Pflanzenschutz
Leimringe gegen Frostspanner – Tipps zum Einsatz
Die Raupen der Frostspanner können im (Erwerbs)Obstbau zu großen wirtschaftlichen Schäden führen. Als eine giftfreie Bekämpfungsmethode haben sich Leimringe bewährt, die am Stamm angebracht werden. Auf seinem Weg in die Baumkrone bleibt der Schädling am Leim hängen und stirbt. Damit keine anderen Insekten, Vögel und kleine Säuger (sogenannte Nichtzielorganismen) oder gar der Baum selbst in Mitleidenschaft gezogen werden, gibt es beim Einsatz von Leimringen ein paar Aspekte zu beachten.
Leimring-Methode nutzt Flugunfähigkeit der Weibchen aus – ein kleiner Exkurs in die Biologie des Kleinen Forstspanners
Um die Funktionsweise eines Leimrings zu verstehen, muss man sich die Biologie und den Lebenszyklus der Frostspanner anschauen.
Der Kleine Frostspanner (Operophtera brumata) und der Große Frostspanner (Erannis defoliaria) sind Schmetterlinge aus der Familie der Spanner (Geometridae), die mit etwa 23.000 beschriebenen Arten die größte Schmetterlingsfamilie darstellt.
An Obstbäumen treten für gewöhnlich der Kleine und der Große Forstspanner auf. Die Raupen des Kleinen Frostspanners sind durch ihre hellgrüne Färbung und den beiden hellgrünen Seitenstreifen gut getarnt. Dagegen sind die Larven des Großen Frostspanner farblich sehr variabel. Typisch für die Spannerraupen ist der „Buckel“, wenn sie sich kriechend fortbewegen.
Von größerer wirtschaftlicher Bedeutung im Obstbau ist der Kleine Frostspanner.
Werden die Nächte kälter, schlüpfen die fertigen Schmetterlinge aus den Puppen im Boden. Sie leben nur wenige Tage, weil ihr Saugrüssel verkümmert ist und sie daher keine Nahrung aufnehmen können. Dem einzelnen Falter verbleibt demnach nicht viel Zeit, seine Nachkommenschaft zu sichern.
Ab Oktober bis Ende Dezember schwärmen die 15 mm großen, beflügelten Männchen des Kleinen Frostspanners bei Dämmerung aus. Die weiblichen Tiere sind dagegen nur 5 bis 7 mm groß und können nicht fliegen. Sie gleichen mit ihren Stummelflügeln eher einer Raupe auf sechs Beinen. Auf diesen Beinchen krabbeln die Weibchen vom Boden den Stamm hinauf. Dabei senden sie Sexualpheromone aus, um die Männchen anzulocken. Nach erfolgter Paarung legt das Weibchen ca. 300 orangefarbene Eier in kleinen Gruppen von 2 bis 3 Eiern in Rindenritzen oder im Knopsenbereich in den Astspitzen ab. Mit dem Blattaustrieb schlüpfen aus den Eigelegen die gut getarnten Raupen und beginnen sogleich gierig ihren Larvenfraß an jungen Blättern, Triebspitzen, Blüten und Früchten. Wird die Nahrung knapp, lassen sich die Larven an ihren Spinnfäden vom Wind auf andere Bäume tragen und gelangen so auf benachbarte noch unbefallene Bäume und Büsche. Ende Mai, nach mehreren Häutungen, seilen sich die Raupen an dem Spinnfaden endgültig ab und verpuppen sich im Boden. Im Herbst beginnt der Lebenskreislauf des Falters von neuem.
Im Vergleich zum Kleinen Frostspanner schlüpft der Große Frostspanner früher (September).
Durch Leimringe Fraßschäden an Obstbäumen vorbeugen
Der Leimring wird im Herbst vor den ersten Frosttagen um den Stamm angelegt, damit die flugunfähigen Weibchen der Frostspanner, die am Stamm emporwandern, auf dem Leim kleben bleiben. Dabei sterben sie.
Mit dieser giftfreien Methode beugen Obstbaumbesitzerinnen und Obstbaumbesitzer wirksam Ertragsverlusten durch Fraßschäden vor. Die Fraßschäden führen beim ersten Laubaustrieb zwar nicht zum Absterben des Baumes – der Baum wird im gleichen Jahr nochmals austreiben – jedoch schwächt ein Blattverlust immer die Vitalität des Baumes, insbesondere von Jungbäumen. In Zeiten von Klimaveränderungen, die sich mitunter durch längere Trockenperioden zeigen, sollte der vorbeugende Schutz von Bäumen zunehmend Beachtung finden. Ein wiederholtes Abfressen des ersten Laubaustriebes ist unbedingt zu vermeiden.
Leimringe – wann und wie anbringen?
Zum Abfangen der Weibchen sollten die Leimringe ab September dicht um den Stamm gelegt werden, damit die Tiere nicht unter dem Leimring hindurch krabbeln können. Alte und rissige Rinde sollte vorsichtig geglättet werden, damit ein enges Anliegen des Fanggürtels gewährleistet ist. Stützpfähle und Aufsitzstangen müssen ebenfalls mit einem Leimring versehen werden, denn sie laden zum Hochkrabbeln ein. Um Brücken, die den Leimring umgehen, zu vermeiden, ist der Leimring bei Jungbäumen über der Anbindung anzubringen. Bei diesem Vorgehen kann auf das Anbringen eines Leimrings am Stützpfahl verzichtet werden.
Leimringe müssen im Frühjahr wieder entfernt werden!
Spätestens Anfang Februar ist der Frostspanner nicht mehr unterwegs. Ab diesem Zeitpunkt können und sollten die Leimringe entfernt werden. Denn der Fanggürtel als vorbeugende und ökologische Bekämpfungsmethode nützt nur, wenn er rechtzeitig im Frühjahr entfernt wird. Andere (nützliche) Insekten sollten nicht durch Leimringe zu Tode kommen, wenn sie durch die zunehmenden Temperaturen und Tageslängen wieder aktiv werden.
Leimringe sollten in der Restmülltonne entsorgt werden, nicht im Biomüll, da auf ihnen noch lebende Eigelege haften könnten.
Was gegen ein zu frühes Abnehmen spricht, ist, dass die Weibchen häufig ihre gesamten Eier als sogenannte Notgelege unterhalb des Leimrings ablegen. Verbleibt der Leimring am Stamm bis zum Schlupf im Frühjahr kurz vor dem Laubaustrieb, werden die Raupen auf ihrem Weg in die Baumkrone vom Leimring abgefangen.
Bei der Abnahme der Bänder sollte die Rinde, die vom Leimring verdeckt wurde, immer auf Eigelege kontrolliert und der Stamm sorgfältig abgebürstet werden, um vorhandene Eigelege zu entfernen.
Keinesfalls dürfen Leimringe ganz- oder mehrjährig am Baum verbleiben, weil die Bindedrähte in den Stamm einwachsen. Der Baum kann in seinem Wachstum nachhaltig geschädigt werden.
Stellen Leimringe eine Gefahr für Nichtzielorganismen dar?
Belastbare Studien, die Vogel und Fledermausfänge durch Leimringe quantifizieren, gibt es derzeit nicht. Jedoch verweist die Wildvogelhilfe des NABU Regionalverbands Leipzig auf 63 Vogelfunde mit verklebtem Gefieder, die über einen Zeitraum von neun Jahren (2013 bis 2021) abgegeben wurden. Das entspricht einem Anteil von 2,3 % von insgesamt 2.744 Funden. Zum Vergleich: Verletzungen durch Vogelschlag an Glas führen die Statistik an und machen mehr als 16 % der Gesamtfunde aus.
Natürliche Gegenspieler durch Saumstrukturen und Nistmöglichkeiten fördern
Für Singvögel sind die Raupen des Frostspanners eine willkommene eiweißreiche Nahrungsquelle für ihre Brut. Auch werden die Raupen von Schlupfwespenarten und Raupenfliegen parasitiert. Diese räuberischen Gegenspieler finden sich häufig dort ein, wo pestizidfrei gearbeitet wird und Saumstrukturen vorhanden sind.
Wer die gefiederten Schädlingsbekämpfer durch Nistkästen in Bäumen fördert und darauf achtet, die Leimringe rechtzeitig anzubringen und im Frühjahr wieder zu entfernen, braucht die gefräßige Raupe des Frostspanners also nicht fürchten.