Rinder
Welche Trockenmasseaufnahme erreichen hessische Milchviehbetriebe?
Den meisten Milchviehhaltern ist bekannt, wie wichtig eine ausreichende Futter- bzw. Trockenmasseaufnahme ihrer Kühe ist. Nur Tiere, die während ihrer Laktation und Trockenstehphase ausreichend fressen, haben eine gute Milchleistung und sind weniger anfällig für Krankheiten.
Als Basis in der Praxis dienen dennoch oft nur Tabellenwerte und Annahmen, wie viel die Kühe fressen bzw. fressen sollten. Während sich Genetik und Leistung der Tiere stetig weiterentwickelt haben, werden in Sachen Futteraufnahme z.T. veraltete Zielwerte herangezogen.
Vor diesem Hintergrund ermittelte das Beratungsteam Tierhaltung Rind des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) im Winter 2023/24 mittels einer Praxiserhebung aktuelle Zahlen zur Trockenmasseaufnahme von laktierenden und trockenstehenden Kühen.
Material und Methoden
In einem Erhebungsbogen wurden die betrieblichen Parameter Bestandsgröße, Milchleistung, Rasse, Laktationsstadium, Färsenanteil und Rationszusammensetzung erfasst.
Es wurde dokumentiert, ob die Fütterung in Form einer Voll- oder Teil-TMR plus Transponder/AMS erfolgt und um welche Fütterungsgruppen (Hoch-, Niederleistungs-, Trockenstehergruppe) es sich jeweils handelt.
Außerdem wurden als technische Einflussfaktoren auf die Futteraufnahme die Anzahl der täglichen Futtervorlage und des Futteranschiebens ermittelt.
Die Erhebung lief übereinen Zeitraum von fünf Tagen.
Die Erfassung der Rationskomponenten inkl. der Mengen sowie der Erfassung der täglichen Futterreste wurde täglich durch den Fütterer auf den Betrieben dokumentiert. Außerdem täglich wurden von der Trogration Proben gezogen und im Trockenschrank getrocknet, um die Trockenmasse zu ermitteln.
Die Auswertung erfolgte durch die LLH-Beratung (FG 14 Tierhaltung). Eine Rationsprobe wurde zudem im Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) analytisch auf den erweiterten Futterwert untersucht.
Ergebnisse
Die durchschnittliche tägliche Trockenmasseaufnahme bei den laktierenden Kühen lag bei von 23,1 kg. In Tabelle 1 erfolgt die Eingliederung in Durchschnitt, oberes und unteres Viertel, eingruppiert nach Höhe der Trockenmasseaufnahme.
Ø | + 25 % | – 25 % | |
---|---|---|---|
Bestandsgröße (Anzahl Tiere, Stck.) | 154 | 171 | 126 |
Anzahl gemolkene Kühe (Stck.) | 126 | 142 | 106 |
Milchkilogramm pro Tier/ Jahr | 9.975 | 10.026 | 9.187 |
Tagesmilchmenge (kg/Kuh und Tag) | 31,5 | 32,7 | 27,9 |
Fett (%) | 4,2 | 4,3 | 4,0 |
Eiweiß (%) | 3,6 | 3,6 | 3,5 |
Laktationsstand (Melktage) | 196 | 181 | 230 |
Färsenanteil (%) | 28 | 28 | 20 |
Häufigkeit Futternachschieben (Ø in 24h) | 7 | 9 | 7 |
NEL (MJ/kg TM) | 6,8 | 6,8 | 6,8 |
Rohprotein (g/kg TM) | 148 | 145 | 135 |
nXP (g/kg TM) | 145 | 145 | 143 |
TM-Aufnahme je Kuh und Tag (in kg) | 23,1 | 24,6 | 21,5 |
Die teilnehmenden Betriebe hielten in gleichem Umfang die Rassen Fleckvieh- und Holstein- Kühe. Zudem befanden sich in den Herden auch wenige Jersey- oder Braunviehkühe.
Zum Zeitpunkt der Untersuchung betrug das tägliche Milchleistungsniveau der erfassten Herden im Durchschnitt 31,5 Liter mit durchschnittlich 196 Laktationstagen und einem Färsenanteil von 28 %. Die Bestandsgröße betrug durchschnittlich 154 Tiere, davon 126 melkende Kühe.
Die Milchinhaltsstoffe lagen bei 4,2 % Fett und 3,6 % Eiweiß.
In der Erhebung setzten 15 der 16 untersuchten Betriebe zur Futtervorlage einen Vertikalmischer ein. Lediglich ein Betrieb verwendete einen Paddelmischer.
Fünf Betriebe verfütterten eine Voll-TMR, alle anderen Teil-TMR mit ergänzender tierindividueller Kraftfuttergabe über einen Transponder bzw. das automatische Melksystem (AMS). Vier 4 der 16 Betriebe setzten auf AMS.
14 von 16 Betrieben legten die Ration einmal am Tag frisch vor, zwei Betriebe zweimal täglich.
Im Durchschnitt wurde das Futter sieben Mal täglich (innerhalb 24 Stunden) nachgeschoben. Die Anzahl variierte von zweimal bis zwanzig Mal, abhängig ist dies meist von dem Automatisierungsgrad der Betriebe.
Hinsichtlich des untersuchten Energiegehaltes der gefütterten Rationen für laktierende Kühe gab es zwischen den Betrieben keine großen Unterschiede. Im Schnitt ergab sich ein Energiegehalt von 6,8 MJ NEL/kg TM mit einer Spannbreite von 6,7 MJ NEL/kg TM bis 7,2 MJ NEL/kg/TM.
Exkurs Trockenmasseaufnahme von trockenstehenden Kühen
Neben der Ermittlung der Trockenmasseaufnahme bei laktierenden Kühen fand zusätzlich in einer kleinen Stichprobe von vier Betrieben die Trockenmasseaufnahme von Trockenstehern statt. Die Herangehensweise war dieselbe wie bei den laktierenden Kühen (s.o. Material und Methoden). Als Datengrundlage dienten drei Betriebe mit der Rasse Holstein-Friesian und ein Fleckviehbetrieb.
Im Mittel ergab sich hier eine durchschnittliche Trockenmasseaufnahme von 14,3 kg mit einer Spannbreite von min. 13 kg bis max. 15 kg.
Fazit
Die Ergebnisse der Praxiserhebung zeigen, dass in hessischen Milchviehbetrieben in der Praxis tatsächlich Trockenmasseaufnahmen realisiert werden können, wie sie in der Literatur empfohlen werden: eine TM- Aufnahme von 23,5 – 24,5 kg TM/ Kuh und Tag bei 40 kg Milchleistung mit einer Energiedichte der Ration von 6,9 – 7,1 MJ NEL/ kg TM (DLG Information Rationsoptimierung und Fütterungskontrolle bei Milchkühen, 01/2023). Es zeigte sich außerdem, dass qualitativ hochwertige Grundfuttermittel die Futteraufnahme erheblich beeinflussen.
Bei dem Betrieb mit der höchsten Futteraufnahme wird die Trogration 20-mal innerhalb 24 Stunden nachgeschoben. Dennoch kann hier kein signifikanter Zusammenhang zwischen häufigerem Anschieben und einer höheren Futteraufnahme abgeleitet werden, da in der Praxiserhebung auch Betriebe, welche das Futter weniger häufig beigeschoben haben, höhere Futteraufnahmen von 24 kg TM/Tier und Tag erreicht haben.
Die Trockenmasseaufnahme (kg TM/Kuh und Tag) ist besonders im Hinblick auf Tiergesundheit und Leistung wichtig und wirkt sich schlussendlich auf die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Unternehmen aus. Mit Hilfe dieser Kennzahl lassen sich Futtereffizienz und Futterkosten berechnen und entscheiden so maßgeblich über Gewinn oder Verlust.
Festzuhalten gilt, dass die Trockenmasseaufnahme durch sehr viele Faktoren beeinflusst wird. Gerade Betriebe mit einem sehr guten gesamtbetrieblichen Management und hoher Konsequenz in den Bereichen Fütterung, Futtergewinnung, Futterlagerung, Tiergesundheit und Aufstallung zeigten hier sehr gute Ergebnisse.
Im Rahmen des betrieblichen Fütterungscontrollings sollte die TM-Aufnahme der verschieden Fütterungsgruppen bekannt sein und unbedingt regelmäßig (wöchentlich) kontrolliert werden, um bei Bedarf entsprechend nachzusteuern.