Marktfruchtbau
Dinkel: So gelingt der Anbau des Trendgetreides
Die Nachfrage nach Dinkel hat in Deutschland in den vergangenen Jahren zugenommen und so wird der Spelzweizen, wie der Dinkel auch genannt wird, wieder vermehrt in die Fruchtfolge integriert.
Zugleich hat in den letzten Jahren auch eine züchterische Weiterentwicklung des Dinkels stattgefunden. Hervorzuheben sind züchterische Erfolge in Hinblick auf Ertragsleistung, verbesserte Standfestigkeit, gesteigerte Backqualität sowie Pilztoleranzen. Cecilia Hüppe von der Fachinformation Pflanzenbau und Wilhelm Möller aus dem Beratungsteam Pflanzenbau, beide LLH, informieren über wichtige pflanzenbauliche Aspekte.
Charakteristik des „bespelzten Weizens“
Dinkel zählt als Getreideart zur Gattung des Weizens: Beide Kulturarten basieren auf denselben Genomen. Dabei ging Dinkel aus einer Kreuzung von Weichweizen (Triticum aestivum L.) und Emmer (Triticum dicoccum), der bespelzten Form des Hartweizens, hervor. Dinkel ist damit entwicklungsgeschichtlich jünger als der Weizen und stellt die bespelzte Form des Weizens dar. Die Körner liegen beim Dinkel in sogenannten Vesen (von einer Spelzhülle umschlossen) vor. In den Vesen stecken in der Regel zwei bis maximal vier Körner. Hierdurch ist auch seine Bezeichnung als Spelzweizen (Triticum spelta L.) erklärbar. Auch aus ernährungsphysiologischer Sicht ähneln sich Dinkel und Weizen. Dinkel weist jedoch einen höheren Eiweiß- und Mineralstoffgehalt auf, beispielsweise was das Klebereiweiß Gluten und die Mineralien Eisen und Magnesium angeht.
In seiner Erscheinung zeigt sich der Dinkel mit einer relativen langen und lockeren Ähre mit vergleichsweise hoher Pflanzenlänge und folglich langem Stroh. Neuere Züchtungen brachten in den letzten Jahren deutlich kürzere und strohstabilere Sorten hervor, welche auch mit Ertragssteigerungen einhergingen. Moderne Sorten weisen daher eine bessere Standfestigkeit, mittlere Wuchshöhen und gute Erträge vor – sowohl unter konventionellen als auch ökologischen Anbaubedingungen.
Charakteristisch für den Dinkel ist das lange, schmale und kantige Korn. Zudem wird Dinkel häufig auch als „Rotkorn“ bezeichnet, da sich die Ähren mit zunehmender Reife nicht goldgelb, sondern eher rötlich verfärben. Aufgrund der Bespelzung wird beim Dinkel nicht vom Korn-, sondern vom Vesenertrag gesprochen. Folglich entspricht die Kernausbeute (prozentuales Verhältnis von Kern- zu Vesenertrag) der zentralen Größe der Wirtschaftlichkeit. Auch eine bessere Entspelzbarkeit des Korns kennzeichnet moderne Dinkelsorten. Vor allem aber eine hohe Robustheit und Winterhärte machen den Dinkel zu einer attraktiven Kultur für erweiterte Fruchtfolgen. Dies wird ergänzt durch vergleichsweise geringe Ansprüche an die Kulturführung.
Sortennamen wie „Schwabenkorn“, „Badensonne“ oder „Zollernperle“ weisen auf einen langjährigen Anbauschwerpunkt in Baden-Württemberg und Bayern hin. Doch auch für Hessen kann der Dinkelanbau attraktiv sein. Der Rückgang der Weizenvermehrungsflächen bei gleichzeitigem Zuwachs der Dinkelvermehrungsflächen in Hessen unterstreicht dies. Zudem ist mittlerweile auch die Dinkelzüchtung in Hessen ortsansässig geworden.
Aktuell sind in Deutschland 19 Sorten entsprechend der beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamts zugelassen. Voraussetzung für die Aufnahme in die Liste ist unter anderem ein landeskultureller Wert der jeweiligen Sorte. Diesen besitzt eine Sorte immer dann, wenn sie in der Gesamtheit der wertbestimmenden Eigenschaften eine Verbesserung gegenüber den zugelassenen vergleichbaren Sorten darstellt. In der beschreibenden Sortenliste werden folglich die wertbestimmenden Eigenschaften der jeweiligen Sorten beschrieben, z.B. Abreifeverhalten, Strohstabilität, Anfälligkeit gegenüber Blattkrankheiten sowie Ertragseigenschaften.
Wie sich die Sorten unter hessischen Anbaubedingungen präsentieren, wird durch den LLH über die Landessortenversuche (LSV) geprüft. Elf Dinkelsorten wurden diesjährig im LSV Winterspelz geprüft, welcher seit dem Anbaujahr 2020/21 das Portfolio der konventionell geführten LSV erweitert. Erste Ergebnisse werden in Kürze gesondert veröffentlicht. Daneben werden seit einigen Jahren im Nassauer Land Anbauerfahrungen mit Dinkel gesammelt. Diese Erkenntnisse sollen im Folgenden dargestellt werden.
Was muss bei Aussaat und Fruchtfolge beachtet werden?
Ähnlich dem Roggen bevorzugt Dinkel tiefgründige, mittlere bis schwere Böden. Unter leichten Böden mit schlechter Wasserhaltefähigkeit kann dagegen der Proteingehalt leiden, selbst bei einer guten Wurzelausbildung. Als Dinkelvorfrucht eignen sich Rüben, Mais, Leguminosen oder auch Raps. Wird Dinkel nach Weizen angebaut, kann der Dinkel von den gleichen Fußkrankheiten wie Winterweizen befallen werden.
Die Aussaat kann ab Mitte Oktober erfolgen. Dinkel ist auch spätsaatverträglich. Saatgut wird sowohl in Vesen als auch in Körnern angeboten. Werden Vesen ausgesät, sollte dies bei der Auswahl der Technik bedacht werden. Gerade bei pneumatischen Drillmaschinen besteht die Gefahr der Verstopfung von Verteilerköpfen oder von Schläuchen. Um das Korn vom Spelz zu trennen (sog. „Rellen“), bedarf es aufwändiger Technik. Es existieren jedoch spezielle Geräte, besonders für die Verarbeitung von Dinkel, welches für die Lebensmittelbranche bestimmt ist. Außerdem ist höchste Vorsicht beim Dreschen von Saatgut geboten, da die Keimfähigkeit leicht beeinflusst werden kann oder es zu Bruch kommen kann.
Die Ablagetiefe des Dinkels entspricht bei der Aussaat von Körnern der von Winterweizen (3-4 cm). Werden Vesen ausgesät, sollten diese etwas tiefer abgelegt werden, da sie mehr Wasser zur Keimung benötigen. Die Aussaatstärke liegt bei etwa 180 – 200 Vesen pro Quadratmeter, was etwa 350 bis 400 Körnern pro Quadratmeter zu normalen Saatbedingungen entspricht. Eine Anbeizung ist zu empfehlen. Zwergschwellenbrand ist auch bei Dinkel ein Thema. Bei Verwendung von Vesensaatgut besteht die Gefahr, dass aufgrund der geringen Abstände zwischen zwei Körnern innerhalb einer Vese die Triebe in der Bestockungsphase etwas zu dicht nebeneinander stehen.
Hinweise zu Pflanzenschutz und Düngung
Der LLH hat die Verträglichkeit unterschiedlicher Herbizidmaßnahmen getestet (Sorten: Franckenkorn und Albertino): Grundsätzlich zeigte sich für alle im Herbst angewendeten Bodenherbizide eine gute Pflanzenverträglichkeit. Beim Einsatz von Frühjahrsherbiziden riefen alle Sulfonylharnstoffe Kulturpflanzenstress hervor. Die Anwendung von blattaktiven Mitteln wie Axial oder Traxos war deutlich verträglicher. Bei einzelnen Sorten (z.B. Hohenloher) wird bereits vom Züchter auf die Unverträglichkeit von Atlantis hingewiesen.
Laut Düngebedarfsermittlung sind bei 75 Doppelzentnern Dinkel-Ertragserwartung 190 kg N pro Hektar maximal aufzubringen, abzüglich N-Min, organischer Düngung der Vorjahre und Vorfrucht. Dies entspricht im Endeffekt etwa max. 160 kg N/ha gemäß der Düngebedarfsermittlung. Dinkel ist ein relativ guter Stickstoffverwerter. Besonders für die roten Gebiete ist er daher interessant: Dinkel kann auch bei einem um etwa 20 % auf ca. 130-140 kg N reduzierten Stickstoffeinsatz 75 dt Ertrag pro ha mit guter Qualität dreschen.
Hinsichtlich der Entwicklung im Frühjahr gibt es ähnlich dem Winterweizen frühe und späte Dinkelsorten. Diese unterschiedliche Entwicklung gilt es bei dem Einsatz von Wachstumsreglern zu beachten, denn der Dinkel ist lageranfällig. Bei den LLH-Versuchen (Sorten Franckenkorn und Albertino) zeigte der Einsatz von 0,6 l/ha Manipulator + 0,45 kg/ha Prodax bei beginnender Schossphase (BBCH 31) mit Nachlage von 0,4 l/ha Cerone (BBCH 39) die besten Einkürzungsleistungen. Der Einsatz von Manipulator während der Bestockung brachte keine wesentlichen wachstumsregulatorischen Effekte. Manipulator ist das einzig zugelassene CCC-Produkt im Dinkelanbau.
Für den Fungizideinsatz ist zu beachten: Der Dinkel kann grundsätzlich von denselben Krankheiten befallen werden wie Winterweizen. Es benötigt lediglich einen höheren Infektionsdruck. Während der Schossphase kann Mehltau auftreten. Auch Braun- und Gelbrost können vorkommen. Die Fusarienanfälligkeit ist dagegen geringer als beim Winterweizen. Bei der Vorfrucht Mais sollte eine Fusarienbehandlung trotzdem in Betracht gezogen werden.
Eingesetzt werden können alle Fungizide mit einer direkten Dinkel- oder Weizenzulassung. Mittel mit einer Zulassung für Winter- oder Sommerweizen sind für Dinkel dagegen nicht zugelassen.
Besonderheiten bei der Ernte
Die Fallzahlstabilität von Dinkel ist vergleichbar mit der von Winterweizen und -roggen. Da der Dinkel ist auswuchsgefährdet ist, sollte der Erntetermin möglichst zur Vollreife erfolgen.
Die geerntete, transportierte und eingelagerte Nettomasse von Dinkel ist aufgrund des Dreschens in Vesen relativ gering. Ein Hektoliter Ernteprodukt entspricht damit einem Gewicht von ca. 40 kg oder weniger, da der Vesenanteil bei etwa 30 Prozent liegt. Die übrigen 70 Prozent entsprechen dem Korn.
Die Preisgestaltung von Dinkel orientiert sich grundsätzlich am Winterweizen, liegt jedoch ca. 20 Prozent darüber (Verhandlungsbasis).
Vor einer Anbauentscheidung wird in jedem Fall geraten, Kontakt zum Erfassungshandel oder zu einem verarbeitenden Unternehmen aufzunehmen, da nicht jeder Landhandel Dinkel abnimmt.
Weitere Informationen zum Dinkelanbau u.a. zum Pflanzenschutz erhalten Sie im Video von LLH-Pflanzenbauberater Wilhelm Möller oder bei Ihrer regionalen LLH-Pflanzenbauberatungskraft .