Keyline Design in Deutschland: Erfolgreiche Praxisbeispiele und Herausforderungen bei der Umsetzung

Pierre Klüber und Julian Veit, Fachinformation Pflanzenbau

Das Keyline Design ist ein Planungsansatz, der darauf abzielt, Wasser kontrolliert in der Landschaft zu halten und zu verteilen. Dazu werden verschiedene Strukturen wie Gräben oder Agroforststreifen entlang von Höhenlinien angelegt, um den natürlichen Wasserfluss zu steuern.

Mit der Anlage eines Keyline Designs kann das Risiko für Bodenerosion auf der Fläche minimiert werden. Weiterhin kann der Bodenwasserhaushalt in Zeiten eines sich verändernden Klimas positiv beeinflusst werden. Wassergräben und Gehölzstreifen zu kombinieren kann auch zu einer strukturellen Aufwertung der Agrarlandschaft beitragen. Mit sogenannten Agroforstsysteme kann die biologische Vielfalt im Gehölzstreifen als auch das Bodenleben durch Bodenruhe und Humusaufbau gefördert werden.

Die Ursprünge des Keyline Designs gehen zurück auf den Australier P. A. Yeomans, der in den 1940er-Jahren ein System entwickeln wollte, das die Fruchtbarkeit von trockenen und erosionsgefährdeten Böden verbessert. Seitdem wurde das System kontinuierlich weiterentwickelt und an verschiedene Regionen und klimatische Bedingungen angepasst. Auch im deutschsprachigen Raum stößt das Keyline Design zunehmend auf Interesse.

Keyline Design

Ein markantes Merkmal des Keyline Designs sind die geschwungenen Fahrwege, die entlang der Keylines (auch Schlüssellinien oder Höhenlinien genannt) verlaufen. Im Vergleich zur konventionellen Bewirtschaftung in geraden Linien, meist parallel oder im ungünstigen Fall rechtwinkelig zur Hangneigung, orientiert sich die Anordnung im Keyline Design an den Höhenlinien des Geländes und folgt dem natürlichen Wasserfluss. Da jede Fläche eine individuelle Topographie aufweist, müssen die Keylines für jeden Schlag spezifisch ermittelt werden.

Es ist eine Ackerfläche am Hang zu sehen, diese wurde in einer lang gezogenen Kurve eingesät. Es sind bereits junge Maispflanzen zu sehen. In der Mitte der Fläche befindet sich ein Agroforststreifen. Dieser besteht aus drei Teilen. Rechts befindet sich ein Grasstreifen, in dem roter Klatschmohn blüht. In der Mitte befindet sich ein schmaler Streifen mit einer Mulchschicht auf dem Boden, einer Sitzstange für Raubvögel im Vordergrund und frisch gepflanzten Bäumen. Die Bäume sind nur an dem Wildschutz und der Stützstange zu erkennen. Am linken unteren Rand befindet sich in einiger Entfernung noch ein Agroforststreifen, dieser kann nur erahnt werden. Im Hintergrund ist Wald zu sehen. Die obere Hälfte des Bildes wird von blauem Himmel und weißen Wolken ausgefüllt. Die Aufnahme wurde an einem sehr sonnigen Tag gemacht.
Abb. 1: Auf dem Versuchsbetrieb der Justus-Liebig-Universität (JLU), dem Gladbacher Hof, wurde ein Agroforstsystem im Keyline Design angelegt, um Erosionsereignisse abzuschwächen. Außerdem sollen die Agroforststreifen Obst, Wert- und Energieholz produzieren.

Beim Keyline Design wird die Bearbeitungsrichtung angepasst. Außerdem wird oft eine Tiefenlockerung durchgeführt, dadurch soll mehr Wasser in den Boden eindringen können. Häufig werden entlang der Keylines Gräben mit einem leichten Gefälle angelegt, um nach Starkregen den Oberflächenabfluss gezielt darin aufzufangen, zu verlangsamen und flächig zu verteilen. Diese Gräben sind in der Regel 0,5 bis 1,0 Meter breit und werden oft mit Agroforststreifen kombiniert. Der Gehölzstreifen stabilisiert die künstlich angelegte Landschaftsstruktur, dient als Orientierung bei der Flächenbewirtschaftung und kann zur Produktion von Obst, Wert- und Energieholz genutzt werden. In Abbildung 1 sind Agroforststreifen im Keyline Design auf dem Gladbacher Hof zu sehen. Bei diesem Ansatz wurde darauf verzichtet, Gräben anzulegen.

Je nach Topographie werden einzelne oder mehrere dieser künstlichen Landschaftsstrukturen in regelmäßigen Abständen auf der Fläche angelegt. Der Abstand zwischen den einzelnen Strukturelementen richtet sich dabei nach der Arbeitsbreite der Maschinen im Betrieb. Eine sinnvolle Ergänzung zu den Wassersammelgräben im Keyline Design sind kleinere Erdbecken in der Fläche. Diese können abhängig von der baulichen Ausführung als Versickerungsmulde oder als Wasserspeicherbecken angelegt werden. Nebenbei bieten solche Elemente wertvollen Lebensraum.

Planung

Die einzelnen Elemente des Keyline Designs sollen das Wasser in der Fläche halten und dessen Abfluss gezielt steuern. Damit dies gelingt, ist vorab eine genaue Geländeanalyse unter anderem auf Grundlage von Höhenlinien und Fließpfadkarten unverzichtbar. Geländeinformationen, Höhenlinien und hydrologische Modelle, die Wasserflüsse schätzen, werden mithilfe von Geografischen Informationssystemen (GIS) ausgewertet. Bei der Planung bietet es sich auch an, während eines Starkregens in das Gelände zu gehen und zu beobachten, wie das Wasser tatsächlich über die Flächen fließt. In allen Fällen ist es zu empfehlen, Ingenieurbüros mit entsprechender Expertise in die betrieblichen Planungen einzubinden. Agroforstberater Oliver Döll vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) unterstützt bei der Suche und Vermittlung von Ingenieurbüros. Ein weiterer wichtiger Planungsaspekt ist, das Gesamtkonzept an die Arbeitsbreiten der im Betrieb eingesetzten Maschinen abzustimmen.

Umsetzung

Auf dem Bild ist ein schmaler Graben zu sehen der in Schlangenlinien durch Grünland verläuft, im Bild von vorne nach hinten. Auf der linken Seite ist der Graben von jungen Bäumen gesäumt. An den Bäumen befindet sich ein Wildschutz aus Holz und ein Stützpflock. Am linken Bildrand sind zwei Häuser zu erkennen. Im Hintergrund befindet sich Wald. Das Bild wurde an einem grauen Tag kurz nach einem Regenschauer aufgenommen.
Abb. 2: Auf dem Katzhof in der Schweiz wurde ein Keyline Design mit Gräben und Agroforststreifen umgesetzt. Nach einem Regenereignis hält der Graben Oberflächenwasser in der Fläche zurück und verteilt es zur langsamen Versickerung auf der Fläche, Foto: © NaturGut Katzhof, Schweiz

Nach der Planung erfolgt die praktische Umsetzung. Das Einmessen der am Computer geplanten Landschaftsstrukturen, Pflanzlöcher und auch die Anlage der Gefällestrecken in den Wassersammelgräben erfolgt standardmäßig mit einem RTK-Gerät. Während kleinere Gräben mit einem Pflug gezogen werden können, empfiehlt sich bei ausgedehnteren Grabensysteme und Geländemodellierungen der Einsatz eines Baggers. In jedem Fall müssen die Gräben fachmännisch und an die örtlichen Gegebenheiten angepasst angelegt werden. Nur dann kann Oberflächenabfluss verlässlich aufgefangen und verteilt werden. In Abbildung 2 ist die Umsetzung von einem Graben mit Agroforststreifen zu sehen.

Praxisbeispiele

Kannawurf

Im Landkreis Sömmerda im Nordosten Thüringens haben der konventionell wirtschaftende Betrieb, Landwirtschaft Kannawurf Betriebsgesellschaft GmbH, und die Deutsche Agroforst GmbH ein Keyline Design umgesetzt.

Ziel war es, auf einer Fläche von 7,5 ha durch Agroforststreifen das Erosionsrisiko zu mindern und den Wasserrückhalt zu fördern. Darüber hinaus soll das Agroforstsystem zusätzliche Erträge bringen und positive Effekte auch für die Bevölkerung wirken. Zusammengefasst nehmen alle Keyline-Elemente eine Fläche von 0,78 ha ein. Dies entspricht ca. 10 % der Gesamtfläche, die durch das Keyline Design verändert wurde.

Nach intensiver Planung wurden fünf unterschiedliche Streifen in der Fläche angelegt. In allen Gehölzstreifen wurden Pappeln gepflanzt (insgesamt 1.272 Bäume), im obersten Streifen zusätzlich 35 Walnussbäume. Im oberen und mittleren Streifen wurden außerdem Retentionsgräben angelegt. Die Gräben wurden mit Baggern modelliert, um so eine zuverlässige Wasserverteilung zu gewährleisten. In die Gräben wurde von Hand eine Grasmischung eingesät, um sie auf natürliche Weise zu stabilisieren.

Nach der Anlage der Retentionsstreifen wurde bei Starkregenereignissen ein deutlicher Rückgang der Erosionsrinnen beobachtet. Die Streifen mit einem zusätzlichen Versickerungsgraben konnten oberflächlich abfließendes Wasser vollständig aufnehmen. Agroforststreifen ohne Gräben hingegen konnten den Abfluss nicht vollständig unterbinden. Dennoch fällt ein großer Teil des abgetragenen Bodens in den Baumstreifen aus.

Bannmühle

Im Jahr 2020 hat sich der Betrieb Bannmühle in Odernheim am Glan, in Rheinland-Pfalz, dazu entschieden, auf einer Grünlandfläche von circa einem Hektar ein Keyline Design anzulegen. Die Gründe dafür lagen in den zunehmenden Problemen bei der Bewirtschaftung, die durch die Hangneigung der Flächen und das vermehrte Auftreten von Trockenperioden in den Sommermonaten verursacht wurden.

Entlang von ausgewählten Linien wurden Gräben mit Gehölzstreifen angelegt. Geplant und umgesetzt wurde das Keyline Design auf dem Betrieb Bannmühle im Rahmen des Projektes EvA (Entwicklung von Agroforstsystemen) unter der Leitung des Instituts für angewandtes Stoffstrommanagement (IFAS-Institut) der Universität Trier. Das Konzept umfasst neben Gräben und Agroforststreifen auch Wasserrückhaltebecken. Die Gräben fangen das Wasser in den natürlichen Abflussrinnen auf und leiten es gezielt auf die trockene Hangkuppe ein. Oberflächenabfluss soll damit bei Starkregen verzögert oder bestenfalls gänzlich verhindert werden. Die Gräben selbst wurden mit der Aussaat einer Gräsermischung begrünt und stabilisiert. Als Agroforstkulturen wurden Marone und Walnuss gepflanzt. Die Bepflanzung in der Baumreihe erfolgte zunächst eng in einem Abstand von sechs Meter. Nach 10 bis 15 Jahren sollen die Baumreihen dann auf einen Abstand von 12 m ausgedünnt werden. Auf diese Weise können die Bäume ungehindert wachsen, ohne dass der Grünlandaufwuchs zu stark beeinträchtigt wird. Hangabwärts grenzt die Grünlandfläche an noch steileres Gelände an. Damit Wasser von der Grünlandfläche nicht in das steile Gelände abfließt, wurde der unterste Wassergraben mit einer sehr dicht gepflanzten Futterhecke stabilisiert.

Chancen und Herausforderungen des Keyline Designs

Das Keyline Design ist ein innovatives und ganzheitliches Konzept für nachhaltige, klimaangepasste Landnutzung. Wie bei jedem System gibt es sowohl Vorteile als auch Herausforderungen, die in der Planung von den Landwirtinnen und Landwirte genau abgewogen werden müssen.

Vorteile

Durch gezielte Wasserführung kann der Bodenabtrag durch Niederschlag minimiert werden. Dies ist besonders in Regionen mit hohem Erosionsrisiko wichtig, um die Bodenfruchtbarkeit langfristig zu erhalten. Außerdem kann Regenwasser effizient in der Fläche zurückgehalten und gleichmäßig verteilt werden. Gerade in Zeiten, in denen extreme Wetterereignisse immer häufiger auftreten, wird die Abflussverzögerung von Niederschlagswasser immer bedeutender. Durch die Integration von Auffangbecken in ein Keyline Design kann Wasser entweder langsam infiltrieren und so zur lokalen Grundwasserneubildung beitragen oder für eine spätere Nutzung in der Bewässerung zwischengespeichert werden. Integrierte Agroforststreifen stabilisieren die Grabenstruktur und bieten nach der Etablierungsphase ökologische und ökonomische Vorteile, indem sie wertvollen Lebensraum bieten und Wertholz, Früchte oder Energie liefern.

Herausforderungen

Das Bild zeigt eine hügelige Agrarlandschaft an einem sonnigen Tag. Am linken Bildrand und im Hintergrund sind Baumreihen zu sehen. Im Vordergrund ist Ackerland zu sehen. Auf diesem befindet sich ein Getreidebestand in einem frühen Entwicklungsstadium. Im Bestand sind fünf parallel verlaufende Streifen ohne Bewuchs zu erkennen. Vermutlich wurden diese mit einer Fräse in den Boden gefräst. Ein Streifen ist etwa 40 Zentimeter breit. Vier Personen knien im Streifen und pflanzen Pappelstecklinge in den Boden. Eine Person fotografiert die Pflanzaktion, eine weitere Person läuft auf einem der Streifen aus der Fotoszene heraus und eine weitere Person steht im Vordergrund und beobachtet die Pflanzung.
Abb. 3: Anlage von mehreren parallel verlaufenden Pappel-Streifen entlang der Höhenlinien; Foto: © Heinfried Emden

Je nach Ausführung und Umfang kann die Umsetzung eines Keyline Design mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden sein. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Elemente des Keyline Designs eine gewissen Flächenanspruch haben. So nehmen Baumstreifen und Gräben Platz ein, der vorher für den Anbau von Feldfrüchten zur Verfügung stand. In der klassischen modernen Agroforstwirtschaft kann für das Alley-Cropping-System, vergleichbar mit dem Keyline Design, von einem durchschnittlichen Flächenbedarf von 10 % ausgegangen werden.

Nach der Anlage eines Keyline Designs sind für die Pflege und Instandhaltung zusätzliche betriebliche Ressourcen einzuplanen. Ein Keyline Design kann auch ohne Agroforststreifen funktionieren, z.B. können begrünte Gräben einen positiven Effekt haben und den Mehraufwand durch Agroforst reduzieren. Bäume und Sträucher anzubauen und zu pflegen erfordert darüber hinaus spezifisches Wissen, welches erworben werden muss. Weiterhin muss bedacht werden, dass es einige Jahre dauert, bis sich der Gehölzstreifen etabliert und in die Ertragsphase kommt. Auch mit Ausfällen von angepflanzten Gehölzen muss gerechnet werden, da diese in der Jugendentwicklung besonders empfindlich auf Trockenheit reagieren. Das Pflanzen von Bäumen direkt in einen etablierten Weißklee-Streifen hat bereits gute Ergebnisse gezeigt.

Die Aufnahme zeigt die hügelige Agrarlandschaft von Nordhessen. Im Hintergrund in weiter Ferne sind einige Windkraftanlagen zu erkennen. Außerdem sind Wald, Getreidefelder zu sehen. Im Vordergrund der Szene, vor dem Wald ist ein Getreidefeld zu sehen, auf dem gerade ein Traktor bergauf in Richtung Kamera fährt. Das Feld scheint an einem Hang zu liegen. In Feld sind an drei Stellen, parallel zum Hang, vermutlich entlang von Höhenlinien mehrere parallele verlaufende Streifen ohne Bewuchs angelegt. Zwei Streifen haben einen Kurvenverlauf, der dritte Streifen einen wellenlinienförmigen Verlauf. Die Sonne scheint, die Schatten sind lang, vermutlich wurde das Bild am Morgen aufgenommen.
Abb. 4: Parallele Baumstreifen entlang der Höhenlinien, angepasst an die Arbeitsbreite im Betrieb; Foto: © Heinfried Emden

Fazit

Ob es für einen Betrieb sinnvoll ist, das Keyline Design anzulegen, hängt stark von den individuellen betrieblichen Gegebenheiten ab. Neben Chancen im Bereich der Klimaanpassung bringt das Keyline Design finanzielle als auch betriebliche Herausforderungen mit sich. Die Anfangsinvestitionen für die Planung und die Anlage von Gräben können in Hessen nicht unmittelbar mit Förderprogrammen abgefangen werden und bestehende Pachtverträge machen es mitunter unmöglich, langfristige Gehölzstreifen oder Gräben anzulegen.

Besonderes Potenzial hat diese Form der Landschaftsgestaltung in Mittelgebirgslagen, in Regionen mit häufigen Erosionsproblemen oder auf Flächen mit unzureichender Wasserversorgung. Insbesondere wenn Betriebe die Einführung oder Ausweitung der Agroforstwirtschaft planen, kann das Keyline Design eine interessante Ergänzung sein.

Weiterführende Links

Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen
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