Marktinformation & Preise
Schüler diskutierten über Globalisierung der Agrarmärkte
Internationaler Handel, Globalisierung, regulierte Märkte und Spekulationen – zu diesen und weiteren spannenden Aspekten der Nahrungsproduktion diskutierte Dr. Nikos Förster (LLH) am 22.03.2019 mit den Zehntklässlern und Lehrern der Alten Landesschule in Korbach.
Eine Besonderheit der Agrarmärkte besteht darin, dass es sich lange Zeit um regulierte Märkte handelte, die nicht dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage ausgesetzt waren. So sollten mit dem EWG-Vertrag von 1957 Mindestpreise, Exportsubventionen und Stützungskäufe in der EU dazu beitragen, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln in ausreichender Menge gesichert war. Im Laufe der Jahrzehnte zeigten sich jedoch die Schattenseiten dieser Agrarpolitik: Überproduktion und hohe Kosten belasteten den Staatshaushalt. Im Einklang mit dem WTO-Abkommen wurden in den vergangenen Jahren jedoch handelsverzerrende Subventionen deutlich gesenkt und die Exporterstattungen in der EU in 2013 abgeschafft. Durch den Wegfall dieser tarifären und nicht-tarifären Handelshemmnisse hat der Welt-Agrarhandel schließlich deutlich an Fahrt aufgenommen. Alleine in Deutschland sind die wertmäßigen Agrarexporte seit dem Jahr 2000 um etwa 160 % gestiegen. Inzwischen exportiert Deutschland jedes Jahr Agrargüter mit einem Gegenwert von ca. 70 Mrd. Euro.
Lehrer wie Schüler zeigten sich sehr interessiert an dem Thema und brachten eigene Vorschläge für einen regulierten Welthandel mit Agrarprodukten ein. Den Schülern bot sich damit auch die Gelegenheit, das zuvor erlernte theoretische Wissen auf konkrete Sachverhalte des Agrarhandels zu übertragen. Durchaus kontrovers wurde die Frage diskutiert, ob der wirtschaftsliberale Ansatz nach Adam Smith tatsächlich wie von „unsichtbarer Hand“ zu mehr Wohlstand führt. Denn die Daten und Fakten zeigen bei genauer Betrachtung einen ambivalenten Befund: Tatsächlich hat der Welthandel einigen Ländern mehr Wohlstand beschert. Gleichzeitig leiden aber immer noch 821 Mio. Menschen weltweit unter Hunger und dies, obwohl wir mit der jetzigen Getreideproduktion (2 Mrd. t) zzgl. der gigantischen Vorräte von 600 Mio. t eigentlich 1,3 Welten ernähren könnten. Kriege und Konflikte, Armut, unfairer Welthandel, schlechte Regierungsführung und die ungleiche Verteilung der Getreidevorräte verhindern leider immer noch eine Lösung des Welthungerproblems. So hortet die VR China mittlerweile fast die Hälfte aller weltweiten Getreidevorräte (ca. 300 Mio. t). Andernorts fehlen die Nahrungsmittel gänzlich, Hunger und Mangelernährung („hidden hunger“) sind die Folge.
Die Globalisierung bringt also offenbar Gewinner und Verlierer hervor. Aus einer ethisch-moralischen Perspektive – da waren sich alle Beteiligten einig – sei ein solcher Zustand aber nicht akzeptabel. Zudem zeigen sich bei aller Theorie über die wohlstandssteigernden Effekte des Welthandels problematische Entwicklungen, die auf Dauer nicht nachhaltig sind: Abholzung der Regenwälder für den Sojaanbau in Südamerika, Stickstoffüberschüsse in Europa durch Soja-Importe, Verdrängung kleinbäuerlicher Betriebe durch große Agrokonzerne, Zerstörung lokaler Märkte in Entwicklungsländern durch Billigexporte u.v.m. Vor diesem Hintergrund endete die Veranstaltung mit dem Plädoyer: Globalisierung und internationaler Handel brauchen klare Regeln.