Hofgastronomie: Personalmangel mit Selbstbedienung meistern

Luisa Reith, Beratungsteam Erwerbskombinationen

Auf dem Markt gibt es zahlreiche Selbstbedienungslösungen für die Gastronomie. Im Folgenden stellen wir verschiedene Modelle vor, die auch für die Hofgastronomie praktikabel sein können. Dabei gilt es, Kosten und Nutzen individuell abzuwägen und die Umsetzung frühzeitig mit den zuständigen Behörden wie Veterinär-, Bau- und Ordnungsamt abzustimmen.

Die kostengünstigste Variante: Selbstbedienungstheke mit Vertrauenskasse

Für einen kostengünstigen Einstieg oder saisonales Angebot bietet es sich an, Kuchenstücke portioniert auf Tellern und mit Folie überzogen in Selbstbedienungstheken zu platzieren. Fraglich ist, wie praktikabel diese Lösung für Sahnetorten ist, oder ob Blechkuchen und Gebäck bevorzugt werden sollten. Getränke können in frei zugänglichen Kühlschränken angeboten werden und auch Kaffeevollautomaten lassen sich einfach aufstellen. Die Bezahlung erfolgt anschließend über eine Vertrauenskasse mit Strichliste über die entnommene Menge. Diese Art der Verpflegung eignet sich vermutlich nur für Proviantstationen, an welchen Gäste (v.a. Radfahrer und Wanderer) nur kurz Halt machen und sich stärken wollen. Denn der Wunsch nach längerem Verweilen könnte ohne Servicepersonal in den Hintergrund geraten. In Bezug auf alle hygienerechtlichen Anforderungen sollten Sie rechtzeitig mit der zuständigen Lebensmittelkontrolle sprechen.

Leider sind Waren- und Gelddiebstähle bei dieser Vermarktungsform ein Thema. Der Artikel Diebstahlsicher ab Hof verkaufen bietet Lösungen und Tricks bei Selbstbedienungskonzepten in der Direktvermarktung. Klassische Getränke- und Warenautomaten, wie man sie u.a. von Bahnhöfen kennt, können Diebstahl vorbeugen, sind jedoch deutlich teurer.

High-Tech Getränkeausschank in Selbstbedienung

Für Betriebe, die weiter digitalisieren möchten, könnten Flaschenkühlschränke mit EC-Kartenöffnung eine praktische Lösung bieten. Die Getränkeflaschen stehen im Kühlschrank auf einer Waage. Beim Herausnehmen von Flaschen gibt die Waage entsprechende Daten an das Kartenterminal weiter und der Betrag wird von der EC-Karte abgebucht. Genauso ist es bereits möglich, Schankgetränke (Bier, Softdrinks, aber auch Weine und Wasser), über eine Zapfanlage mit EC-Karten-Terminal zu installieren. Die Schankanlage wird erst entriegelt, sobald eine Karte vorgehalten wird. Je nach Hersteller kann auch eine Altersabfrage installiert werden. Ebenso können Kaffeeautomaten mit Münzeinwurf oder Kartenterminal genutzt werden. Bei diesen Lösungen sollten Unternehmer jedoch unbedingt das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Blick behalten und überlegen, wie sich die Zahlungsbereitschaft der Kunden für Selbstbedienung im Vergleich zum Service mit Liebe zum Detail verhält, denn auch das Auge trinkt mit.

Überlegen Sie bei diesen Varianten, wie Sie dem Müllaufkommen von Einweg-Verpackungen und To-go-Bechern entgegenstehen und dieses handhaben wollen.

Der Klassiker: Selbstbestellung am Tresen

Verkaufstresen mit einer Kaffeemaschine dahinter, oben ein Schild, auf dem "Kaffeespezialitäten" steht
Die klassischste Variante der Selbstbedienung: Bestellung und Abholung am Tresen. Hier im Café der Wetterauer Früchtchen.

Gäste bestellen und bezahlen an der Theke, nehmen das Essen mit und räumen später selbst ab oder nutzen Abräumwagen. Je nach Sitzplatzanzahl, Speisenangebot und Hauptgeschäftszeit wird Personal für Kasse, Essensausgabe, Zubereitung in der Küche, Leerräumen der Abräumwägen und Geschirrspülen benötigt. Für Speisen, die einen Moment der Zubereitung brauchen, bieten sich Pager an, die die Gäste mit an ihren Tisch nehmen und ein Signal abgeben, wenn aus der Küche die Info gesendet wird, dass das Essen abholbereit ist.

Buffetkonzepte

Wer Speisen anbietet, welche hauptsächlich kalt serviert werden oder sich einen Moment warmhalten lassen (ohne an Qualität zu verlieren!), kann über ein Buffet nachdenken, welches zu Beginn bestückt und zwischendurch aufgefüllt wird. So lassen sich Service- und Küchenpersonal und ggf. Arbeitszeit einsparen. Gezahlt wird ein Festbetrag für das gesamte Buffet, oder die Gäste laden sich Speisen und Getränke auf ihr Tablet und zahlen entsprechend an der Kasse.

Bestellung per Hofapp, Self-Order-Terminal oder QR-Code

Um ggf. Personal während dem Bestell- oder Bezahlvorgang einzusparen, können diese Schritte digitalisiert werden. Dies funktioniert über Self-Order-Terminals, wie man sie von Fast-Food-Ketten kennt. Sie verfügen  über ein Touch-Display zur Speisenauswahl mit Warenkorb und EC-Terminal für Kartenzahlung. Es gibt bereits Anbieter, die sich auf Kleinstunternehmen, wie z.B. Direktvermarkter, spezialisiert haben.

Innenhof mit Tischen, Bänken und Stühlen
Biergartenbereich bei den Wetterauer Früchtchen

Diese Vorgänge können aber auch – ggf. weniger kostenintensiv – über eine eigene Hofapp (in welcher auch Informationen zum Hof und Angebote im Hofladen bereitgestellt werden) realisiert werden: Der Kunde ruft mit seinem Smartphone die Speisekarte in Ihrer Hofapp auf, bestellt und bezahlt auch darüber.

Alternativ können QR-Codes auf den Tischen verteilt werden. Gäste scannen diese mit ihrem Smartphone, öffnen damit die Speisekarte im Browser und wählen Getränke und Speisen aus. Die Bezahlung erfolgt direkt per Lastschrift oder PayPal über eine Art Online-Shop, welcher von Ihnen betrieben wird. Voraussetzung sind neben einer guten Netzabdeckung bzw. einem vorhandenen W-Lan, Gäste, die digitale Bestellvorgänge akzeptieren. Außerdem benötigt es Personal, das die dahinterstehende Technik bedienen und bei Problemen nach Lösungen suchen kann.

Eine Grundsatzfrage: Servicepersonal vs. eigenständige Abholung am Tresen

Die Vorteile des persönlichen Kontakts zu den Gästen sollte in keinem Fall unterschätzt werden! Das Servicepersonal kann aktiv nach weiteren Wünschen fragen oder beim Abräumen Nachtisch und weitere Getränke anbieten. Die dadurch entstehenden zusätzlichen Umsätze sollten bei Ihrer Entscheidung für das passende System berücksichtigt werden.

Wenn Sie eigene Produkte in der Hofgastro vermarkten, sollten Sie gut abwägen, ob Selbstbedienungskonzepte für Sie wirklich praxistauglich sind. Zum einen kann der Mehrwert regionaler Lebensmittel vom Hof nicht persönlich kommuniziert werden, zum anderen wünschen sich Gäste z.B. bei Fleisch unterschiedliche Garstufen. Auf solche Sonderwünsche, welche viel zur Kundenzufriedenheit beitragen, können digitale Lösungen kaum eingehen.

Fazit

Aufgrund des vorherrschenden Personalmangels, aber auch gestiegener Lohnkosten, sehen sich viele Betriebe gezwungen, auf Selbstbedienungskonzepte umzusteigen. Hofcafés und -restaurants ziehen jedoch vor allem Gäste an, die das besondere Erlebnis auf dem Bauernhof, Obsthof oder in der Gärtnerei als außergewöhnliche Abwechslung schätzen. Für dieses Erlebnis ist nicht nur der Hof mit seiner Lage und Besuchsmöglichkeiten an sich verantwortlich, sondern auch die Familie und die Mitarbeitenden, die Charme, Charakter und Herzlichkeit vermitteln und Gäste persönlich willkommen heißen bzw. verabschieden. Achten Sie darauf, Ihren Gästen weiterhin ein Erlebnis zu bieten, das das Einkehren in Ihrem landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieb einzigartig macht.

Kontakt Beratungsteam

Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen
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