Die Mischung macht‘s – Tipps zur Anlage einer Blumenwiese

Der Traum von einer heimischen Blumenwiese im Garten bleibt oft ein Traum, weil die Realität nicht den Erwartungen entspricht.
Statt artenreicher Blüte breiten sich schnell unerwünschte Kräuter aus oder eine einzelne Pflanzenart setzt sich durch – und von der versprochenen Vielfalt bleibt kaum etwas übrig.
Dabei ist eine Blumenwiese im Garten nicht nur schön anzusehen, sondern auch nützlich. Bei richtiger Wahl der Saatgutmischung widersteht sie beispielsweise Trockenheit und Hitze besser als eine herkömmliche Rasenanlage und bietet zugleich Lebensraum und wertvolle Nahrung, insbesondere für Insekten.
Warum gelingt die Anlage nicht so wie gedacht?
Es gibt einige Hürden, die eine dauerhafte Blumenwiesenanlage erschweren können. Neben der richtigen Mahd liegt es häufig an der Wahl der Saatgutmischung oder dem Boden.

- Missverständliche Erwartungen
Verschiedene Saatgutmischungen verfolgen unterschiedliche Ziele: Einige sind auf eine möglichst üppige Blüte ausgelegt, andere auf eine natürliche Blumenwiese. Eine heimische Blumenwiese besteht meist aus Gräsern und Wildkräutern. Ihre Blüten sind oft kleiner und dezenter, der Haupt-Blühzeitraum beschränkt sich meist auf den Frühsommer (Mai/Juni). Die Mischungen mit großen, leuchtenden Blüten enthalten hingegen häufig einjährige Kulturpflanzen, die für eine natürliche Wiese nicht typisch sind. - Die Saatgutmischung passt nicht zum Standort
Der Standort ist entscheidend für die Artenvielfalt auf einer Blumenwiese. Wichtige Faktoren sind der Boden (vor allem der Nährstoffgehalt und der pH-Wert), die Lage und die Häufigkeit der Mahd. Besonders artenreich ist ein Magerrasen (auch Trockenrasen oder Magerwiese genannt). Dieser entwickelt sich nur auf nährstoffarmen, eher kalkreichen Böden in vollsonniger Lage und wird extensiv – also möglichst wenig – gepflegt.
In vielen Hausgärten ist der Boden jedoch zu nährstoffreich, insbesondere an Stickstoff. Deswegen ist es dort nicht möglich, eine solch artenreiche Wiese dauerhaft anzulegen. Hier sind Mischungen besser geeignet, die für nährstoffreichere Böden und den Hausgarten zusammengestellt werden. Der Versuch, eine artenreichere Magerwiese ohne Anpassung des Bodens anzulegen, führt meist nur zu Frust. - Die Saatgutmischung enthält nicht geeignete Pflanzen
Einige Blumenwiesenmischungen für den Hausgarten bestehen aus nicht heimischen Pflanzen und einem hohen Anteil an einjährigen Arten, wie beispielsweise Sonnenblume, Jungfer im Grünen, Goldmohn (auch Kalifornischer Mohn oder Kalifornischer Kappenmohn genannt) oder zweijährige Nachtkerze. Diese Mischungen sorgen zwar schnell für einen tollen Blüheffekt, sind aber nicht für eine dauerhafte Wiesenanlage geeignet. Außerdem besteht die Gefahr, dass sich invasive Arten darunter befinden.

Tipps, um Frust zu vermeiden
Saatgutmischung passend zum Standort und Boden auswählen
Arbeiten Sie mit dem Boden, der bereits im Garten vorhanden ist. Da die meisten Hausgartenböden nährstoffreich sind, wählen Sie eine dafür geeignete Mischung.
Eine Blumenwiese braucht einen sonnigen Standort ohne Konkurrenz durch eine dichte Gehölzpflanzung, wie beispielsweise eine freiwachsende Hecke oder einen Baum. Für solche Bereiche sollten Sie eine spezielle Gehölzsaum-Mischung verwenden.
Boden abmagern
Wenn Sie allerdings eine möglichst artenreiche Wiese möchten, führt kein Weg daran vorbei, den Boden abzumagern. Es gibt vier Möglichkeiten, wie Sie dieses erreichen können:
- Mineralische Materialien einarbeiten
Sie können mineralische Materialien wie beispielsweise Sand, Kalk oder ein weitgestuftes Kalksteingemisch in den Boden einarbeiten. Je nach Bodenbeschaffenheit kann allerdings eine größere Menge notwendig und damit kostspielig sein. Fehlen in der Region die entsprechenden Materialien, ist es zudem durch weitere Transportwege nicht nachhaltig. - Nährstoffgehalt durch Mahd reduzieren
Wählen Sie eine Saatgutmischung passend zu Ihrem Boden aus. Dann entfernen Sie nach jeder Mahd das Schnittgut vollständig von der Fläche (kein Mulchmäher). So entziehen Sie dem Boden allmählich die Nährstoffe (‚aushagern‘). Im Laufe der Zeit können sich dann immer mehr blühende Kräuter entwickeln. Diese Methode ist zwar langsamer, dafür jedoch kostengünstiger und weniger arbeitsaufwendig als das Einarbeiten von Materialien. - Nährstoffgehalt durch Starkzehrer reduzieren
Eine andere, schnellere Möglichkeit dem Boden Nährstoffe – insbesondere Stickstoff – zu entziehen, ist die Ansaat von einjährigen Nutzpflanzen mit einem sehr hohen Nährstoffbedarf, den sogenannten Starkzehrern. Dazu gehören Gemüsearten wie Kartoffeln, Mais, Kürbis, Kohlarten oder Kräuter wie Borretsch und Basilikum. Säen Sie im Frühjahr die entsprechende Kultur aus und entfernen Sie diese vor der Aussaat der Wiesenmischung im Frühherbst vollständig, also inklusive der Wurzeln, von der Fläche. - Kein Mutterbodenauftrag
Die vierte Möglichkeit ergibt sich nach dem Hausbau. Achten Sie darauf, dass im Bereich der geplanten Blumenwiese kein nährstoffreicher Mutterboden verteilt wird. Arbeiten Sie stattdessen mit dem vorhandenen nährstoffärmeren Unterboden. Entfernen Sie vor der Aussaat unbedingt die Verdichtungen aus der Bauphase durch Bodenlockerung.

Saatgut von heimischen Pflanzen wählen
Heimische Wildpflanzen bieten unseren Insekten das breiteste Nahrungsangebot. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch bedrohte, spezialisierte Insekten mit ihren spezifischen Ansprüchen „ihre Blütenpflanzen“ finden. Doch wie erkennt man, ob eine Mischung heimische Pflanzen enthält?
- Angaben auf der Verpackung beachten
Produktnamen wie „Insektenparadies“, „Ländliche Blütenwelle“ oder „“Blumen-Wiese“ sagen wenig über den Anteil heimischer Pflanzen aus. Mehr Informationen finden Sie in der Beschreibung und Zusammensetzung der Mischung. Werden nur „Kräuter“, „Blumen“ oder „Pflanzen“ erwähnt, kann es sich dabei um züchterisch bearbeitete Sorten, sowohl von heimischen als auch von nicht heimischen Pflanzen handeln. Begriffe wie „Wildkräuter“, „Wildblumen“ sowie „Wildpflanzen“ sind nicht gleichbedeutend mit „heimisch“. Achten Sie darauf, dass der Begriff „heimisch“ ausdrücklich genannt wird. Eine genaue Pflanzenliste sollte entweder auf der Verpackung oder in der Beschreibung des Anbieters einsehbar sein. Außerdem sollten die Begriffe „dauerhaft“ oder „mehrjährig“ ausdrücklich angegeben sein. - Zertifiziertes, regionales Saatgut
Wenn Ihnen diese Recherchearbeit zu aufwendig ist, können Sie regionales Saatgut über geeignete Anbieter bestellen. Damit können Sie sicher sein, dass sich darin nur heimische, regionaltypische Pflanzen befinden. Achten Sie auf die Qualitätssiegel „VWW-Regiosaaten“ vom Verband der deutschen Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V. oder RegioZert® vom Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e. V., die zertifiziertes regionales Wildpflanzensaatgut kennzeichnen. Dieses ist zwar etwas teurer als handelsübliches Saatgut, aber der ökologische Vorteil liegt in seiner gesicherten Herkunft und der Anpassung an regionale Bedingungen. - Spezialisierte Wildpflanzenbetriebe
Da sich die Anbieter von VWW-Regiosaaten insgesamt auf Vermehrung heimischer Wildpflanzen spezialisiert haben, finden Sie bei ihnen auch Wildblühmischungen aus heimischen Arten für den urbanen Bereich. Schauen Sie sich dazu die Liste der Fachbetriebe auf der Seite des Verbandes der deutschen Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V. (VWW) sowie beim Naturgarten e. V. an.

Heimisch oder Regional?

„Heimisch“ bezieht sich auf Pflanzen, die bereits vor dem Jahr 1492 in Deutschland vorkamen. Darunter fällt die ursprüngliche, hier entstandene Vegetation, die auch als indigene oder autochthone Vegetation bezeichnet wird. Aber auch die sogenannten Archaeophyten zählen dazu. Das sind die Pflanzen, die mit den Menschen und deren Bewirtschaftung vor 1492 nach Deutschland gekommen sind und sich mittlerweile in die bestehende Flora etabliert haben. Dabei spielt es keine Rolle, in welchem Teil Deutschlands sie vorkommen oder ob sie innerhalb oder außerhalb kultiviert wurden.
„Regional“ hingegen bezeichnet heimische Pflanzen, die aus kleineren Gebieten innerhalb Deutschlands stammen. Dies schließt ein, dass sowohl das Vermehrungssaatgut als auch die Vermehrung selbst in dieser Region erfolgt sind. Das ist vor allem in der freien Natur und im Naturschutz wichtig, da sich Pflanzenarten je nach Region und Standort unterschiedlich entwickelt und angepasst haben. An diese Flora ist wiederum oft eine spezifische Fauna gebunden.
Um diese natürlichen Ökosysteme zu fördern und zu erhalten, ist es bei Begrünungsmaßnahmen in der freien Natur und Landschaft gesetzlich vorgeschrieben, nur Saat- und Pflanzgut aus ähnlichen Herkunftsräumen zu verwenden. Diese Regelung ist im § 40 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) verankert.
Im Hausgarten besteht keine solche Verpflichtung. Wenn Sie jedoch einen Naturgarten anlegen möchten, ist es empfehlenswert aus ökologischen Gründen, auf derartiges Pflanzmaterial und Saatgut in Form von sogenannten „Regiosaatgutmischungen“ oder gebietsheimische Saatgutmischungen zurückzugreifen. Auch im kommunalen Bereich – vor allem am Siedlungsrand – ist die Verwendung sinnvoll, damit sich keine nicht heimischen Pflanzen in der freien Natur verbreiten.
Noch ein paar Tipps zum Schluss
- Aussaat
Wenn Sie die passende Saatgutmischung dann in den Händen halten, fragen Sie sich vielleicht, ob die Menge überhaupt reicht und wie Sie diese kleinen, feinen Samen gleichmäßig auf Ihrer Fläche verteilen können. Mischen Sie die Samen in einem großen Eimer mit trockenem Sand oder einem anderen, möglichst hellem Füllstoff wie Sägespäne oder geschrotetem Getreide, dies erleichtert eine gleichmäßige Verteilung. - Unerwünschten Aufwuchs dezimieren
Wenn nach der Aussaat vorhandene Wurzel- und Samenunkräuter schneller und höher wachsen als die Keimlinge, können Sie durch einen sogenannten ‚Schröpfschnitt‘ das Aussamen dieser Unkräuter vermeiden. Mähen Sie die Fläche, sobald das Unkraut 20 bis 30 cm hoch ist – idealerweise mit einem Fangkorb. Achten Sie darauf, nicht tiefer als 5 cm zu mähen, um die Keimlinge nicht zu beschädigen. - Geduld haben
Nicht alle Pflanzen keinem gleich schnell. Einige benötigen mehr Zeit, sodass nicht sofort alle Arten sichtbar sind, die auf der Verpackung angegeben sind. Viele Arten sind sogar Kalt- oder Frostkeimer und keimen erst nach einem entsprechenden Kältereiz. Deshalb empfiehlt es sich, solche Saatgutmischungen im Frühherbst auszusäen. Außerdem verändert eine Blumenwiese ihr Aussehen von Jahr zu Jahr – das ist normal und Teil der natürlichen Dynamik. - Jahreszeitliche Dynamik
Apropos Dynamik: Seien Sie sich bewusst, dass eine Blumenwiese auch im Jahresverlauf nicht immer gleich aussieht. Im Frühjahr gleicht die Fläche einem Rasen, erreicht dann zum Frühsommer bzw. Sommer den Blühhöhepunkt und wird anschließend zurückgeschnitten (gemäht). Dann ähnelt sie wieder einem Rasen, bis zum Herbst wieder ein mittelhoher Bewuchs entsteht. - Erwartungen an Blütenreichtum anpassen
Wie schon erwähnt, sind besonders artenreiche Wiesen, wie die Almwiese mit der bunten Kräutervielfalt, in einem Hausgarten nur schwer umzusetzen. Aber auch eine standortgerechte, heimische Blumenwiesenmischung mit dezenterem Blütenbild bietet einen hohen ökologischen Wert – auch für spezialisierte Insekten – und deutlich mehr Blütenvielfalt als ein Rasen. - Nutzungsbereiche freihalten
Aufgrund der Wuchshöhe und der sensibleren Pflanzen eignet sich eine Blumenwiese nicht für intensivere Nutzungen wie Spielen, Grillen oder als Weg. Solche Bereiche können Sie aber durch regelmäßiges Mähen freihalten. Hier entwickelt sich dann keine hohe Wiese, sondern ein niedrigerer Kräuterrasen , bestehend aus den schnitt- und trittverträglicheren Kräutern und Gräsern der Wiese.
Die jahreszeitliche Dynamik am Beispiel der Blumenwiese am Standort der HGA in Geisenheim. Das Bild links zeigt die Wiese im März. Dann folgen Aufnahmen von Mitte Mai, Mitte Juni und Mitte August:




Mehr Informationen zur Anlage und Pflege von Blumenwiesen und Kräuterrasen finden Sie in unserer Praxisbroschüre Grasflächen.