Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Freizeitgartenbau/Gartenakademie

Anbau von Kulturheidelbeeren im Hausgarten

Heidelbeeren gehören zur Pflanzenfamilie der Heidekrautgewächse (Ericaceae). Kulturheidelbeeren (Vaccinium corymbosum) stammen nicht von der in Europa heimischen Waldheidelbeere (Vaccinium myrtillus) ab. Sie sind nordamerikanischen Ursprungs. Im Gegensatz zu den niedrig wachsenden Waldheidelbeeren können sie über 2 m hoch werden. Auch die Früchte sind größer,
das Fruchtfleisch ist nicht gefärbt. Die Kulturheidelbeere ist noch eine relativ junge Obstart. Erste Anpflanzungen der Kulturheidelbeere in Europa wurden 1923 in den Niederlanden vorgenommen. In Deutschland (Lüneburger Heide) begann die Heidelbeerzüchtung in den 30er Jahren durch Dr. Wilhelm Heermann.

Standortansprüche und Bodenvorbereitung

Die Kulturheidelbeere gedeiht am besten in sonnigen Lagen, wo eine ausreichende Bodenfeuchte gegeben ist. Anbauversuche haben gezeigt, dass Kulturheidelbeeren bis auf 800 m Meereshöhe angebaut werden können.

Blüte der Heidelbeere
Frucht der Heidelbeere

Sie liebt einen sehr luftdurchlässigen humosen sauren Boden mit einem pH-Wert von 4,0 bis 5,0. Dieses ideale Wurzelmilieu muss in vielen Fällen durch eine recht aufwendige Bodenvorbereitung erst geschaffen werden. Als Alternative zur Pflanzung in Rhododendronerde, die im Wesentlichen aus Weißtorf besteht und auf die aus ökologischen Gründen verzichtet werden sollte, kann in ein reines Fichtensägemehlsubstrat oder in eine Mischung aus Sägemehl und Torf (50:50) gepflanzt werden. Ersteres Verfahren wird seit vielen Jahren erfolgreich im Erwerbsanbau von Bio-Heidelbeeren in der Schweiz unter der Bezeichnung „Fricker-Graben-Damm“ angewandt. Dabei wird für jede Pflanze eine Pflanzgrube von gut 1 m Durchmesser und 40-50 cm ausgehoben und so aufgefüllt, dass sich das Beet nach oben wölbt. Um den erforderlichen niedrigen pH-Wert zu erreichen, ist jeweils 50 g Elementarschwefel beizumischen. Außerdem müssen jedes Jahr 150 g Hornspäne dazugegeben werden, da bei der Umsetzung des Sägemehls Stickstoff festgelegt wird, der den Pflanzen nicht zur Verfügung steht. Daneben ist etwa die gleiche Menge eines organischen Mischdüngers einzuarbeiten, um die Kalium- und Magnesiumversorgung sicherzustellen. Ähnlich ist beim Mischsubstrat aus Torf und Sägemehl zu verfahren, wobei durch die Verwendung des Torfes auf den Einsatz von Schwefel verzichtet werden kann. Entgegen der untenstehenden Abbildung müssen die verschiedenen Substratbestandteile nicht geschichtet, sondern können vor dem Einfüllen miteinander gemischt werden.

Vor dem Verfüllen der Pflanzgrube mit Substrat wird eine 10 – 20 cm dicke Schicht aus grobem Holzhäcksel (Nadelholz) eingebracht, die zur Dränage dient.

Bodenaufbau mit dem Torf reduzierten System

Nach der Pflanzung sollte das Substrat ausgiebig gewässert und die Wurzelscheibe zusätzlich mit Fichtenrinde gemulcht werden.
Um einer Anhebung des pH-Wertes entgegenzuwirken, sollte zum Gießen weiches Wasser (Regenwasser) verwendet werden. Bei Bedarf kann Torf eingearbeitet oder mit Torfwasser gegossen werden.

Pflanzung

Der beste Pflanzzeitpunkt ist das Frühjahr nach den „Eisheiligen”. Hierzu können Container- als auch Ballenpflanzen verwendet werden. Bei der Frühjahrspflanzung sollte eine Bewässerungsmöglichkeit gegeben sein. Der Platzbedarf beträgt etwa 1 m2.

Düngung

Die Düngung sollte im Frühjahr – nach vorheriger Bodenprobe – erfolgen.

Die Optimalwerte lt. Bodenanalyse sind:

pH-Wert
4,0 bis 5,0
P2O
20 mg je 100 g Boden
K2O
30 mg je 100 g Boden
MgO
15 mg je 100 g Boden

Jährlich sollten im Frühjahr 100 – 120 g je m2 Rhododendrondünger bzw. ein sauer wirkender Dünger gegeben werden, verteilt auf 2-3 Gaben.

Wasserbedarf und Bewässerung

(während der Vegetationszeit)

Sehr wichtig ist eine ausreichende Wasserversorgung, da die Heidelbeeren Flachwurzler sind und die obere Bodenschicht rasch austrocknet. Um dieser Gefahr vorzubeugen, kann eine 10 bis 20 cm dicke Mulchschicht (z. B. Rindenmulch oder Holzhäcksel) ausgebracht werden.

Wasserverbrauch pro Pflanze und Tag in Liter (Erfahrungswerte):

im Pflanzjahr
1,5 l
im 1. Standjahr
2,0 l
im 2. Standjahr
2,5 l
ab dem 3. Standjahr
6,0 l

Verwendet man eine Tröpfchenbewässerung, muss darauf geachtet werden, dass jede Pflanze mit jeweils zwei Tropfern versehen ist.

Kübelkultur

Sollen Heidelbeeren in Containern oder Töpfen kultiviert werden, ist ein ausreichendes großes Pflanzgefäß zu verwenden. Dieses sollte mindestens einen Durchmesser von 60 cm aufweisen, mit einer Höhe von etwa 40 cm. Somit ergibt sich ein Volumen von mindestens 90 l. Löcher am Boden des Gefäßes sorgen für die erforderliche Dränage. Es empfiehlt sich die Verwendung eines Spezial-Substrates z. B. Erde für Rhododendron. Düngung und Bewässerung erfolgen wie oben beschrieben.

Erziehung und Schnitt

Die Kulturheidelbeere wird als Busch erzogen. Hierzu werden 5 bis 9 Triebe gebraucht, die im Laufe der Jahre ständig erneuert werden.
Es ist sehr wichtig einen lockeren Strauch zu erziehen. Die Heidelbeere neigt bereits in den ersten Jahren dazu, Früchte auf Kosten des Wachstums zu bilden. Die Pflanzen bleiben klein und vergreisen rasch. Es ist deshalb wichtig in den ersten 2 Jahren den Blütenansatz zu reduzieren. Somit können sich kräftige Triebe entwickeln.
Erfahrungen haben gezeigt, dass sich diese Maßnahme durch eine entsprechend gute Ernte im 3. Standjahr auszahlt. Auch bodennahe und nach innen wachsende Triebe werden laufend entfernt.
Die Heidelbeere erzeugt die beste Beerenqualität am 2-jährigen Holz. Das alte, abgetragene Fruchtholz wird im Winter entfernt, damit sich kräftige Neutriebe entwickeln können. Dadurch wird eine laufende Fruchtholzerneuerung angeregt.

Ernte

Die Früchte entfalten das typische Aroma nur, wenn sie vollreif geerntet werden. Deshalb sollen die Beeren zum richtigen Zeitpunkt gepflückt werden. Die Erntereife ist erreicht, wenn die Früchte nach der vollen Blaufärbung noch einige Tage hängen. Auch die Fruchtgröße nimmt in dieser kurzen Zeit bis zu 20 % zu.
Die Heidelbeerernte erstreckt sich über einen Zeitraum von 3 bis 4 Wochen (pro Sorte). Im 5. bis 6. Standjahr befinden sich gut gepflegte Heidelbeersträucher im Vollertrag und bringen je nach Sorte zwischen 2 bis 4 kg/Strauch. Zum Schutz der Beeren vor Vogelfraß ist das Überdecken durch Netze ratsam.

Sorten

Eine gute Sorte soll winterhart sein, einen aufrechten straffen Wuchs und einen regelmäßigen, reichen Ertrag haben. Die Trauben sollen eine möglichst gleichmäßige Reife haben und die Früchte sollen groß, hellblau, aromatisch, platzfest und lagerfähig sein. Die Kulturheidelbeere ist selbstfruchtbar, aber eine Fremdbefruchtung kann die Beerengröße steigern. Im Allgemeinen sind die
Ansprüche an den Pflanzenschutz relativ gering. Die genannten Sorten sind nur in gut sortierten Baumschulen erhältlich und eignen sich besonders für den Anbau im Garten.

Reka

Reift früh (E Juni bis A Juli); Reka blüht relativ früh, d.h. erhöhte Blütenfrostgefahr, sonst ausgesprochen winterhart. Die Früchte sind mittelgroß, kräftig-blau und fest. Der Geschmack ist ausgezeichnet (Waldblaubeeraroma).

Bluecrop

Sie ist die Standardsorte im Ertrags- und Hobbyanbau. Bluecrop hat eine mittelfrühe Reife (A Juli bis M Juli) und ist wenig empfindlich gegen Frost und Trockenheit; mittelgroße, hellblaue, feste Früchte mit angenehmem säuerlichem Geschmack, platzfest und haltbar. Schönes grünes Laub im Sommer und eine feuerrote Herbstfärbung.

Legacy

Reift Mitte bis Ende Juli. Der Geschmack ist hervorragend süßsäuerlich mit einem knackigen Biss. Wegen mangelnder Frosthärte nicht für rauhere Lagen geeignet. Die Beeren sind mittelgroß und sehr krankheitstolerant.

Elizabeth

Wächst stark, reift Anfang bis Mitte August. Elizabeth gehört zu den geschmacklich besten Sorten, mit einem erfrischend süßsäuerlichen, saftigen Aroma. Sie blüht spät, ist frosthart, robust, reift aber sehr folgernd.

Krankheiten

Die Kulturheidelbeere gilt als recht robust. Die Probleme liegen eher in den Bodenverhältnissen. Trotzdem kommen Pilzkrankheiten wie Anthraknose (Stiellähme), Botrytis cinerea (Graufäule), Godronia cassandrae (Triebsterben) und auch Befall durch Frostspanner vor.

Inhaltsstoffe und Gesundheitswert

Heidelbeeren gehören dank ihrer Farbstoffe zu unseren gesündesten Obstsorten.

6 Gründe, warum man Heidelbeeren oft essen sollte:

1. Sie senken das Krebsrisiko

Wichtigste Ursache für Krebserkrankungen sind freie Radikale, die durch biochemische Prozesse im Körper entstehen. Sogenannte Antioxidantien, die hauptsächlich in Obst und Gemüse vorkommen, können die freien Radikale absorbieren und damit das Krebsrisiko mindern. Dazu zählen auch Anthocyane, welche über eine besonders hohe Kapazität verfügen. Die Heidelbeere gilt daher als Königin der antioxidativen Früchte.

2. Sie beugen Diabetes vor

Einer der Schlüsselfaktoren für einen Typ-2-Diabetes ist Insulinresistenz. In einer aktuellen Studie an übergewichtigen Diabetes-Risikokandidaten erhöhte der tägliche Verzehr von Heidelbeeren die Insulinsensibilität der Teilnehmer und verbesserte ihre Blutzuckerwerte. Gefährliche Entzündungsbotenstoffe, die vom Fettgewebe produziert werden und eine Insulinresistenz begünstigen, gingen zurück.

3. Sie schützen vor Arteriosklerose

Heidelbeeren halten die Blutgefäße sauber: Die Anthocyane verhindern gefährliche Ablagerungen in den Arterien, die auf Dauer zur Gefäßverengung führen und Thrombosen, Schlaganfälle und Herzinfarkte auslösen können. Studien belegen zudem eine günstige Wirkung auf den Cholesterinstoffwechsel.

4. Sie wirken gegen Entzündungen

Ihr hoher Gehalt an Gerbstoffen macht die Heidelbeere zum idealen Entzündungshemmer. Gerbstoffe wirken adstringierend und keimtötend. In der Volksheilkunde werden etwa Zahnfleischentzündungen, Magen-Darm-Probleme, entzündliche Ekzeme und schlecht heilende Wunden mit Blaubeeren behandelt.

5. Sie stärken das Gedächtnis

Graue Zellen erleben ihr blaues Wunder: Mehrere Studien zeigen, dass ein täglicher Heidelbeer-Verzehr vor allem bei älteren Menschen die Gedächtnisleistung deutlich verbessern kann. Erklärung: Die Anthocyane unterstützen die Beseitigung biochemischer Abfallprodukte im Gehirn, regen die Bildung neuer Gehirnzellen an und befeuern die Informationsübertragung zwischen
den Neuronen.

6. Sie unterstützen den Gehirnstoffwechsel

An der Uni Regensburg entdeckten Forscher, dass Anthocyane den Abbau wichtiger Botenstoffe wie Dopamin und Serotonin verlangsamen und so den Gehirnstoffwechsel positiv beeinflussen. Davon könnten Patienten mit Parkinson oder Depressionen profitieren, da diese Krankheiten mit Dopamin- oder Serotoninmangel in Verbindung stehen.


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