Sommerwicken (im Vergleich zu nicht legumen Zwischenfrüchten) erreicht werden.

Konsequenzen für die Praxis

Aus den in diesem Artikel aufgeführten Fakten ergeben sich für die Praxis folgende Konsequenzen: Die Aussaat einer Zwischenfrucht sollte sofort nach dem Mähdrusch erfolgen, denn eine hohe N-Aufnahme ist nur bei ausreichender Vegetationszeit und Ausnutzung der restlichen Bodenfeuchtigkeit möglich. Legume Zwischenfrüchte sind zudem nicht spätsaatverträglich.

Genauso wenig wie der Praktiker beim Anbau einer Druschfrucht die Verwendung von Z-Saatgut von den Kosten für Saatgut abhängig machen sollte, so sollten bei der Entscheidung für eine bestimmte Zwischenfruchtart das ökonomische Kalkül eine Rolle spielen. Auch die Saatmenge sollte im Sinne der Unkrautunterdrückung nicht zu sparsam bemessen werden. Zwischenfruchtanbau ist die Gelegenheit, um dem Boden in Form von organischer Substanz etwas Gutes zu tun. Die Saat sollte mit möglichst viel Sorgfalt wie bei einer Marktfrucht erfolgen. Nur eine gelungene Ansaat (exakte Saatgutablage, Walzen von Feinsämereien) führt zu einem konkurrenzfähigen Bestand, der die oben genannten Ziele erfüllen kann. Gemengeanbau kann das Risiko des Anbaus zusätzlich minimieren und schließt durch unterschiedliche Nutzung des Bodenprofils (Flach- und Tiefwurzler) mehr Nährstoffe auf.

Der Nutzen des Zwischenfruchtanbaus ist unbestritten, ihr Potenzial in der Praxis jedoch längst nicht ausgeschöpft.