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Landesbetrieb startet mit innovativem Haltungskonzept für Schweine
Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) bezieht am Landwirtschaftszentrum (LWZ) Eichhof seinen neuen Modellstall mit 96 Ferkeln. Das umgesetzte „Neudorfer Haltungskonzept“ berücksichtigt ergänzend zum Tierwohl auch Aspekte des Klimaschutzes, und wurde über den Integrierten Klimaschutzplan Hessen 2025 (IKSP) gefördert.
„Das Neudorfer Haltungskonzept richtet sich an den Bedürfnissen der Tiere aus. Schweine sollten mit der Rüsselscheibe am Boden wühlen können, um ihr natürliches Verhalten auszuleben“, erklärt Landwirt Ralf Remmert aus Neudorf in Brandenburg, der eigens zur Inbetriebnahme angereist ist. Er hat das Konzept des neuen, tierwohlorientierten Haltungssystems für Schweine entwickelt. Vor zwei Jahren wurde die Idee über die Zusammenarbeit des LLH mit dem Runden Tisch Tierwohl nach Hessen gebracht. Der neue Modelstall am Landwirtschaftszentrum Eichhof ist bundesweit der dritte seiner Art.
Konzept unterstützt artgerechtes Verhalten
Das Konzept zielt vor allem auf eine Stressreduktion beim Schwein ab. Am LWZ Eichhof werden jeweils zwei Würfe abgesetzter Ferkel je Bucht in das Haltungssystem eingestallt. Nach der Ferkelaufzucht wird die Hälfte der Tiere entnommen und die restlichen Tiere verbleiben in dieser Haltungsumgebung bis zum Ende der Mast (wean-to-finish). Ziel ist es, Stress durch erneutes Umstallen oder weitere Rangordnungskämpfe zu vermeiden.
Die 15 qm großen Buchten bieten den Tieren eine strukturierte Haltungsumgebung mit verschiedenen Funktionsbereichen: In einem mit Fußbodenheizung, Abdeckung und Minimaleinstreu versehenen Mikroklimabereich können die Tiere ihr Ruhe- und Schlafverhalten ausleben. Mittig in der Bucht befindet sich der Fress- und Aktivitätsbereich. Am Ende der Bucht ist der Kotbereich platziert.
Den Schweinen werden hochwertige, faserreiche Beschäftigungsmaterialien vorgelegt. So können sie sich in den Aktivitätszeiten artgerecht beschäftigen, ihren Wühltrieb ausleben und gleichzeitig Futterration und Darmgesundheit positiv beeinflussen. „Langfaseriges Strukturfutter, ist jedoch nicht kompatibel mit den gängigen Entmistungssystemen, die auf Vollspaltenboden mit Güllekanälen basieren. Deshalb kommt das hier umgesetzte System ohne Spaltenboden aus. Ein feingliedriges Kotförderband dient als Entmistungssystem in den Buchten. Die „Schweinetoilette“ ist ein wesentliches Element des gesamten Haltungssystems“, unterstreicht Nadja Böck, Mitarbeiterin des LWZ Eichhof und verantwortlich für den Modelstall.
Schweinetoilette setzt auf Kot-Harn-Trennung
Durch ein Förderband wird der Kot aus den Buchten transportiert und mittels Schieberentmistung aus dem Stall geleitet. Der anfallende Urin gelangt durch die feinen Glieder des Kotbandes in ein darunter befindliches Wannensystem. Die Trennung der festen und flüssigen Phase reduziert die Ammoniak- und somit die Geruchsbildung deutlich. Dies wirkt sich zum einen positiv, stressreduzierend auf die Tiere aus, zum anderen werden so die Treibhausgasemissionen gesenkt. Das System bietet Potential, den Tier- mit dem Umweltschutz zu verbinden.
„Mit dem neuen Modelstall werden wir Fragestellungen zum Tierwohl, zum Emissionsanfall und zur pflanzenbaulichen Verwertung von Kot und Harn bearbeiten können. Unser Ziel ist es, die Schweinehaltung ganzheitlich zu betrachten, um nachhaltige Lösungen für die Praxis entwickeln zu können.“ erläutert Anna Mawick, Abteilungsleiterin Fachinformation und Leiterin des LWZ Eichhof.
Um unter anderem die Emissionsreduktion zu erfassen und damit fundierte Aussagen über die Umweltauswirkungen treffen zu können, wurde der Modellstall am LWZ Eichhof schon jetzt mit umfangreicher Messtechnik versehen.
Einblicke in den Stall
Aufgrund der aktuellen Corona-Situation wurde auf den sonst üblichen Tag der offenen Tür zur Stalleröffnung verzichtet. Der Modellstall ist jedoch mit einem Raum für Besucher, der Einblicke in den Stall gewährt, ausgestattet worden. Interessierte Besucher sind nach vorheriger Anmeldung herzlich willkommen. Unter den derzeitigen Bedingungen der Corona-Pandemie und der sich ausbreitenden Afrikanischen Schweinepest, kann der LLH vorerst bis Ende des Jahres keine Besichtigungen durchführen. Interessierte Landwirte und Berater können Frau Böck eine E-Mail senden, damit sie zu gegebener Zeit einen Besichtigungstermin anbieten kann.