Verfahrenstechnik & Energie
Grundfutterkonservierung für die Milchproduktion
Systemvergleich – Fahrsiloanlage oder Ballenwickelsilage?
Stagnierende Milchauszahlungspreise und steigende Kosten in der Erzeugung von Milch, sowie zusätzliche Umweltauflagen zwingen landwirtschaftliche Betriebe zum Nachdenken. Zukünftige Investitionen wollen in dieser Situation gut bedacht sein, besonders wenn es sich um langfristige Investitionen handelt. Grundlage für die Milcherzeugung im Futterbaubetrieb ist die Produktion eines qualitativ hochwertigen Grundfutters. Dieses muss bis zur nächsten Ernte so gelagert werden, dass die Qualität erhalten bleibt.
Gleichzeitig gibt die seit 2017 gültige Anlagenverordnung für wassergefährdende Stoffe (AwSV) den rechtlichen Rahmen vor und schränkt die Lagerung in Freigärhaufen empfindlich ein. Daher stellt sich bei zu geringen Futterlagerkapazitäten die Frage, in die Erweiterung einer bestehenden Fahrsiloanlage zu investieren oder gar eine Anlage neu zu errichten. Vielleicht kann eine Ballensilage eine bessere Alternative darstellen? Im folgenden Systemvergleich wird versucht diese Fragestellung für kleine, mittlere und große Betriebe zu beantworten.
Bau einer Fahrsiloanlage
Der Milchviehbetrieb benötigt für die Lagerung von Grundfutter, inclusive Futtervorrat, eine Fahrsiloanlage in der Größe von rd. 24 m³ je Großvieheinheit (GVE). Die tägliche Trockenmasseaufnahme geht von 12 kg Grundfutter je Tier und Tag aus, insgesamt also etwa 45 dt Trockenmasse oder ca. 130 dt Frischmasse. Damit leitet sich bei einem mittleren Raumgewicht von 600 kg/m³ einschließlich eines Sicherheitszuschlags eine Lagerkapazität von 24 m³ je Kuh und Jahr ab. Es handelt sich um ein Bauwerk, das eine Baugenehmigung benötigt. Für Anlagen größer als 1.000 m³ gilt darüber hinaus eine Fachbetriebspflicht. Eine Vielzahl von Gesetzen und Regelwerken müssen vom Planer und Bauherren beachtet werden. Zusammen mit der allgemeinen Preissteigerung im Bauwesen, haben sich diese Bauwerke in den letzten Jahren enorm verteuert.. Die Investitionskosten ohne Mehrwertsteuer betragen rd. 90 €/m³. Für die Lagerung von Gras und Mais müssen separate Kammern vorhanden sein. Die Kammern müssen in den Abmaßen so berechnet sein, dass durch die tägliche Entnahme der Siloanschnitt nicht verdirbt und auch die Nacherwärmung weitgehend verhindert wird. Der Vorschub bzw. die Entnahme sollte deshalb in den Sommermonaten mindestens 1,5 m, besser 2 m je Woche betragen. Ein Betrieb mit 140 Milchkühen und Nachzucht hat einen Tierbestand von ca. 220 GVE und benötigt eine Fahrsiloanlage von rd. 5.000 m³. Die Nettoinvestition für diese Anlage betragen rd. 450.000 €, sofern kein Lager vorhanden ist. Wir gehen im Beispiel davon aus, dass der Betrieb bereits über eine Fahrsiloanlage in der Größe von 2.000 m³ verfügt, die für Maissilage genutzt wird. Somit sind noch 3.000 m³ mit einer Nettoinvestitionssumme von rd. 270.000 € für Grassilage zu bauen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 25 Jahren ausgegangen werden, neben der anteiligen Abschreibung sind der laufende Unterhalt sowie die Kapitalkosten als Investitionsfolgekosten zu beachten. Insgesamt dürften sich die Kosten auf etwa 6 % jährlich belaufen, im gewählten Beispiel also auf 16.200 € (Tab. 1). In der Tabelle 1 werden auch die Jahreskosten für eine Siloplatte erläutert.
Fahrsiloanlage | 3.000 m3 | Siloplatte | 1.250 m2 | |
Baukosten netto | 90 €/m3 | Baukosten netto | 80 €7m2 | |
Investitionskosten netto | 270.000 € | Investitionskosten netto | 100.000 € | |
Abschreibung 25 Jahre | 10.800 € | Abschreibung 25 Jahre | 4.000 € | |
Zinsen 1,50 % | 4.050 € | Zinsen 1,50 % | 1.500 € | |
Unterhaltung 0,50 % | 1.350 € | Unterhaltung | 500 € | |
Jahreskosten | 16.200 € | Jahreskosten | 6.000 € | |
Jahreskosten | 6,0 % | Jahreskosten | 2,4 m3/m2 | |
Kosten pro m³ und Jahr | 5,40 €/m3 | Kosten pro m³ und Jahr | 2,04 €/m3 |
Ballenwickelsilage
Bei ungeklärter Hofübergabe, bei fehlender Liquidität oder sonstigen Zweifeln an der langfristigen Ausrichtung des Betriebes bietet sich die Lagerung als Ballensilage. Früher wurde diese Lagerform für Restflächen genutzt, heute sind die meist in weiße oder grüne Folie gewickelten Ballen weitläufig sichtbar. Ballensilage kann als Einzelballensilage oder im Strang (Ballen an Ballen) produziert werden. Zum Vermeiden von Fehlgärungen ist auf eine ausreichende Anzahl von Wicklungen, sowie auf rasches Einwickeln nach dem Pressen zu achten. Gewickelt wird entweder auf dem Feld oder an einem geeigneten Platz im Betrieb. Dadurch werden Transportschäden an den Wickelballen vermieden. Für die fachgerechte Lagerung der Ballen wird eine Rundballenzange benötigt. Die Lagerung der Ballen erfolgt entweder am Feldrand, auf einer Fläche am Betrieb oder auf einer extra gebauten Siloplatte. Die Siloplatte verursacht Investitionskosten von rd. 80 €/m² (ohne MwSt.). Ein Übereinanderstapeln der Ballen ist möglich. Die Ballen müssen jedoch zur Qualitätserhaltung gegen Mäuse- oder Vogelfraß geschützt werden.
Analog der eingelagerten Futtermenge in der Fahrsiloanlage muss der Betrieb bei einem Ballenfassungsvermögen von 1,6 m³ rund 1.875 Ballen pressen und wickeln. Für die Lagerung unterstellen wir mehrere Ballen übereinander, so dass eine Siloplatte mit rd. 1.250m² Grundfläche gebaut werden muss. Bei Investitionskosten von 80 €/m² ergibt sich eine Nettoinvestition von 100.000 €. Die Siloplatte belastet den Betrieb jährlich mit ebenfalls 6 % der Investitionssumme, hier 6.000 € pro Jahr.
Alternativ wird für kleine und mittlere Betriebe das Verfahren ohne eine zusätzliche Investition dargestellt. Die Lagerung erfolgt im Feld oder auch in älteren und für die heutigen Großmaschinen zu kleinen Fahrsilos. Für die Lagerung der Ballensilage eignen sich diese Bauwerke jedoch gut (Abb. 3 und 4). Einzelballen haben noch den Vorteil, dass diese auch Transportfähig sind und verkauft werden können.
Strangwickelsilage
Für das Strangwickelverfahren wird eine spezielle Maschine benötigt, die die Silageballen wickelt und in einer langen Reihe ablegt. Für Gras mit unterschiedlichen Qualitäten sollte immer eine neue Reihe angelegt werden. Ballen für Ballen muss beim Wickelvorgang an der Stirnseite dicht anliegen, damit es zu keiner Fehlgärung im Strang kommt. Für eine Lagerung im Feld, müssen die Stränge gegen Mäuse- oder Vogelfraß zur Qualitätserhaltung geschützt werden. Für die Kostenberechnung wird analog der Einzelballensilage eine Siloplatte analog der Einzelballensilage angenommen. Alternativ wird das Verfahren analog der Abbildung 4 und 5 auch ohne eine Investition in eine Siloplatte berechnet.
Verfahrensvergleich
Die beschriebenen Verfahren werden in den Tabellen 2 bis 5 für Grassilage 1. Schnitt und den zu erwartenden Kosten dargestellt. Grundlage ist eine Erntemenge von 200 dt/ha Frischmasse (FM) bei 20% Trockenmasse (TM) und 15% Ernteverluste. Angewelkt wird auf 40% TM und daraus resultiert eine Erntemenge von 85 dt/ha für den ersten Schnitt. Für die Berechnungen wurden die Maschinenkosten der überbetrieblichen Maschinenverwendung in Hessen von 2016 plus 7 % Kostensteigerung zu Grunde gelegt.
Die Ernte für die Fahrsiloanlage erfolgt mit dem Feldhäcksler und Transportwagen oder mit dem Silierwagen. Für die Verdichtung wird ein Walzschlepper benötigt. Die Folie zum Abdecken der Anlage kann in der Regel mehrfach, z.B. als Unterziehfolie, verwendet werden. Der Logistikaufwand ist beim Verfahren SF-Häcksler sehr hoch, aber gegenüber dem Verfahren mit Silierwagen bei weiten Hof-Feld Entfernungen deutlich im Vorteil. Dieser Sachverhalt wird im Beispielsvergleich (Tab. 1 und Tab. 2) nicht dargestellt.
Einheit: | dt/ha | €/h | ha/h | dt/m³ | €/m³ |
---|---|---|---|---|---|
Mähen mit Großmähwerk (8,5 m Arbeitsbreite) | 85 | 169,48 | 5,5 | 5,5 | 1,99 |
Schwaden mit Großschwader (14 m Arbeitsbreite) | 85 | 132,42 | 8 | 5,5 | 1,07 |
Häckslerkette (SF Häcksler mit SW – 2 x 40m³) | 85 | 546,23 | 7 | 5,5 | 5,05 |
Walzen (2 Schlepper) | 85 | 111,7 | 7 | 5,5 | 1,03 |
Jahreskosten Fahrsilo | 5,5 | 5,39 | |||
Kosten Silofolie u. Abdecken | 5,5 | 0,66 | |||
Summe Verfahrenskosten | 15,20 |
Einheit: | dt/ha | €/h | ha/h | dt/m³ | €/m³ |
---|---|---|---|---|---|
Mähen mit Großmähwerk (8,5 m Arbeitsbreite) | 85 | 169,48 | 5,5 | 5,5 | 1,99 |
Schwaden mit Großschwader (14 m Arbeitsbreite) | 85 | 132,42 | 8 | 5,5 | 1,07 |
Silierwagen (Schlepper u. 40 m³) | 85 | 156,4 | 2,5 | 5,5 | 4,05 |
Walzen (1 Schlepper) | 85 | 55,85 | 3 | 5,5 | 1,20 |
Jahreskosten Fahrsilo | 5,5 | 5,39 | |||
Kosten Silofolie u. Abdecken | 5,5 | 0,66 | |||
Summe Verfahrenskosten | 14,37 |
Für die Ballensilage wird eine Rundballenpresse und ein Wickelgerät bzw. Strangwickler benötigt. Beide Verfahren können einzelbetrieblich oder überbetrieblich erledigt werden. Die Kosten der beiden Verfahren mit Siloplatte werden in der Tab. 4 und Tab. 5 dargestellt.
Einheit: | €/Ballen | m³/Ballen | dt/m³ | Ballen/ha | €/m³ |
---|---|---|---|---|---|
Mähen mit Großmähwerk (8,5 m Arbeitsbreite) | 4,8 | 1,74 | |||
Schwaden mit Großschwader (7 m Arbeitsbreite) | 4,8 | 1,07 | |||
Ballen pressen und wickeln (1,3 m Netzbindung, 6 fach) | 12,69 | 1,59 | 4,8 | 11 | 7,97 |
Abtransport und Einlagern der Siloballen (10 min pro Ballen; 40 €/h) | 6,67 | 4,8 | 11 | 4,19 | |
Jahreskosten Siloplatte | 2,03 | ||||
Entsorgung Folie | 0,35 | 4,8 | 0,22 | ||
Summe Verfahrenskosten | 17,23 |
Einheit: | €/Ballen | m³/Ballen | dt/m³ | Ballen/ha | €/m³ |
---|---|---|---|---|---|
Mähen mit Großmähwerk (8,5 m Arbeitsbreite) | 4,8 | 1,74 | |||
Schwaden mit Großschwader (7 m Arbeitsbreite) | 4,8 | 1,07 | |||
Ballen pressen (1,3 m Netzbindung, 6 fach) | 6,62 | 1,59 | 4,8 | 11 | 4,16 |
Transport zum Strangwickler (5 min pro Ballen; 40 €/h) | 3,33 | 4,8 | 11 | 2,09 | |
Strangwickelverfahren (50 B./h; 40% Folienersparnis, inkl. Kraftst.) | 7,77 | 4,8 | 11 | 4,88 | |
Jahreskosten Siloplatte | 2,03 | ||||
Entsorgung Folie | 0,25 | 4,8 | 0,16 | ||
Summe Verfahrenskosten | 16,14 |
Die Futterbergung mit der Ballensilage ohne zusätzliche Investitionskosten ist bereits heute eine Alternative für kleinere und mittlere Betriebe. Die Jahreskosten für eine Siloplatte fallen nicht an, da die Ballen im Feld oder in älteren Fahrsilos gelagert werden.
Aber auch für Betriebe, in denen die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 25 Jahren absehbar nicht erreicht wird und die dementsprechend schneller abschreiben müssen, kann die Ballensilage eine interessante Alternative zu den doch erheblichen Investitionen für eine Fahrsiloanlage sein, für die sich auch alternative Nutzungen nicht ohne weiteres aufdrängen.
Die Verfahrenskosten in der Tabelle 4 und 5 werden um die Kosten für die Siloplatte reduziert. Somit ergeben sich Verfahrenskosten für die RB – Silage von 15,19 €/m³ und für das Strangwickelverfahren von 14,10 €/m³. In der Zusammenfassung werden diese Verfahren als Tab. 5 und 6 dargestellt.
Die Wickelfolie muss nach der Futterentnahme fachgerecht entsorgt werden, häufig nimmt der Fachhandel Altfolie zurück.
Zusammenfassung
Die für das jeweilige Verfahren ermittelten Kosten sind in der der Tab. 6 dargestellt, wobei jedes Ernte- und Einlagerungsverfahren seine Vor- und Nachteile hat.
Während die Befüllung einer Fahrsiloanlage bis zum Abdecken zügig erfolgen sollte, benötigt diese einen hohen logistischen Aufwand. Es ist zu beachten, dass es sich bei Fahrsiloanlagen um Bauwerke handelt, die entsprechend lange genutzt werden müssen. Das Verfahren SF-Häcksler hat bei weiten Hof-Feld Entfernungen deutliche Vorteile gegenüber dem Ladewagen, allerdings ist der Logistikaufwand hoch. Die Fahrsiloanlage kann sehr schnell befüllt werden, es muss jedoch auf korrektes Verdichten mit dem Walzschlepper geachtet werden. Der Silierwagen nimmt das Gras auf und transportiert es zur Siloanlage. Es ist darauf zu achten, dass die Schneidmesser scharf sind. Flächenleistungen von bis zu 50 ha täglich erscheinen mit dem SF-Häcksler und darauf abgestimmter Logistik und Verdichtung möglich. Damit kann die Futterernte innerhalb eines engen Zeitfensters erfolgen und eine homogene Futterqualität sichergestellt werden.
Die Ernte in Ballen wird durch die Press- und Wickelgeschwindigkeit bestimmt. Diese Verfahren haben einen deutlich geringeren logistischen Aufwand, die Flächenleistungen sind nicht annähernd mit der Leistung eines Häckslers zu vergleichen. Damit zieht sich die Ernte über einen längeren Zeitraum hin, der oftmals auch von Qualitätsminderungen begleitet ist. Um es nochmals zu betonen: dies ist eine Frage des Schnittzeitpunkts, nicht der eingesetzten Technik.
Verfahren der Silageernte | €/m³ |
---|---|
Tab. 2: Verfahren SF – Häcksler mit Fahrsilo | 15,20 |
Tab. 3: Verfahren Silierwagen mit Fahrsilo | 14,37 |
Tab. 4: Verfahren RB – Silage mit Siloplatte | 17,23 |
Verfahren RB – Silage -Press-Wickelkombination | 17,09 |
Tab. 5: Verfahren RB – Strangwickelsilage mit Siloplatte | 16,14 |
Verfahren GP – Strangwickelsilage | 13,86 |
Verfahren SF – Häcksler mit Folienschlauch | 14,91 |
Eine qualitativ gute Silage kann mit allen Verfahren produziert werden, solange die Grundsätze der fachgerechten Silierung beachtet werden. Die Ballensilage ist sogar im Vorteil, sofern keine Siloplatte benötigt wird. Allerdings muss die Qualität der produzierten Silage über den gesamten Lagerzeitraum sichergestellt sein. Futter, das durch nicht fachgerechte Lagerung nicht genutzt werden kann, belastet das Ausgabenkonto vom Betrieb doppelt. Die Frage der Nacherwärmung kann bei unbeschädigter Ballensilage vernachlässigt werden.
Das Strangwickelverfahren hat einen um ca. 40 % geringeren Folienverbrauch. Die Ballen müssen zur Vermeidung von Fehlgärungen dicht aneinander liegen und der Folienschlauch muss gegen Schadnager gesichert werden.
Dem Landwirt bieten sich viele Möglichkeiten zum Einbringen der Silage an, wobei die Vor- und Nachteile individuell betrachtet werden müssen. Für Betriebe mit langfristiger Perspektive bietet sich aus Gründen der Arbeitswirtschaft, Umwelt und Müllvermeidung die Investition in eine Fahrsiloanlage an.