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Wie entwickeln sich landwirtschaftliche Betriebe in Hessen weiter?

Ergebnisse aus der Agrarstrukturdatenerhebung (ASE) 2016

Betriebe werden immer größer und spezialisieren sich

In Hessen bewirtschafteten zum Stichtag 1. März 2016 knapp 16 300 Betriebe ca. 767 500 Hektar (ha) landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF). Das entspricht über ein Drittel der Fläche Hessens und ist mehr als doppelt so viel wie die gesamte Siedlungs- und Verkehrsfläche. Jeweils knapp 10 Prozent aller Betriebe finden sich in den Landkreisen Fulda und Waldeck-Frankenberg, gefolgt vom Schwalm-Eder-Kreis.
Im Vergleich zur Landwirtschaftszählung 2010 gaben mittlerweile gut 1 500 Betriebe die Bewirtschaftung auf. Zur ASE 2016 wurde fast die Hälfte (über 46 Prozent) der gesamten LF von 13 Prozent der Betriebe bewirtschaftet, die größer als 100 ha waren. Auf Betriebe, die über 200 ha bewirtschafteten (3 Prozent), entfielen allein 17 Prozent der gesamten LF. In der Größenklasse „200 und mehr ha“ lag auch die sogenannte Wachstumsschwelle. Die Wachstumsschwelle steigt kontinuierlich an. Zur letzten Landwirtschaftszählung 2010 lag sie noch in der Größenklasse „über 100 ha“. Im Zeitraum der letzten 6 Jahre stiegen 125 Betriebe in die Größenklasse „200 und mehr ha“ auf.
Andererseits verlangsamte sich das Tempo der Hofaufgabe: während in den Jahren 1999 bis 2007 im Durchschnitt jährlich ca. 550 Betriebe die Bewirtschaftung ihres Hofs aufgaben, waren dies in den Jahren 2010 bis 2016 rund 220 Betriebe im Jahr. Dies spricht für einen gebremsten Strukturwandel. Die meisten der aufgegebenen Betriebe bewirtschafteten zuvor zwischen 20 und 50 ha LF. Die landwirtschaftlichen Betriebe in Hessen werden überwiegend von Einzelpersonen und Ehepaaren geführt (90 Prozent aller Betriebe), rund ein Drittel im Haupterwerb und zwei Drittel im Nebenerwerb.
Trotz der sinkenden Anzahl der Betriebe stieg aber die Attraktivität des Ausbildungsberufs „Landwirtin/Landwirt“ (mit verschiedenen Spezialisierungen) stetig an. So erlernten im Schuljahr 1995/96 ca. 280 Auszubildende den Beruf, im Schuljahr 2015/16 waren dies knapp 600 Auszubildende. Die ausgebildeten Landwirte übernehmen zumeist den elterlichen Betrieb.

Grafik:  Entwicklung des Pachtflächenanteils (EU/Bund/Hessen) 1991 bis 2016

Grafik: Entwicklung des Pachtflächenanteils (EU/Bund/Hessen) 1991 bis 2016; Quelle: Agrarbericht / Statistisches Jahrbuch, 2015 und Hessisches Statistisches Landesamt (HSL), Wiesbaden, 2015 u. 2016

Quelle:  Agrarbericht / Statistisches Jahrbuch, 2015 und Hessisches Statistisches Landesamt (HSL), Wiesbaden, 2015 u. 2016

Fast zwei Drittel der LF waren gepachtet

Eine erhöhte Nachfrage nach landwirtschaftlichen Flächen sorgt sowohl bei den Pachtpreisen als auch bei den Kaufpreisen für einen weiteren Anstieg. Der durchschnittliche Pachtpreis für landwirtschaftliche Flächen stieg seit 1999 (133 Euro je ha) kontinuierlich an. Zur Landwirtschaftszählung 2010 betrug der Pachtpreis 151 Euro je ha, zur Agrarstrukturerhebung 2016 rund 175 Euro je ha.
Dabei unterschieden sich die Pachtpreise für die Hauptnutzungsarten erheblich: der für Dauergrünland ermittelte Pachtpreis (97 Euro je ha) lag bei weniger als der Hälfte des Pachtpreises für Ackerland (220 Euro je ha).
Die Pachten sind ein erheblicher Kostenfaktor in der Produktion, aber ohne die Zupacht von Flächen scheint oftmals kein betriebliches Wachstum realisierbar: über 80 Prozent aller Betriebe pachteten Flächen zu ihrer eigenen LF hinzu. Lediglich 34 Prozent der gesamten LF wurde im Eigentum selbstbewirtschaftet, 4 Prozent der LF erhielten die Betriebe unentgeltlich, sodass insgesamt 62 Prozent der LF gepachtet waren. Bezogen auf die Hauptnutzungsarten wurden 237 900 ha Ackerland und 146 700 ha Dauergrünland sowie 40 000 ha sonstige Flächen (z.B. Sonder- und Dauerkulturen) gepachtet.
Im Unterschied zu den „Bestandspachten“ waren die Preise für „Neupachten“ wesentlich teurer. So lagen die Preise für Neupachten bei Ackerland in Hessen bei ca. 305 Euro je ha. Zum Vergleich: in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen lagen diese bei 670 bis 690 Euro je ha; in Veredlungsregionen wurden z.T. mehr als 1 000 Euro je ha Ackerland bezahlt. Der Pachtpreis im Bundesdurchschnitt für Ackerland lag 2016 bei rund 430 Euro je ha.
Auch die Kaufpreise für landw. Flächen stiegen an – teilweise begründet durch die Flucht in lukrative Geldanlagen und gestiegene Verkäufe an außerlandwirtschaftliche Investoren. Weitere Gründe sind Angebot und Nachfrage, ein niedriges Zinsniveau, Biogasanlagen und die Viehdichte (nicht nur in Veredlungsgebieten). So sind die Kaufpreise für landw. Flächen in 2016 im bundesdeutschen Durchschnitt auf 22 310 Euro je ha gestiegen. Zwischen den Bundesländern und Regionen gibt es allerdings große Unterschiede, sowohl was den Kaufpreis als auch die Steigerungsraten im Vergleich zum Vorjahr anbelangt. Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen bleiben Spitzenreiter bei den Bodenpreisen. In Hessen lagen die Bodenpreise im Jahr 2016 bei knapp 14 300 Euro je ha.

Flächeninanspruchnahme (Infrastrukur, Siedlungs- und Verkehrsfläche)

Die Konkurrenz um die landwirtschaftliche Fläche (LF) ist gestiegen. Die größten Flächenverluste resultieren aus Wohnungsbau, Gewerbe- und Industrieansiedlungen sowie Logistikzentren, Straßen, Bahnlinien, Flugplätze, Bergbau und Energieleitungsbau sowie Wasser- und Freizeitflächen. An die genannten Konkurrenten verlor die Landwirtschaft in Hessen seit 1950 bis 2015 gut 200 000 ha (Bundesweit waren es im gleichen Zeitraum rund 4 Mio. ha LF). Die Inanspruchnahme landw. Flächen für Naturschutz, Kompensation und teilw. auch Wald kommt in der Regel noch zu den genannten Flächenangaben (diese Flächen werden aber weiter unter LF statistisch erfasst, so dass keine getrennte Aussage zum Umfang aus Sicht der Agrarstatistik getroffen werden kann).

Die nachfolgende Grafik verdeutlicht den Umfang der Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrsfläche (SUV) in Hessen von 1991 bis 2015 sowie die tägliche Flächeninanspruchnahme in ha je Tag (rechte Achse).

Flächeninanspruchnahme in Hessen 1991-2015; Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt (HSL), Wiesbaden, 2016Quelle:  Hessisches Statistisches Landesamt (HSL), Wiesbaden, 2016

 

Grafik:  Flächennutzung von landwirtschaftlichen Betrieben in Hessen

Grafik: Flächennutzung von landwirtschaftlichen Betrieben in Hessen; Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt (HSL), Wiesbaden, ASE 2016 [vorl.]

Quelle:  Hessisches Statistisches Landesamt (HSL), Wiesbaden, ASE 2016 [vorl.]

 

Anzahl der Betriebe mit Viehhaltung geht zurück

Tabelle: Tierbestände
Tierbestände 2010 2016 Veränderung
2010 zu 2016
Rinder 464.000 439.000 -5,4
   Milchkühe  149.000 143.000 -4,0
      Halter 3.900 2.900 -25,6
      Ø-Bestand 38 49
      Bestände > 50 62% 76%
      Bestände > 100 23% 41%
      Bestände > 200 3% 12%
   Milcherzeugung *) 7.901 8.455 7,0
   Mutterkühe 42.100 39.900 -5,2
      Halter 3.900 3.300 -15,4
      Ø-Bestand 11 12
Einhufer 32.000 33.900 5,9
Schweine 726.000 613.500 -15,5
   andere Schweine 1) 446.000 385.000 -13,7
      Halter 5.300 3.200 -39,6
      Ø-Bestand 84 120
   Zuchtsauen 59.000 42.000 -28,8
      Halter 1.450 770 -46,9
      Bestände > 50 77% 88%
      Bestände > 100 64% 79%
      Bestände > 200 43% 57%
Schafe 140.000 128.000 -8,6
Legehennen 874.000 1.107.500 26,7
Masthähnchen 545.000 1.211.300 122,3
Bienenvölker ** 47.479 53.813 13,3
Halter ** 7.172 9.266 29,2
Ø-Bestand  ** 6,6 5,8

1) Jungschweine bis unter 50 kg LG, Mastschweine und Eber zur Zucht, ohne Ferkel bis einschl. 20 kg
*)  HVL, Alsfeld (Betriebe, die der Milchleistungsprüfung angeschlossen sind); in kg Milch je Kuh u. Jahr
**) Deutscher Imkerbund (DIB), Jahresberichte 2010 und 2016
Quelle:  Hessisches Statistisches Landesamt (HSL), Wiesbaden, ASE 2016

Die Viehhaltung entwickelte sich weiter rückläufig. Gegenüber 2010 gaben gut 2 100 Betriebe die Viehhaltung auf. Insbesondere verliert die Schweinehaltung in Hessen weiter stark an Bedeutung. Mit einem Bestand von knapp 613 400 Schweinen wurden weniger Schweine ermittelt als nach dem Krieg 1947       (618 400 Schweine). Demgegenüber wurden 1970 noch gut 1,5 Millionen Schweine und damit fast das Zweieinhalbfache des aktuellen Bestands gehalten. Im Vergleich zu 2010 sank die Zahl der Schweine haltenden Betriebe um 2 200 auf 3 500 Betriebe (ASE 2016).
Im Bereich Rinderhaltung gingen die Betriebs- und Tierzahlen ebenfalls zurück. Gegenüber 2010 gaben gut 17 Prozent bzw. 1 500 Betriebe die Rinderhaltung auf. Zum Erhebungsstichtag der ASE 2016 hielten 7 200 Betriebe knapp 442 200 Rinder, dies waren 21 400 Rinder weniger als im Jahr 2010.
Nachdem 2012 die niedrigsten Milchkuhbestände (143 600) seit 1945 ermittelt wurden, stiegen diese zunächst auf 146 900 Milchkühe im November 2014. Zur aktuellen Erhebung (2016) wurde nun eine Bestandsverringerung festgestellt:  2 900 Betriebe hielten 142 300 Milchkühe.
Die Mastgeflügelhaltung hat Einzug in die Betriebe gefunden. Zur Landwirtschaftszählung 2010 wurden rund 544 500 Masthühner und zur ASE 2016 gut 1,2 Millionen Tiere ermittelt.
Aufgrund des Verbots der konventionellen Käfighaltung (Batterie- Käfige) zum 1.1.2010 gab es deutliche Veränderungen in der Legehennenhaltung: hier konnten 1999 ca. 1,47 Millionen Hennen gezählt werden. Die Talsohle wurde mit gut 874 000 Legehennen im Jahr 2010 durchschritten und eine deutliche Steigerung auf 1,11 Millionen Tiere zur ASE 2016 festgestellt. Darunter waren 20 Prozent Öko-Legehennen. Die Legehennen-Haltung wurde zunehmend als weiteres Standbein bei den Betrieben etabliert und ausgebaut.

Bio-Betriebe boomen – Ökologischer Landbau wächst

Von den knapp 16 300 Betrieben bewirtschafteten 2016 gut 12 Prozent ihre Fläche entsprechend den Richtlinien des ökologischen Landbaus. Im Vergleich zur Landwirtschaftszählung 2010 stieg die ökologisch bewirtschaftete Fläche um ein knappes Viertel (18 000 ha) auf 90 700 ha. Hinsichtlich ihrer Größenstruktur und Flächenausstattung unterschieden sich die ökologisch wirtschaftenden Betriebe kaum von den Betrieben, die konventionell bewirtschaften. Bei den Betrieben, die mehr als 100 ha LF besaßen, gab es sogar keine Unterschiede. In beiden Bewirtschaftungsarten wurden 46 Prozent der gesamten LF von diesen Betrieben (13 Prozent) bewirtschaftet. Der durchschnittliche hessische Betrieb hatte eine Flächenausstattung von gut 47 ha, der ökologisch wirtschaftende gut 51 ha.
Ökologischer Landbau in Hessen wird nach wie vor auf dem Grünland betrieben und dort insbesondere in den Mittelgebirgslagen mit einem hohen Anteil an natürlichem Grünland. Bei Betrieben mit ökologischem Landbau betrug der Anteil des Grünlands an der LF zwei Drittel und der des Ackerlandes ein Drittel, während sich dies bei den Betrieben mit konventionellem Landbau genau umgekehrt verhielt.
Hessen zählt zu den Bundesländern mit hohem Anteil an ökol. bewirtschafteter Flächen (neben RLP, BW, MV und BB); der Bundesdurchschnitt lag 2016 bei ca. 8 Prozent (EU-Durchschnitt ca. 6 Prozent).

Gartenbau mit Schwerpunkt Gemüse

Nach Angaben der ASE 2016 betrieben 1 750 Betriebe Gartenbau. Zu den ca. 8 800 ha gartenbaulich genutzten Flächen gehören Obstanbau, Gemüse, Blumen- und Zierpflanzenflächen, Baumschulflächen, Flächen mit Heil-, Duft- und Gewürzkräutern. Schwerpunkt war der Anbau von Gemüse mit 76 Prozent, der Obstbau folgt mit 18 Prozent.

Abschließend bleibt festzuhalten:

Trotz eines leicht gebremsten Strukturwandels wird in den nächsten Jahren der Einfluss der politischen Rahmenbedingungen (z.B. aktuelle Düngeverordnung, mögliches Verbot des Glyphosateinsatzes, weitere Greening-Auflagen sowie in der Tierhaltung das Kastenstandsurteil bei Sauen und Klimatechnische Vorgaben wie z.B. Luftwäscher) einen weiteren Rückgang von Betrieben und Tierbeständen nach sich ziehen. Für einen Teil der Betriebe wird sich aber als Chance die Umstellung auf den ökologischen Landbau anbieten. Auch eine Einkommensdiversifizierung kann für einige Betriebe einen Fortbestand unterstützen. Allerdings fehlt in vielen landw. Betrieben (besonders unter 100 ha LF) ein Hofnachfolger.

Quellenangaben:  Hessisches Statistisches Landesamt (HSL), Wiesbaden – ASE 2016