Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Klimaschutz

Klimaanpassung: Tierbestand muss zur Futterfläche passen

Die vergangenen drei Jahre haben uns wiederkehrend vor Augen geführt, dass der Klimawandel rascher voranschreitet, als erwartet. Und auch ein Blick auf die Messreihen der Klimaforscher unterstreicht dieses Bild. „Normalerweise reicht das Futter immer“ – das ist ein Satz, der immer wieder in der Praxis zu hören ist.

Aber mit Blick auf die Klimaveränderungen stellt sich die Frage, was denn zukünftig „normal“ sein wird. Folgt man den Prognosen der Klimaexperten, so lässt sich Folgendes festhalten: Die Durchschnittstemperatur steigt weiter an; die Niederschlagsmenge bleibt zwar weitestgehend unverändert, jedoch mit einer pflanzenbaulich ungünstigeren Verteilung; die Gefahr von Extremwetterereignissen wie Starkniederschlägen nimmt zu; die Vegetationsperiode verlängert sich, die Winter werden deutlich milder; insgesamt bleiben Großwetterlagen – egal ob trockene oder feuchte – über einen längeren Zeitraum stabil.

Aufgrund dieser klimatischen Veränderungen stehen die landwirtschaftlichen Betriebe vor der Herausforderung, eine geeignete Strategie zu entwickeln, um sich an den Klimawandel anzupassen. Ein generelles „Rezept“ gibt es nicht, vielmehr ist jeder Betrieb mit seinen individuellen Gegebenheiten und Standortverhältnissen eigenständig gefordert.

Dauergrünland: Pflege ist A und O

Das Dauergrünland ist zumeist die primäre Futtergrundlage rinderhaltender Betriebe. Um den klimatischen Stress für die Pflanzenbestände nicht noch zu steigern, sollte der Landwirt alle weiteren potentiellen Stressfaktoren, welche in seinem Managementbereich liegen, so gut es geht reduzieren. Die Pflege des Grünlandes hat oberste Priorität, um die Ertragsfähigkeit langfristig abzusichern. Dazu gehört unter anderem eine möglichst narbenschonende Bewirtschaftung, also sowohl eine ausreichende Schnitthöhe wie auch eine angepasste Beweidungsintensität, um den Pflanzen den Wiederaustrieb nach Stressphasen zu erleichtern. Auch eine Nachsaat mit standortgerechten und geprüften Arten und Sorten sollte regelmäßig erfolgen, um die Narbe dicht zu halten beziehungsweise die Zusammensetzung kontinuierlich an die klimatischen Gegebenheiten anzupassen.

In Hessen ist bei rund der Hälfte aller Dauergrünlandflächen der pH-Wert zu niedrig. Regelmäßige Erhaltungskalkungen sollten wieder in den Fokus der Betriebsleitungen rücken, da ein suboptimaler pH-Wert unter anderem zu Problemen bei der Bodenstruktur und der Nährstoffverfügbarkeit führt.

Erster Schnitt gewinnt an Bedeutung

Abweichend von der bisherigen Zuwachsverlaufskurve im Grünland wird zukünftig – mit regionalen Unterschieden – mit einer früher einsetzenden Vegetation zu rechnen sein. Der Ertragszuwachs wird daher früher beginnen und rascher ansteigen als bisher. Daher wird der erste Schnitt noch mehr an Bedeutung gewinnen, da mit ihm auch noch die Winterfeuchtigkeit genutzt werden kann. Hier kann eventuell mit der Einsaat früherer Sorten unterstützt werden. Der Zuwachs im Sommer wird wahrscheinlich zukünftig deutlich niedriger ausfallen als bisher, regional in einzelnen Jahren unter Umständen sogar ganz ausfallen. Hier wird dann eventuell sogar eine Zufütterung auf der Weide über einen längeren Zeitraum notwendig. Die Futterreserven sollten auch unter diesem Gesichtspunkt noch einmal kritisch geprüft werden.

Ackerfutter als Alternative

Letztlich kann unter den sich ändernden klimatischen Bedingungen die Herausforderung im Management in einem Satz zusammengefasst werden: Der Tierbestand muss zur Futterfläche passen. Reichten die Erträge der vorhandenen Futterflächen in den vergangenen Jahre vermehrt nicht aus, um den Tierbestand ausreichend zu versorgen sowie zusätzliche Reserven für das folgende Jahr zu bilden, dann muss gegengesteuert werden. Hinsichtlich der Ausdehnung der Futterfläche bietet sich beispielsweise die Möglichkeit des zusätzlichen Ackerfutterbaus, vielleicht sogar in Kooperation mit umliegenden Betrieben.

Ist dies nicht umsetzbar, so bleibt als letzte Maßnahme nur eine Abstockung des Tierbestandes.


Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag