Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Eiweißinitiative

Mehr Wertschöpfung mit Körnerleguminosen

Dritter hessischer Leguminosentag auf dem Eichhof

Ausbau der Wertschöpfungskette

Die Referenten des 3. Hessischen Leguminosentages: Brigitte Köhler (LLH), Maria u. Karl-Adolf Kremer (Rhein. Ackerbohne), Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser, Dr. Dirk Köckler (Raiffeisen Waren GmbH Kassel), Thomas Bonsels (LLH), Alexander Hissting (VLOG) und Andreas Sandhäger (LLH-Direktor). Am 09. November fand auf dem Eichhof in Bad Hersfeld der dritte hessische Leguminosentag statt. Die Veranstaltung wurde vom LLH gemeinsam mit dem Demonstrationsnetzwerk Erbse/Bohne organisiert. Der Schwerpunkt der diesjährigen Tagung lag auf dem Wertschöpfungspotential durch die inner- und außerbetriebliche Verwertung von Leguminosen – ein Thema, das von den zahlreichen Besuchern umfassend diskutiert wurde.Andreas Sandhäger (Direktor LLH) betont, dass das Vermarktungsrisiko von Leguminosen für die Landwirte reduziert werden muss.

Bei der Stabilisierung der derzeitigen Anbaufläche kommt dem nachgelagerten Bereich eine wichtige Schlüsselrolle zu. Die produzierten Mengen müssen abgenommen und weiterverarbeitet werden. In seinem Grußwort griff LLH Direktor Andreas Sandhäger, die Forderung des Handels nach größeren Handelschargen auf. Politische Entscheidungen, wie das Pflanzenschutzverbot auf Greening-Flächen, würden sicherlich die Bereitschaft der Landwirte zum Anbau von Leguminosen dämpfen. Durch die steigende Nachfrage von gentechnikfreien Futtermitteln, wird sich jedoch in den kommenden Jahren ein wachsender Markt entwickeln, der die Vorzüglichkeit zum Anbau verbessern sollte. Wichtig sei es aus seiner Sicht, dass neben dem produktionstechnischen Risiko, welchem durch die Beratung des LLH begegnet wird, auch das Vermarktungsrisiko für die Anbauer reduziert wird.

Erfolgsgeschichte hessischer Öko-Aktionsplan

Im Rahmen des Öko-Aktionsplan, konnte die Anbaufläche von Leguminosen in Hessen ausgebaut werden. Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser bedankt sich beim LLH, der durch seine Beratungsarbeit maßgeblich zu dieser positiven Entwicklung beigetragen hat.Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser ging zu Beginn ihrer Ausführungen darauf ein, dass sie trotz des Verbots des Pflanzenschutzeinsatzes auf Greening-Flächen, zuversichtlich für den Anbau von Eiweißpflanzen bleibe. Sie sieht hier die Möglichkeit durch passende Anbautechnik und vermehrt mechanischer Unkrautbekämpfung gegenzusteuern. Einen anderen Grund zur Zuversicht schöpft sie aus dem Hessischen Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflege-Maßnahmen (HALM), durch das Betriebe gefördert werden, die sich verpflichtet haben, mindestens zehn Prozent ihrer Ackerfläche mit Leguminosen zu bestellen.
Die Abkehr von Sojaimporten, die überwiegend nicht gentechnikfrei sind, ist aus ihrer Sicht wichtig, da hierfür vermehrt Regenwälder abgeholzt würden und es somit zu einer hohen Belastung für die Umwelt kommt. Auch der derzeitigen Diskussion um das Pflanzenschutzmittel Glyphosat kann somit begegnet werden, da in diesen Ländern hauptsächlich Glyphosat resistente Sojapflanzen eingesetzt werden. Vorteile sieht sie aber auch in einer reduzierten Stickstoffdüngung und in der Auflockerung  der Fruchtfolgen. Durch den Einsatz des LLH im Rahmen des hessischen Öko-Aktionsplans und den erweiterten Fördermaßnahmen, konnte die Anbaufläche von Eiweißpflanzen von 3.463 Hektar im Jahr 2014 auf 9.368 Hektar im Jahr 2017 deutlich gesteigert  werden. Dazu ist es eine weitere Zielsetzung  eine verbesserte Grünlandnutzung und einen effizienteren Einsatz der Eiweißträger in der Fütterung zu erreichen. Der LLH ist mit der Umsetzung der „Initiative Gentechnikfreies Futter“ als Teil des hessischen Öko-Aktionsplans und mit seiner umfassenden Beratungsarbeit maßgeblich an den positiven Entwicklungen zur heimischen Eiweißversorgung beteiligt.

Ackerbohne noch ein Nischenprodukt

Bisher wird nur eine kleine Menge Körnerleguminosen gehandelt, so Dr. Dirk Köckler (Raiffeisen Waren GmbH, Kassel). Der überwiegende Anteil der Ernte verbleibt auf den Betrieben zur Fütterung.Dr. Dirk Köckler von der Raiffeisen Waren GmbH, Kassel ging in seinem Vortrag auf die Vermarktungsmöglichkeiten aus Sicht des Handels ein. Für ihn ist der Handel mit Leguminosen ein Nischenmarkt. Der überwiegende Teil  der Leguminosenernte verbleibt direkt auf den landwirtschaftlichen Betrieben zur Viehfütterung. Ackerbohnen die im Handel ankommen gehen  vorwiegend an Mischfutterwerke, wohingegen zwei Drittel der gehandelten Erbsen an die Stärkeindustrie gehen.
Um die Nachfrage des Lebensmitteleinzelhandel nach Lebensmitteln aus gentechnikfreier Produktion zu bedienen, wurde das Mischfutterwerk Hamm im November 2016 nach den Vorgaben des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) umgestellt. Seit diesem Zeitpunkt wurde kein Sojaschrot in den Rezepturen mehr verarbeitet. Aus Sicht der Genossenschaft hat die Verarbeitung von Ackerbohnen im Mischfutter Potenzial. Jedoch sind die angelieferten Mengen noch zu gering und dadurch die Verarbeitung für die Mischfutterwerke aufwendiger. Rückenwind für die Ausweitung des Leguminosenanbaus sieht Dr. Klöckler unter anderem im zukünftigen Wegfall von Rapsöl als Beimischung bei Biodiesel ab 2020. Der daraus resultierende geringere Rapsanbau könnte dazu führen, dass Rapsschrot entsprechend teurer würde.

Chancen für heimische Leguminosen

Das Interesse an „Gentechnik frei“ gekennzeichneten Lebensmittel wird laut Alexander Hissting (Verband Lebensmittel ohne Gentechnik, Berlin) weiter zunehmen, da Verbraucher damit bewusst entscheiden können.Im Anschluss referierte Alexander Hissting von VLOG, Berlin, über die Entwicklungen auf dem „Ohne Gentechnik“-Markt. VLOG fördert die Verbraucherinformation und den Verbraucherschutz und ist die Interessensvertretung von Unternehmen, welche „Ohne Gentechnik“ Lebensmittel produzieren oder in Verkehr bringen und regelt die Vergabe von Lizenzen für das einheitliche „Ohne GenTechnik“ Siegel. Die Kennzeichnung von Lebensmitteln, die ohne gentechnisch veränderte Produktionsmittel hergestellt wurden, ist freiwillig. Die Kennzeichnung wird zunehmend als Differenzierungsmerkmal im Lebensmittelmarkt verwendet. Insbesondere bei Milch und Geflügel sind hohe Zuwächse in der Zertifierung zu verzeichnen. Der Markt für VLOG zertifizierte Schweine- und Rindfleisch ist noch in der Entwicklung. Durch die Transparenz des VLOG-Logos haben die Verbraucher eine Wahlmöglichkeit. Die Kontrollen für die Zertifizierung erfassen alle Stufen der Herstellungskette vom Futtermittel bis zum fertig verpackten Lebensmittel. Die größten Herausforderungen im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion liegen aus Sicht von Hissting unter anderem in der Beschaffung gentechnikfreier Futtermittel. Von den 4,5 Mio Tonnen importiertem Soja sind 1 Mio t aus gentechnikfreier Produktion. Die Problematik des Sojaanbaus bleibt auch mit gentechnikfreiem Soja bestehen. Daher haben heimische Leguminosen einen kommunikativen Vorteil gegenüber Übersee-Soja. In Europa angebaute Eiweißpflanzen sind per se gentechnikfrei und entsprechen gleichzeitig der Forderung des Handels nach regionalen Futtermitteln.

Den Markt selbst aufbauen

Karl-Adolf Kremer (Rheinische Ackerbohne e.V.) vermittelt dem Verbraucher die Vorteile des Leguminosenanbaus wie z.B. Förderung von Bienen. Karl-Adolf Kremer aus Linnich (NRW) berichtete über das Marktpotential von Ackerbohnen aus Sicht eines Landwirts. Zur Wiederbelebung des Anbaus der „rheinischen Ackerbohne“ wurde mit seiner Initiative der Verein Rheinische Ackerbohne e.V. gegründet. Mitglieder sind Landwirte aus der Region, landwirtschaftliche Genossenschaften sowie Verbände. Die Tatsachen, dass der überwiegende Teil des Sojas gentechnisch verändert ist und der Verbraucher keine Lebensmittel dieses Ursprungs konsumieren möchte, zeigen auf, dass es einen Markt für regional angebaute Leguminosen gibt. Derzeit werden nur 7 % des benötigten Eiweißes in Deutschland selbst produziert. Dieser Markt müsse nun entwickelt werden, wobei es nicht das Ziel ist, die Sojabohne ganz zu verdrängen. Der Einsatz von Ackerbohnen wird immer als Ergänzung mit anderen Eiweißträgern gesehen. Die Vorteile des Ackerbohnenanbaus, wie CO2 Reduktion durch kurze Transportwege, reduzierte Stickstoffausbringung, Förderung der Biodiversität und Nahrungsquelle für Bienen müssen den Landwirten und Verbrauchern im direkten Dialog erklärt werden.

Interne Wertschöpfungskette – Einsatz in der Fütterung

Wohin mit den angebauten Erbsen und Bohnen und wie kann ein Mehrwert aus Anbau und Verwertung generiert werden? Das waren die Themen der beiden Workshops, die am Nachmittag zur internen und externen Wertschöpfung mit Körnerleguminosen stattfanden.

Beim Workshop zur betriebsinternen Verwertung wurde der Frage nachgegangen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit mehr Körnerleguminosen in der Fütterung eingesetzt werden können. Dazu wurden von Fachexperten und Praktikern in Impulsvorträgen die wesentlichen Anforderungen und Erfahrungen bei der Fütterung von Rind, Schwein und Geflügel mit Körnerleguminosen erläutert. In der Milchviehfütterung ist für eine bedarfsgerechte Proteinversorgung auf ein ausreichendes Angebot an nutzbarem Rohprotein zu achten. Dabei gewinnt der Anteil an pansenbeständigem Rohprotein (UDP-Anteil) bei den Grund- und Kraftfuttermitteln für Milchkühe an Bedeutung und dieser sollte möglichst in einem Zielbereich zwischen 20 und 30 % liegen, so Thomas Bonsels vom LLH. Dabei betonte er insbesondere das Eiweißergänzungspotenzial der Luzerne für die Milchkuh. In der weiteren Diskussion um den Einsatz von Eiweißalternativen wurde herausgestellt, dass der Substitutionswert der Körnerleguminosen betriebsindividuell zu bewerten ist.

Lars Homburg, Schweinehalter aus Nordhessen, baut seit nunmehr 12 Jahren die Ackerbohne auf seinen Böden an und setzt diese in der Schweinemast zu 6 bis 10 % in den Rationen ein. Er verfüttert pro Jahr 72 t Ackerbohnen und kann somit 25 % des Sojabedarfs einsparen. Herr Homburg ist von der Ackerbohne in seiner Fruchtfolge völlig überzeugt. „Die Ackerbohne hinterlässt eine sehr gute Bodengare und im pfluglosen Ackerbau kann eine erfolgreiche Ackerfuchsschwanzbekämpfung umgesetzt werden“, so der Praktiker.

Werner Vogt-Kaute, Naturland-Fachberater rät bei der Erbse den Anbau im Gemenge zu forcieren, um somit eine höhere Standfestigkeit zu erreichen. Für den Einsatz von Ackerbohnen in der Geflügelfütterung zeigt er auf, dass die Wertigkeit der Ackerbohne als Eiweißfutter über das Schälen in der betrieblichen Mahlanlage verbessert werden kann. Er kennt einige Legehennenhalter, die dies bereits erfolgreich umsetzen.

Mehrwerte für den Verbraucher

Unter dem Workshoptitel „Den Mehrwert vermarkten“ wurden drei Referenten aus dem Handel und Anbau eingeladen, die Impulse zur externen Verwertung setzten. Kira von Knoop, Tegut, stellte das Markenfleischprogramm „LandPrimus“ für Schweinefleisch vor. Voraussetzung zur Teilnahme ist die 100% gentechnikfreie Fütterung, betriebseigene Futtermittel und artgerechte Tierhaltung. Vorgestellt wurde ein Teilnahmebetrieb der Ackerbohnen in der Fütterung einsetzt und damit die Kriterien der gentechnikfreien Fütterung und Einsatz von betriebseigenen Futtermitteln erfüllt. Auch NEULAND Geschäftsführer Christoph Dahlmann stellte die Aspekte Einsatz von regionalen Futtermitteln, GVO-Freiheit und die besonders artgerechte Tierhaltung für das NEULAND-Programm in den Vordergrund. Karl-Adolf und Maria Kremer (Rheinische Ackerbohne e.V.) wiesen darauf hin, dass sich neben dem Einsatz als Futtermittel eine große Nachfrage in der direkten Verarbeitung zu Lebensmitteln entwickelt, welche aufgegriffen werden sollte. Auch sollte der  Mehrwert von Körnerleguminosen für die Gesellschaft kommuniziert werden. Neben den regionalen und umweltbezogenen   Aspekten, die mit den heimischen Körnerleguminosen bedient werden können, kommt es laut Kremer auch darauf an, dass der Landwirt unternehmerisch aktiv wird und die Vermarktung selbst in die Hand nimmt. Beispielsweise den Markt beobachtet, mit anderen Landwirten Mengen bündelt, um eine größere und damit attraktivere Menge dem Landhandel anzudienen, neue regionale Kooperationen mit Verarbeitern sucht und sich an den Kundenwünschen orientiert. Für die Beratung und andere Multiplikatoren wurde der Auftrag formuliert, den Landwirten und Verbrauchern mehr Wissen zum Anbau und der Verwendung von Körnerleguminosen zu vermitteln.


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