Ökologie
Gärten sind ideale Rückzugsorte für Tiere in Wohnungsnot
Gärtnern liegt stark im Trend. Denn Gärten liefern Nahrung, erfreuen die Sinne und sind Orte der Erholung und des Rückzugs – nicht nur für uns Menschen: Täglich werden immer noch ca. 56 ha versiegelt, weshalb vielfältig und naturgemäß gestaltete Gärten – gerade in Städten – für unterschiedlichste Tierarten Wohnraum und Nahrung bieten können. Grob geschätzt entspricht die noch unversiegelte Siedlungsfläche (also Gärten, Parks, Grünstreifen usw.) etwa dem Flächenanteil der deutschen Naturschutzgebiete. Das zeigt, dass naturnahe Gärten und öffentliche Grünflächen durchaus ein ökologisches Potenzial haben.
„Aber nicht alles, was im Garten kreucht und fleucht, ist auf den ersten Blick immer bei allen willkommen: Unscheinbare Tiere werden erst wahrgenommen, wenn sie in größerer Anzahl auftreten oder durch Fraßschäden deutlich sichtbar werden. Gartentiere werden dann schnell in Schädlinge und Nützlinge eingeteilt. Doch bei genauer Beobachtung stellt sich häufig heraus, dass der vermeintliche Schädling auch nützlich sein kann, allein schon, weil er dem Nützling Nahrung ist“, erläutert heute, am Internationalen Tag der biologischen Vielfalt, Beate Reichhold-Appel, Leiterin der Hessischen Gartenakademie (HGA), die beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) angesiedelt ist. Sie legt damit das Augenmerk auf Gartenbewohner, die keine Sympathieträger aber für das biologische Gleichgewicht zwischen Räuber und Beutetier im Garten bedeutsam sind.
Zwei Tiere, die nicht durch Schönheit glänzen, aber eine Gemeinsamkeit haben, möchte die Expertin heute vorstellen. Beide Gartenbewohner sind effektive Schneckenjäger und fühlen sich in naturnahen Gärten mit vielen Verstecken wohl.
Wer die Tigernacktschnecke im Garten entdeckt, kann sich freuen
Den Tigerschnegel, auch Tigernacktschnecke oder Große Egelschnecke (Limax maximus) genannt, bekommt man selten zu sehen, denn er ist nachtaktiv und nur bei feuchter Witterung (nach Regen) auch mal tagsüber unterwegs. Mit seiner auffälligen Flecken-und Streifenzeichnung (daher der Name) kann die hellgelbe, hellbraune bis hellgraue Nacktschnecke 10 bis max. 20 cm lang werden. Wie alle Schlegelarten besitzt der Tigerschnegel sowohl männliche als weibliche Geschlechtsorgane (Zwitter). Weniger bekannt ist, dass Tigernacktschnecken keinen Schaden im Garten anrichten. Im Gegenteil sie jagen effektiv Schnecken, weil sie sich neben abgestorbenem Pflanzenmaterial und Pilzen von den Eigelegen anderer Schnecken und deren Nachkommen ernähren, weshalb sie vor allem in Gemüsegärten nützlich sind.
Vor ihren Fressfeinden, der Spitzmaus und dem Igel, versteckt sich der Schlegel in Verstecken, die feucht, kühl und schattig sind. Er siedelt unter Holzstapeln oder zieht sich unter Reisig- oder Ast- und Laubhaufen zurück. Der Aktionsradius soll zwischen 5 bis 10 m um sein Quartier herum betragen.
Blindschleichen sind ausgezeichnete Helfer im Garten
Blindschleichen (Anguis fragilis) können durch ihren schlangenähnlichen Körper beim ersten Entdecken im Garten erschrecken. Diese nützlichen Tiere sind aber keine Schlangen, sondern beinlose und harmlose Echsen, die bis zu 50 cm lang werden und ihre Jungen lebend im Ei zur Welt bringen (ovovivipare Reptilien). Im Unterschied zu Schlangen können Blindschleichen bei Bedrohung einen Teil ihres Schwanzes abwerfen, um ihre Fressfeinde abzulenken, denn das abgeworfene Schwanzende zuckt noch eine Weile. Blindschleichen sind nicht blind und beißen auch nicht. Sie setzten auf Tarnung und auf ein Leben im Verborgenen.
Blindschleichen finden sich in Gärten ein, die nicht allzu aufgeräumt sind und eine bodennahe, deckungsreiche etwas feuchtere Vegetation und Verstecke aufweisen. Allerdings brauchen Schleichen als wechselwarme Tiere sonnige und sonnenwarme Plätze, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Steine und Steinplatten mögen sie gerne und im Sommer einen Zugang zu einer Wasserstelle. Um sich vor ihren Fressfeinden (Vögel, Igel, kleine Beutegreifer, z.B. Marder) zu verstecken, suchen sie Hohlräume unter Wurzeln, gestapeltes Holz, Steinhaufen, Felsspalten, Moospolster, Laub- und Komposthaufen auf. Blindschleichen sind gesellig und überwintern in Gruppen in frostsicheren Verstecken wie Erdlöchern oder winterfest ausgebauten Laubhaufen. Ab März/April verlassen sie ihre Winterquartiere und machen sich in unseren Gärten als Jäger nützlich.
Ganz oben auf dem Speiseplan stehen Nacktschnecken, wie die Ackerschnecke und kleinere Exemplare anderer Wegschneckenarten, Regenwürmer, unbehaarte Raupen, aber auch Asseln, Ameisen und kleine Spinnen.
Nachhaltig Gärtnern – mit der HGA Gewusst-wie
Wenn Sie diesen beiden Tieren in Ihrem Garten ein Zuhause bieten möchten, oder Sie sie womöglich schon entdeckt haben, sollten Sie am besten auf chemische Schneckenbekämpfungsmittel verzichten und Schneckenkragen (Einzelpflanze) oder Schneckenzäune zum Schutz ihrer jungen Kulturpflanzen verwenden.
In den nächsten Monaten werden wir weitere Gartenbewohner vorstellen, insbesondere solche, die unscheinbar sind, keine große Sympathie auslösen und keine Lobby haben.
Denn, nur wer die Lebensweise seiner (potentiellen) Mitbewohner kennt, kann bei der Anlage und Gestaltung seines Gartens die Artenvielfalt beeinflussen. Schauen Sie ab und zu auf unsere Website oder besuchen Sie unsere Kurse rund um das nachhaltige Gärtnern!
Überhaupt: Kennen Sie den Saftkugler? Diese Art stellt sich mit fünf weiteren Kandidaten zur Wahl des „Gartentiers des Jahres“ (zur Website der Heinz-Sielmann-Stiftung).