Klimaschutz
Anpassung an den Klimawandel: Das Potential des Unterbodens besser nutzen
Die extremen Witterungsverhältnisse in den vergangenen Jahren haben einmal mehr deutlich gemacht, dass der Klimawandel eine der größten Herausforderungen ist, die der Pflanzenbau zu bewältigen hat. Dringend benötig werden Strategien, um den Pflanzenbau resilienter, d.h. anpassungsfähiger gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu machen.
Ein Potential, das auf vielen Ackerflächen noch nicht ausreichend ausgeschöpft wird, stellt der Unterboden dar, der im allgemeinen deutlich mächtiger als der Oberboden ist und bis auf eine Tiefe von 100 cm rund 50 % des Stickstoffs, 25-70 % des Phosphors und bis zu 50 % des Bodenwassers speichern kann. Unterboden-Ressourcen können also dazu beitragen, Ertragsverluste abzupuffern, falls die Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit im Oberboden durch Trockenheit temporär eingeschränkt ist.
Durchwurzelbarkeit des Unterbodens oft eingeschränkt
Im Unterboden gespeicherte Nährstoffe und Wasser können jedoch nur dann ausgeschöpft werden, wenn der Unterboden auch gut durchwurzelbar ist. Eingeschränkt werden kann das Wurzelwachstum durch verschiedene Faktoren, wie beispielsweise einen zu geringen pH-Wert, einen hohen Steingehalt oder eine hohe Dichtlagerung des Bodens.
Laut der Bodenzustandserhebung durch das Thünen-Institut sind rund 71 % der landwirtschaftlich genutzten Böden Deutschlands auf weniger als 100 cm durchwurzelbar, vor allem durch Dichtlagerung. Auf Ackerflächen gehen schätzungsweise 73 % der Verdichtung auf die Prozesse der Bodenentstehung zurück, aber 27 % werden durch eine nicht angepasste Bewirtschaftung verursacht. Befahrung mit immer schwerer werdender Technik, Beeinträchtigungen der Bodenstruktur durch Bodenbearbeitungsmaßnahmen sowie der Verlust an Bodenkohlenstoff tragen zur Bodenschadverdichtung bei. In der Folge kommt es durch eine Abnahme des Porenvolumens und eine veränderte Porenmorphologie über eine Art Kettenreaktion zu einer Beeinträchtigung von Durchlüftung, Wasserspeicherung, Wassertransport, Wurzelwachstum und Nährstoffverfügbarkeit, und resultierend daraus zu Ertragsverlusten. Eine deutliche Bodenverdichtung liegt vor, wenn die Luftkapazität des Bodens weniger als 8-10 % beträgt. Nach Schätzungen der oben angeführten Studie verursacht Bodenverdichtung bundesweit einen Ertragsverlust bei Winterweizen von rund 6 %. Andere Untersuchungen zu Auswirkungen der Bodenverdichtung kommen zu deutlich höheren Ertragseinbußen. Es scheint jedoch nicht jede Pflanzenart gleichermaßen empfindlich zu reagieren.
Bodeneigenschaften können durch die Wahl des Bodenbearbeitungssystems beeinflusst werden. So resultiert konservierende Bodenbearbeitung oder Direktsaat in einer höheren Aggregatstabilität, vor allem nahe der Bodenoberfläche, einer verbesserten Porenstruktur und einer erhöhten Tragfähigkeit des Bodens. Bei Befahrung mit schwerer Technik auf feuchten Böden, beispielsweise während der Kartoffel- oder Zuckerrübenernte, besteht aber auch auf konservierend bewirtschafteten Böden ein deutliches Verdichtungsrisiko.
Wie Bodenschadverdichtung erkennen?
Ob auf den eigenen Flächen eine Bodenschadverdichtung vorliegt, kann mit relativ einfachen Methoden beurteilt werden. Die Spatendiagnose bietet eine Möglichkeit, sich ein Bild über die Bodenstruktur, die Durchwurzelung und das Bodenleben zu machen. Ein ungleichmäßiges Wurzelbild, geringer Wurzeltiefgang, geringe Wurzelverzweigung oder auch Wurzeldeformationen geben Hinweise auf den Grad der Bodenverdichtung.
Mit Bodensonden kann der Eindringwiderstand bestimmt werden, der in verdichteten Bodenschichten typischerweise erhöht ist. Da der Eindringwiderstand stark durch die Bodenfeuchte beeinflusst wird, sollte die Messung nur bei Bodenwassergehalten nahe der Feldkapazität erfolgen. Messungen auf übersättigten Böden oder zu trockenen Böden führen zu einer Unter- bzw. Überschätzung des Eindringwiderstands. Auf der Videoplattfom Youtube.de finden sich zahlreiche Tutorials, die das Vorgehen anschaulich erläutern.
Unterboden über Tiefenlockerung besser zugänglich machen
Um das Wurzeltiefenwachstum in untere Bodenschichten zu erleichtern und ggf. Bodenverdichtungen einzudämmen, stehen mechanische, chemische und biologische Methoden der Tiefenlockerung zur Verfügung. Die Verfahren unterscheiden sich sowohl im Hinblick auf Effizienz und Kosten, aber auch was die Dauerhaftigkeit der Maßnahmen betrifft. Welches Verfahren eingesetzt werden sollte, hängt vor allem von der Lage der Verdichtungshorizonts, dem Ausmaß der Verdichtung und der Bodenart ab.
Biologische Verfahren nutzen das Wurzelsystem von geeigneten Kulturpflanzenarten, um eine möglichst optimale Bodenstruktur zu schaffen. Die durch Wurzelwachstum, aber auch die Aktivität von Regenwürmern entstandenen Gänge, sogenannte Bioporen, können von Folgekulturen bevorzugt für das Tiefenwachstum der Wurzeln genutzt werden (Abb. 1). Darüber hinaus fördern Bioporen die Infiltration und stellen hotspots der Nährstoffmobilisation dar. In Abhängigkeit von der Bodenart können Bioporen im Unterboden über Jahre stabil bestehen bleiben.
Leichte Verdichtungen des Oberbodens, beispielsweise in Form eines Plattengefüges (Abb. 2), können durch Integration von Zwischenfrüchten in die Fruchtfolge vermindert werden. Hierfür eignen sich Arten, die eine Pfahlwurzel ausbilden, besser als Arten mit einem Faserwurzelsystem. Bei dichtgelagerten Bodenschichten (Pflugsohle, Ton-Lessivierung) oder moderater Bodenverdichtung im oberen Teil des Unterbodens sind mehrjährige, möglichst mit einer Pfahlwurzel ausgestattete Futterpflanzenarten geeignet, ein mindestens 2-jähriger Anbau vorausgesetzt. Ein Wechsel zu konservierender Bodenbearbeitung kann diesen Prozess unterstützen.
Mechanische Tiefenlockerung alleine meist nicht sinnvoll
Liegt hingegen eine stärkere Verdichtung des Unterbodens vor, sind intensivere Eingriffe erforderlich. Vor allem in trockenen Jahren soll mechanische Unterbodenlockerung zu Ertragssteigerung führen, indem das Tiefenwachstum von Wurzeln erleichtert, die Infiltration und der Wassertransport verbessert sowie die Nährstoffaufnahme erleichtert wird.
Der alleinige Einsatz einer mechanischen Tiefenlockerung wird jedoch nicht ganz unkritisch gesehen, da der Erfolg stark von den Standortbedingungen abhängt und negative Effekte auf die Bodenstruktur und eine Wiederverdichtung nicht ausgeschlossen werden können. Auch kann in den ersten Jahren nach Tiefpflügen oder tiefer Bodendurchmischung die Befahrbarkeit der Böden herabgesetzt sein. Und zu guter Letzt ist Unterbodenverdichtung oft in Bodentiefen lokalisiert, in welchen mechanische Eingriffe nicht mehr effektiv sind.
Sinnvoll scheint der Einsatz nur auf Böden mit einem Schluffgehalt unter 70 % und einem Tongehalt über 20 % und einem Ton/Schluff-Verhältnis < 0.3. Der Bodenwassergehalt für eine erfolgreiche mechanische Tiefenlockerung sollte unterhalb der Ausrollgrenze liegen, was auf schweren Böden nur selten erreicht wird. Eine Bearbeitung zu trockener Böden ist ebenfalls zu vermeiden, da die Gefahr der Bildung grober Kluten und der Energiebedarf ansteigen.
Zur Dauerhaftigkeit der Maßnahmen tiefer Bodenlockerung gibt es keine belastbaren Aussagen. Tendenziell nehmen die positiven Effekte mit der Zeit ab aufgrund der einsetzenden Wiederverdichtung. Dies scheint auf Böden mit > 70% Schluffgehalt und < 20% Tongehalt schneller von statten zu gehen. Auch die Befahrung mit schwerer Technik befördert den Prozess der Wiederverdichtung.
Falls mechanische Tiefenlockerung zum Einsatz kommen soll, ist eine Kombination mit einer biologischen Stabilisierung durch geeignete Pflanzenarten vorzuziehen. Der Lockerungseffekt durch Pflanzenwurzeln ist zwar weitaus geringer als über mechanische Eingriffe und benötigt deutlich längere Zeiträume, über den Einsatz von Tiefenlockerungstechnik alleine ist es aber nicht möglich, ein ausgedehntes und intensiv vernetztes Porensystem zu schaffen, wie es Wurzeln oder Regenwürmer vermögen.
Bei der sogenannten chemischen Tiefenlockerung wird versucht, die physikalischen, chemischen und biologischen Bodeneigenschaften über die Einbringung von Düngern tierischer Herkunft, pflanzlicher Biomasse, Kalk oder Wasserretentionsmittel in den Unterboden zu verbessern. In einem aktuellen Forschungsvorhaben der Universität Bonn und Partnern wird untersucht, ob durch die Einbringung von organischer Substanz (Kompost, Grünschnitt, Stroh oder Sägespänen) gleichzeitig mit einer mechanischen Tiefenlockerung die Wiederverdichtung verlangsamt werden kann. Erste Ergebnisse aus einem vergleichbaren Projekt aus Schweden erscheinen vielversprechend.
Verbesserung der Bodenstruktur über Fruchtfolgegestaltung
Vorfrüchte beeinflussen die nachfolgenden Kulturen in vielfältiger Weise (z.B. Wasser- und Nährstoffhaushalt, Unkraut-, Krankheits- und Schädingsdruck), auch über den Zustand der Bodenstruktur nach der Ernte, der aus Bodenbearbeitung und Erntetechnik, sowie aus Wurzelmasse und -verteilung resultiert. Hierbei fördern Arten mit einem Pfahlwurzelsystem – wie Zichorie, Ölrettich, Luzerne, Lupine oder Ackerbohne – über die Bildung von Makroporen die Infiltration und hydraulische Leitfähigkeit und ermöglichen Folgekulturen einen verbesserten Zugang zum Unterboden. Im Vergleich zu Pfahlwurzlern scheint die Bildung von Bodenaggregaten besonders von Arten gefördert zu werden, die ein dichtes (Faser)Wurzelsystem aufweisen. Während Pflanzenwurzeln und bodenbürtige Pilze besondere Bedeutung für die Bildung von Makroaggregaten (> 250 μm) aufweisen, stellen die von Wurzeln oder Bodenmikroben abgesonderten Kohlenstoffverbindungen (Polysaccharide) einen wichtigen „Klebstoff“ für die Bildung von Mikroaggregaten dar.
Abbildung 3 gibt eine qualitative Einschätzung verschiedener Haupt- bzw. Zwischenfruchtarten hinsichtlich ihrer Effekte auf die Bildung und Stabilisierung von Bodenaggregaten bzw. auf die hydraulischen Bodeneigenschaften. Generell sind von mehrjährigen Arten stärkere Effekte zu erwarten als von einjährigen Kulturen.
Förderung vielfältiger Fruchtfolgen ab 2023 über die Öko-Regelung 2
In 2023 können erstmals die neuen Öko-Regelungen der aktuellen GAP-Förderperiode (Gemeinsame Agrarpoltik) beantragt werden. Die Öko-Regelung 2 „Anbau vielfältiger Kulturen“ fördert den Anbau von mindestens fünf unterschiedlichen Hauptfruchtarten, davon verpflichtend eine Leguminose, die mindestens 10 % der Ackerfläche einnehmen muss. Zusätzliche Vorgaben sind u.a., dass keine Kulturen mehr als 30 % der Ackerfläche und mindestens 10 % der Ackerfläche einnehmen müssen sowie der Getreideanteil 66 % nicht überschreiten darf. Weitere Informationen zu dieser und weiteren Öko-Regelungen können z.B. der BLE-Broschüre GAP kompakt 2023 entnommen werden. Die Förderhöhe von 45 €/ha kann einen Beitrag zum nötigen finanziellen Spielraum leisten, um mit neuen Kulturen oder aufgelockerten Fruchtfolgen zu experimentieren. Es ist möglich, dass zum HALM 2-Antragszeitraum 2023 ebenfalls eine Erweiterung hierzu über die hessischen Agrarumweltmaßnahmen (HALM 2) angeboten wird.
Fazit
Dem Unterboden kommt eine wichtige, aber oft übersehene Rolle für eine nachhaltige, klimaangepasste pflanzliche Produktion zu. Um Wasser- und Nährstoffvorräte des Unterbodens erschließen zu können, muss dieser für Pflanzenwurzeln zugänglich sein. Besonders problematisch in diesem Zusammenhang ist Unterbodenverdichtung zu sehen, da sie nur schwer zu erkennen und nur mit erheblichem Aufwand zu beseitigen ist. Ziel muss es daher sein, Bodenverdichtung zu vermeiden und das Bodengefüge zu erhalten bzw. zu verbessern.
Falls Unterbodenverdichtung eingedämmt werden muss, bieten sich umweltfreundliche biologische Verfahren an, beispielsweise die Integration von tiefwurzelnden Futterbaukulturen in die Fruchtfolge. Der Einsatz einer mechanischen Tiefenlockerung sollte sorgsam abgewogen werden und möglichst mit einem biologischen Verfahren kombiniert werden.