Die Welt-Getreidemärkte verzeichnen seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine eine beispiellose Preishausse. Dabei sind die Preisschwankungen im Tagesverlauf so stark, dass Landhändler im Minutentakt kalkulieren und Preisnennungen nur noch für kurze Zeit Gültigkeit besitzen.
Zumeist kommen Geschäftsabschlüsse vorzugsweise im Streckengeschäft zustande, wenn die Partien ohne Zwischenlagerung, d.h. ohne physischen Kontakt, an den Verarbeiter durchgereicht werden können. Bei den extrem hohen Preisen ist kaum ein Händler bereit, größere Mengen ins Landlager zu nehmen. In vielen Fällen handelt es sich bei den genannten Preisen allerdings um nominelle Preise ohne nennenswerte Handelsaktivität. Dies erschwert die Preisfindung zwischen Erzeugern und Händlern momentan ganz erheblich.
Wenn jedoch ein Abschluss in die Bücher geht, können die Ackerbauern derzeit Preise erzielen, die zuweilen jede Vorstellungskraft sprengen. So lassen die wenig belastbaren Zahlen aus der laufenden Kalenderwoche 10 darauf schließen, dass für einen B-Weizen Tagespreise von bis zu 400 EUR/t drin sind. Für Futtergerste werden immerhin noch bis zu 360 EUR/t geboten, wenn der Händler über Back-to-Back-Geschäfte Liefermengen an seine Abnehmer durchreichen kann. Noch dynamischer vollzieht sich die Entwicklung jedoch derweil an den Ölsaatenmärkten. Hier gibt es für den Rapsmarkt schon beinahe kein Halten mehr.
Partien aus der alten Ernte 2021 gehen aktuell mit bis zu 840 EUR/t in die Bücher. Über Vorkontrakte können Landwirte für ihren Raps der neuen Ernte 2022 in der Marktregion Hessen sogar noch Preise von bis zu 700 EUR/t festmachen. Vor dem Hintergrund der explodierenden Kosten für Düngemittel und Diesel sollte von den Instrumenten der Preissicherung auch unbedingt Gebrauch gemacht werden. Denn die aktuellen Entwicklungen lassen vermuten, dass es an diesen Teilmärkten infolge der Wirtschaftssanktionen und Exportbeschränkungen Russlands zu massiven Versorgungsengpässen und weiteren Preissteigerungen kommen wird.
Was die globalen Folgen des Ukraine-Kriegs anbetrifft, verheißen die Analysen der Kiewer Hochschule für Ökonomie und des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) derzeit wenig Gutes. Unter normalen Umständen exportiert die Ukraine ca. 12% des international gehandelten Weizens und 17% vom Mais. Zahlreiche Länder im Nahen Osten und in den nordafrikanischen Destinationen sichern damit ihre Ernährung. Der Krieg und die Zerstörung führt nun aber dazu, dass sich die Getreideproduktion in der Ukraine von 64 Mio. t auf unter 30 Mio. t mehr als halbieren könnte. Die globale Ernährungssicherheit ist damit nicht mehr gewährleistet.