Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Marktfruchtbau

Düngewirksamkeit von Phosphor-Rezyklaten aus Klärschlamm

Phosphor (P) ist ein essentieller, nicht erneuerbarer Rohstoff, welcher meist aus P-haltigen Mineralien (hauptsächlich Rohphosphat) gewonnen wird. Aktuell werden über 90 % des mineralischen P als Dünge­mittel zur Sicherung der Pflanzenproduktion eingesetzt.

Angesichts einer wachsenden Weltbevöl­kerung und damit steigendem Nahrungsmittelbedarf muss von einem zunehmenden P-Bedarf ausgegangen werden. Die Reserven an Rohphosphat sind jedoch endlich und geo­graphisch stark konzentriert – bislang ist die Europäische Union nahezu vollständig von Importen abhängig. Ein wirtschaftliches Recycling von P aus Klärschlämmen könnte daher zu einem nachhaltigen P-Management beitragen und P-Importe reduzieren. Entsprechend haben verschiedene EU-Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften für ein verpflichtendes Recycling P-reicher Abfälle auf den Weg gebracht. Die Verordnung zur Neuordnung der Klärschlammverwertung (Oktober 2017) sieht nach einer Über­gangsfrist von 12 bzw. 15 Jahren eine verpflichtende P-Rückgewinnung aus Klärschlamm oder Klär­schlammasche für Kläranlagen be­stimmter Größe vor. Eine flächige Ausbringung von unbehandeltem Klärschlamm wird aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Be­las­tung mit Schadstoffen, Schwermetallen und Pathogenen weitgehend beendet.

Zur Gewinnung von P-Rezyklaten steht eine Reihe verschiedener Technologien zur Verfügung (z.B. Extraktion, Fällung, thermochemische Behandlung). Je nach Herstellungsverfahren unterscheiden sich die Rezyklate in Form und Zusammensetzung, vor allem in der chemischen Bindung des Phosphors. Ob die in der Düngemittelverordnung (DüMV) vorgegebenen Verfahren zur Ermittlung der P-Löslichkeit auch zur Charakteri­sierung solch neuer P-Düngeprodukte geeignet sind und, ob die Mindest-Löslichkeitswerte erreicht werden, war unklar. Im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz analysierte der Landesbetrieb Landwirt­schaft Hessen (LLH) in Kooperation mit dem Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) (i) die Aussagekraft verschiedener Methoden zur Bestimmung der P-Lös­lich­keit und (ii) die Düngewirksamkeit verschiedener Rezyklate aus Klärschlämmen.

Versuchsaufbau

In der Studie wurden insgesamt acht P-Rezyklate unterschiedlicher Hersteller und Recyclingver­fahren untersucht (Tab. 1). Details zu den Produkten können dem Projektbericht entnommen werden. Die P-Verfügbarkeit der Produkte wurde als Wasser-, Neutral-Ammon­citrat- bzw. Citratlöslichkeit bestimmt und der Gesamt-P-Gehalt über Königswasser­aufschluss er­mittelt. Die P-Düngewirkung der Rezyklate wurde in der Gefäßversuchsstation des LLH analysiert. Hierzu wurde Welsches Weidelgras (Lolium multiflorum) in Mitscherlich-Gefäßen auf einem speziellen, P-freien Kultursubstrat in vier Wie­derholungen an­gezogen und mit definierten Mengen der Rezyklate gedüngt, wobei als Refe­renz eine unge­düngte Kontrolle und Triple-Superphosphat (TSP) mitgeführt wurden. Die Hauptnährstoffe (N, K) wurden in allen Varianten in gleichen Mengen und nach jedem Schnitt appliziert. Um auch die Nach­wirkung der Düngung zu erfassen, wurden bis zu sieben Aufwüchse beprobt.

Ergebnisse und Diskussion

Die Wasserlöslichkeit lag, mit Ausnahme von Produkt 4, bei allen P-Rezyklaten unterhalb des Mindestwertes von 2,5 % der DüMV. Die Neutral-Ammoncitrat-Löslichkeit – i.d.R. gleichzusetzen mit sequentieller Extraktion mit Wasser und neutraler Ammoncitratlösung (nach DüMV gefordert) – erfüllte für alle Produkte die Vorgaben von mindestens 5 %. Die Citratlöslichkeit (keine Anforderung der DüMV) lag leicht über der Neutral-Ammoncitrat-Löslichkeit und erreichte mit Ausnahme von Pro­dukt 9 (< 30 %) Werte über 70 %. Die Beziehung zur P-Aufnahme der Pflanze war am engsten für die Citratlöslichkeit (R²: 0.85), allerdings lag eine nichtlineare Beziehung vor. Für eine Bewertung des düngerelevanten Anteils an P und die Ableitung von Düngeempfehlungen erscheinen die geprüften bzw. in der DüMV vorgegebenen Methoden nur bedingt geeignet.

Die P-Düngewirkung der Rezyklate variierte stark, sowohl in Bezug auf den Trockenmasse (TM)-Ertrag als auch die P-Aufnahme und P-Nutzungseffizienz (Abb. 1). Einige Produkte hoben sich nicht von der Kontrolle (ungedüngt) ab bzw. erreichten nicht das Niveau von TSP und sind daher als Düngemittel nicht bzw. nur bedingt geeignet. Hierzu zählen vor allem Aschen und Karbonisate. Im Gegensatz dazu wiesen Struvite und säureaufgeschlossene Calcium- und Superphosphate P-Nutzungs­effi­zienzen auf, die vergleichbar zu TSP waren oder darüber lagen. Eine im Vergleich zu TSP höhere Düngewirkung könnte darin begründet liegen, dass keine Ausgleichsdüngung für andere Nähr­stoffe vorgenommen wurde, die in variierenden Mengen in den Rezyklaten enthalten sind. Insgesamt wurden jedoch auch für die effektivsten Rezyklate nur maximal 31 % des zugeführten Gesamt-P im Erntegut wiedergefunden. Die mittel- und langfristige Wirksamkeit des im Boden verbliebenen, nicht-aufgenommenen P-Anteils sollte daher über Lang­zeitversuche unter Feldbedingungen abgeklärt werden.

Tab. 1: Art der untersuchten P-Rezyklate

VarianteProduktAusgangsmaterial
1Kontrolle
2Tripelsuperphosphat (TSP)
3StruvitFaulschlamm
4DoppelsuperphosphatKlärschlammver­bren­nungsasche
5Glühphosphat Rhena­niaphosphatKlärschlammasche
6KlärschlammascheKlärschlamm, überwie­gend aus Bio-P-gefälltem Klärschlamm
7KlärschlammkarbonisatKlärschlamm
8CalciumphosphatEntwässerter Klär­schlamm, 25 % TS nach Eisenfällung

 

Abb. 1: P-Nutzungseffizienz (PNE) und relative P-Düngeeffizienz (RPD) der geprüften P-Rezyklate
PNE (%) = (P-Aufnahme (Rezyklat) – P-Aufnahme (ungedüngte Kontrolle)) / applizierte P-Menge;
RPD (%) = PNE (Rezyklat) / PNE (TSP)

Fazit

Die untersuchten Methoden zur Charakterisierung der P-Löslichkeit von Rezyklaten gestatten keine zuverlässige Abschätzung des P-Düngepotentials. Die Ergebnisse des Gefäßversuchs belegen, dass Fällungsprodukte (Struvite) sowie säureaufgeschlossene Calcium- und Superphosphate eine Alternative zu auf Rohphosphat basierenden P-Düngemitteln darstellen.

Der vollständige Projektbericht kann unter dem folgenden Link abgerufen werden: https://umwelt.hessen.de/sites/umwelt.hessen.de/files/2022-10/abschlussbericht_p-duengewirksamkeit_von_klaerschlamm-rezyklaten_0.pdf


Dieser Beitrag stammt aus dem LLH-Jahresversuchsbericht 2023. Die gesamte Broschüre finden Sie hier.

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