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Die roten Früchte bewusst genießen
Erdbeersaison in Hessen hat begonnen
Erdbeeren sind beliebt: rund 3,7 kg werden pro Kopf in Deutschland jährlich verzehrt. Ungefähr die Hälfte der Nachfrage nach frischer Ware wurde 2022 über Importe gedeckt: circa 125.000 t Erdbeeren wurde eingeführt, vornehmlich aus Spanien (Quelle: Statista).
Katrin Hetebrügge, Gartenbauberaterin beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) mit dem Schwerpunkt ‚Beerenobst‘, ruft die Konsumentinnen und Konsumenten auf, Erdbeeren bewusst zu genießen: „Früchte aus der Region sind zwar etwas teurer, doch sie punkten durch Frische und einen besseren Geschmack. Die kurzen Transportwege verkleinern zudem den ökologischen Fußabdruck.“
Gestiegene Personalkosten fordern die Betriebsleitungen
In Hessen wurden 2022 auf 1.120 ha die süßen Früchte angebaut. Damit ist die Anbaufläche stabil geblieben. Jedoch ist eine leichte Konzentrierung zu beobachten: Waren es in 2021 noch 166 Betriebe, schrumpfte 2022 die Zahl auf 151 (Quelle: HSL). Diese Entwicklung ist teils auch auf die gestiegenen Produktionskosten zurückzuführen. Während sich die Einkaufspreise für Dünger und Pflanzenschutzmittel gegenüber dem Vorjahr wieder stabilisiert haben, beschäftigt die Betriebe in diesem Jahr der gestiegene Mindestlohn sehr. „Erdbeeren sind vor allem in der Ernte sehr personalintensiv, aber auch viele Vorarbeiten werden von Hand erledigt“, weiß Hetebrügge, die etwa 30 erdbeererzeugende Betriebe berät. Die kühle Witterung im April habe den Arbeitseinsatz noch gesteigert: „Um die Erdbeeren vor Frösten zu schützen, wurden abends die Folientunnel geschlossen und tagsüber wieder gelüftet, teilweise wurden die Erdbeeren noch mit Vlies abgedeckt. Dieses Prozedere bindet viele Arbeitsstunden, bevor die Ernte und damit der Verkauf überhaupt beginnen können“, schildert Hetebrügge exemplarisch.
Der geschützte Anbau im befahrbaren Folientunnel ist in Hessen auf 230 ha angewachsen; 40% der Ernte stammen daher.
Anbaumethoden ändern sich
Um Personalkosten langfristig im Griff zu behalten, rücken mechanische Lösungen für die Unkraut- oder auch Rankenentfernung zunehmend ins Blickfeld. Die Ernte wird jedoch nach wie vor per Hand durchgeführt. Der Anbau großfrüchtiger Sorten ist eine Möglichkeit, die Pflückeffizienz zu steigern.
Eine weitere Alternative: der hochtechnisierte Anbau in Stellage. Die aufgeständerten Pflanzrinnen optimieren die Arbeitshaltung und damit die Pflückleistung. Allerdings sind die Materialkosten für dieses Anbausystem sehr hoch. „Aktuell herrscht Zurückhaltung, was Investitionen angeht. Die Stimmung bei den Betrieben bleibt abwartend angespannt, da unklar ist, wie sich die Vermarktung entwickelt. Während der Corona-Jahre war die Direktvermarktung – also die Vermarktung über saisonale Verkaufsstände, Hofläden und Selbstpflücke – bei den Kunden sehr beliebt. Dies war bereits 2022 nicht mehr so. Bezüglich der Direktvermarktung befinden wir uns wieder annähernd auf dem Vor-Corona-Niveau“, sagt die Expertin.
In der letzten Zeit nimmt die kritische Berichterstattung über den großflächigen Erdbeeranbau in Südspanien zu, insbesondere mit Fokus auf die dort zunehmende Trockenheit. Gleichwohl sind auch in Hessen die meisten Anbaugebiete auf eine Zusatzbewässerung angewiesen, um gute Fruchtqualitäten zu erzielen. Eine wassersparende und am Bedarf orientierte Tropfschlauchbewässerung ist dafür der Standard. Ebenso steige laut Hetebrügge das Interesse am Bau von Wasserspeicherbecken bei den Anbauern und wurde bereits in einzelnen Fällen realisiert.
Wetter ist ein großer Unsicherheitsfaktor
Letztlich entscheidet das Wetter über den Erfolg der Erdbeersaison, insbesondere im Freiland: Dieses Jahr kam es im Freilandanbau in verfrühten Beständen vereinzelt zu Frostschäden. In der Summe dürfte dies aber laut Hetebrügge keinen nennenswerten Einfluss auf den Ertrag haben.
Aktuell werden heimische Erdbeeren aus dem geschützten Anbau geerntet, ab dem 10. Mai herum ist mit Früchten aus dem verfrühten Freiland zu rechnen.
„Wer heimische Ware kauft, unterstützt einen nachhaltigeren Anbau und stärkt damit gleichzeitig die Wertschöpfung vor Ort“, betont die Obstbauberaterin abschließend.