Klimaschutz
Aktiver Klimaschutz in der Landwirtschaft
Nach Angaben des Umweltbundesamtes hat die Landwirtschaft im Jahr 2022 mit etwa 55,5 Mio. t CO2eq beziehungsweise 7,4 % zu den Gesamtemissionen Deutschlands beigetragen.
Zu dieser Kategorie zählen gemäß internationaler Klimaberichterstattung die direkt aus der Landwirtschaft stammenden Emissionen.
Neben Kohlendioxid (CO2) werden auch die klimarelevanten Treibhausgase Methan (CH4) und Lachgas (N2O) bei der Berichterstattung mitberücksichtigt. Dabei beruht der Beitrag der jeweiligen Treibhausgase zur Klimaerwärmung nicht allein auf der freigesetzten Emissionsmenge, sondern auch auf der unterschiedlichen Klimawirksamkeit. Im Vergleich zu Kohlendioxid ist Methan 28-fach und Lachgas fast 300-fach so klimawirksam. Um eine Vergleichbarkeit zu erreichen, werden die Treibhausgase daher in CO2-Äquivalenten (CO2eq) angegeben.
Innerhalb der Landwirtschaft machen die Methan- und Lachgasemissionen den Hauptteil der Treibhausgasemissionen aus. Methanemissionen entstehen vor allem bei tierischen Verdauungsprozessen und bei der Wirtschaftsdüngerlagerung (rund 59% der Emissionen, 33,0 Mio. Tonnen CO2eq). Die Lachgasemissionen entstehen überwiegend bei Mineralisationsprozessen im Boden und stehen in enger Beziehung mit der Stickstoffdüngung (rund 34 % der Emissionen, 19. Mio. Tonnen CO2eq).
Wie lassen sich in der Landwirtschaft die gesetzten Klimaziele erreichen?
Bis zum Jahr 2030 sollen die Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft noch um rund 7 Prozent gemindert werden. Problematisch sind jedoch nicht nur die Emissionen innerhalb des Sektors, sondern auch solche, die von der Landwirtschaft verursacht und in anderen Sektoren bilanziert werden. Zu nennen sind hier die Emissionen aus der mobilen und stationären Verbrennung von Brennstoffen.
Wichtige Maßnahmen sind zum einen die Reduktion der Methanemissionen durch eine verstärkte energetische Nutzung der Wirtschaftsdünger, eine Verringerung der Lachgas- und Ammoniakemissionen durch eine verbesserte Stickstoffeffizienz sowie ein geringerer Einsatz fossiler Energieträger in Form von Kraftstoff- oder Stromverbrauch. Als weitere wichtige Maßnahme benennt das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung den Humuserhalt und Humusaufbau.
CO2-Bindung durch Pflanzenwachstum – Aktiver Klimaschutz?
Pflanzen nutzen den Prozess der Photosynthese, um mit Hilfe der Sonnenenergie Kohlendioxid (CO2) und Wasser zu Zucker und Sauerstoff umzubauen. Die Bindung von CO2 durch landwirtschaftliche Kulturen wurde jüngst des Öfteren als Klimaschutzmaßnahme bezeichnet. Auch in Diskussionen rund um den Klimawandel wird dieses Argument vielfach aufgeworfen. Doch kann die CO2-Bindung der landwirtschaftlichen Kulturen als aktiver Klimaschutz bezeichnet werden?
Der natürliche Kohlenstoffkreislauf sichert den Austausch von Kohlenstoff zwischen Atmosphäre, Böden, Ozeanen sowie Vegetation und stellt so ein Gleichgewicht zwischen Freisetzung und Bindung dar.
Seit Beginn der Industrialisierung, Mitte des 19. Jahrhunderts, nimmt die CO2-Konzentration in der Atmosphäre jedoch kontinuierlich zu (vgl. Abb. 2). Denn durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern wird CO2 in Atmosphäre eingebracht, das vor Jahrmillionen von Photosynthese-betreibenden Organismen der Atmosphäre entzogen und in der Erdkruste in Form von Kohle (ehemals Sumpfwälder) und Öl (ehemals Plankton) gespeichert wurde.
Kohlenstoffbindung in der Pflanzenmasse: Bei einjährigem Anbau ein Nullsummenspiel
Im gleichen Umfang, wie die Nutzpflanzen jedes Jahr in der Vegetationsperiode CO2 aus der Luft entnehmen und in ihre Biomasse einbauen, wird dieses CO2 bei der Verwertung des Pflanzenmaterials in der menschlichen bzw. tierischen Ernährung, der energetischen Nutzung in einer Biogasanlage oder durch mikrobiellen Abbau wieder an die Umwelt abgegeben. Bindung und Freisetzung im biologischen Kohlenstoffkreislauf gleichen sich somit innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes von etwa einem Jahr weitestgehend aus. Dies wird auch aus dem regelmäßigen Ansteigen und Absinken der gemessenen CO2-Konzentration im Jahresverlauf ersichtlich (vgl. Abb. 2).
Ende April ist der CO2-Gehalt im globalen Mittel höher als im Oktober. Während der Vegetationsphase entziehen die Pflanzen der nördlichen Gebiete durch Photosynthese der Luft so viel CO2, dass die Konzentration zum Herbst hin abnimmt. Aufgrund des geringen CO2-Verbrauchs und der Zersetzung von Biomasse in der kühleren Jahreszeit steigt die Konzentration zum Ende des Winters wieder an.
Der Weltklimarat (IPCC) betrachtet die CO2-Bindung bzw. Freisetzung durch die Pflanzen daher als nicht klimarelevant, also als „klimaneutral“. Diese „Nullsummenrechnung“ wird daher auch nicht bei der Erstellung von Klimabilanzen oder Treibhausgasberichten berücksichtigt.
Humus als Kohlenstoff-Senke
Der größte Anteil des über die Vegetation aufgenommen Kohlenstoffs wird zwar wieder an die Atmosphäre abgegeben, dennoch verbleibt ein gewisser Teil des Kohlenstoffs in organische Strukturen eingeschlossen und kann zu einer langfristigen CO2-Bindung beitragen. Neben den Ozeanen hat der Humusgehalt unserer Böden eine besondere Rolle bei der Kohlenstoffspeicherung.
Der Bodenhumusgehalt ist einer hohen Dynamik unterworfen und hängt von mehreren Faktoren ab. Die am Standort vorherrschenden Bodeneigenschaften sowie die klimatischen Gegebenheiten wie Temperatur und Feuchtigkeitsverhältnisse sind dabei entscheidend. In einem gewissen Umfang kann aber auch der Landwirt den Humusgehalt seiner Flächen beeinflussen.
Mit Hilfe ackerbaulicher und produktionstechnischer Maßnahmen wie einer nachhaltigen Fruchtfolgegestaltung, organischer Düngung und angepasster Bodenbearbeitung kann der Humusgehalt langfristig erhalten und gefördert werden. Der Humus verbessert nicht nur das Wasser- und Nährstoffhaltevermögen des Bodens und dient als Grundlage für ein ausgeglichenes Bodenleben, sondern leistet zudem durch die nachhaltige Bindung von Kohlenstoff einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.
Bei langanhaltend ähnlicher Bewirtschaftung pendelt sich dann ein standortangepasster Humusgehalt ein. Wird die Bewirtschaftung geändert, so stellt sich ein höheres beziehungsweise niedrigeres neues Gleichgewicht ein.
Die Humusgehalte in landwirtschaftlich genutzten Böden sind je nach Standort und Bodeneigenschaften sehr variabel. Abbildung 3 zeigt eine Häufigkeitsverteilung der Humusgehalte von Acker- und Grünlandböden (0-10 cm) in Deutschland. Die Daten stammen aus der Bodenzustandserhebung des Thünen-Institutes (2011 – 2018) mit über 2800 Messpunkten in der gesamten Bundesrepublik.
Mehr Humus durch eine angepasste Fruchtfolge
Die Fruchtfolgegestaltung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Humusversorgung. Dabei sollte auf ein ausgewogenes Verhältnis von humuszehrenden (Getreide, Mais, Hackfrüchte) und humusmehrenden (Leguminosen, Feldfutter) Kulturen geachtet werden.
Aufgrund ihrer unterschiedlichen Wurzelmasse, die spezifischen Anforderungen an die Bodenbearbeitung sowie die Qualität und Stabilität der Ernterückstände beeinflussen die Kulturen den Humusgehalt in unterschiedlicher Weise (Abb.4).
Eine vielfältige Fruchtfolge mit einem Wechsel zwischen Winterungen und Sommerungen, die Integration von Leguminosen, der regelmäßige Anbau von Zwischenfrüchten mit Mischungspartnern unterschiedlicher Durchwurzelungsintensität, Untersaaten oder mehrjähriger Feldfutterbau tragen zum nachhaltigen Humuserhalt und -aufbau bei. Eine möglichst ganzjährige Bodenbedeckung ist für den Humusaufbau unerlässlich.
Insbesondere die Bodenruhe und die große Menge an Ernte- und Wurzelresten, die der Feldfutterbau mit sich bringt, hat einen positiven Effekt auf den Humusgehalt. Nach der Nutzung kann es jedoch zu einem erhöhten Humusumsatz kommen. Durch den regelmäßigen Anbau von Zwischenfrüchten ist der Boden nicht nur vor Nährstoffausträgen geschützt, sondern über die ober- und unterirdischen Erntereste wird dem Boden zusätzlicher Kohlenstoff zugeführt, welcher beim Aufbau von Humusverbindungen beitragen kann.
Gleichfalls ist die Rückführung und Einarbeitung von Ernte- und Wurzelrückständen sowie die Ausbringung organischer Düngemittel wie beispielsweise Stallmist, Kompost oder Gülle für den Humuserhalt von besonderer Bedeutung.
Ziel: Ausgeglichene oder leicht positive Humusbilanzen
Eine Humusbilanz ist ein Instrument zur Bewertung der Humusversorgung der eigenen Flächen. Dies kann sowohl auf Betriebs-, Fruchtfolge- und Schlagebene erfolgen. Dabei wird der Humusbedarf und der Humusersatz durch die angebauten Kulturen, die Rückführung von Ernterückständen und die organische Düngung miteinander in Beziehung gesetzt. Dies ermöglicht gegebenenfalls Anpassungen in der Fruchtfolgegestaltung oder der Bewirtschaftung vorzunehmen. Abhängig vom Bewirtschaftungssystem und den Standortgegebenheiten sollte grundsätzlich eine ausgeglichene bzw. leicht positive Humusbilanz angestrebt werden.
In der VDLUFA-Methode, die Standardmethode zur Humusbilanzierung, weist Getreide zunächst eine Humuszehrung in Höhe von -400 kg Humus-C/ha auf (Abb.4). Verbleiben die bei der Ernte anfallenden Ernterückstände auf dem Feld, ergibt sich bei einem Strohertrag von 6,2 t/ha eine Humusreproduktion von 620 kg Humus-C.
Die Höhe der Humuszehrung beträgt bei der Zuckerrübe -1300 kg Humus-C/ha. Wenn gleich auch in einem geringeren Umfang als das bei Stroh der Fall ist, kann auch das auf der Fläche verbliebene Rübenblatt zu einer Humusreproduktion beitragen. Bei einem Rübenblattertrag von 60 t/ha können der Humusbilanz 336 kg Humus-C/ha gutgeschrieben werden (Tab. 1). Die Humuswirkung aus Wurzel- und Ernterückständen ist bei den humusmehrenden Kulturen bereits in den Humussalden enthalten (Abb.4).
Kultur | Ertrag (dt/ha) | Ertrag Stroh/Blatt (t/ha) | Humuswirkung ha in kg Humus-C (mittlerer Wert) | Humusreproduktion durch zugeführte organische Substanz | Saldo | |
---|---|---|---|---|---|---|
Humusreproduktions- leistung (kg Humus-C/t FM) | kg Humus-C/ha | |||||
Wi-Weizen | 80 | 6,2 | -400 | 100 | 620 | +220 |
Raps | 40 | 5 | -400 | 100 | 500 | +100 |
Silomais | 450 | 0 | -800 | 0 | 0 | -800 |
Zuckerrüben | 850 | 600 | -1300 | 8 | 336 | -964 |
Zwischenfrucht | +140 | +140 | ||||
Grobleguminosen | +160 | +160 | ||||
Feldfutterbau | +600 | +600 | ||||
Rindermist | 20 t/ha | 40 | 800 | +800 | ||
Rindergülle | 25 m3/ha | 9 | 225 | +225 |
Fazit
Die „einjährige“ Pflanzenproduktion, bei der die Pflanzenmasse dem Feld entnommen und verwertet oder durch Mikroorganismen wieder abgebaut wird, hat in Summe keinen Effekt auf die CO2-Bilanz. Sehr wohl lassen sich aber produktionsbedingte Emissionen einsparen und die Klimabilanz weiter optimieren. Die Düngung und die Intensität der Bewirtschaftung spielen dabei eine ebenso große Rolle wie eine nachhaltige Bindung von Kohlenstoff in unseren Böden. So sind langfristige C-Senken, welche dauerhaft Kohlenstoff aus der Atmosphäre entnehmen, durchaus relevant für den Klimaschutz. In Bezug auf den Pflanzenbau stellen der Erhalt und eine langfristige Förderung des Humusgehaltes der Böden eine aktive Klimaschutzmaßnahme dar. Förderlich für die Boden-Humusgehalte sind z.B. vielfältige Fruchtfolgen mit Leguminosen, Zwischenfruchtanbau, der Feldfutteranbau oder der Grünlanderhalt.
Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen unterstützt landwirtschaftliche und gartenbauliche Betriebe bei der Erarbeitung und der Umsetzung von Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung. Dies beinhaltet unter anderem die Erstellung einer betrieblichen Humus- sowie einer Klimabilanz. Das Beratungsangebot, welches von der Hessischen Landesregierung über den „Hessischen Klimaplan gefördert wird, steht den Betrieben kostenfrei zur Verfügung.
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