Ertrags- und Qualitätsleistung ausgewählter Winterweizensorten bei späten Ernteterminen
Cecilia Hüppe, Fachinformation Pflanzenbau
Hintergrund und Fragestellung
Hessen und speziell die Wetterau ist eines der wenigen Gebiete in Deutschland, in denen der Feldhamster vorkommt (Meinig et al. 2014). Als Kulturfolger sind die Bestände des Feldhamsters stark zurückgegangen, so dass er als Art der Roten Liste unter strengem Schutz steht (Meinig et al. 2020). Grund für den Rückgang ist der Verlust von Nahrung und Lebensraum durch die sommerliche Getreideernte (Köhler et al. 2014). Für eine erfolgreiche Populationserhaltung des Feldhamsters ist es jedoch notwendig, dass auch für den zweiten und dritten Wurf in der späteren Jahreshälfte ausreichend Deckung zur Verfügung steht (Meinig et al. 2014). Dies steht jedoch im Zielkonflikt mit der Produktion von Getreide, da eine späte Ernte mit hohen Ertrags- und Qualitätsverlusten verbunden sein kann. Vorteilhaft wären ggf. Sorten mit einer höheren Nutzungselastizität, die bei später Ernte nicht mit hohen Ertragseinbußen und einer starken Abnahme der Backqualität reagieren. Vor diesem Hintergrund sollte geprüft werden, ob eine gezielte Sortenwahl die Verluste reduzieren kann.
Ziel des Versuches war es daher, die Ertrags- und Qualitätsparameter ausgewählter Winterweizensorten bei unterschiedlichen Ernteterminen im Hinblick auf ihre Eignung für die Anlage von Feldhamsterschutzstreifen in Hessen zu überprüfen.
Versuchsaufbau
Zur Überprüfung der Fragestellung wurde am LLH-Standort Friedberg in der Wetterau über zwei Jahre ein Versuch als zweifaktorielle Versuchsanlage mit vierfacher Wiederholung angelegt. Als Versuchsfaktoren wurden acht Sorten zu drei Ernteterminen (E1: Anfang August, E2: Ende August/Anfang September und E3: Oktober) geprüft (Tab. 1). Ausgewählt wurden Sorten verschiedener Qualitätsgruppen mit einer hohen Einstufung von Fallzahl und Fallzahlstabilität sowie hohen Bestandesdichten. Die Bestandesführung erfolgte unter konventionellen Bedingungen standortangepasst. Zur Beurteilung der Standfestigkeit wurde im Jahr 2023 vor jedem Erntetermin Lager bonitiert. Zur Ernte wurden Ertrags- und Qualitätsdaten (Rohproteingehalt, Tausendkornmasse, Fallzahl) ermittelt.
Tabelle 1: Übersicht der Versuchsjahre und Versuchsfaktoren
Jahr | Sorte | Fallzahl und -stabilität 1 | Erntetermin (E) |
---|---|---|---|
2023 | Foxx | 8++ | E1: |
2024 | Grannosos | 8+ | 11.08.2023 / 06.08.2024 |
Informer | 7+ | E2: | |
KWS Donovan | 6+ | 11.09.2023 / 22.08.2024 | |
Moschus | 9++ | E3: | |
Pep | 8++ | 28.09.2023 / 15.10.2024 | |
Ponticus | 9+ | ||
RGT Reform | 9+ |
1Fallzahl: 1 = niedrig, 9 = sehr hoch; Fallzahlstabilität: + = gut, ++ = sehr gut
Ergebnisse und Diskussion
Agronomie:
Während im Jahr 2023 noch an allen drei Terminen geerntet werden konnte, war im Jahr 2024 ein Drusch der Weizensorten im Oktober nicht mehr möglich. Die Parzellen waren komplett zusammengebrochen und es wurde bereits Auswuchs an den Pflanzen festgestellt. Auch in 2023 kam es in allen Parzellen zum dritten Termin zu ausgeprägtem Lager (Daten nicht dargestellt).
Ertrag:
Die Weizensorten zeigten in beiden Jahren ähnliche Effekte des Ertrages auf die Variation des Erntetermins, so dass die Erträge als Mittelwerte der geprüften Sorten dargestellt sind. Im Jahr 2023 wurde der höchste Ertrag (85,6 dt/ha) bei der Ernte Mitte August (E1) festgestellt, mit einer abnehmenden Tendenz zum zweiten Erntetermin Mitte September (E2) (80,3 dt/ha), jedoch ohne statistisch signifikanten Unterschied. Zum dritten Erntetermin (E3: Ende September) sank der Mittelwert der Sorten nochmals auf 76,8 dt/ha. Im Vergleich zur ortsüblichen Ernte (E1) war somit ein signifikanter Ertragsverlust von 8.8 dt/ha zu verzeichnen. Im Jahr 2024 wurden bei ortsüblicher Ernte (E1) 82,8 dt/ha und bei Ernte Ende August (E2) 83,4 dt/ha geerntet; ein Ertragsverlust zwischen den beiden Varianten E1 und E2 konnte nicht festgestellt werden. Ob die Weizensorten bei späterer Ernte (E3) mit Ertragseinbußen reagiert hätten bleibt offen, da eine Ernte lagerbedingt nicht möglich war (Abb. 1).

Qualität
Für die Vermarktung von Weizen ist vor allem der Rohproteingehalt von Bedeutung. Dieser schwankte im Mittel der beiden Jahre zwischen den Sorten, es konnten jedoch keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden (Daten nicht dargestellt). Die Fallzahl, als für die Backqualität relevantes Merkmal, zeigte bei allen Sorten (mit Ausnahme von Foxx in 2023) abnehmende Werte bei späterer Ernte. In 2023 lagen Foxx, Grannosos, Informer und Pep spätestens bei der Ernte im Oktober unter dem Grenzwert von 220s. Sorten mit sehr guten Fallzahleigenschaften (hohe Fallzahl, sehr gute Fallzahlstabilität) konnten die Fallzahlen auch bei sehr späten Ernteterminen überwiegend halten. Im Jahr 2024 unterschritt bis zur Ernte Ende August keine Sorte den Grenzwert, wobei abnehmende Tendenzen festzustellen waren. Aufgrund des totalen Einbruchs aller Sorten im Oktober konnten für den dritten Termin keine Ergebnisse notiert werden (Abb. 2).

Fazit
Eine verspätete Ernte von Winterweizen führt unabhängig von der Sorte sowohl zu Ertrags- als auch zu Qualitätseinbußen bei Winterweizen. Die Ergebnisse aus zwei Versuchsjahren zeigen leichte Ertragsverluste bei einer um drei bis vier Wochen verspäteten Ernte, die jedoch statistisch nicht abgesichert sind. Die Ergebnisse bestätigen jedoch, dass eine für den Feldhamster notwendige Ernte im Oktober bei Winterweizen nicht mehr oder nur mit deutlichen Ertrags- und Qualitätseinbußen möglich ist. Sortenunterschiede im Zusammenhang mit einer spezifischen Eignung für einen späteren Drusch konnten nicht gefunden werden. Vielmehr ergeben sich Sortenunterschiede aus den differenzierten Eigenschaften der Sorten in ihren Qualitätsmerkmalen an sich. In jedem Fall empfiehlt sich die Wahl einer Sorte mit sehr guten Fallzahleigenschaften.
Quellen:
Köhler, U.; Geske, C.; Mammen, K.; Martens, S.; Reiners, T.E.; Schreiber, R. & Weinhold, U. (2014): Maßnahmen zum Schutz des Feldhamsters (Cricetus cricetus) in Deutschland. – Natur und Landschaft 89 (8): 344–349.
Meinig, H., Buschmann, A., Reiners, T. E., Neukirchen, M., Balzer, S., & Petermann, R. (2014): Der Sta tus des Feldhamsters (Cricetus cricetus) in Deutschland. Natur und Landschaft 89.8 (2014): 338 343.
Meinig, H.; Boye, P.; Dähne, M.; Hutterer, R. & Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 170 (2): 73 S.